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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der schrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] Jst doch weder GOtt noch Abgott/ sondern
eine erwehlende einbildung/ die in ein ding/ so
an sich selbst gut von GOtt geschaffen/ gesetzt
wird. 6. Das bestrickte gewissen hat den
geist/ ders bestrickt hält/ selbst erwehlt/ der nach
seinem werck und wesen/ die eigne erwehlende
heiligkeit im fleische genannt/ viel von sich selbst
hält/ und nicht besser dann der teuffel/ so CHri-
stum versuchte/ ist. 7. CHristus kannte sei-
nen ursprung/ darum hatte er bey ihm keine
wohnstatt. 8. Das verdüsterte gewissen
aber/ so sich im versucher (wiederwesen GOt-
tes) ergeben kan diesen unterschied nicht ge-
brauchen/ darum betet es in seiner blindheit
die erwehlende heiligkeit für seinen GOtt an.

Cap. 24.

Daß so das gewissen von der falschen frey-
heit/ im verwüstem leben und heiligkeit des
fleisches erlöst werden solle/ den heiligen dienst
CHristi vor GOtt und den nächsten zu bedie-
nen/ es das unpartheyliche leben CHristi zu
einem muster und vorbilde haben müsse/ alle
seine wercke darnach zu richten. 3. Dann die
freye kinder GOttes werden allein aus dem
heiligen leben CHristi/ das aus der völle der
gnaden des Vaters ins hertz der menschen
fliest/ die es in demuth erwarten und anneh-
men/ geboren. 3. Wo dieß leben (als ein
licht der menschen) im bestrickten gewissen sich
ein wenig mag eröffnen/ machts ihm sein ge-
fängniß erblicken/ wordurch das gewissen be-
ginnt zu zweiffelen/ obs nicht betrogen sey. 4.
So es im zweiffeln sein gefängniß/ es sey in ver-
wüstheit des lebens oder heiligkeit des fleisches
siehet/ erweckt diß sehen das empfinden im ge-
wissen/ und das empfinden erweckt die begier-
den zum CHristo GOttes/ diese treiben es
nach dem wege/ da CHristus vorüber reist. 5.
Dahin gekommen und das gerücht von CHri-
sto hörend/ bekennts seine blindheit/ und bittet
ums gesicht seine gefängniß zu sehen. Wanns
die erlangt/ begehrts erlösung. 7. CHristus
befindend/ daß es ernst im gewissen/ sendet seine
Jünger/ dessen bande abzulösen/ und es zu
ihm ins einwesige leben zu bringen. 8. Daß er
darauff zu Jerusalem/ der stadt des friedens/
reiten könne. 9. Allda empfäht das verdüster-
te gewissen das wahre licht und die freyheit sei-
nes GOttes/ und erkennt GOtt und auch den
Abgott. 10. Und das ist der wahre Gottes-
dienst/ den GOtt durch CHristum im men-
schen begehrt.

Cap. 25.

Wunsch des Autoris, daß wir zu solchem
Gottesdienst doch so von hertzen eins möch-
ten/ gesinnet seyn/ wie wir wol seynd in unnü-
tzen erfindungen/ die doch nur trennung/
haß/ neid/ bitterkeit/ herrschung über eines an-
dern gewissen gebären. 2. Sollen nachsehen
und nach der art und natur der liebe CHristi
abmessen/ was zum friede und eintracht diene.
3. Wann wir alles in seiner art und natur
wol übersehen haben/ werden wir erkennen/
was wir GOtt und unserm nächsten schuldig
seynd. 5. Wo wir durchs licht CHristi nicht
von hertzen auffmercken/ wird uns die eigensin-
nigkeit verderben. 5. Hohe zeit so wol von
verwüstheit des lebens/ als heiligkeit im fleische
abzustehen. 6. Jeder soll/ was er sich angemas-
[Spaltenumbruch] set/ und Gott und den nächsten ausgeschlossen/
GOtt wieder geben/ und GOtt/ nach CHri-
sti art/ sich gantz unterwerffen. 7. Dann sol-
len wir uns zum wahren Gottesdienst/ damit
Gott und dem nächsten gedient wird/ begeben/
daß wir überbleiben und nicht im abgrunde der
boßheit vergehen/ sondern GOttewig dancken
und loben mögen.

