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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der schrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] Luc. 23. 42.) in fein reich (des menschen hertz)
kommend ihrer gedencken. 6. Alsdann erst
hat CHristus macht der gecreutzigten mensch-
heit vom creutze zu helffen/ und sie in sein reich
auffzunehmen/ das Jch/ Mein und Dein aus-
zureuten/ und sie des Gottseligen lebens in der
Göttlichen natur theilhafft zu machen.

Cap. 28.

Daß nun nichts gelte vor GOtt dann ein
demühtig von sich loß und freyes hertz/ daß an
keine meinung im fleische vereignet ist/ nichts
dann liebe um liebe an allen insgemein/ und
keinen anhang sucht. 2. Dann weil/ GOtt
aller menschen GOtt und nicht auff ihre mey-
nungen siht/ sucht er demüthige hertzen/ dar-
inn sein geist/ wesen und natur eine wohnstatt
finden möge/ darinn steht er unpartheyisch/
und liebt die von sich selbst los seyende mensch-
heit unter allen völckern. Und durch seine lang-
muth erwartet er alle zu seinem wesen einzukeh-
ren. 3. Sein wille ist/ daß wir ihm wesent-
lich darinn nachfolgen sollen/ allen seine liebe
unpartheyisch zu beweisen/ und die Göttliche
güte zum vorbild zunehmen in unser menschheit.
4. Dann die güte CHristi hat nichts dann
guts gethan/ und nach ihrer menschheit keine
rache an den bösen geübt/ ob er wol von seinen
Jüngern darzu angefochten ward/ die seine
güte und erbarmung nicht überwinden konten/
übergab er seines vaters gerechtigkeit und er-
wartete das ende alles fleisches in leydsamkeit/
und durch die leydsamkeit hat er alles unrecht
zurecht gebracht.

Cap. 29.

Daß einjeder möge zu sehen/ daß er in allem
der art/ wesen und natur CHristi in sich gehor-
sam sey/ und darin allein die ehre CHristi su-
che. 2. Wohl zuzusehen/ daß man seine un-
erleuchtete menschheit/ die im irrdischen wesen
zu nichts dann zu eigenthum geneigt/ nicht an
statt des wahren wesens JEsu CHristi verkün-
dige/ und sein unkräfftig wort fürs wort des
HErrn/ das geist und leben ist/ bezeuge/ und
unterm gehorsam des schrifft- oder sprechlichen
worts lebendige seelen in GOtt gebären wolle.
3. Ob sichs der blinde mensch einbildete/ kans
doch nicht geschehen/ weils nur menschen-werck
und ein hall der zunge in der vernunfft ist/ ohne
die wirckliche wesentlichkeit GOttes. 4. Daß
zur gebährung der lebendigen seelen CHristi
im menschen eine kräfftige inwendige wirckung
GOttes gewirckt werden müsse. Dann das
in und mit dem menschen gebähren soll/ muß
im menschen eine wesentliche krafft wircklicher
weise aus dem lichte des lebens haben. 5.
Welche krafft in und mit dem Göttlichen wesen
zu einem wesen wieder vereinigt/ und das wesen
CHristi durch den vater in die menschheit ge-
schaffen und gepflantzet ist. 6. Diß wesen ist
das in den unerleuchteten menschen verborgene
und begrabne wort/ das sich aus dem verbor-
genen (das man nicht weiß/ wo es herkommt)
zum öfftern läst hören/ und fordert den gehor-
sam von uns zur seligkeit. 7. Wann man
diß wesentliche wort zur erneurung des lebens
zum haupte annimmt/ alle dinge in seinen wil-
len übergibt/ und unterm Göttlichen wesen ge-
horsam beweist biß zum tode im fleische/ ge-
[Spaltenumbruch] bierts eine lebendige seele in der gehorsamen
menschheit. 8. Und ist ein werck des HErrn/
gewirckt durch GOttes gnade zu Gottes preiß/
darvon kein mensch ruhm haben mag.

