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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XVII. Von denen Quietisten.
[Spaltenumbruch] lich gelehret habe/ will man zwar aus
Jahr
MDC.
biß
MDCC.
einigen Inquisitional-Acten und ihme zu-
geeigneten Schrifften urtheilen/ allein es
finden sich noch unterschiedliche/ welche
solche vor verdächtig halten: weil die
so genante heilige
Inquisition alle seine
sachen und schrifften mit höchstem fleiß
unterdrucket/ und man also nicht weiß/
was seine eigentliche Meinung gewesen.

18. Daß dieses allerdings unläugbar sey/
ist so wol aus bißhero erwehnten umständen/
als sonderlich aus zusammenhaltung seines
eigenen Buches mit denen Inquisitions-Arti-
Ursachen
solcher
procedu-
ren.
ckeln mit händen zu greiffen. Man findet
durchgehends/ daß er die Clerisey am meisten
damit erzürnet habe/ weil er die Leute von den
äusserlichen Ceremonien und schatten auf das
innerliche wahre wesen und werck des Geistes
Das inter-
esse
der
Clerisey.
geführet. Und dieses kränckte die jenigen/ wel-
che ihre ehre und vortheile aus solchen Mar-
qvetentereyen suchen/ desto mehr/ weil sich schon
so viel früchte von diesen Principiis eräugeten.
Wie unter andern von des Grafen Vespasia-
ni
Gemahlin erzehlet wird/ daß sie/ als ihr
Herr des Qvietismi wegen arrestiret worden/
öffentlich gedrohet/ sie wolte hinfort vor
niemand/ als vor GOTT allein beich-

Wegen
verlassung
der men-
schensa-
tzungen.
ten. Jngleichen daß man bey der Inquisition
fast alle Nonnen-klöster mit dieser meinung
angestecket befunden/ in dem die Nonnen an
statt ihrer Pater noster und anderer dinge sich
auf ausübung des innerlichen Gebets und Um-
gangs mit GOTT geleget. Er selbst Mo-
linos
hatte vom anfang her aus dem äusser-
lichen Kirchen-dienste und Ceremonien wenig
wesens gemacht/ viel weniger andern groß re-
commendi
rt/ durch welches sein exempel er ihrer
noch vielmehr von eben solchen dingen abge-
zogen gehabt. Was er aber von dem tägli-
chen Gebrauch des Abendmahls in obenge-
dachtem Tractat geschrieben/ darinnen er zu-
gleich die nothwendigkeit eines geistlichen füh-
rers gezeiget/ auch zugleich des berühmten Ar-
noldi
buch von der öfftern Communion in et-
lichen stücken widerleget; meinen etliche/ er ha-
be solches gethan denen häuffigen lästerungen
der Jesuiten wider ihn abzuhelffen. Dem aber
sey/ wie ihm wolle/ so hat es ihm doch nichts
geholffen.

19. Der hauptgrund aber und gantze inhalt
seines vortrags war gedachter massen die mysti-
sche theologie wiewol nicht allezeit nach den ge-
meinen principiis, wie sie immer im höchsten grad
kan getrieben werden/ und zwarnach der selben
vornehmsten principio von der inwendigen
lehre und führung derer seelen von einem grad
der erleuchtung und heiligung zum andern. Da-
mit aber dieses mannes sinn unverfälscht/ und
wie er an sich selbst wahrhafftig gewesen/ er-
kant werden möge/ wil ich ausseiner manudu-
ctione spirituali
die vornemsten puncte von
wort zu wort übersetzen und auszeichnen/ zu-
mal seine ankläger in dem vortrag seiner lehre
fast durchgehends lauter offenbare falsa began-
gen/ und ihm einen seltsamen verstand ange-
dichtet haben. Erstlich ist aus seiner vorrede
p. 2. u. f. zu mercken/ daßer gleichsam zuvor
gesehen/ wie die unerleuchteten und fleischlichen
leute (es mögen nun Theologi oder andere heis-
sen) diese seine schrifft nicht verstehen würden.
[Spaltenumbruch] Denn er schreibet hievon also: Der seelische"Jahr
MDC.
biß
MDCC.

