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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num IX. Jnhalt der schrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] lich wieder überwunden werden muß. 6. Wel-
ches das gesetz der gerechtigkeit die mit dem ge-
walt des gerichts wieder den gewalt des un-
rechts streit und den bösen strafft und den un-
unschuldigen beschirmt/ auge um auge/ etc.
doch ists nicht der heiligen streit darinn man tod
und leben überwinden kan. 7. Der fechtende
streit gebiert keine heilige seelen im Gottseli-
gen leben/ sondern tod und verdamnus/ in der
seelen. 8. Daß man den eigensinnigen streit
verlassen und das waffen der leydsamkeit er-
greiffen solle. 9. Der Christliche streit ist/ sei-
nen widerpart mit der leydsamkeit Christi in
güte tragen/ wordurch man seinen feind über-
winden kan. 10. Dann kein kräfftiger waffen
ist als seinen widerpart gütlich vertragen und
ihn vom seinem eignen bösen selbst straffen lassen.
Hierdurch verliert sich der mensch und so er sich
verlohren hat/ ist er tüchtig als ein werckzeug
von GOtt gebraucht zu werden. 11. Weil der
mensch an seine eigenschafft des fleisches aus
liebe so gar verbunden/ kan er ohne pein des to-
des die leydsamkeit Christi nicht bekommen das
waffen läst sich von niemand gebrauchen/ als
da die verleugnung sein selbst über das irrdische
eigensinnige leben ihre vollige krafft biß zum
tode erwiesen hat. 12. Die eigenheit und die
leydsamkeit Christi mögen beyde im hertzen der
menschen nicht regieren. 13. daß die unter den
vernunffts-geistern und eigen sinnen gefange-
ne seelen sich loß machen sollen/ weil GOtt sich
nun als ein wesentlich licht des lebens verklärte
dem menschen sein gefängnus des tods und die
freyheit des lebens bekannt zu machen.

Cap. 32.

Daß nach der offenbahrung der erkänntnus
des guten und bösen das urtheil der gerechtig-
keit folge wider die eigensinnige einbildungen
des fleisches. 2. Darum müssen sie nun ihren
untergang empfangen. 3. Wann das vollkomm-
ne wesen der Göttlichen natur kommt/ muß das
eigensinnige wahn-wesen auffhören. 4. Alle ver-
schiedne geister werden dann ein geist und we-
sen werden. 5. Wann der mensch in seinem
bildlichen wesen von sich selbst enteignet/ ist
GOtt in ihm auch entbilt/ ergiebt er sich den
bilden/ ist seine erkänntnus auch bildlich. 6. Wie
der mensch im hertzen gesinnet/ so macht er sich
auch einen gott. 7. Darum GOtt ein licht der
erleuchten/ und eine finsternus der verdüster-
ten. 8. Mensch kan Gott nicht entweichen we-
der im leben noch im tode. 9. Jn zeit der unwis-
senheit aber kan er das nicht empfinden/ weil er
damals weder im himmel noch in der höllen/
weder im tode noch im leben. 10. So lange er
nicht im himmel noch in der höllen/ hat er kei-
ne erkanntnus weder vo Gott noch vom teuffel/
noch von den geistern der eigensinnigen begier-
den die ihn treiben und regieren. 11. All sein ver-
stand ist verfinstert hat kein wahres urtheil in
ihm der himmel der Göttlichen freude/ und die
hölle mit ihren peinlichen verdamnus sind ihm
verschlossen/ müssen auch so lang er in der un-
wissenheit begriffen also bleiben. 12. Die irrdi-
schen geister die ihn treiben und regieren/ sind
seine eigensuchende begierlichkeiten des fleisches/
die ihn gantz verblendt und betaubt haben/ daß er
mit seiner irrdischen lust über alles was er ge-
braucht/ herrschen wil. 13. So vieler eigen-
schafft er in seinen begierden unterworffen/ so
[Spaltenumbruch] viel schmertzen des todes bereitet er sich im tage
des gerechten gerichts. Welches das licht der
erkanntnus sein selbst ist.

Cap. 33.

