Wenn deine Seele nicht da wäre, so wärest du auch selbst nicht da. Denn dein Verstand und dein Wille, und alle deine geistige Wirksamkeit würde alsdann nicht da seyn. Wenn alsdann dein ganzer sichtbarer Körper auch so bliebe, und sich äusserlich so bewegte, wie itzund; so wäre doch dein lebendiges Selbst, dein Jch, deine Person nicht da.
Alle Wirksamkeiten deines Verstandes und Willens (so verschieden sie auch nach ihrer Art, und so weit sie auch der Zeit nach von einander entfernt sind) geschehen von dir selbst, von deiner einzigen Person. Deine Seele ist im Denken und Wollen, in Leid und Freude, und zu ver- schiednen Zeiten, ein einziges fortdaurendes Wesen.
Ein jeder Theil deines Körpers, welcher irgend einmal, als du schon warest, sich damit vereinigte, oder, während des Daseyns deiner Seele, von dir wird getrennt oder kann getrennt werden, gehört nicht zu dir selbst, nicht zu deiner Seele. Sondern die Seele ist vielmehr un- sichtbar, und unbetastbar, sie kann nicht ge- sehen, nicht betastet werden.
§. 4.
A 2
uͤber die Seele, das Leben ꝛc.
§. 3.
Wenn deine Seele nicht da wäre, ſo wäreſt du auch ſelbſt nicht da. Denn dein Verſtand und dein Wille, und alle deine geiſtige Wirkſamkeit wuͤrde alsdann nicht da ſeyn. Wenn alsdann dein ganzer ſichtbarer Koͤrper auch ſo bliebe, und ſich aͤuſſerlich ſo bewegte, wie itzund; ſo waͤre doch dein lebendiges Selbſt, dein Jch, deine Perſon nicht da.
Alle Wirkſamkeiten deines Verſtandes und Willens (ſo verſchieden ſie auch nach ihrer Art, und ſo weit ſie auch der Zeit nach von einander entfernt ſind) geſchehen von dir ſelbſt, von deiner einzigen Perſon. Deine Seele iſt im Denken und Wollen, in Leid und Freude, und zu ver- ſchiednen Zeiten, ein einziges fortdaurendes Weſen.
Ein jeder Theil deines Koͤrpers, welcher irgend einmal, als du ſchon wareſt, ſich damit vereinigte, oder, waͤhrend des Daſeyns deiner Seele, von dir wird getrennt oder kann getrennt werden, gehoͤrt nicht zu dir ſelbſt, nicht zu deiner Seele. Sondern die Seele iſt vielmehr un- ſichtbar, und unbetaſtbar, ſie kann nicht ge- ſehen, nicht betaſtet werden.
§. 4.
A 2
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uͤber die Seele, das Leben ꝛc.
§. 3.
Wenn deine Seele nicht da wäre, ſo
wäreſt du auch ſelbſt nicht da. Denn dein
Verſtand und dein Wille, und alle deine geiſtige
Wirkſamkeit wuͤrde alsdann nicht da ſeyn. Wenn
alsdann dein ganzer ſichtbarer Koͤrper auch ſo
bliebe, und ſich aͤuſſerlich ſo bewegte, wie itzund;
ſo waͤre doch dein lebendiges Selbſt, dein Jch,
deine Perſon nicht da.
Alle Wirkſamkeiten deines Verſtandes und
Willens (ſo verſchieden ſie auch nach ihrer Art,
und ſo weit ſie auch der Zeit nach von einander
entfernt ſind) geſchehen von dir ſelbſt, von deiner
einzigen Perſon. Deine Seele iſt im Denken
und Wollen, in Leid und Freude, und zu ver-
ſchiednen Zeiten, ein einziges fortdaurendes
Weſen.
Ein jeder Theil deines Koͤrpers, welcher
irgend einmal, als du ſchon wareſt, ſich damit
vereinigte, oder, waͤhrend des Daſeyns deiner
Seele, von dir wird getrennt oder kann getrennt
werden, gehoͤrt nicht zu dir ſelbſt, nicht zu deiner
Seele. Sondern die Seele iſt vielmehr un-
ſichtbar, und unbetaſtbar, ſie kann nicht ge-
ſehen, nicht betaſtet werden.
§. 4.
A 2
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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/27>, abgerufen am 23.02.2025.
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