Cap. 26.

Daß alle einen lust zu GOttes gerechten
wesen in sich habende sich alles/ darmit GOtt
und dem nächsten nicht gedient wird/ entschla-
gen sollen/ welches die bereitung zum wahren
Gottesdienst/ (dem einwesigen leben) ist. 2.
Wir können GOtt in seinem heiligen wesen
nicht nahen/ dann durch seinen würcklichen
dienst/ den er durch seinen diener (die wir im
geist wahrnehmen müssen) in uns zur seligkeit
bedienen läst. Welcher dienst wesentlich wi-
der das gottlose wesen/ so der Göttlichen natur
in uns widersteht/ würcket. 3. Diese diener
streiten stäts wider das gottlose wesen/ so die
Göttliche natur aus unserm hertzen treiben und
es zu seiner wohnung einnehmen will. 4. Kön-
nen aber das gottlose wesen nicht austreiben/
biß wir diese diener/ (Gesetz-Propheten/ Chri-
stum und seine Apostel) das werck GOttes in
uns zu würcken/ mit lust im gehorsam anneh-
men/ und mit ihnen Göttlich gesinnet werden/
alles böse in uns zu straffen. Dann muß es
uns verlassen/ und wir empfangen die seligkeit.
5. So wir aber unsern lust und liebe des her-
tzens nicht wenden/ mit GOtt wider seine fein-
de zu streiten/ müssen wir unsere verdammniß
empfangen durchs urtheil des gerichts. 6. Dar-
um dieser dienst hochmüthig ist wahrzu-
nehmen/ daß wir von uns selbst ledig werden.
7. Wann das innerliche hertz des gemüths von
sich selbst befreyt/ nimmts Gott zu seinen dienst
auff zur beschirmung für dem elende und verder-
ben/ welches das gewissen/ so sich seinen eig-
nen lüsten zu folgen/ von GOtt und seinem
nächsten abgeschieden hat/ überfallen wird.

Cap. 27.

Daß so eine wahre liebe zu GOtt und dem
nächsten in uns/ wirs mit werck und that bezeu-
gen sollen/ weils für die/ so überbleiben wollen/
hohe zeit ist. 2. Mit was für liebe wir GOtt
und dem nächsten dienen/ darmit wird uns wie-
der gedient werden. 3. Daß der eigensuchen-
de geist ins wesentliche werck des HErrn nicht
könne einbrechen/ vertheiltheit in GOttes ei-
nigkeit/ die er mit der unterthänigen menschheit
hat/ zu machen. 4. Durch den eigensuchenden
geist/ der aus der irrdischen begierde im fleische
geboren wird/ wird die einwesigkeit des lebens
zwischen GOtt und der menschheit/ auch zwi-
schen einem freunde und dem andern/ zertrennt.
Und das Jch/ Mein und Dein ursacht im her-
tzen der menschen alle vertheiltheit. 5. So lange
der irrdische begierliche geist zum Jch/ Mein und
Dein das hertz mit einem lust der menschheit be-
wohnt/ muß CHristus ausser seinem reiche
bleiben/ und kan sich der menschheit nicht erbar-
men. Will sie aber der seligkeit nahen/ muß
sie mit CHristo am creutze mit fest gemacht be-
kennen/ daß sie den tod mit ihrem Jch/ Mein
und Dein wol verdient/ ihnentschuldigen und
um gnade am creutze bitten. Dann wird er (nach

Luc.
A. K. H. Vierter Theil. Y y y

Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] Jſt doch weder GOtt noch Abgott/ ſondern
eine erwehlende einbildung/ die in ein ding/ ſo
an ſich ſelbſt gut von GOtt geſchaffen/ geſetzt
wird. 6. Das beſtrickte gewiſſen hat den
geiſt/ ders beſtrickt haͤlt/ ſelbſt erwehlt/ der nach
ſeinem werck und weſen/ die eigne erwehlende
heiligkeit im fleiſche genannt/ viel von ſich ſelbſt
haͤlt/ und nicht beſſer dann der teuffel/ ſo CHri-
ſtum verſuchte/ iſt. 7. CHriſtus kannte ſei-
nen urſprung/ darum hatte er bey ihm keine
wohnſtatt. 8. Das verduͤſterte gewiſſen
aber/ ſo ſich im verſucher (wiederweſen GOt-
tes) ergeben kan dieſen unterſchied nicht ge-
brauchen/ darum betet es in ſeiner blindheit
die erwehlende heiligkeit fuͤr ſeinen GOtt an.