Daß der mensch/ das urtheil der verdamnus
in seiner seelen nicht zu empfangen/ sich in den
leidenden streit der heiligen begeben/ die sinnen
des fleisches im tode verlassen/ nichts als was
GOtt in ihm würcken wil/ begehren/ und alle
sinne und gedancken des fleisches für feinde Got-
tes erkennen solle. 2. Und in der leydsamkeit Chri-
sti streit und überwindet man. 3. Ehe die leyd-
samkeit überwinden kan/ muß sie sich überwin-
den lassen. 4. Wer in GOtt überwinden wil/
muß erst leydender weise überwunden werden.
5. Darum ist der streit der heiligen im verlieren
der eignen sinnen gelegen. So die durch die
leydsamkeit und verläugnung verlohren/ ist der
streit gewonnen: und die leydsame menschheit
empfäht die Christl. crone im siege des lebens.
6. Kein kräfftiger waffen/ sich und seine irrdi-
sche eigensinnigkeit zu überwinden/ dann die
Christliche leydsamkeit. 7. Die welt kan nicht
beten: Nicht Vatter was ich wil sondern was
du wilt. Lust zum gehorsam des Vatters über-
windt alle pein in Christo. 8. Der sich verlieren
wil muß wider niemand streiten. 9. Jn allem
was seiner eigenschafft zu wider muß er leyden-
ter weise einen streit annehmen/ und sich nach
Rom. 1. 16. Ja selbst nicht rechen.

Cap. 34.

Daß alles gedultig leydender rechte Gött-
liche streit zur seelen heiligung. 2. Sollen diesen
in verleugnung uns selbst lernen/ das böse das
der menschen hertzen eingenommen hat/ zu
überwinden 3. Wer das nit thut/ wird das bö-
se nimmermehr überwinden/ auch niemanden lie-
ben dann der ihme in seiner eigenschafft zustimmt.
4. Denen die uns bösesthun/ soll man gutes
thun/ und also in der verläugnung unser selbst
vollkommen werden. 5. Soll der mensch mit der
Göttlichen natur gemeinschafft haben/ muß er in
tode und leben Christo nachfolgen leydender
weise/ so lange er einig leben oder lust in seiner
eignen begierlichkeit fühlt. 6. Wie ein misse-
thäter in der justitz händen kein recht noch macht
seinem willen zu thun/ sondern leydender wei-
se der justitz folgen muß: Also auch die GOtt
in Christo sich übergebende inwendige seele
GOtt. 7. der seine schuld zu zahlen gefangen/
hat keine ruhe biß er bezahlet hat. 8. Das be-
zahlen macht ihm unter seiner eigenschafft den
weg zum leben enge. 9. Die engigkeit macht sich
selbst/ weil er seine lust und begierden nicht al-
lein zur Göttlichen natur kehrt/ kan auch biß er
das thut/ von dem engen wege nicht kommen. 10.
So er das vollbracht/ hört sein streit auff/ und
wandelt/ weil er nur einem HErrn zudienen/
nicht mehr auff den engen wege. 11. Die leyd-
samkeit Christi nimmt das reich der himmel ein/
und begint unterm dienst Joh. zur reue über
die lüste im fleische. 12. Dann folgt die lehre
Christi: lernet von mir/ daß ich sanfftmütig
und demüthig von hertzen bin etc. 13. Durch die
demuth Christi überwindet man die hoheit des
fleisches. Welches der heiligen streit 2. Cor. 10.
3. beschrieben. 14. Je mehr der mensch sich sel-
ber ver läst/ und sich dem wesen Gottes ergibt/
je minder sein streit wird. Dann wäre er nicht
auff sich selbst seine eigenschafft zubekommen/ ge-