oder natürliche mensch wird diese dinge alle"
hören und lesen/ aber er wird es nicht begreiffen"
können/ wie Paulus sagt 1. Cor. II. 14. ver-"
dammestu nun dieselben/ so verdammestu dich"
selbst zu der anzahl derer weisen/ denen GOtt"
diese weißheit nicht so wol mittheilet als mit"
einfältigen und demütigen/ obwol diese nach"
dem urtheil der leute die allerunwissensten zu"
seyn scheinen. Die geheime weißheit bestehet"
nicht im verstand/ sondern in der erfahrung/"
nicht in inventionen/ sondern in bewährung/"
nicht im lesen/ sondern im annehmen oder fas-"
sen/ und deßwegen ist sie am sichersten und"
kräftigsten/ auch am dienlichsten und frucht-"
barsten. Sie kömmt nicht durch die ohren in"
die seele/ noch durch stätiges bücher-lesen/ son-"
dern durch die gütige eingiessung des Geistes"
GOttes/ dessen gnade den einfältigen und"
niedrigen in der allersüssesten und innigsten"
vertrauligkeit mitgetheilet. Es giebt gelehr-"
te/ die dergleichen niemals gelesen/ und geist-"
liche/ die es niemals geschmecket: daher ver-"
dammen sie es beyde/ jene aus unwissenheit"
diese aus mangel der erfahrung. Es ist auch"
gewiß/ daß der von diesen verborgenen geheim-"
nissen nicht urtheilen könne/ welcher diese süs-"
sigkeit nicht erfahren hat/ etc.

Eben daselbst p. 9. bekennet er auch: Er ha-
be sich in diesem buch dessen gebraucht/ was
GOtt aus seiner unendlichen barmhertzigkeit
ihm eingegeben/ und gezeiget/ nicht aber so
woldessen/ was er aus speculation und lesung
der bücher gehabt.

Jndem eingange setzet er folgende vier erin-
nerungen.

Die erste ist:

Man gehet auff zweyerley art zu
GOtt.
I. durch eine gewisse andacht/
meditation und discurs, hernach durch ei-
nen lautern glauben und beschauung.

(contemplation)

1. Die erste art ist bey den anfängern/ und"
ist sinnlich und materialisch: Die andere ist"
bey denen erwachsenen/ als die da reiner/ entblö-"
ster und innerlicher ist."

2. Wenn die seele nur eine fertigkeit von den"
geheimnissen zu reden erlanget hat/ dabey sie"
sich der einbildungs-krafft/ und derer leibli-"
chen bilder gebraucht hat/ daß sie von einer cre-"
atur zur andern/ von einer erkäntniß zur andern"
und von diesen zum Schöpffer gebracht wor-"
den; so pfleget GOtt dieselbe gleichsam bey"
der hand zu fassen (wo er sienicht gleich im an-"
fang ohne gewisse schlüsse durch den weg des"
lautern glaubens beruffen und eingeführet"
hat) und machet/ daß die seele alle betrachtun-"
gen und discurse fahrenlässet/ ziehet sie hervor/"
und ziehet sie aus dem sinnlichen und materia-"
li
schen stand heraus/ und wircket in ihr/ daß"
sie unter dem einfältigen und dunckeln erkänt-"
nis des glaubens mit den flügeln der liebe sich,"
zu ihrem bräutigam schwinget/ auch nicht"
mehr nöthig hat/ daß sie ihn nach überredun-"
gen und unterricht des verstandes lieb habe/"
weil sonst ihre liebe gar sparsam seyn würde/"
und gutentheils von den creaturen dependiren/"
und nur tropffenweise/ langsam und zu gewis-"
sen zeiten/ gleichsam trieffen würde."

3. Je
Z 3

Th. III. C. XVII. Von denen Quietiſten.
[Spaltenumbruch] lich gelehret habe/ will man zwar aus
Jahr
MDC.
biß
MDCC.
einigen Inquiſitional-Acten und ihme zu-
geeigneten Schrifften urtheilen/ allein es
finden ſich noch unterſchiedliche/ welche
ſolche vor verdaͤchtig halten: weil die
ſo genante heilige
Inquiſition alle ſeine
ſachen und ſchrifften mit hoͤchſtem fleiß
unterdrucket/ und man alſo nicht weiß/
was ſeine eigentliche Meinung geweſen.

