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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der schrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] 11. Diese kinder haben in der gehorsamen
menschheit erst ihren dienst in der heiligen pro-
phezeyhung durch die seher Gottes 1/ und ver-
kündigen den irrdischen geschlechten noch eine
freyheit/ nach vollendung der gedult des HErrn
12. Wordurch die seelen ihres gefängnusses im-
mer mehr gewahr werden/ auch nach der zu-
kunfft der kinder Gottes mit verlangen seufftzen.
13. Freyheit die diese kinder Gottes/ nach dem
sie männlich worden/ wircken/ geht über die himm-
liche geschlechte/ die ohne schuld unter die sun-
de gefangen und getödt sind. 14. Diese werden
befreyt vom unschuldigen tode/ den sie von den
irrdischen geschlechten erlitten um der verkün-
digung des Namens Gottes willen. 15. Dann
wenden sich die kinder Gottes zum natürlichen/
zwar gefangenen/ aber nicht getödten wesen.
Dann die begierde und lust der sünden sind dem
natürlichen wesen nicht so feind/ als den Gött-
lichen geschlechten. 16. So die verdorbene
menschheit in ihren/ aus dem gottlosen wesen
empfangnen lüsten die irrdische natur nicht zum
gehülffen/ solte sie nicht bestehen mögen. 17.
Gottheit leydt lieber den todt in der mensch-
heit ehe sie sich mit den lüsten im fleische ver-
mengt. Doch ists natürliche wesen von der rei-
nen substantz nicht. 18. Darum gibts sichs aus
dumheit/ den verdorbenen lüsten im fleische ge-
fangen/ und läst sie in sich würcken. 19. So
aber wider seine natur ist. 20. Darum sehnt
und verlangt die natur nach der kinder Gottes
freyheit/ um auch mit frey zu werden. 21. Da-
mit sie den lüsten nicht mehr dienen dörffe/ son-
dern frey leben möge. 22. Nach dieser frey-
heit streben alle seelen.

Cap. 8.

Daß alle irrdische sinne in eitelkeit wieder
vergehen müssen in der seelen. 2. Sind ohne
substantz und (nach Jac. 1. 6.) den meer-wel-
len gleich das wesentliche wasser verzehrt sie
und bekommt die oberhand/ daß es stille wird.
3. So wird nun jedes wesen/ so aus Gott ist/
(wanns sein eigenthum im fleische erkennt und
fühlt) nach der freyheit seufftzen/ und wann die
zeit erfüllt/ frey werden. 4. Daß jeder das we-
sen Gottes warnehmen und das gefängnüs
seiner seelen erkennen/ auch darvon frey zu wer-
den Gott anflehen solle. 5. Die fleischliche lüste
und begierden sind der seelen gefangnus. Die
freyheit ist tugend und gerechtigkeit/ darinn
man dem H. wesen Gottes sucht zu folgen in
seinen reinen sinnen und gedancken. 6. Da be-
weist man liebe um liebe. etc. 7. Frey und unge-
eignet stehen von allen eigenthum im fleische/ ist
der kinder Gottes freyheit. 8. Diß freye wesen
Gottes ist nun der rechte probir-stein. 9. Jn
dieser freyheit sieht man Gottes herrligkeit.
10. Der Gott von hertzen sucht wird sich nun
an der vom wahn-geiste ihm verheissenen frey-
heit nicht mehr genügen lassen: Zumal die
freyheit des fleisches ein gefängnus des teuffels
ist. 11. Niemand mag frey werden dann durchs
freye wesen JEsu Christi/ wann die Gottheit
sich mit der menschheit/ nachdem sie erniedrigt
ist/ wesentlich vereingt. 12. Das durch den ei-
genthum des fleisches gefangen in Babel weg-
geführte hauß Jsrael soll seines Erlösers in sich
warnehmen nicht ausser sich. 13. Des wahn-
geists dienste gebähren in der verdüsterten seele
[Spaltenumbruch] ein verstrickt gewissen/ dessen hoffnung betrug ist-
14. Von wem jemand überwunden ist/ dessen
knecht ist er/ der sünde oder freyheit Gottes.

Cap. 9.