kehrt
A a a a 3

Th. IV. Sect. III. Num IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] lich wieder uͤberwunden werden muß. 6. Wel-
ches das geſetz der gerechtigkeit die mit dem ge-
walt des gerichts wieder den gewalt des un-
rechts ſtreit und den boͤſen ſtrafft und den un-
unſchuldigen beſchirmt/ auge um auge/ ꝛc.
doch iſts nicht der heiligen ſtreit dariñ man tod
und leben uͤberwinden kan. 7. Der fechtende
ſtreit gebiert keine heilige ſeelen im Gottſeli-
gen leben/ ſondern tod und verdamnus/ in der
ſeelen. 8. Daß man den eigenſinnigen ſtreit
verlaſſen und das waffen der leydſamkeit er-
greiffen ſolle. 9. Der Chriſtliche ſtreit iſt/ ſei-
nen widerpart mit der leydſamkeit Chriſti in
guͤte tragen/ wordurch man ſeinen feind uͤber-
winden kan. 10. Dann kein kraͤfftiger waffen
iſt als ſeinen widerpart guͤtlich vertragen und
ihn vom ſeinem eignẽ boͤſen ſelbſt ſtraffen laſſẽ.
Hierdurch verliert ſich der menſch und ſo er ſich
verlohren hat/ iſt er tuͤchtig als ein werckzeug
von GOtt gebraucht zu werden. 11. Weil der
menſch an ſeine eigenſchafft des fleiſches aus
liebe ſo gar verbunden/ kan er ohne pein des to-
des die leydſamkeit Chriſti nicht bekommen das
waffen laͤſt ſich von niemand gebrauchen/ als
da die verleugnung ſein ſelbſt uͤbeꝛ das irꝛdiſche
eigenſinnige leben ihre vollige krafft biß zum
tode erwieſen hat. 12. Die eigenheit und die
leydſamkeit Chriſti moͤgen beyde im hertzen der
menſchen nicht regieren. 13. daß die unter den
vernunffts-geiſtern und eigen ſinnen gefange-
ne ſeelen ſich loß machen ſollen/ weil GOtt ſich
nun als ein weſentlich licht des lebens verklaͤrte
dem menſchen ſein gefaͤngnus des tods und die
freyheit des lebens bekannt zu machen.

Cap. 32.

Daß nach der offenbahrung der erkaͤnntnus
des guten und boͤſen das urtheil der gerechtig-
keit folge wider die eigenſinnige einbildungen
des fleiſches. 2. Darum muͤſſen ſie nun ihren
untergang empfangen. 3. Wann das vollkom̃-
ne weſen der Goͤttlichen natur kom̃t/ muß das
eigenſinnige wahn-weſẽ auffhoͤren. 4. Alle ver-
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ſen werden. 5. Wann der menſch in ſeinem
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GOtt in ihm auch entbilt/ ergiebt er ſich den
bilden/ iſt ſeine erkaͤñtnus auch bildlich. 6. Wie
der menſch im hertzen geſinnet/ ſo macht er ſich
auch einen gott. 7. Darum GOtt ein licht der
erleuchten/ und eine finſternus der verduͤſter-
ten. 8. Menſch kan Gott nicht entweichen we-
der im leben noch im tode. 9. Jn zeit der unwiſ-
ſenheit aber kan er das nicht empfinden/ weil er
damals weder im himmel noch in der hoͤllen/
weder im tode noch im leben. 10. So lange er
nicht im himmel noch in der hoͤllen/ hat er kei-
ne erkañtnus weder võ Gott noch vom teuffel/
noch von den geiſtern der eigenſinnigen begier-
den die ihn treiben und regierẽ. 11. All ſein ver-
ſtand iſt verfinſtert hat kein wahres urtheil in
ihm der himmel der Goͤttlichen freude/ und die
hoͤlle mit ihren peinlichen verdamnus ſind ihm
verſchloſſen/ muͤſſen auch ſo lang er in der un-
wiſſenheit begriffen alſo bleiben. 12. Die irrdi-
ſchen geiſter die ihn treiben und regieren/ ſind
ſeine eigenſuchende begierlichkeitẽ des fleiſches/
die ihn gantz verblẽdt und betaubt habẽ/ daß er
mit ſeiner irrdiſchen luſt uͤber alles was er ge-
braucht/ herrſchen wil. 13. So vieler eigen-
ſchafft er in ſeinen begierden unterworffen/ ſo
[Spaltenumbruch] viel ſchmertzen des todes bereitet er ſich im tage
des gerechten gerichts. Welches das licht der
erkanntnus ſein ſelbſt iſt.

Cap. 33.