18. Daß dieſes allerdings unlaͤugbar ſey/
iſt ſo wol aus bißhero erwehnten umſtaͤnden/
als ſonderlich aus zuſammenhaltung ſeines
eigenen Buches mit denen Inquiſitions-Arti-
Urſachen
ſolcher
procedu-
ren.
ckeln mit haͤnden zu greiffen. Man findet
durchgehends/ daß er die Cleriſey am meiſten
damit erzuͤrnet habe/ weil er die Leute von den
aͤuſſerlichen Ceremonien und ſchatten auf das
innerliche wahre weſen und werck des Geiſtes
Das inter-
eſſe
der
Cleriſey.
gefuͤhret. Und dieſes kraͤnckte die jenigen/ wel-
che ihre ehre und vortheile aus ſolchen Mar-
qvetentereyen ſuchen/ deſto mehr/ weil ſich ſchon
ſo viel fruͤchte von dieſen Principiis eraͤugeten.
Wie unter andern von des Grafen Veſpaſia-
ni
Gemahlin erzehlet wird/ daß ſie/ als ihr
Herr des Qvietiſmi wegen arreſtiret worden/
oͤffentlich gedrohet/ ſie wolte hinfort vor
niemand/ als vor GOTT allein beich-

Wegen
verlaſſung
der men-
ſchenſa-
tzungen.
ten. Jngleichen daß man bey der Inquiſition
faſt alle Nonnen-kloͤſter mit dieſer meinung
angeſtecket befunden/ in dem die Nonnen an
ſtatt ihrer Pater noſter und anderer dinge ſich
auf ausuͤbung des innerlichen Gebets und Um-
gangs mit GOTT geleget. Er ſelbſt Mo-
linos
hatte vom anfang her aus dem aͤuſſer-
lichen Kirchen-dienſte und Ceremonien wenig
weſens gemacht/ viel weniger andern groß re-
commendi
rt/ durch welches ſein exempel er ihrer
noch vielmehr von eben ſolchen dingen abge-
zogen gehabt. Was er aber von dem taͤgli-
chen Gebrauch des Abendmahls in obenge-
dachtem Tractat geſchrieben/ darinnen er zu-
gleich die nothwendigkeit eines geiſtlichen fuͤh-
rers gezeiget/ auch zugleich des beruͤhmten Ar-
noldi
buch von der oͤfftern Communion in et-
lichen ſtuͤcken widerleget; meinen etliche/ er ha-
be ſolches gethan denen haͤuffigen laͤſterungen
der Jeſuiten wider ihn abzuhelffen. Dem aber
ſey/ wie ihm wolle/ ſo hat es ihm doch nichts
geholffen.

19. Der hauptgrund aber und gantze inhalt
ſeines vortrags war gedachter maſſen die myſti-
ſche theologie wiewol nicht allezeit nach den ge-
meinen principiis, wie ſie im̃er im hoͤchſten grad
kan getrieben werden/ und zwarnach der ſelben
vornehmſten principio von der inwendigen
lehre und fuͤhrung derer ſeelen von einem grad
der erleuchtung und heiligung zum andern. Da-
mit aber dieſes mannes ſinn unverfaͤlſcht/ und
wie er an ſich ſelbſt wahrhafftig geweſen/ er-
kant werden moͤge/ wil ich ausſeiner manudu-
ctione ſpirituali
die vornemſten puncte von
wort zu wort uͤberſetzen und auszeichnen/ zu-
mal ſeine anklaͤger in dem vortrag ſeiner lehre
faſt durchgehends lauter offenbare falſa began-
gen/ und ihm einen ſeltſamen verſtand ange-
dichtet haben. Erſtlich iſt aus ſeiner vorrede
p. 2. u. f. zu mercken/ daßer gleichſam zuvor
geſehen/ wie die unerleuchteten und fleiſchlichen
leute (es moͤgen nun Theologi oder andere heiſ-
ſen) dieſe ſeine ſchrifft nicht verſtehen wuͤrden.
[Spaltenumbruch] Denn er ſchreibet hievon alſo: Der ſeeliſche„Jahr
MDC.
biß
MDCC.