Daß jeder sich prüffen soll wessen knecht er
nun sey. 2. Die freyheit Gottes und das ge-
fängnus zum eigenthum des teuffels sind bey-
de im menschen. 3. Gottes wesen soll Herr in
der menschheit seyn. 4. Diß sucht den menschen
aus dem gefängnus zu erlösen. 5. Das wesen
des eigenthums aber tracht ihn durch die be-
gierde gefangen zu nehmen. 6. Von diesem wi-
drigem wesen empfäht die menschheit widriges
zeugnus in sich. 7. Wordurch (nemlich durch
diese zwey geister) ihr der streit des todes in der
seelen zugebracht wird/ und mag/ so lange sie
der begierde im fleische unterworffen ist/ dem
tode nicht entfliehen. 8. Und weil sie die krafft
nicht hat in ihrem gefängnus des todes/ Gott
noch dem teuffel ein genügen zu thun/ mag sie
in ihrer seele keine ruhe haben. 9. Dann die be-
gierde zum eigenthum im fleische ist unersät-
lich. 10. Darum kein leben/ sondern der tod in
ihrem dienste zu erlangen. 11. Je mehr man ihr
dient/ je grössere herrschafft der tod über uns
bekommt. 12 Und das zu unser überwindung.
Die lust gebiert die sünde/ die sünde dentodt. 13.
Wann die menschheit vo der macht dieses tods
überwunden/ erscheint in ihr auch das freye
Göttliche wesen zur contrarität wider ihre ei-
gensinnigkeit/ und bringt ihr aus dem leben
noch einen tod zu. 14. Dann erkennt sie/ daß die
Gottheit ihr ein tod in der contrarität/ und sie
in ihrem eigenthum der Gottheit auch/ und daß
sie gantz im tode verschlungen und weder Gott
noch teuffel kenne. 15. Hier kan sie nichts bessers
thun/ dann sich leydender weise dem tode über-
geben/ und den tode mit williger seele die herr-
schafft zum Göttlichen leben über ihren tod ha-
ben lassen. 16. Verstehe den leydsamen seligen
todt Christi/ der zum leben führt/ und die unter-
thänigkeit unter Gott in todt und leben ist/
wordurch man vom ewigen tode erlöst wird.
17. Dann kan die menschheit (nach Rom. 8. 3.)
zeugen: GOtt sendt seinen Sohn und ver-
dammt die sünde im fleische durch die sünde. 18.
Und weil sie mit Christo zu gleichem tode ge-
pflantzt ist/ wird sie auch seiner aufferstehung
theilhafft/ und von aller begierde frey/ ist mit
nahrung und decke/ das ist/ so sie aus dem le-
bendigen wesen Gottes in der seelen gespeist/
und mit der H. gerechtigkeit des wahren wesens
bekleidet ist/ wol vergnügt/ und danckt Gott.

Cap. 10.

Das der mensch dis in seinem tode zu hertzen
nehmen/ und sich von seinen lüsten und begier-
den befreyen lassen solle. 2. Unmöglich/ GOtt
zu nahen/ so lange man der begierde zum eigen-
thum im fleische mit seinem willen dient. 3. Got-
tes wille/ daß wir seinem freyen himmlischen we-
sen und gottseligen leben alleine leben sollen.
4. Wer das vollkommne einwesige leben zu
seinem lehrmeister hat/ zu dem redet der HErr.
5. Dann wird die wesentliche lehre als ein lieb-
licher regen trieffen. 6. Wer geistlich gesinnt ist/
der schmeckt die himmlische süssigkeit. 7. Wel-
che ist die wesentliche freyheit die vom todt/
teuffel und hölle befreyet. 8. Alle getheilte gei-
ster aus einem freyen wesen herkommende/