Daß der menſch/ das urtheil der verdamnus
in ſeiner ſeelen nicht zu empfangen/ ſich in den
leidenden ſtreit der heiligen begeben/ die ſinnẽ
des fleiſches im tode verlaſſen/ nichts als was
GOtt in ihm wuͤrcken wil/ begehren/ und alle
ſinne und gedanckẽ des fleiſches fuͤr feinde Got-
tes erkeñen ſolle. 2. Und in der leydſamkeit Chri-
ſti ſtreit und uͤberwindet man. 3. Ehe die leyd-
ſamkeit uͤberwinden kan/ muß ſie ſich uͤberwin-
den laſſen. 4. Wer in GOtt uͤberwinden wil/
muß erſt leydender weiſe uͤberwunden werdẽ.
5. Darum iſt der ſtreit der heiligen im verlieren
der eignen ſinnen gelegen. So die durch die
leydſamkeit und verlaͤugnung verlohren/ iſt der
ſtreit gewonnen: und die leydſame menſchheit
empfaͤht die Chriſtl. crone im ſiege des lebens.
6. Kein kraͤfftiger waffen/ ſich und ſeine irrdi-
ſche eigenſinnigkeit zu uͤberwinden/ dann die
Chriſtliche leydſamkeit. 7. Die welt kan nicht
beten: Nicht Vatter was ich wil ſondern was
du wilt. Luſt zum gehorſam des Vatters uͤber-
windt alle pein in Chriſto. 8. Der ſich verlierẽ
wil muß wider niemand ſtreiten. 9. Jn allem
was ſeiner eigenſchafft zu wider muß er leyden-
ter weiſe einen ſtreit annehmen/ und ſich nach
Rom. 1. 16. Ja ſelbſt nicht rechen.

Cap. 34.

Daß alles gedultig leydender rechte Goͤtt-
liche ſtreit zur ſeelen heiligung. 2. Sollen dieſẽ
in verleugnung uns ſelbſt lernen/ das boͤſe das
der menſchen hertzen eingenommen hat/ zu
uͤberwindẽ 3. Wer das nit thut/ wird das boͤ-
ſe nim̃ermehr uͤberwinden/ auch niemanden lie-
ben dañ der ihme in ſeiner eigenſchafft zuſtim̃t.
4. Denen die uns boͤſesthun/ ſoll man gutes
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vollkom̃en werden. 5. Soll der menſch mit der
Goͤttlichẽ natur gemeinſchafft habẽ/ muß er in
tode und leben Chriſto nachfolgen leydender
weiſe/ ſo lange er einig leben oder luſt in ſeiner
eignen begierlichkeit fuͤhlt. 6. Wie ein miſſe-
thaͤter in der juſtitz haͤndẽ kein recht noch macht
ſeinem willen zu thun/ ſondern leydender wei-
ſe der juſtitz folgen muß: Alſo auch die GOtt
in Chriſto ſich uͤbergebende inwendige ſeele
GOtt. 7. der ſeine ſchuld zu zahlen gefangen/
hat keine ruhe biß er bezahlet hat. 8. Das be-
zahlen macht ihm unter ſeiner eigenſchafft den
weg zum lebẽ enge. 9. Die engigkeit macht ſich
ſelbſt/ weil er ſeine luſt und begierden nicht al-
lein zur Goͤttlichen natur kehrt/ kan auch biß er
das thut/ von dem engẽ wege nicht kom̃en. 10.
So er das vollbracht/ hoͤrt ſein ſtreit auff/ und
wandelt/ weil er nur einem HErrn zudienen/
nicht mehr auff den engen wege. 11. Die leyd-
ſamkeit Chriſti nim̃t das reich der himmel ein/
und begint unterm dienſt Joh. zur reue uͤber
die luͤſte im fleiſche. 12. Dann folgt die lehre
Chriſti: lernet von mir/ daß ich ſanfftmuͤtig
und demuͤthig von hertzen bin ꝛc. 13. Durch die
demuth Chriſti uͤberwindet man die hoheit des
fleiſches. Welches der heiligen ſtreit 2. Cor. 10.
3. beſchrieben. 14. Je mehr der menſch ſich ſel-
ber ver laͤſt/ und ſich dem weſen Gottes ergibt/
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auff ſich ſelbſt ſeine eigenſchafft zubekom̃en/ ge-

