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Allgemeine Zeitung. Nr. 107. Augsburg, 16. April 1840.

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Bezug auf den Fall mit dem Schmuggelschiffe Jardine auf diese Gefahr aufmerksam machte, habe Lord Palmerston ihm bloß geantwortet, er möge vorsichtig seyn, daß er seine Autorität nicht überschreite. Anstatt dem Rathe des Herzogs v. Wellington gemäß eine kleine Seemacht in den chinesischen Gewässern zu stationiren, um das Eigenthum der in rechtmäßigem Handel begriffenen Engländer zu schützen, habe dasselbe alles Schutzes entbehrt, bis endlich in der dringenden Noth ein Handelsschiff so viel Nationalsinn bewiesen habe, sich auf eigene Kosten mit Kanonen zu bewaffnen. Bis in die letzte Zeit habe Capitän Elliot eben so klug als energisch gehandelt, sein neuestes Benehmen sey aber ohne Zweifel tadelnswerth gewesen, besonders sein Versuch einer Blokade des Hafens von Canton und sein Gefecht mit den chinesischen Dschunken am 3 Nov. Sir James schloß seine fast dreistündige Rede mit den Worten: "Wäre ein Krieg mit China unvermeidlich geworden, glaubte dieses Haus, daß die Regierung den Frieden wünsche und alles Mögliche gethan habe, um Feindseligkeiten zu vermeiden, wäre das Land zu einer Kriegserklärung aufgefordert, nicht wegen der Saumsal, Unklugheit und Unvorsichtigkeit der Regierung, sondern um die Nationalehre zu wahren und zu vertheidigen, so würde wohl der Nationalsinn des brittischen Volks anerkennen, daß ein Grund zum Kriege vorhanden und dieser ohne Furcht und Wanken durchzukämpfen sey. (Beifall.) Wenn sich nun aber ergibt, daß Ihrer Maj. Rathgeber hartnäckig auf einem falschen Wege beharren, den Vernunft und Erfahrung im Einklang verdammen; wenn sie es versuchen, ein stolzes, mächtiges Volk zu einem Verfahren zu drängen, welchem der Schwächste sich nicht unterziehen möchte; wenn der Rath des competentesten Richters in solchen Dingen, der als Staatsmann und Krieger keinem nachsteht (des Herzogs v. Wellington in der obenerwähnten Denkschrift), unbeachtet blieb - wenn wir das sehen, und ferner sehen, daß die feierlichen und wiederholten Warnungen sogar der vertrauten Diener der Regierung mißachtet werden; wenn diese vertrauten Diener erklären, daß, falls der Opiumhandel nicht unterdrückt werde, die Fortdauer des brittischen Handels mit China gefährdet sey, aber dennoch kein Versuch gemacht wird, ihre Rathschläge ins Werk zu setzen; wenn der Oberaufseher weder mit Streitkräften, noch mit Verhaltungsbefehlen versehen wird, um eintretenden Fällen zu begegnen - so frage ich das Haus, ob es glaube, daß das brittische Volk geduldig den Beschlüssen des Parlaments unter solchen Umständen sich unterwerfen werde? Wird wohl das Volk Vertrauen setzen in eine Regierung, welche trotz allem Rath und allen Vorstellungen seit fünf Jahren nicht verhindert, daß ein sonst blühender Handel gestört und vernichtet wird mit Schaden und Schande, und ein Krieg droht, in welchem der Sieg unrühmlich und unfruchtbar, das Unterliegen verderblich und schmachvoll wäre?" (Hier folgte die in Nr. 99 erwähnte Motion auf ein tadelndes Votum gegen das Ministerium.)

(Fortsetzung folgt.)

Die Verhandlungen über die ministerielle Politik gegenüber von China kamen auch in der Unterhaussitzung am 8 April nicht zu Ende. Nach Hrn. Thesiger auf der Oppositionsseite sprachen noch die HH. Ch. Buller und Ward gegen, die HH. Gladstone und G. Palmer für die Motion. Die Reden der drei letztgenannten Mitglieder, bedeutender Autoritäten der brittischen Handelswelt, werden als besonders gewichtig und instructiv betrachtet. Am 9 April wurden die Debatten durch Hrn. Hogg wieder eröffnet.