müssen

Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] 11. Dieſe kinder haben in der gehorſamen
menſchheit erſt ihren dienſt in der heiligen pro-
phezeyhung durch die ſeher Gottes 1/ und ver-
kuͤndigen den irrdiſchen geſchlechten noch eine
freyheit/ nach vollẽdung der gedult des HErrn
12. Wordurch die ſeelẽ ihres gefaͤngnuſſes im-
mer mehr gewahr werden/ auch nach der zu-
kunfft der kinder Gottes mit verlangen ſeufftzẽ.
13. Freyheit die dieſe kinder Gottes/ nach dem
ſie maͤñlich worden/ wircken/ geht uͤber die him̃-
liche geſchlechte/ die ohne ſchuld unter die ſun-
de gefangen und getoͤdt ſind. 14. Dieſe werden
befreyt vom unſchuldigen tode/ den ſie von den
irrdiſchen geſchlechten erlitten um der verkuͤn-
digung des Namens Gottes willen. 15. Dañ
wenden ſich die kinder Gottes zum natuͤrlichen/
zwar gefangenen/ aber nicht getoͤdten weſen.
Dann die begierde und luſt der ſuͤndẽ ſind dem
natuͤrlichen weſen nicht ſo feind/ als den Goͤtt-
lichen geſchlechten. 16. So die verdorbene
menſchheit in ihren/ aus dem gottloſen weſen
empfangnẽ luͤſtẽ die irrdiſche natur nicht zum
gehuͤlffen/ ſolte ſie nicht beſtehen moͤgen. 17.
Gottheit leydt lieber den todt in der menſch-
heit ehe ſie ſich mit den luͤſten im fleiſche ver-
mengt. Doch iſts natuͤrliche weſẽ von der rei-
nen ſubſtantz nicht. 18. Darum gibts ſichs aus
dumheit/ den verdorbenen luͤſten im fleiſche ge-
fangen/ und laͤſt ſie in ſich wuͤrcken. 19. So
aber wider ſeine natur iſt. 20. Darum ſehnt
und verlangt die natur nach der kinder Gottes
freyheit/ um auch mit frey zu werden. 21. Da-
mit ſie den luͤſten nicht mehr dienen doͤrffe/ ſon-
dern frey leben moͤge. 22. Nach dieſer frey-
heit ſtreben alle ſeelen.

Cap. 8.

Daß alle irrdiſche ſinne in eitelkeit wieder
vergehen muͤſſen in der ſeelen. 2. Sind ohne
ſubſtantz und (nach Jac. 1. 6.) den meer-wel-
len gleich das weſentliche waſſer verzehrt ſie
und bekom̃t die oberhand/ daß es ſtille wird.
3. So wird nun jedes weſen/ ſo aus Gott iſt/
(wanns ſein eigenthum im fleiſche erkennt und
fuͤhlt) nach der freyheit ſeufftzen/ und wann die
zeit erfuͤllt/ frey werden. 4. Daß jeder das we-
ſen Gottes warnehmen und das gefaͤngnuͤs
ſeiner ſeelen erkennen/ auch darvon frey zu wer-
den Gott anflehen ſolle. 5. Die fleiſchliche luͤſte
und begierden ſind der ſeelen gefangnus. Die
freyheit iſt tugend und gerechtigkeit/ darinn
man dem H. weſen Gottes ſucht zu folgen in
ſeinen reinen ſinnen und gedancken. 6. Da be-
weiſt man liebe um liebe. ꝛc. 7. Frey und unge-
eignet ſtehẽ von allen eigenthum im fleiſche/ iſt
der kinder Gottes freyheit. 8. Diß freye weſen
Gottes iſt nun der rechte probir-ſtein. 9. Jn
dieſer freyheit ſieht man Gottes herrligkeit.
10. Der Gott von hertzen ſucht wird ſich nun
an der vom wahn-geiſte ihm verheiſſenen frey-
heit nicht mehr genuͤgen laſſen: Zumal die
freyheit des fleiſches ein gefaͤngnus des teuffels
iſt. 11. Niemand mag frey werden dañ durchs
freye weſen JEſu Chriſti/ wann die Gottheit
ſich mit der menſchheit/ nachdem ſie erniedrigt
iſt/ weſentlich vereingt. 12. Das durch den ei-
genthum des fleiſches gefangen in Babel weg-
gefuͤhrte hauß Jſrael ſoll ſeines Erloͤſers in ſich
warnehmen nicht auſſer ſich. 13. Des wahn-
geiſts dienſte gebaͤhren in der verduͤſterten ſeele
[Spaltenumbruch] ein verſtrickt gewiſſẽ/ deſſẽ hoffnung betrug iſt-
14. Von wem jemand uͤberwunden iſt/ deſſen
knecht iſt er/ der ſuͤnde oder freyheit Gottes.

Cap. 9.