oder natuͤrliche menſch wird dieſe dinge alle“
hoͤren und leſen/ aber er wird es nicht begreiffen“
koͤnnen/ wie Paulus ſagt 1. Cor. II. 14. ver-“
dammeſtu nun dieſelben/ ſo verdammeſtu dich“
ſelbſt zu der anzahl derer weiſen/ denen GOtt“
dieſe weißheit nicht ſo wol mittheilet als mit“
einfaͤltigen und demuͤtigen/ obwol dieſe nach“
dem urtheil der leute die allerunwiſſenſten zu“
ſeyn ſcheinen. Die geheime weißheit beſtehet“
nicht im verſtand/ ſondern in der erfahrung/“
nicht in inventionen/ ſondern in bewaͤhrung/“
nicht im leſen/ ſondern im annehmen oder faſ-“
ſen/ und deßwegen iſt ſie am ſicherſten und“
kraͤftigſten/ auch am dienlichſten und frucht-“
barſten. Sie koͤm̃t nicht durch die ohren in“
die ſeele/ noch durch ſtaͤtiges buͤcher-leſen/ ſon-“
dern durch die guͤtige eingieſſung des Geiſtes“
GOttes/ deſſen gnade den einfaͤltigen und“
niedrigen in der allerſuͤſſeſten und innigſten“
vertrauligkeit mitgetheilet. Es giebt gelehr-“
te/ die dergleichen niemals geleſen/ und geiſt-“
liche/ die es niemals geſchmecket: daher ver-“
dammen ſie es beyde/ jene aus unwiſſenheit“
dieſe aus mangel der erfahrung. Es iſt auch“
gewiß/ daß der von dieſen verborgenen geheim-“
niſſen nicht urtheilen koͤnne/ welcher dieſe ſuͤſ-“
ſigkeit nicht erfahren hat/ ꝛc.

Eben daſelbſt p. 9. bekennet er auch: Er ha-
be ſich in dieſem buch deſſen gebraucht/ was
GOtt aus ſeiner unendlichen barmhertzigkeit
ihm eingegeben/ und gezeiget/ nicht aber ſo
woldeſſen/ was er aus ſpeculation und leſung
der buͤcher gehabt.

Jndem eingange ſetzet er folgende vier erin-
nerungen.

Die erſte iſt:

Man gehet auff zweyerley art zu
GOtt.
I. durch eine gewiſſe andacht/
meditation und diſcurs, hernach durch ei-
nen lautern glauben und beſchauung.

(contemplation)

1. Die erſte art iſt bey den anfaͤngern/ und“
iſt ſinnlich und materialiſch: Die andere iſt“
bey denen erwachſenen/ als die da reiner/ entbloͤ-“
ſter und innerlicher iſt.„

2. Wenn die ſeele nur eine fertigkeit von den“
geheimniſſen zu reden erlanget hat/ dabey ſie“
ſich der einbildungs-krafft/ und derer leibli-“
chen bilder gebraucht hat/ daß ſie von einer cre-“
atur zur andern/ von einer erkaͤntniß zur andern“
und von dieſen zum Schoͤpffer gebracht wor-“
den; ſo pfleget GOtt dieſelbe gleichſam bey“
der hand zu faſſen (wo er ſienicht gleich im an-“
fang ohne gewiſſe ſchluͤſſe durch den weg des“
lautern glaubens beruffen und eingefuͤhret“
hat) und machet/ daß die ſeele alle betrachtun-“
gen und diſcurſe fahrenlaͤſſet/ ziehet ſie hervor/“
und ziehet ſie aus dem ſinnlichen und materia-“
li
ſchen ſtand heraus/ und wircket in ihr/ daß“
ſie unter dem einfaͤltigen und dunckeln erkaͤnt-“
nis des glaubens mit den fluͤgeln der liebe ſich,“
zu ihrem braͤutigam ſchwinget/ auch nicht“
mehr noͤthig hat/ daß ſie ihn nach uͤberredun-“
gen und unterricht des verſtandes lieb habe/“
weil ſonſt ihre liebe gar ſparſam ſeyn wuͤrde/“
und gutentheils von den creaturen dependiren/“
und nur tropffenweiſe/ langſam und zu gewiſ-“
ſen zeiten/ gleichſam trieffen wuͤrde.„