(Times.) Die Gutachten von Sir F. Pollock und Ed. Phillimore über die Schwefelfrage sind im Druck erschienen, und werden von den Gönnern des Schwefelmonopols eifrig in Umlauf gesetzt. Diese beiden rechtskundigen Autoritäten betrachten das Monopol als keine Verletzung des Vertrags von 1816, und behaupten, das fragliche Decret der neapolitanischen Regierung sey insofern nicht anzufechten, als es die Unterthanen des Königs von Neapel und die Ausländer gleicherweise treffe. So groß, scheint es, ist die Abnahme des brittischen Handels in diesem Artikel, daß während er vordem gegen 35,000 Pf. St. an Zollgefällen eintrug, er jetzt als eigene Rubrik in den Mauthtabellen gar nicht mehr aufgeführt werden kann. Der Preis des Schwefels ist um ungefähr 200 Proc. gestiegen, denn während sonst die Tonne 3 Pf. 10 Sh. kostete, kostet sie jetzt 10 Pf. St., und von dieser Vertheuerung kommen ungefähr 1 Pf. 5 Sh. der neapolitanischen Regierung, 2 Pf. 5 Sh. dem Eigenthümer und 3 Pf. den Monopolisten Taix und Comp. zu gut. Eine Hauptbeschwerde über das jetzige System ist, daß, während Taix und Comp. für ihren Schwefel 25 Taris bezahlen und 45 dafür fordern, sie auf dem inländischen Markt concurriren, die Waare dem Consumenten zu einem geringern Preis als ihre eigenen Käufer abgeben, und so letztere vom Markte vertreiben können.

Diese Woche dürfte für die Existenz des Ministeriums entscheidend werden. Der Krieg mit China ist durchaus nicht populär: viele halten ihn für ungerecht, die meisten für unnöthig. Man ist der Meinung, der englische Commissär zu Canton hätte die Vollmacht sowohl als die Mittel haben sollen, die rechtswidrigen Unternehmungen brittischer Opiumschmuggler zu hemmen, und zu gleicher Zeit sich Achtung bei den Chinesen zu erhalten. Auf jeden Fall ist man unzufrieden, daß es zu einem Kriege kommen soll, wobei wenig zu gewinnen ist, während er viel kosten muß, und nothwendig mit einer Handelsstörung verbunden ist, bei welcher die gewinnenden Yankees ins Fäustchen lachen, ja ohne Zweifel den Chinesen heimlichen Vorschub leisten - ein Verhältniß, welches selbst zu einem Kriege mit den Vereinigten Staaten führen könnte. Ob dieser Widerwille so weit geht, daß (wie der Spectator behauptet) die Tories einer Mehrheit gewiß seyn könnten, wenn sie den Muth hätten, sich für Frieden mit China zu erklären, möchte ich nicht behaupten. Aber das jetzige Verhältniß der Parteien ist so zweifelhaft, daß eine Mehrheit gegen die Minister, selbst bei dem jetzigen Vorschlage, welcher bloß vergangene Vernachlässigung tadelt, gar nicht unmöglich ist. Auf jeden Fall sind viele ministerielle Mitglieder abwesend, ohne abgepaart zu haben, gerade wie bei der zweiten Verlesung von Stanley's Bill, und die Wetten wenigstens sind am stärksten auf der Seite der Tories. Den letzten Nachrichten von Indien zufolge wurden dort die kriegerischen Rüstungen gegen China mit immer gleichem Eifer fortgesetzt. Dennoch schien es der herrschende Glaube zu seyn, daß man fürs erste die Chinesen bloß zur Nachgiebigkeit zu schrecken suchen würde, während man (wie ich Ihnen schon vor ein paar Monaten gemeldet) durch die Besitznahme der Insel Formosa die Basis zur ernstlichen Beunruhigung der Küste sichern würde. - Das Oberhaus hat die Privilegienbill mit Zustimmung der Conservativen zum zweitenmal verlesen, jedoch mit der Absicht, solche Zusätze zu machen, daß auch die Rechte des Unterthans ungefährdet blieben. Wellington ist besonders auch darum gegen das Verkaufen von parlamentarischen Documenten, weil solches zuweilen zu Verantwortlichkeiten gegen auswärtige Mächte, wohl gar zu Kriegen führen könnte, wie z. B. die harten Ausdrücke, deren man sich zur Zeit der letzten polnischen Revolution gegen den Kaiser von Rußland bedient. Die Sache wird indessen ganz gewiß ausgeglichen.