Cap. 24.

Daß ſo das gewiſſen von der falſchen frey-
heit/ im verwuͤſtem leben und heiligkeit des
fleiſches erloͤſt werden ſolle/ den heiligen dienſt
CHriſti vor GOtt und den naͤchſten zu bedie-
nen/ es das unpartheyliche leben CHriſti zu
einem muſter und vorbilde haben muͤſſe/ alle
ſeine wercke darnach zu richten. 3. Dann die
freye kinder GOttes werden allein aus dem
heiligen leben CHriſti/ das aus der voͤlle der
gnaden des Vaters ins hertz der menſchen
flieſt/ die es in demuth erwarten und anneh-
men/ geboren. 3. Wo dieß leben (als ein
licht der menſchen) im beſtrickten gewiſſen ſich
ein wenig mag eroͤffnen/ machts ihm ſein ge-
faͤngniß erblicken/ wordurch das gewiſſen be-
ginnt zu zweiffelen/ obs nicht betrogen ſey. 4.
So es im zweiffeln ſein gefaͤngniß/ es ſey in ver-
wuͤſtheit des lebens oder heiligkeit des fleiſches
ſiehet/ erweckt diß ſehen das empfinden im ge-
wiſſen/ und das empfinden erweckt die begier-
den zum CHriſto GOttes/ dieſe treiben es
nach dem wege/ da CHriſtus voruͤber reiſt. 5.
Dahin gekommen und das geruͤcht von CHri-
ſto hoͤrend/ bekennts ſeine blindheit/ und bittet
ums geſicht ſeine gefaͤngniß zu ſehen. Wanns
die erlangt/ begehrts erloͤſung. 7. CHriſtus
befindend/ daß es ernſt im gewiſſen/ ſendet ſeine
Juͤnger/ deſſen bande abzuloͤſen/ und es zu
ihm ins einweſige leben zu bringen. 8. Daß er
darauff zu Jeruſalem/ der ſtadt des friedens/
reiten koͤnne. 9. Allda empfaͤht das verduͤſter-
te gewiſſen das wahre licht und die freyheit ſei-
nes GOttes/ und erkennt GOtt und auch den
Abgott. 10. Und das iſt der wahre Gottes-
dienſt/ den GOtt durch CHriſtum im men-
ſchen begehrt.

Cap. 25.

Wunſch des Autoris, daß wir zu ſolchem
Gottesdienſt doch ſo von hertzen eins moͤch-
ten/ geſinnet ſeyn/ wie wir wol ſeynd in unnuͤ-
tzen erfindungen/ die doch nur trennung/
haß/ neid/ bitterkeit/ herꝛſchung uͤber eines an-
dern gewiſſen gebaͤren. 2. Sollen nachſehen
und nach der art und natur der liebe CHriſti
abmeſſen/ was zum friede und eintracht diene.
3. Wann wir alles in ſeiner art und natur
wol uͤberſehen haben/ werden wir erkennen/
was wir GOtt und unſerm naͤchſten ſchuldig
ſeynd. 5. Wo wir durchs licht CHriſti nicht
von hertzen auffmercken/ wird uns die eigenſin-
nigkeit verderben. 5. Hohe zeit ſo wol von
verwuͤſtheit des lebens/ als heiligkeit im fleiſche
abzuſtehen. 6. Jeder ſoll/ was er ſich angemaſ-
[Spaltenumbruch] ſet/ und Gott und den naͤchſten ausgeſchloſſen/
GOtt wieder geben/ und GOtt/ nach CHri-
ſti art/ ſich gantz unterwerffen. 7. Dann ſol-
len wir uns zum wahren Gottesdienſt/ damit
Gott und dem naͤchſten gedient wird/ begeben/
daß wir uͤberbleiben und nicht im abgrunde der
boßheit vergehen/ ſondern GOttewig dancken
und loben moͤgen.