Daß jeder ſich pruͤffen ſoll weſſen knecht er
nun ſey. 2. Die freyheit Gottes und das ge-
faͤngnus zum eigenthum des teuffels ſind bey-
de im menſchen. 3. Gottes weſen ſoll Herr in
der menſchheit ſeyn. 4. Diß ſucht den menſchẽ
aus dem gefaͤngnus zu erloͤſen. 5. Das weſen
des eigenthums aber tracht ihn durch die be-
gierde gefangen zu nehmẽ. 6. Von dieſem wi-
drigem weſẽ empfaͤht die menſchheit widriges
zeugnus in ſich. 7. Wordurch (nemlich durch
dieſe zwey geiſter) ihr der ſtreit des todes in der
ſeelen zugebracht wird/ und mag/ ſo lange ſie
der begierde im fleiſche unterworffen iſt/ dem
tode nicht entfliehen. 8. Und weil ſie die krafft
nicht hat in ihrem gefaͤngnus des todes/ Gott
noch dem teuffel ein genuͤgen zu thun/ mag ſie
in ihrer ſeele keine ruhe haben. 9. Dann die be-
gierde zum eigenthum im fleiſche iſt unerſaͤt-
lich. 10. Darum kein leben/ ſondern der tod in
ihrem dienſte zu erlangen. 11. Je mehr man ihr
dient/ je groͤſſere herrſchafft der tod uͤber uns
bekom̃t. 12 Und das zu unſer uͤberwindung.
Die luſt gebiert die ſuͤnde/ die ſuͤnde dẽtodt. 13.
Wañ die menſchheit võ der macht dieſes tods
uͤberwunden/ erſcheint in ihr auch das freye
Goͤttliche weſen zur contraritaͤt wider ihre ei-
genſinnigkeit/ und bringt ihr aus dem leben
noch einen tod zu. 14. Dann erkennt ſie/ daß die
Gottheit ihr ein tod in der contraritaͤt/ und ſie
in ihrem eigenthum der Gottheit auch/ und daß
ſie gantz im tode verſchlungen und weder Gott
noch teuffel keñe. 15. Hier kan ſie nichts beſſers
thun/ dann ſich leydender weiſe dem tode uͤber-
geben/ und den tode mit williger ſeele die herr-
ſchafft zum Goͤttlichen leben uͤber ihren tod ha-
ben laſſen. 16. Verſtehe den leydſamen ſeligen
todt Chriſti/ der zum leben fuͤhrt/ und die unter-
thaͤnigkeit unter Gott in todt und leben iſt/
wordurch man vom ewigen tode erloͤſt wird.
17. Dañ kan die menſchheit (nach Rom. 8. 3.)
zeugen: GOtt ſendt ſeinen Sohn und ver-
dammt die ſuͤnde im fleiſche durch die ſuͤnde. 18.
Und weil ſie mit Chriſto zu gleichem tode ge-
pflantzt iſt/ wird ſie auch ſeiner aufferſtehung
theilhafft/ und von aller begierde frey/ iſt mit
nahrung und decke/ das iſt/ ſo ſie aus dem le-
bendigen weſen Gottes in der ſeelen geſpeiſt/
und mit der H. gerechtigkeit des wahrẽ weſens
bekleidet iſt/ wol vergnuͤgt/ und danckt Gott.

Cap. 10.