Bezug auf den Fall mit dem Schmuggelschiffe Jardine auf diese Gefahr aufmerksam machte, habe Lord Palmerston ihm bloß geantwortet, er möge vorsichtig seyn, daß er seine Autorität nicht überschreite. Anstatt dem Rathe des Herzogs v. Wellington gemäß eine kleine Seemacht in den chinesischen Gewässern zu stationiren, um das Eigenthum der in rechtmäßigem Handel begriffenen Engländer zu schützen, habe dasselbe alles Schutzes entbehrt, bis endlich in der dringenden Noth ein Handelsschiff so viel Nationalsinn bewiesen habe, sich auf eigene Kosten mit Kanonen zu bewaffnen. Bis in die letzte Zeit habe Capitän Elliot eben so klug als energisch gehandelt, sein neuestes Benehmen sey aber ohne Zweifel tadelnswerth gewesen, besonders sein Versuch einer Blokade des Hafens von Canton und sein Gefecht mit den chinesischen Dschunken am 3 Nov. Sir James schloß seine fast dreistündige Rede mit den Worten: „Wäre ein Krieg mit China unvermeidlich geworden, glaubte dieses Haus, daß die Regierung den Frieden wünsche und alles Mögliche gethan habe, um Feindseligkeiten zu vermeiden, wäre das Land zu einer Kriegserklärung aufgefordert, nicht wegen der Saumsal, Unklugheit und Unvorsichtigkeit der Regierung, sondern um die Nationalehre zu wahren und zu vertheidigen, so würde wohl der Nationalsinn des brittischen Volks anerkennen, daß ein Grund zum Kriege vorhanden und dieser ohne Furcht und Wanken durchzukämpfen sey. (Beifall.) Wenn sich nun aber ergibt, daß Ihrer Maj. Rathgeber hartnäckig auf einem falschen Wege beharren, den Vernunft und Erfahrung im Einklang verdammen; wenn sie es versuchen, ein stolzes, mächtiges Volk zu einem Verfahren zu drängen, welchem der Schwächste sich nicht unterziehen möchte; wenn der Rath des competentesten Richters in solchen Dingen, der als Staatsmann und Krieger keinem nachsteht (des Herzogs v. Wellington in der obenerwähnten Denkschrift), unbeachtet blieb – wenn wir das sehen, und ferner sehen, daß die feierlichen und wiederholten Warnungen sogar der vertrauten Diener der Regierung mißachtet werden; wenn diese vertrauten Diener erklären, daß, falls der Opiumhandel nicht unterdrückt werde, die Fortdauer des brittischen Handels mit China gefährdet sey, aber dennoch kein Versuch gemacht wird, ihre Rathschläge ins Werk zu setzen; wenn der Oberaufseher weder mit Streitkräften, noch mit Verhaltungsbefehlen versehen wird, um eintretenden Fällen zu begegnen – so frage ich das Haus, ob es glaube, daß das brittische Volk geduldig den Beschlüssen des Parlaments unter solchen Umständen sich unterwerfen werde? Wird wohl das Volk Vertrauen setzen in eine Regierung, welche trotz allem Rath und allen Vorstellungen seit fünf Jahren nicht verhindert, daß ein sonst blühender Handel gestört und vernichtet wird mit Schaden und Schande, und ein Krieg droht, in welchem der Sieg unrühmlich und unfruchtbar, das Unterliegen verderblich und schmachvoll wäre?“ (Hier folgte die in Nr. 99 erwähnte Motion auf ein tadelndes Votum gegen das Ministerium.)

(Fortsetzung folgt.)

Die Verhandlungen über die ministerielle Politik gegenüber von China kamen auch in der Unterhaussitzung am 8 April nicht zu Ende. Nach Hrn. Thesiger auf der Oppositionsseite sprachen noch die HH. Ch. Buller und Ward gegen, die HH. Gladstone und G. Palmer für die Motion. Die Reden der drei letztgenannten Mitglieder, bedeutender Autoritäten der brittischen Handelswelt, werden als besonders gewichtig und instructiv betrachtet. Am 9 April wurden die Debatten durch Hrn. Hogg wieder eröffnet.