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[557/0865] Th. IV. Sect. III. Num IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels. lich wieder uͤberwunden werden muß. 6. Wel- ches das geſetz der gerechtigkeit die mit dem ge- walt des gerichts wieder den gewalt des un- rechts ſtreit und den boͤſen ſtrafft und den un- unſchuldigen beſchirmt/ auge um auge/ ꝛc. doch iſts nicht der heiligen ſtreit dariñ man tod und leben uͤberwinden kan. 7. Der fechtende ſtreit gebiert keine heilige ſeelen im Gottſeli- gen leben/ ſondern tod und verdamnus/ in der ſeelen. 8. Daß man den eigenſinnigen ſtreit verlaſſen und das waffen der leydſamkeit er- greiffen ſolle. 9. Der Chriſtliche ſtreit iſt/ ſei- nen widerpart mit der leydſamkeit Chriſti in guͤte tragen/ wordurch man ſeinen feind uͤber- winden kan. 10. Dann kein kraͤfftiger waffen iſt als ſeinen widerpart guͤtlich vertragen und ihn vom ſeinem eignẽ boͤſen ſelbſt ſtraffen laſſẽ. Hierdurch verliert ſich der menſch und ſo er ſich verlohren hat/ iſt er tuͤchtig als ein werckzeug von GOtt gebraucht zu werden. 11. Weil der menſch an ſeine eigenſchafft des fleiſches aus liebe ſo gar verbunden/ kan er ohne pein des to- des die leydſamkeit Chriſti nicht bekommen das waffen laͤſt ſich von niemand gebrauchen/ als da die verleugnung ſein ſelbſt uͤbeꝛ das irꝛdiſche eigenſinnige leben ihre vollige krafft biß zum tode erwieſen hat. 12. Die eigenheit und die leydſamkeit Chriſti moͤgen beyde im hertzen der menſchen nicht regieren. 13. daß die unter den vernunffts-geiſtern und eigen ſinnen gefange- ne ſeelen ſich loß machen ſollen/ weil GOtt ſich nun als ein weſentlich licht des lebens verklaͤrte dem menſchen ſein gefaͤngnus des tods und die freyheit des lebens bekannt zu machen. Cap. 32. Daß nach der offenbahrung der erkaͤnntnus des guten und boͤſen das urtheil der gerechtig- keit folge wider die eigenſinnige einbildungen des fleiſches. 2. Darum muͤſſen ſie nun ihren untergang empfangen. 3. Wann das vollkom̃- ne weſen der Goͤttlichen natur kom̃t/ muß das eigenſinnige wahn-weſẽ auffhoͤren. 4. Alle ver- ſchiedne geiſter werden dann ein geiſt und we- ſen werden. 5. Wann der menſch in ſeinem bildlichen weſen von ſich ſelbſt enteignet/ iſt GOtt in ihm auch entbilt/ ergiebt er ſich den bilden/ iſt ſeine erkaͤñtnus auch bildlich. 6. Wie der menſch im hertzen geſinnet/ ſo macht er ſich auch einen gott. 7. Darum GOtt ein licht der erleuchten/ und eine finſternus der verduͤſter- ten. 8. Menſch kan Gott nicht entweichen we- der im leben noch im tode. 9. Jn zeit der unwiſ- ſenheit aber kan er das nicht empfinden/ weil er damals weder im himmel noch in der hoͤllen/ weder im tode noch im leben. 10. So lange er nicht im himmel noch in der hoͤllen/ hat er kei- ne erkañtnus weder võ Gott noch vom teuffel/ noch von den geiſtern der eigenſinnigen begier- den die ihn treiben und regierẽ. 11. All ſein ver- ſtand iſt verfinſtert hat kein wahres urtheil in ihm der himmel der Goͤttlichen freude/ und die hoͤlle mit ihren peinlichen verdamnus ſind ihm verſchloſſen/ muͤſſen auch ſo lang er in der un- wiſſenheit begriffen alſo bleiben. 