Cap. 30.

Daß des unerleuchteten wort oder dienst ei-
nem andern aus der vernunfft/ ausser dem le-
bendigen wesen sprechlich oder schrifftlich an-
gedient und in der vernunfft empfangen/ nicht
mehr krafft als ein ander gemein menschlich
worthat/ und zeugt von Gott oder der seligkeit/
getrieben von der finsterniß. 2. Von was art
und wesen aber solcher GOtt oder seligkeit sey/
mag im gedächtniß des zuhörers nicht erkandt
werden. 3. Jsts aber ein erleuchtetes und aus
dem wahren wesen fliessendes wort/ überein
kommend mit des hörers wesen und geiste/ er-
weckts einen zeugen des wesentlichen worts
aus dem schlaffe im hörer/ welcher zeuge anfäng-
lich eine lust/ des HErrn willen zu thun/ derer
mehr folgen müssen. 4. Und je mehr zeugen
das wesentliche wort im menschen hat/ je
ehe es die gottlose geister/ als seine feinde/
überwindt. 5. 6. Also weckt das Göttliche
wort/ so die bequemheit des wesens beyderseyts
getroffen wird/ in der menschheit zeugen auff:
welche bereiter und arbeiter sind die menschheit
und GOttheit mit einander zu vereinigen zur
fruchtbarkeit. 7. Wann dann im wesentli-
chen segen des vaters/ durch den lust und liebe
zu GOtt aus der menschheit und Gottheit eine
lebendige seele geboren wird/ hat solches der
schall der worte nicht gethan. 8. Die ge-
burt der gerechtigkeit in der Gottheit und gna-
de/ des Vaters werck. 9. Aus dieser geburt
wird Gott unser Vater genannt/ und niemand
anders/ weil allen dienst durch menschen/ hier-
zu behülfflich seyende/ GOtt selbst durch die
menschen thut.

Cap. 31.

Daß weil nun bey vielen lehrern der geist im
lichte der wesentlichen wahrheit JEsu CHristi
nicht begriffen/ sondern in art und wesen ver-
blendt/ zu sich selbst zur abscheidung vom wesen
GOttes eingekehrt/ ja zu aller eigenschafft im
fleische geneigtist/ er in seiner art das gedächt-
niß zu hülffe nehme/ und seinen eignen geist als
auffrecht zu bezeugen das wort verfälscht/ und al-
so durch verfälschung des in einen heilig scheinen-
den thon gestellten worts/ vermeine seine eigen-
schafft im fleische zu bedecken/ vor denen die es hö-
ren. 2. Unter diesem heiligscheinenden wort
aus der vernunfft wird viel eigener sinn lange
vorm menschen bedeckt. 3. Muß aber/ wann
die zeit erfüllt/ als irrdisch und falsch/ offenbar
werden/ daß es nur seine eigne besitzung/ auch
in andern wircklich zu erwecken und fruchtbar zu
machen/ unterm schein der heiligkeit geschehen
sey. 4. Daß diß unter den unversuchten unei-
nigkeit und auffruhr macht/ wordurch das we-
sentliche werck des HErrn in der menschen
hertzen verdunckelt und ausgelöscht wird. 5.
So lange man keinen unterscheid unter dem
Göttlichen samen (der natur JEsu CHristi)
und dem fremden samen (den irrdischen geistern)
in der seelen empfindt/ mag man mit der Gött-
lichen natur nicht fruchtbar werden. 6. Der
gehorsame mensch soll im leben CHristi/ so aller
menschen licht ist/ diesen unterscheid erkennen/

ausser

Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] Luc. 23. 42.) in fein reich (des menſchen hertz)
kommend ihrer gedencken. 6. Alsdann erſt
hat CHriſtus macht der gecreutzigten menſch-
heit vom creutze zu helffen/ und ſie in ſein reich
auffzunehmen/ das Jch/ Mein und Dein aus-
zureuten/ und ſie des Gottſeligen lebens in der
Goͤttlichen natur theilhafft zu machen.