(Times.) Die Gutachten von Sir F. Pollock und Ed. Phillimore über die Schwefelfrage sind im Druck erschienen, und werden von den Gönnern des Schwefelmonopols eifrig in Umlauf gesetzt. Diese beiden rechtskundigen Autoritäten betrachten das Monopol als keine Verletzung des Vertrags von 1816, und behaupten, das fragliche Decret der neapolitanischen Regierung sey insofern nicht anzufechten, als es die Unterthanen des Königs von Neapel und die Ausländer gleicherweise treffe. So groß, scheint es, ist die Abnahme des brittischen Handels in diesem Artikel, daß während er vordem gegen 35,000 Pf. St. an Zollgefällen eintrug, er jetzt als eigene Rubrik in den Mauthtabellen gar nicht mehr aufgeführt werden kann. Der Preis des Schwefels ist um ungefähr 200 Proc. gestiegen, denn während sonst die Tonne 3 Pf. 10 Sh. kostete, kostet sie jetzt 10 Pf. St., und von dieser Vertheuerung kommen ungefähr 1 Pf. 5 Sh. der neapolitanischen Regierung, 2 Pf. 5 Sh. dem Eigenthümer und 3 Pf. den Monopolisten Taix und Comp. zu gut. Eine Hauptbeschwerde über das jetzige System ist, daß, während Taix und Comp. für ihren Schwefel 25 Taris bezahlen und 45 dafür fordern, sie auf dem inländischen Markt concurriren, die Waare dem Consumenten zu einem geringern Preis als ihre eigenen Käufer abgeben, und so letztere vom Markte vertreiben können.

Diese Woche dürfte für die Existenz des Ministeriums entscheidend werden. Der Krieg mit China ist durchaus nicht populär: viele halten ihn für ungerecht, die meisten für unnöthig. Man ist der Meinung, der englische Commissär zu Canton hätte die Vollmacht sowohl als die Mittel haben sollen, die rechtswidrigen Unternehmungen brittischer Opiumschmuggler zu hemmen, und zu gleicher Zeit sich Achtung bei den Chinesen zu erhalten. Auf jeden Fall ist man unzufrieden, daß es zu einem Kriege kommen soll, wobei wenig zu gewinnen ist, während er viel kosten muß, und nothwendig mit einer Handelsstörung verbunden ist, bei welcher die gewinnenden Yankees ins Fäustchen lachen, ja ohne Zweifel den Chinesen heimlichen Vorschub leisten – ein Verhältniß, welches selbst zu einem Kriege mit den Vereinigten Staaten führen könnte. Ob dieser Widerwille so weit geht, daß (wie der Spectator behauptet) die Tories einer Mehrheit gewiß seyn könnten, wenn sie den Muth hätten, sich für Frieden mit China zu erklären, möchte ich nicht behaupten. Aber das jetzige Verhältniß der Parteien ist so zweifelhaft, daß eine Mehrheit gegen die Minister, selbst bei dem jetzigen Vorschlage, welcher bloß vergangene Vernachlässigung tadelt, gar nicht unmöglich ist. Auf jeden Fall sind viele ministerielle Mitglieder abwesend, ohne abgepaart zu haben, gerade wie bei der zweiten Verlesung von Stanley's Bill, und die Wetten wenigstens sind am stärksten auf der Seite der Tories. Den letzten Nachrichten von Indien zufolge wurden dort die kriegerischen Rüstungen gegen China mit immer gleichem Eifer fortgesetzt. Dennoch schien es der herrschende Glaube zu seyn, daß man fürs erste die Chinesen bloß zur Nachgiebigkeit zu schrecken suchen würde, während man (wie ich Ihnen schon vor ein paar Monaten gemeldet) durch die Besitznahme der Insel Formosa die Basis zur ernstlichen Beunruhigung der Küste sichern würde. – Das Oberhaus hat die Privilegienbill mit Zustimmung der Conservativen zum zweitenmal verlesen, jedoch mit der Absicht, solche Zusätze zu machen, daß auch die Rechte des Unterthans ungefährdet blieben. Wellington ist besonders auch darum gegen das Verkaufen von parlamentarischen Documenten, weil solches zuweilen zu Verantwortlichkeiten gegen auswärtige Mächte, wohl gar zu Kriegen führen könnte, wie z. B. die harten Ausdrücke, deren man sich zur Zeit der letzten polnischen Revolution gegen den Kaiser von Rußland bedient. Die Sache wird indessen ganz gewiß ausgeglichen.

