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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Das Ander Buch.
nicht abnemmen könne/ was die Menschen thun o-
der leyben würden. Dann weil wir die angeborenen
Zuneigungen zu hinderhalten das Vermögen haben;
Warumb solte vns nicht ingleichem dasselbe zu ver-
meiden möglich seyn/ welches auß jenen Zuneigun-
gen entstanden were/ wann wir jhnen gefolgt hetten?
Weil auch diese zwingende Beschaffenheit deß
Himmels auß vielen Vrsachen baldt leichter baldt
schwerer in das Gemüte eines Menschen dringet/
warumb seidt jhr derer Meinung/ daß sie bey allen
einerley Wirckung verursachen werde/ weil sie nicht
mit einerley Krafft in alle gedrungen ist?

Ich satzte dieses hinzu/ man könne auch nicht
recht gewar werden/ welche zusammenkunfft oder
Scheidung der Sternen es sey/ welche den Kindern
den Samen der künfftigen Begierden einpflantze.
Ihr sehet dieselben an/ welche vber dem Kinde stehet/
wann es zur Welt kömpt. Warumb nicht auch die
selbe/ welche gewesen ist/ wie die Geburt in Mutter-
leibe Athem zubekommen angefangen hatt? Wa-
rumb nicht die andern/ vnter welchen der zarte Leib/
vnd die Seele so von sich selbst nicht gewust hatt/ in
dem Mütterlichen Cörper hatt leben lernen? Gewiß
ich bin der Meinung/ daß an beschaffenheit derselbi-
gen Gestirne einem Kinde nicht weniger/ als an sei-
ner Geburtstunde liege.

Den letzten Punet belangend/ daß die freyen Din-
ge oder die sich ohngefehr begeben/ ohn Lesterung

der
X v

Das Ander Buch.
nicht abnemmen koͤnne/ was die Menſchen thun o-
der leyben wuͤrden. Dann weil wir die angeborenen
Zuneigungen zu hindeꝛhalten das Vermoͤgen habẽ;
Warumb ſolte vns nicht ingleichem daſſelbe zu ver-
meiden moͤglich ſeyn/ welches auß jenen Zuneigun-
gen entſtanden were/ wann wir jhnen gefolgt hetten?
Weil auch dieſe zwingende Beſchaffenheit deß
Himmels auß vielen Vrſachen baldt leichter baldt
ſchwerer in das Gemuͤte eines Menſchen dringet/
warumb ſeidt jhr derer Meinung/ daß ſie bey allen
einerley Wirckung verurſachen werde/ weil ſie nicht
mit einerley Krafft in alle gedrungen iſt?

Ich ſatzte dieſes hinzu/ man koͤnne auch nicht
recht gewar werden/ welche zuſammenkunfft oder
Scheidung der Sternen es ſey/ welche den Kindern
den Samen der kuͤnfftigen Begierden einpflantze.
Ihr ſehet dieſelben an/ welche vber dem Kinde ſtehet/
wann es zur Welt koͤmpt. Warumb nicht auch die
ſelbe/ welche geweſen iſt/ wie die Geburt in Mutter-
leibe Athem zubekommen angefangen hatt? Wa-
rumb nicht die andern/ vnter welchen der zarte Leib/
vnd die Seele ſo von ſich ſelbſt nicht gewuſt hatt/ in
dem Muͤtterlichen Coͤrper hatt leben lernen? Gewiß
ich bin der Meinung/ daß an beſchaffenheit derſelbi-
gen Geſtirne einem Kinde nicht weniger/ als an ſei-
ner Geburtſtunde liege.

Den letzten Punet belangend/ daß die freyen Din-
ge oder die ſich ohngefehr begeben/ ohn Leſterung

der
X v
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[329/0373] Das Ander Buch. nicht abnemmen koͤnne/ was die Menſchen thun o- der leyben wuͤrden. Dann weil wir die angeborenen Zuneigungen zu hindeꝛhalten das Vermoͤgen habẽ; Warumb ſolte vns nicht ingleichem daſſelbe zu ver- meiden moͤglich ſeyn/ welches auß jenen Zuneigun- gen entſtanden were/ wann wir jhnen gefolgt hetten? Weil auch dieſe zwingende Beſchaffenheit deß Himmels auß vielen Vrſachen baldt leichter baldt ſchwerer in das Gemuͤte eines Menſchen dringet/ warumb ſeidt jhr derer Meinung/ daß ſie bey allen einerley Wirckung verurſachen werde/ weil ſie nicht mit einerley Krafft in alle gedrungen iſt? Ich ſatzte dieſes hinzu/ man koͤnne auch nicht recht gewar werden/ welche zuſammenkunfft oder Scheidung der Sternen es ſey/ welche den Kindern den Samen der kuͤnfftigen Begierden einpflantze. Ihr ſehet dieſelben an/ welche vber dem Kinde ſtehet/ wann es zur Welt koͤmpt. Warumb nicht auch die ſelbe/ welche geweſen iſt/ wie die Geburt in Mutter- leibe Athem zubekommen angefangen hatt? Wa- rumb nicht die andern/ vnter welchen der zarte Leib/ vnd die Seele ſo von ſich ſelbſt nicht gewuſt hatt/ in dem Muͤtterlichen Coͤrper hatt leben lernen? Gewiß ich bin der Meinung/ daß an beſchaffenheit derſelbi- gen Geſtirne einem Kinde nicht weniger/ als an ſei- ner Geburtſtunde liege. Den letzten Punet belangend/ daß die freyen Din- ge oder die ſich ohngefehr begeben/ ohn Leſterung der X v

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/373>, abgerufen am 26.04.2024.