12. Die irrdi- ſchen geiſter die ihn treiben und regieren/ ſind ſeine eigenſuchende begierlichkeitẽ des fleiſches/ die ihn gantz verblẽdt und betaubt habẽ/ daß er mit ſeiner irrdiſchen luſt uͤber alles was er ge- braucht/ herrſchen wil. 13. So vieler eigen- ſchafft er in ſeinen begierden unterworffen/ ſo viel ſchmertzen des todes bereitet er ſich im tage des gerechten gerichts. Welches das licht der erkanntnus ſein ſelbſt iſt. Cap. 33. Daß der menſch/ das urtheil der verdamnus in ſeiner ſeelen nicht zu empfangen/ ſich in den leidenden ſtreit der heiligen begeben/ die ſinnẽ des fleiſches im tode verlaſſen/ nichts als was GOtt in ihm wuͤrcken wil/ begehren/ und alle ſinne und gedanckẽ des fleiſches fuͤr feinde Got- tes erkeñen ſolle. 2. Und in der leydſamkeit Chri- ſti ſtreit und uͤberwindet man. 3. Ehe die leyd- ſamkeit uͤberwinden kan/ muß ſie ſich uͤberwin- den laſſen. 4. Wer in GOtt uͤberwinden wil/ muß erſt leydender weiſe uͤberwunden werdẽ. 5. Darum iſt der ſtreit der heiligen im verlieren der eignen ſinnen gelegen. So die durch die leydſamkeit und verlaͤugnung verlohren/ iſt der ſtreit gewonnen: und die leydſame menſchheit empfaͤht die Chriſtl. crone im ſiege des lebens. 6. Kein kraͤfftiger waffen/ ſich und ſeine irrdi- ſche eigenſinnigkeit zu uͤberwinden/ dann die Chriſtliche leydſamkeit. 7. Die welt kan nicht beten: Nicht Vatter was ich wil ſondern was du wilt. Luſt zum gehorſam des Vatters uͤber- windt alle pein in Chriſto. 8. Der ſich verlierẽ wil muß wider niemand ſtreiten. 9. Jn allem was ſeiner eigenſchafft zu wider muß er leyden- ter weiſe einen ſtreit annehmen/ und ſich nach Rom. 1. 16. Ja ſelbſt nicht rechen. Cap. 34. Daß alles gedultig leydender rechte Goͤtt- liche ſtreit zur ſeelen heiligung. 2. Sollen dieſẽ in verleugnung uns ſelbſt lernen/ das boͤſe das der menſchen hertzen eingenommen hat/ zu uͤberwindẽ 3. Wer das nit thut/ wird das boͤ- ſe nim̃ermehr uͤberwinden/ auch niemanden lie- ben dañ der ihme in ſeiner eigenſchafft zuſtim̃t. 4. Denen die uns boͤſesthun/ ſoll man gutes thun/ und alſo in der verlaͤugnung unſer ſelbſt vollkom̃en werden. 5. Soll der menſch mit der Goͤttlichẽ natur gemeinſchafft habẽ/ muß er in tode und leben Chriſto nachfolgen leydender weiſe/ ſo lange er einig leben oder luſt in ſeiner eignen begierlichkeit fuͤhlt. 6. Wie ein miſſe- thaͤter in der juſtitz haͤndẽ kein recht noch macht ſeinem willen zu thun/ ſondern leydender wei- ſe der juſtitz folgen muß: Alſo auch die GOtt in Chriſto ſich uͤbergebende inwendige ſeele GOtt. 7. der ſeine ſchuld zu zahlen gefangen/ hat keine ruhe biß er bezahlet hat. 8. Das be- zahlen macht ihm unter ſeiner eigenſchafft den weg zum lebẽ enge. 9. Die engigkeit macht ſich ſelbſt/ weil er ſeine luſt und begierden nicht al- lein zur Goͤttlichen natur kehrt/ kan auch biß er das thut/ von dem engẽ wege nicht kom̃en. 10. So er das vollbracht/ hoͤrt ſein ſtreit auff/ und wandelt/ weil er nur einem HErrn zudienen/ nicht mehr auff den engen wege. 11. Die leyd- ſamkeit Chriſti nim̃t das reich der himmel ein/ und begint unterm dienſt Joh. zur reue uͤber die luͤſte im fleiſche. 12. Dann folgt die lehre Chriſti: lernet von mir/ daß ich ſanfftmuͤtig und demuͤthig von hertzen bin ꝛc. 13. Durch die demuth Chriſti uͤberwindet man die hoheit des fleiſches. Welches der heiligen ſtreit 2. Cor. 10. 3. beſchrieben. 14. Je mehr der menſch ſich ſel- ber ver laͤſt/ und ſich dem weſen Gottes ergibt/ je minder ſein ſtreit wird. Dann waͤre er nicht auff ſich ſelbſt ſeine eigenſchafft zubekom̃en/ ge- kehrt A a a a 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/865>, abgerufen am 20.11.2024.