Cap. 28.

Daß nun nichts gelte vor GOtt dann ein
demuͤhtig von ſich loß und freyes hertz/ daß an
keine meinung im fleiſche vereignet iſt/ nichts
dann liebe um liebe an allen insgemein/ und
keinen anhang ſucht. 2. Dann weil/ GOtt
aller menſchen GOtt und nicht auff ihre mey-
nungen ſiht/ ſucht er demuͤthige hertzen/ dar-
inn ſein geiſt/ weſen und natur eine wohnſtatt
finden moͤge/ darinn ſteht er unpartheyiſch/
und liebt die von ſich ſelbſt los ſeyende menſch-
heit unter allen voͤlckern. Und durch ſeine lang-
muth erwartet er alle zu ſeinem weſen einzukeh-
ren. 3. Sein wille iſt/ daß wir ihm weſent-
lich darinn nachfolgen ſollen/ allen ſeine liebe
unpartheyiſch zu beweiſen/ und die Goͤttliche
guͤte zum vorbild zunehmen in unſeꝛ menſchheit.
4. Dann die guͤte CHriſti hat nichts dann
guts gethan/ und nach ihrer menſchheit keine
rache an den boͤſen geuͤbt/ ob er wol von ſeinen
Juͤngern darzu angefochten ward/ die ſeine
guͤte und erbarmung nicht uͤberwinden konten/
uͤbergab er ſeines vaters gerechtigkeit und er-
wartete das ende alles fleiſches in leydſamkeit/
und durch die leydſamkeit hat er alles unrecht
zurecht gebracht.

Cap. 29.

Daß einjeder moͤge zu ſehen/ daß er in allem
der art/ weſen und natur CHriſti in ſich gehor-
ſam ſey/ und darin allein die ehre CHriſti ſu-
che. 2. Wohl zuzuſehen/ daß man ſeine un-
erleuchtete menſchheit/ die im irꝛdiſchen weſen
zu nichts dann zu eigenthum geneigt/ nicht an
ſtatt des wahren weſens JEſu CHriſti verkuͤn-
dige/ und ſein unkraͤfftig wort fuͤrs wort des
HErꝛn/ das geiſt und leben iſt/ bezeuge/ und
unterm gehorſam des ſchrifft- oder ſprechlichen
worts lebendige ſeelen in GOtt gebaͤren wolle.
3. Ob ſichs der blinde menſch einbildete/ kans
doch nicht geſchehen/ weils nur menſchen-werck
und ein hall der zunge in der vernunfft iſt/ ohne
die wirckliche weſentlichkeit GOttes. 4. Daß
zur gebaͤhrung der lebendigen ſeelen CHriſti
im menſchen eine kraͤfftige inwendige wirckung
GOttes gewirckt werden muͤſſe. Dann das
in und mit dem menſchen gebaͤhren ſoll/ muß
im menſchen eine weſentliche krafft wircklicher
weiſe aus dem lichte des lebens haben. 5.
Welche krafft in und mit dem Goͤttlichen weſen
zu einem weſen wieder vereinigt/ und das weſen
CHriſti durch den vater in die menſchheit ge-
ſchaffen und gepflantzet iſt. 6. Diß weſen iſt
das in den unerleuchteten menſchen verborgene
und begrabne wort/ das ſich aus dem verbor-
genen (das man nicht weiß/ wo es herkommt)
zum oͤfftern laͤſt hoͤren/ und fordert den gehor-
ſam von uns zur ſeligkeit. 7. Wann man
diß weſentliche wort zur erneurung des lebens
zum haupte annimmt/ alle dinge in ſeinen wil-
len uͤbergibt/ und unterm Goͤttlichen weſen ge-
horſam beweiſt biß zum tode im fleiſche/ ge-
[Spaltenumbruch] bierts eine lebendige ſeele in der gehorſamen
menſchheit. 8. Und iſt ein werck des HErꝛn/
gewirckt durch GOttes gnade zu Gottes preiß/
darvon kein menſch ruhm haben mag.