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[0851/0003] Bezug auf den Fall mit dem Schmuggelschiffe Jardine auf diese Gefahr aufmerksam machte, habe Lord Palmerston ihm bloß geantwortet, er möge vorsichtig seyn, daß er seine Autorität nicht überschreite. Anstatt dem Rathe des Herzogs v. Wellington gemäß eine kleine Seemacht in den chinesischen Gewässern zu stationiren, um das Eigenthum der in rechtmäßigem Handel begriffenen Engländer zu schützen, habe dasselbe alles Schutzes entbehrt, bis endlich in der dringenden Noth ein Handelsschiff so viel Nationalsinn bewiesen habe, sich auf eigene Kosten mit Kanonen zu bewaffnen. Bis in die letzte Zeit habe Capitän Elliot eben so klug als energisch gehandelt, sein neuestes Benehmen sey aber ohne Zweifel tadelnswerth gewesen, besonders sein Versuch einer Blokade des Hafens von Canton und sein Gefecht mit den chinesischen Dschunken am 3 Nov. Sir James schloß seine fast dreistündige Rede mit den Worten: „Wäre ein Krieg mit China unvermeidlich geworden, glaubte dieses Haus, daß die Regierung den Frieden wünsche und alles Mögliche gethan habe, um Feindseligkeiten zu vermeiden, wäre das Land zu einer Kriegserklärung aufgefordert, nicht wegen der Saumsal, Unklugheit und Unvorsichtigkeit der Regierung, sondern um die Nationalehre zu wahren und zu vertheidigen, so würde wohl der Nationalsinn des brittischen Volks anerkennen, daß ein Grund zum Kriege vorhanden und dieser ohne Furcht und Wanken durchzukämpfen sey. (Beifall.) Wenn sich nun aber ergibt, daß Ihrer Maj. Rathgeber hartnäckig auf einem falschen Wege beharren, den Vernunft und Erfahrung im Einklang verdammen; wenn sie es versuchen, ein stolzes, mächtiges Volk zu einem Verfahren zu drängen, welchem der Schwächste sich nicht unterziehen möchte; wenn der Rath des competentesten Richters in solchen Dingen, der als Staatsmann und Krieger keinem nachsteht (des Herzogs v. Wellington in der obenerwähnten Denkschrift), unbeachtet blieb – wenn wir das sehen, und ferner sehen, daß die feierlichen und wiederholten Warnungen sogar der vertrauten Diener der Regierung mißachtet werden; wenn diese vertrauten Diener erklären, daß, falls der Opiumhandel nicht unterdrückt werde, die Fortdauer des brittischen Handels mit China gefährdet sey, aber dennoch kein Versuch gemacht wird, ihre Rathschläge ins Werk zu setzen; wenn der Oberaufseher weder mit Streitkräften, noch mit Verhaltungsbefehlen versehen wird, um eintretenden Fällen zu begegnen – so frage ich das Haus, ob es glaube, daß das brittische Volk geduldig den Beschlüssen des Parlaments unter solchen Umständen sich unterwerfen werde? Wird wohl das Volk Vertrauen setzen in eine Regierung, welche trotz allem Rath und allen Vorstellungen seit fünf Jahren nicht verhindert, daß ein sonst blühender Handel gestört und vernichtet wird mit Schaden und Schande, und ein Krieg droht, in welchem der Sieg unrühmlich und unfruchtbar, das Unterliegen verderblich und schmachvoll wäre?“ (Hier folgte die in Nr. 99 erwähnte Motion auf ein tadelndes Votum gegen das Ministerium.) (Fortsetzung folgt.) Die Verhandlungen über die ministerielle Politik gegenüber von China kamen auch in der Unterhaussitzung am 8 April nicht zu Ende. Nach Hrn. Thesiger auf der Oppositionsseite sprachen noch die HH. Ch. Buller und Ward gegen, die HH. Gladstone und G. Palmer für die Motion. Die Reden der drei letztgenannten Mitglieder, bedeutender Autoritäten der brittischen Handelswelt, werden als besonders gewichtig und instructiv betrachtet. Am 9 April wurden die Debatten durch Hrn. Hogg wieder eröffnet. (Times.) Die Gutachten von Sir F. Pollock und Ed. Phillimore über die Schwefelfrage sind im Druck erschienen, und werden von den Gönnern des Schwefelmonopols eifrig in Umlauf gesetzt. Diese beiden rechtskundigen