Das der menſch dis in ſeinem tode zu hertzẽ
nehmen/ und ſich von ſeinen luͤſten und begier-
den befreyen laſſen ſolle. 2. Unmoͤglich/ GOtt
zu nahen/ ſo lange man der begierde zum eigen-
thum im fleiſche mit ſeinem willẽ dient. 3. Got-
tes wille/ daß wir ſeinem freyen him̃liſchen we-
ſen und gottſeligen leben alleine leben ſollen.
4. Wer das vollkommne einweſige leben zu
ſeinem lehrmeiſter hat/ zu dem redet der HErr.
5. Dann wird die weſentliche lehre als ein lieb-
licher regen trieffen. 6. Wer geiſtlich geſiñt iſt/
der ſchmeckt die himmliſche ſuͤſſigkeit. 7. Wel-
che iſt die weſentliche freyheit die vom todt/
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muͤſſen
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[568/0876] Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels. 11. Dieſe kinder haben in der gehorſamen menſchheit erſt ihren dienſt in der heiligen pro- phezeyhung durch die ſeher Gottes 1/ und ver- kuͤndigen den irrdiſchen geſchlechten noch eine freyheit/ nach vollẽdung der gedult des HErrn 12. Wordurch die ſeelẽ ihres gefaͤngnuſſes im- mer mehr gewahr werden/ auch nach der zu- kunfft der kinder Gottes mit verlangen ſeufftzẽ. 13. Freyheit die dieſe kinder Gottes/ nach dem ſie maͤñlich worden/ wircken/ geht uͤber die him̃- liche geſchlechte/ die ohne ſchuld unter die ſun- de gefangen und getoͤdt ſind. 14. Dieſe werden befreyt vom unſchuldigen tode/ den ſie von den irrdiſchen geſchlechten erlitten um der verkuͤn- digung des Namens Gottes willen. 15. Dañ wenden ſich die kinder Gottes zum natuͤrlichen/ zwar gefangenen/ aber nicht getoͤdten weſen. Dann die begierde und luſt der ſuͤndẽ ſind dem natuͤrlichen weſen nicht ſo feind/ als den Goͤtt- lichen geſchlechten. 16. So die verdorbene menſchheit in ihren/ aus dem gottloſen weſen empfangnẽ luͤſtẽ die irrdiſche natur nicht zum gehuͤlffen/ ſolte ſie nicht beſtehen moͤgen. 17. Gottheit leydt lieber den todt in der menſch- heit ehe ſie ſich mit den luͤſten im fleiſche ver- mengt. Doch iſts natuͤrliche weſẽ von der rei- nen ſubſtantz nicht. 18. Darum gibts ſichs aus dumheit/ den verdorbenen luͤſten im fleiſche ge- fangen/ und laͤſt ſie in ſich wuͤrcken. 19. So aber wider ſeine natur iſt. 20. Darum ſehnt und verlangt die natur nach der kinder Gottes freyheit/ um auch mit frey zu werden. 21. Da- mit ſie den luͤſten nicht mehr dienen doͤrffe/ ſon- dern frey leben moͤge. 22. Nach dieſer frey- heit ſtreben alle ſeelen. Cap. 8. Daß alle irrdiſche ſinne in eitelkeit wieder vergehen muͤſſen in der ſeelen. 2. Sind ohne ſubſtantz und (nach Jac. 1. 6.) den meer-wel- len gleich das weſentliche waſſer verzehrt ſie und bekom̃t die oberhand/ daß es ſtille wird. 3. So wird nun jedes weſen/ ſo aus Gott iſt/ (wanns ſein eigenthum im fleiſche erkennt und fuͤhlt) nach der freyheit ſeufftzen/ und wann die zeit erfuͤllt/ frey werden. 4. Daß jeder das we- ſen Gottes warnehmen und das gefaͤngnuͤs ſeiner ſeelen erkennen/ auch darvon frey zu wer- den Gott anflehen ſolle. 5. Die fleiſchliche luͤſte und begierden ſind der ſeelen gefangnus. Die freyheit iſt tugend und gerechtigkeit/ darinn man dem H. weſen Gottes ſucht zu folgen in ſeinen reinen ſinnen und gedancken. 6. Da be- weiſt man liebe um liebe. ꝛc. 7. Frey und unge- eignet ſtehẽ von allen eigenthum im fleiſche/ iſt der kinder Gottes freyheit. 8. Diß freye weſen Gottes iſt nun der rechte probir-ſtein. 9. Jn dieſer freyheit ſieht man Gottes herrligkeit. 10. Der Gott von hertzen ſucht wird ſich nun an der vom wahn-geiſte ihm verheiſſenen frey- heit nicht mehr genuͤgen laſſen: Zumal die freyheit des fleiſches ein gefaͤngnus des teuffels iſt. 11. Niemand mag frey werden dañ durchs freye weſen JEſu Chriſti/ wann die Gottheit ſich mit der menſchheit/ nachdem ſie erniedrigt iſt/ weſentlich vereingt. 