Cap. 30.

Daß des unerleuchteten wort oder dienſt ei-
nem andern aus der vernunfft/ auſſer dem le-
bendigen weſen ſprechlich oder ſchrifftlich an-
gedient und in der vernunfft empfangen/ nicht
mehr krafft als ein ander gemein menſchlich
worthat/ und zeugt von Gott oder der ſeligkeit/
getrieben von der finſterniß. 2. Von was art
und weſen aber ſolcher GOtt oder ſeligkeit ſey/
mag im gedaͤchtniß des zuhoͤrers nicht erkandt
werden. 3. Jſts aber ein erleuchtetes und aus
dem wahren weſen flieſſendes wort/ uͤberein
kommend mit des hoͤrers weſen und geiſte/ er-
weckts einen zeugen des weſentlichen worts
aus dem ſchlaffe im hoͤreꝛ/ welcheꝛ zeuge anfaͤng-
lich eine luſt/ des HErꝛn willen zu thun/ derer
mehr folgen muͤſſen. 4. Und je mehr zeugen
das weſentliche wort im menſchen hat/ je
ehe es die gottloſe geiſter/ als ſeine feinde/
uͤberwindt. 5. 6. Alſo weckt das Goͤttliche
wort/ ſo die bequemheit des weſens beyderſeyts
getroffen wird/ in der menſchheit zeugen auff:
welche bereiter und arbeiter ſind die menſchheit
und GOttheit mit einander zu vereinigen zur
fruchtbarkeit. 7. Wann dann im weſentli-
chen ſegen des vaters/ durch den luſt und liebe
zu GOtt aus der menſchheit und Gottheit eine
lebendige ſeele geboren wird/ hat ſolches der
ſchall der worte nicht gethan. 8. Die ge-
burt der gerechtigkeit in der Gottheit und gna-
de/ des Vaters werck. 9. Aus dieſer geburt
wird Gott unſer Vater genannt/ und niemand
anders/ weil allen dienſt durch menſchen/ hier-
zu behuͤlfflich ſeyende/ GOtt ſelbſt durch die
menſchen thut.

Cap. 31.