Cap. 26.

Daß alle einen luſt zu GOttes gerechten
weſen in ſich habende ſich alles/ darmit GOtt
und dem naͤchſten nicht gedient wird/ entſchla-
gen ſollen/ welches die bereitung zum wahren
Gottesdienſt/ (dem einweſigen leben) iſt. 2.
Wir koͤnnen GOtt in ſeinem heiligen weſen
nicht nahen/ dann durch ſeinen wuͤrcklichen
dienſt/ den er durch ſeinen diener (die wir im
geiſt wahrnehmen muͤſſen) in uns zur ſeligkeit
bedienen laͤſt. Welcher dienſt weſentlich wi-
der das gottloſe weſen/ ſo der Goͤttlichen natur
in uns widerſteht/ wuͤrcket. 3. Dieſe diener
ſtreiten ſtaͤts wider das gottloſe weſen/ ſo die
Goͤttliche natur aus unſerm hertzen treiben und
es zu ſeiner wohnung einnehmen will. 4. Koͤn-
nen aber das gottloſe weſen nicht austreiben/
biß wir dieſe diener/ (Geſetz-Propheten/ Chri-
ſtum und ſeine Apoſtel) das werck GOttes in
uns zu wuͤrcken/ mit luſt im gehorſam anneh-
men/ und mit ihnen Goͤttlich geſinnet werden/
alles boͤſe in uns zu ſtraffen. Dann muß es
uns verlaſſen/ und wir empfangen die ſeligkeit.
5. So wir aber unſern luſt und liebe des her-
tzens nicht wenden/ mit GOtt wider ſeine fein-
de zu ſtreiten/ muͤſſen wir unſere verdammniß
empfangen durchs urtheil des gerichts. 6. Dar-
um dieſer dienſt hochmuͤthig iſt wahrzu-
nehmen/ daß wir von uns ſelbſt ledig werden.
7. Wann das innerliche hertz des gemuͤths von
ſich ſelbſt befreyt/ nimmts Gott zu ſeinen dienſt
auff zur beſchirmung fuͤr dem elende und verder-
ben/ welches das gewiſſen/ ſo ſich ſeinen eig-
nen luͤſten zu folgen/ von GOtt und ſeinem
naͤchſten abgeſchieden hat/ uͤberfallen wird.

Cap. 27.

Daß ſo eine wahre liebe zu GOtt und dem
naͤchſten in uns/ wirs mit werck und that bezeu-
gen ſollen/ weils fuͤr die/ ſo uͤberbleiben wollen/
hohe zeit iſt. 2. Mit was fuͤr liebe wir GOtt
und dem naͤchſten dienen/ darmit wird uns wie-
der gedient werden. 3. Daß der eigenſuchen-
de geiſt ins weſentliche werck des HErꝛn nicht
koͤnne einbrechen/ vertheiltheit in GOttes ei-
nigkeit/ die er mit der unterthaͤnigen menſchheit
hat/ zu machen. 4. Durch den eigenſuchenden
geiſt/ der aus der irꝛdiſchen begierde im fleiſche
geboren wird/ wird die einweſigkeit des lebens
zwiſchen GOtt und der menſchheit/ auch zwi-
ſchen einem freunde und dem andern/ zertrennt.
Und das Jch/ Mein und Dein urſacht im her-
tzen der menſchen alle vertheiltheit. 5. So lange
der irꝛdiſche begierliche geiſt zum Jch/ Mein und
Dein das hertz mit einem luſt der menſchheit be-
wohnt/ muß CHriſtus auſſer ſeinem reiche
bleiben/ und kan ſich der menſchheit nicht erbar-
men. Will ſie aber der ſeligkeit nahen/ muß
ſie mit CHriſto am creutze mit feſt gemacht be-
kennen/ daß ſie den tod mit ihrem Jch/ Mein
und Dein wol verdient/ ihnentſchuldigen und
um gnade am creutze bitten. Dann wird er (nach