3. Je
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[181/0193] Th. III. C. XVII. Von denen Quietiſten. lich gelehret habe/ will man zwar aus einigen Inquiſitional-Acten und ihme zu- geeigneten Schrifften urtheilen/ allein es finden ſich noch unterſchiedliche/ welche ſolche vor verdaͤchtig halten: weil die ſo genante heilige Inquiſition alle ſeine ſachen und ſchrifften mit hoͤchſtem fleiß unterdrucket/ und man alſo nicht weiß/ was ſeine eigentliche Meinung geweſen. Jahr MDC. biß MDCC. 18. Daß dieſes allerdings unlaͤugbar ſey/ iſt ſo wol aus bißhero erwehnten umſtaͤnden/ als ſonderlich aus zuſammenhaltung ſeines eigenen Buches mit denen Inquiſitions-Arti- ckeln mit haͤnden zu greiffen. Man findet durchgehends/ daß er die Cleriſey am meiſten damit erzuͤrnet habe/ weil er die Leute von den aͤuſſerlichen Ceremonien und ſchatten auf das innerliche wahre weſen und werck des Geiſtes gefuͤhret. Und dieſes kraͤnckte die jenigen/ wel- che ihre ehre und vortheile aus ſolchen Mar- qvetentereyen ſuchen/ deſto mehr/ weil ſich ſchon ſo viel fruͤchte von dieſen Principiis eraͤugeten. Wie unter andern von des Grafen Veſpaſia- ni Gemahlin erzehlet wird/ daß ſie/ als ihr Herr des Qvietiſmi wegen arreſtiret worden/ oͤffentlich gedrohet/ ſie wolte hinfort vor niemand/ als vor GOTT allein beich- ten. Jngleichen daß man bey der Inquiſition faſt alle Nonnen-kloͤſter mit dieſer meinung angeſtecket befunden/ in dem die Nonnen an ſtatt ihrer Pater noſter und anderer dinge ſich auf ausuͤbung des innerlichen Gebets und Um- gangs mit GOTT geleget. Er ſelbſt Mo- linos hatte vom anfang her aus dem aͤuſſer- lichen Kirchen-dienſte und Ceremonien wenig weſens gemacht/ viel weniger andern groß re- commendirt/ durch welches ſein exempel er ihrer noch vielmehr von eben ſolchen dingen abge- zogen gehabt. Was er aber von dem taͤgli- chen Gebrauch des Abendmahls in obenge- dachtem Tractat geſchrieben/ darinnen er zu- gleich die nothwendigkeit eines geiſtlichen fuͤh- rers gezeiget/ auch zugleich des beruͤhmten Ar- noldi buch von der oͤfftern Communion in et- lichen ſtuͤcken widerleget; meinen etliche/ er ha- be ſolches gethan denen haͤuffigen laͤſterungen der Jeſuiten wider ihn abzuhelffen. Dem aber ſey/ wie ihm wolle/ ſo hat es ihm doch nichts geholffen. Urſachen ſolcher procedu- ren. Das inter- eſſe der Cleriſey. Wegen verlaſſung der men- ſchenſa- tzungen. 19. Der hauptgrund aber und gantze inhalt ſeines vortrags war gedachter maſſen die myſti- ſche theologie wiewol nicht allezeit nach den ge- meinen principiis, wie ſie im̃er im hoͤchſten grad kan getrieben werden/ und zwarnach der ſelben vornehmſten principio von der inwendigen lehre und fuͤhrung derer ſeelen von einem grad der erleuchtung und heiligung zum andern. Da- mit aber dieſes mannes ſinn unverfaͤlſcht/ und wie er an ſich ſelbſt wahrhafftig geweſen/ er- kant werden moͤge/ wil ich ausſeiner manudu- ctione ſpirituali die vornemſten puncte von wort zu wort uͤberſetzen und auszeichnen/ zu- mal ſeine anklaͤger in dem vortrag ſeiner lehre faſt durchgehends lauter offenbare falſa began- gen/ und ihm einen ſeltſamen verſtand ange- dichtet haben. Erſtlich iſt aus ſeiner vorrede p. 2. u. f. zu mercken/ daßer gleichſam zuvor geſehen/ wie die unerleuchteten und fleiſchlichen