12. Das durch den ei- genthum des fleiſches gefangen in Babel weg- gefuͤhrte hauß Jſrael ſoll ſeines Erloͤſers in ſich warnehmen nicht auſſer ſich. 13. Des wahn- geiſts dienſte gebaͤhren in der verduͤſterten ſeele ein verſtrickt gewiſſẽ/ deſſẽ hoffnung betrug iſt- 14. Von wem jemand uͤberwunden iſt/ deſſen knecht iſt er/ der ſuͤnde oder freyheit Gottes. Cap. 9. Daß jeder ſich pruͤffen ſoll weſſen knecht er nun ſey. 2. Die freyheit Gottes und das ge- faͤngnus zum eigenthum des teuffels ſind bey- de im menſchen. 3. Gottes weſen ſoll Herr in der menſchheit ſeyn. 4. Diß ſucht den menſchẽ aus dem gefaͤngnus zu erloͤſen. 5. Das weſen des eigenthums aber tracht ihn durch die be- gierde gefangen zu nehmẽ. 6. Von dieſem wi- drigem weſẽ empfaͤht die menſchheit widriges zeugnus in ſich. 7. Wordurch (nemlich durch dieſe zwey geiſter) ihr der ſtreit des todes in der ſeelen zugebracht wird/ und mag/ ſo lange ſie der begierde im fleiſche unterworffen iſt/ dem tode nicht entfliehen. 8. Und weil ſie die krafft nicht hat in ihrem gefaͤngnus des todes/ Gott noch dem teuffel ein genuͤgen zu thun/ mag ſie in ihrer ſeele keine ruhe haben. 9. Dann die be- gierde zum eigenthum im fleiſche iſt unerſaͤt- lich. 10. Darum kein leben/ ſondern der tod in ihrem dienſte zu erlangen. 11. Je mehr man ihr dient/ je groͤſſere herrſchafft der tod uͤber uns bekom̃t. 12 Und das zu unſer uͤberwindung. Die luſt gebiert die ſuͤnde/ die ſuͤnde dẽtodt. 13. Wañ die menſchheit võ der macht dieſes tods uͤberwunden/ erſcheint in ihr auch das freye Goͤttliche weſen zur contraritaͤt wider ihre ei- genſinnigkeit/ und bringt ihr aus dem leben noch einen tod zu. 14. Dann erkennt ſie/ daß die Gottheit ihr ein tod in der contraritaͤt/ und ſie in ihrem eigenthum der Gottheit auch/ und daß ſie gantz im tode verſchlungen und weder Gott noch teuffel keñe. 15. Hier kan ſie nichts beſſers thun/ dann ſich leydender weiſe dem tode uͤber- geben/ und den tode mit williger ſeele die herr- ſchafft zum Goͤttlichen leben uͤber ihren tod ha- ben laſſen. 16. Verſtehe den leydſamen ſeligen todt Chriſti/ der zum leben fuͤhrt/ und die unter- thaͤnigkeit unter Gott in todt und leben iſt/ wordurch man vom ewigen tode erloͤſt wird. 17. Dañ kan die menſchheit (nach Rom. 8. 3.) zeugen: GOtt ſendt ſeinen Sohn und ver- dammt die ſuͤnde im fleiſche durch die ſuͤnde. 18. Und weil ſie mit Chriſto zu gleichem tode ge- pflantzt iſt/ wird ſie auch ſeiner aufferſtehung theilhafft/ und von aller begierde frey/ iſt mit nahrung und decke/ das iſt/ ſo ſie aus dem le- bendigen weſen Gottes in der ſeelen geſpeiſt/ und mit der H. gerechtigkeit des wahrẽ weſens bekleidet iſt/ wol vergnuͤgt/ und danckt Gott. Cap. 10. Das der menſch dis in ſeinem tode zu hertzẽ nehmen/ und ſich von ſeinen luͤſten und begier- den befreyen laſſen ſolle. 2. Unmoͤglich/ GOtt zu nahen/ ſo lange man der begierde zum eigen- thum im fleiſche mit ſeinem willẽ dient. 3. Got- tes wille/ daß wir ſeinem freyen him̃liſchen we- ſen und gottſeligen leben alleine leben ſollen. 4. Wer das vollkommne einweſige leben zu ſeinem lehrmeiſter hat/ zu dem redet der HErr. 5. Dann wird die weſentliche lehre als ein lieb- licher regen trieffen. 6. Wer geiſtlich geſiñt iſt/ der ſchmeckt die himmliſche ſuͤſſigkeit. 7. Wel- che iſt die weſentliche freyheit die vom todt/ teuffel und hoͤlle befreyet. 8. 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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/876>, abgerufen am 20.11.2024.