Autoritäten betrachten das Monopol als keine Verletzung des Vertrags von 1816, und behaupten, das fragliche Decret der neapolitanischen Regierung sey insofern nicht anzufechten, als es die Unterthanen des Königs von Neapel und die Ausländer gleicherweise treffe. So groß, scheint es, ist die Abnahme des brittischen Handels in diesem Artikel, daß während er vordem gegen 35,000 Pf. St. an Zollgefällen eintrug, er jetzt als eigene Rubrik in den Mauthtabellen gar nicht mehr aufgeführt werden kann. Der Preis des Schwefels ist um ungefähr 200 Proc. gestiegen, denn während sonst die Tonne 3 Pf. 10 Sh. kostete, kostet sie jetzt 10 Pf. St., und von dieser Vertheuerung kommen ungefähr 1 Pf. 5 Sh. der neapolitanischen Regierung, 2 Pf. 5 Sh. dem Eigenthümer und 3 Pf. den Monopolisten Taix und Comp. zu gut. Eine Hauptbeschwerde über das jetzige System ist, daß, während Taix und Comp. für ihren Schwefel 25 Taris bezahlen und 45 dafür fordern, sie auf dem inländischen Markt concurriren, die Waare dem Consumenten zu einem geringern Preis als ihre eigenen Käufer abgeben, und so letztere vom Markte vertreiben können. _ London, 7 April. Diese Woche dürfte für die Existenz des Ministeriums entscheidend werden. Der Krieg mit China ist durchaus nicht populär: viele halten ihn für ungerecht, die meisten für unnöthig. Man ist der Meinung, der englische Commissär zu Canton hätte die Vollmacht sowohl als die Mittel haben sollen, die rechtswidrigen Unternehmungen brittischer Opiumschmuggler zu hemmen, und zu gleicher Zeit sich Achtung bei den Chinesen zu erhalten. Auf jeden Fall ist man unzufrieden, daß es zu einem Kriege kommen soll, wobei wenig zu gewinnen ist, während er viel kosten muß, und nothwendig mit einer Handelsstörung verbunden ist, bei welcher die gewinnenden Yankees ins Fäustchen lachen, ja ohne Zweifel den Chinesen heimlichen Vorschub leisten – ein Verhältniß, welches selbst zu einem Kriege mit den Vereinigten Staaten führen könnte. Ob dieser Widerwille so weit geht, daß (wie der Spectator behauptet) die Tories einer Mehrheit gewiß seyn könnten, wenn sie den Muth hätten, sich für Frieden mit China zu erklären, möchte ich nicht behaupten. Aber das jetzige Verhältniß der Parteien ist so zweifelhaft, daß eine Mehrheit gegen die Minister, selbst bei dem jetzigen Vorschlage, welcher bloß vergangene Vernachlässigung tadelt, gar nicht unmöglich ist. Auf jeden Fall sind viele ministerielle Mitglieder abwesend, ohne abgepaart zu haben, gerade wie bei der zweiten Verlesung von Stanley's Bill, und die Wetten wenigstens sind am stärksten auf der Seite der Tories. Den letzten Nachrichten von Indien zufolge wurden dort die kriegerischen Rüstungen gegen China mit immer gleichem Eifer fortgesetzt. Dennoch schien es der herrschende Glaube zu seyn, daß man fürs erste die Chinesen bloß zur Nachgiebigkeit zu schrecken suchen würde, während man (wie ich Ihnen schon vor ein paar Monaten gemeldet) durch die Besitznahme der Insel Formosa die Basis zur ernstlichen Beunruhigung der Küste sichern würde. – Das Oberhaus hat die Privilegienbill mit Zustimmung der Conservativen zum zweitenmal verlesen, jedoch mit der Absicht, solche Zusätze zu machen, daß auch die Rechte des Unterthans ungefährdet blieben. Wellington ist besonders auch darum gegen das Verkaufen von parlamentarischen Documenten, weil solches zuweilen zu Verantwortlichkeiten gegen auswärtige Mächte, wohl gar zu Kriegen führen könnte, wie z. B. die harten Ausdrücke, deren man sich zur Zeit der letzten polnischen Revolution gegen den Kaiser von Rußland bedient. Die Sache wird indessen ganz gewiß ausgeglichen.

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 107. Augsburg, 16. April 1840, S. 0851. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_107_18400416/3>, abgerufen am 26.04.2024.