Daß weil nun bey vielen lehrern der geiſt im
lichte der weſentlichen wahrheit JEſu CHriſti
nicht begriffen/ ſondern in art und weſen ver-
blendt/ zu ſich ſelbſt zur abſcheidung vom weſen
GOttes eingekehrt/ ja zu aller eigenſchafft im
fleiſche geneigtiſt/ er in ſeiner art das gedaͤcht-
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den thon geſtellten worts/ vermeine ſeine eigen-
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aus der vernunfft wird viel eigener ſinn lange
vorm menſchen bedeckt. 3. Muß aber/ wann
die zeit erfuͤllt/ als irꝛdiſch und falſch/ offenbar
werden/ daß es nur ſeine eigne beſitzung/ auch
in andern wircklich zu erwecken und fruchtbar zu
machen/ unterm ſchein der heiligkeit geſchehen
ſey. 4. Daß diß unter den unverſuchten unei-
nigkeit und auffruhr macht/ wordurch das we-
ſentliche werck des HErꝛn in der menſchen
hertzen verdunckelt und ausgeloͤſcht wird. 5.
So lange man keinen unterſcheid unter dem
Goͤttlichen ſamen (der natur JEſu CHriſti)
und dem fremden ſamen (den irꝛdiſchen geiſtern)
in der ſeelen empfindt/ mag man mit der Goͤtt-
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[538/0846] Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels. Luc. 23. 42.) in fein reich (des menſchen hertz) kommend ihrer gedencken. 6. Alsdann erſt hat CHriſtus macht der gecreutzigten menſch- heit vom creutze zu helffen/ und ſie in ſein reich auffzunehmen/ das Jch/ Mein und Dein aus- zureuten/ und ſie des Gottſeligen lebens in der Goͤttlichen natur theilhafft zu machen. Cap. 28. Daß nun nichts gelte vor GOtt dann ein demuͤhtig von ſich loß und freyes hertz/ daß an keine meinung im fleiſche vereignet iſt/ nichts dann liebe um liebe an allen insgemein/ und keinen anhang ſucht. 2. Dann weil/ GOtt aller menſchen GOtt und nicht auff ihre mey- nungen ſiht/ ſucht er demuͤthige hertzen/ dar- inn ſein geiſt/ weſen und natur eine wohnſtatt finden moͤge/ darinn ſteht er unpartheyiſch/ und liebt die von ſich ſelbſt los ſeyende menſch- heit unter allen voͤlckern. Und durch ſeine lang- muth erwartet er alle zu ſeinem weſen einzukeh- ren. 3. Sein wille iſt/ daß wir ihm weſent- lich darinn nachfolgen ſollen/ allen ſeine liebe unpartheyiſch zu beweiſen/ und die Goͤttliche guͤte zum vorbild zunehmen in unſeꝛ menſchheit. 4. Dann die guͤte CHriſti hat nichts dann guts gethan/ und nach ihrer menſchheit keine rache an den boͤſen geuͤbt/ ob er wol von ſeinen Juͤngern darzu angefochten ward/ die ſeine guͤte und erbarmung nicht uͤberwinden konten/ uͤbergab er ſeines vaters gerechtigkeit und er- wartete das ende alles fleiſches in leydſamkeit/ und durch die leydſamkeit hat er alles unrecht zurecht gebracht. Cap. 29. Daß einjeder moͤge zu ſehen/ daß er in allem der art/ weſen und natur CHriſti in ſich gehor- ſam ſey/ und darin allein die ehre CHriſti ſu- che. 2. Wohl zuzuſehen/ daß man ſeine un- erleuchtete menſchheit/ die im irꝛdiſchen weſen zu nichts dann zu eigenthum geneigt/ nicht an ſtatt des wahren weſens JEſu CHriſti verkuͤn- dige/ und ſein unkraͤfftig wort fuͤrs wort des HErꝛn/ das geiſt und leben iſt/ bezeuge/ und unterm gehorſam des ſchrifft- oder ſprechlichen worts lebendige ſeelen in GOtt gebaͤren wolle. 3. Ob ſichs der blinde menſch einbildete/ kans doch nicht geſchehen/ weils nur menſchen-werck und ein hall der zunge in der vernunfft iſt/ ohne die wirckliche weſentlichkeit GOttes. 4. Daß zur gebaͤhrung der lebendigen ſeelen CHriſti im menſchen eine kraͤfftige inwendige wirckung GOttes gewirckt werden muͤſſe. Dann das in und mit dem menſchen gebaͤhren ſoll/ muß im menſchen eine weſentliche krafft wircklicher weiſe aus dem lichte des lebens haben. 