leute (es moͤgen nun Theologi oder andere heiſ- ſen) dieſe ſeine ſchrifft nicht verſtehen wuͤrden. Denn er ſchreibet hievon alſo: Der ſeeliſche„ oder natuͤrliche menſch wird dieſe dinge alle“ hoͤren und leſen/ aber er wird es nicht begreiffen“ koͤnnen/ wie Paulus ſagt 1. Cor. II. 14. ver-“ dammeſtu nun dieſelben/ ſo verdammeſtu dich“ ſelbſt zu der anzahl derer weiſen/ denen GOtt“ dieſe weißheit nicht ſo wol mittheilet als mit“ einfaͤltigen und demuͤtigen/ obwol dieſe nach“ dem urtheil der leute die allerunwiſſenſten zu“ ſeyn ſcheinen. Die geheime weißheit beſtehet“ nicht im verſtand/ ſondern in der erfahrung/“ nicht in inventionen/ ſondern in bewaͤhrung/“ nicht im leſen/ ſondern im annehmen oder faſ-“ ſen/ und deßwegen iſt ſie am ſicherſten und“ kraͤftigſten/ auch am dienlichſten und frucht-“ barſten. Sie koͤm̃t nicht durch die ohren in“ die ſeele/ noch durch ſtaͤtiges buͤcher-leſen/ ſon-“ dern durch die guͤtige eingieſſung des Geiſtes“ GOttes/ deſſen gnade den einfaͤltigen und“ niedrigen in der allerſuͤſſeſten und innigſten“ vertrauligkeit mitgetheilet. Es giebt gelehr-“ te/ die dergleichen niemals geleſen/ und geiſt-“ liche/ die es niemals geſchmecket: daher ver-“ dammen ſie es beyde/ jene aus unwiſſenheit“ dieſe aus mangel der erfahrung. Es iſt auch“ gewiß/ daß der von dieſen verborgenen geheim-“ niſſen nicht urtheilen koͤnne/ welcher dieſe ſuͤſ-“ ſigkeit nicht erfahren hat/ ꝛc. Jahr MDC. biß MDCC. Eben daſelbſt p. 9. bekennet er auch: Er ha- be ſich in dieſem buch deſſen gebraucht/ was GOtt aus ſeiner unendlichen barmhertzigkeit ihm eingegeben/ und gezeiget/ nicht aber ſo woldeſſen/ was er aus ſpeculation und leſung der buͤcher gehabt. Jndem eingange ſetzet er folgende vier erin- nerungen. Die erſte iſt: Man gehet auff zweyerley art zu GOtt. I. durch eine gewiſſe andacht/ meditation und diſcurs, hernach durch ei- nen lautern glauben und beſchauung. (contemplation) 1. Die erſte art iſt bey den anfaͤngern/ und“ iſt ſinnlich und materialiſch: Die andere iſt“ bey denen erwachſenen/ als die da reiner/ entbloͤ-“ ſter und innerlicher iſt.„ 2. Wenn die ſeele nur eine fertigkeit von den“ geheimniſſen zu reden erlanget hat/ dabey ſie“ ſich der einbildungs-krafft/ und derer leibli-“ chen bilder gebraucht hat/ daß ſie von einer cre-“ atur zur andern/ von einer erkaͤntniß zur andern“ und von dieſen zum Schoͤpffer gebracht wor-“ den; ſo pfleget GOtt dieſelbe gleichſam bey“ der hand zu faſſen (wo er ſienicht gleich im an-“ fang ohne gewiſſe ſchluͤſſe durch den weg des“ lautern glaubens beruffen und eingefuͤhret“ hat) und machet/ daß die ſeele alle betrachtun-“ gen und diſcurſe fahrenlaͤſſet/ ziehet ſie hervor/“ und ziehet ſie aus dem ſinnlichen und materia-“ liſchen ſtand heraus/ und wircket in ihr/ daß“ ſie unter dem einfaͤltigen und dunckeln erkaͤnt-“ nis des glaubens mit den fluͤgeln der liebe ſich,“ zu ihrem braͤutigam ſchwinget/ auch nicht“ mehr noͤthig hat/ daß ſie ihn nach uͤberredun-“ gen und unterricht des verſtandes lieb habe/“ weil ſonſt ihre liebe gar ſparſam ſeyn wuͤrde/“ und gutentheils von den creaturen dependiren/“ und nur tropffenweiſe/ langſam und zu gewiſ-“ ſen zeiten/ gleichſam trieffen wuͤrde.„ 3. Je Z 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/193>, abgerufen am 26.04.2024.