5. Welche krafft in und mit dem Goͤttlichen weſen zu einem weſen wieder vereinigt/ und das weſen CHriſti durch den vater in die menſchheit ge- ſchaffen und gepflantzet iſt. 6. Diß weſen iſt das in den unerleuchteten menſchen verborgene und begrabne wort/ das ſich aus dem verbor- genen (das man nicht weiß/ wo es herkommt) zum oͤfftern laͤſt hoͤren/ und fordert den gehor- ſam von uns zur ſeligkeit. 7. Wann man diß weſentliche wort zur erneurung des lebens zum haupte annimmt/ alle dinge in ſeinen wil- len uͤbergibt/ und unterm Goͤttlichen weſen ge- horſam beweiſt biß zum tode im fleiſche/ ge- bierts eine lebendige ſeele in der gehorſamen menſchheit. 8. Und iſt ein werck des HErꝛn/ gewirckt durch GOttes gnade zu Gottes preiß/ darvon kein menſch ruhm haben mag. Cap. 30. Daß des unerleuchteten wort oder dienſt ei- nem andern aus der vernunfft/ auſſer dem le- bendigen weſen ſprechlich oder ſchrifftlich an- gedient und in der vernunfft empfangen/ nicht mehr krafft als ein ander gemein menſchlich worthat/ und zeugt von Gott oder der ſeligkeit/ getrieben von der finſterniß. 2. Von was art und weſen aber ſolcher GOtt oder ſeligkeit ſey/ mag im gedaͤchtniß des zuhoͤrers nicht erkandt werden. 3. Jſts aber ein erleuchtetes und aus dem wahren weſen flieſſendes wort/ uͤberein kommend mit des hoͤrers weſen und geiſte/ er- weckts einen zeugen des weſentlichen worts aus dem ſchlaffe im hoͤreꝛ/ welcheꝛ zeuge anfaͤng- lich eine luſt/ des HErꝛn willen zu thun/ derer mehr folgen muͤſſen. 4. Und je mehr zeugen das weſentliche wort im menſchen hat/ je ehe es die gottloſe geiſter/ als ſeine feinde/ uͤberwindt. 5. 6. Alſo weckt das Goͤttliche wort/ ſo die bequemheit des weſens beyderſeyts getroffen wird/ in der menſchheit zeugen auff: welche bereiter und arbeiter ſind die menſchheit und GOttheit mit einander zu vereinigen zur fruchtbarkeit. 7. Wann dann im weſentli- chen ſegen des vaters/ durch den luſt und liebe zu GOtt aus der menſchheit und Gottheit eine lebendige ſeele geboren wird/ hat ſolches der ſchall der worte nicht gethan. 8. Die ge- burt der gerechtigkeit in der Gottheit und gna- de/ des Vaters werck. 9. Aus dieſer geburt wird Gott unſer Vater genannt/ und niemand anders/ weil allen dienſt durch menſchen/ hier- zu behuͤlfflich ſeyende/ GOtt ſelbſt durch die menſchen thut. Cap. 31. Daß weil nun bey vielen lehrern der geiſt im lichte der weſentlichen wahrheit JEſu CHriſti nicht begriffen/ ſondern in art und weſen ver- blendt/ zu ſich ſelbſt zur abſcheidung vom weſen GOttes eingekehrt/ ja zu aller eigenſchafft im fleiſche geneigtiſt/ er in ſeiner art das gedaͤcht- niß zu huͤlffe nehme/ und ſeinen eignen geiſt als auffrecht zu bezeugẽ das woꝛt veꝛfaͤlſcht/ und al- ſo duꝛch veꝛfaͤlſchung des in einẽ heilig ſcheinen- den thon geſtellten worts/ vermeine ſeine eigen- ſchafft im fleiſche zu bedecken/ vor denẽ die es hoͤ- ren. 2. Unter dieſem heiligſcheinenden wort aus der vernunfft wird viel eigener ſinn lange vorm menſchen bedeckt. 3. Muß aber/ wann die zeit erfuͤllt/ als irꝛdiſch und falſch/ offenbar werden/ daß es nur ſeine eigne beſitzung/ auch in andern wircklich zu erwecken und fruchtbar zu machen/ unterm ſchein der heiligkeit geſchehen ſey. 4. Daß diß unter den unverſuchten unei- nigkeit und auffruhr macht/ wordurch das we- ſentliche werck des HErꝛn in der menſchen hertzen verdunckelt und ausgeloͤſcht wird. 5. So lange man keinen unterſcheid unter dem Goͤttlichen ſamen (der natur JEſu CHriſti) und dem fremden ſamen (den irꝛdiſchen geiſtern) in der ſeelen empfindt/ mag man mit der Goͤtt- lichen natur nicht fruchtbar werden. 6. Der gehorſame menſch ſoll im leben CHriſti/ ſo aller menſchen licht iſt/ dieſen unterſcheid erkennen/ auſſer

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/846>, abgerufen am 20.11.2024.