Luc.
A. K. H. Vierter Theil. Y y y
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[537/0845] Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels. Jſt doch weder GOtt noch Abgott/ ſondern eine erwehlende einbildung/ die in ein ding/ ſo an ſich ſelbſt gut von GOtt geſchaffen/ geſetzt wird. 6. Das beſtrickte gewiſſen hat den geiſt/ ders beſtrickt haͤlt/ ſelbſt erwehlt/ der nach ſeinem werck und weſen/ die eigne erwehlende heiligkeit im fleiſche genannt/ viel von ſich ſelbſt haͤlt/ und nicht beſſer dann der teuffel/ ſo CHri- ſtum verſuchte/ iſt. 7. CHriſtus kannte ſei- nen urſprung/ darum hatte er bey ihm keine wohnſtatt. 8. Das verduͤſterte gewiſſen aber/ ſo ſich im verſucher (wiederweſen GOt- tes) ergeben kan dieſen unterſchied nicht ge- brauchen/ darum betet es in ſeiner blindheit die erwehlende heiligkeit fuͤr ſeinen GOtt an. Cap. 24. Daß ſo das gewiſſen von der falſchen frey- heit/ im verwuͤſtem leben und heiligkeit des fleiſches erloͤſt werden ſolle/ den heiligen dienſt CHriſti vor GOtt und den naͤchſten zu bedie- nen/ es das unpartheyliche leben CHriſti zu einem muſter und vorbilde haben muͤſſe/ alle ſeine wercke darnach zu richten. 3. Dann die freye kinder GOttes werden allein aus dem heiligen leben CHriſti/ das aus der voͤlle der gnaden des Vaters ins hertz der menſchen flieſt/ die es in demuth erwarten und anneh- men/ geboren. 3. Wo dieß leben (als ein licht der menſchen) im beſtrickten gewiſſen ſich ein wenig mag eroͤffnen/ machts ihm ſein ge- faͤngniß erblicken/ wordurch das gewiſſen be- ginnt zu zweiffelen/ obs nicht betrogen ſey. 4. So es im zweiffeln ſein gefaͤngniß/ es ſey in ver- wuͤſtheit des lebens oder heiligkeit des fleiſches ſiehet/ erweckt diß ſehen das empfinden im ge- wiſſen/ und das empfinden erweckt die begier- den zum CHriſto GOttes/ dieſe treiben es nach dem wege/ da CHriſtus voruͤber reiſt. 5. Dahin gekommen und das geruͤcht von CHri- ſto hoͤrend/ bekennts ſeine blindheit/ und bittet ums geſicht ſeine gefaͤngniß zu ſehen. Wanns die erlangt/ begehrts erloͤſung. 7. CHriſtus befindend/ daß es ernſt im gewiſſen/ ſendet ſeine Juͤnger/ deſſen bande abzuloͤſen/ und es zu ihm ins einweſige leben zu bringen. 8. Daß er darauff zu Jeruſalem/ der ſtadt des friedens/ reiten koͤnne. 9. Allda empfaͤht das verduͤſter- te gewiſſen das wahre licht und die freyheit ſei- nes GOttes/ und erkennt GOtt und auch den Abgott. 10. Und das iſt der wahre Gottes- dienſt/ den GOtt durch CHriſtum im men- ſchen begehrt. Cap. 25. Wunſch des Autoris, daß wir zu ſolchem Gottesdienſt doch ſo von hertzen eins moͤch- ten/ geſinnet ſeyn/ wie wir wol ſeynd in unnuͤ- tzen erfindungen/ die doch nur trennung/ haß/ neid/ bitterkeit/ herꝛſchung uͤber eines an- dern gewiſſen gebaͤren. 2. Sollen nachſehen und nach der art und natur der liebe CHriſti abmeſſen/ was zum friede und eintracht diene. 3. Wann wir alles in ſeiner art und natur wol uͤberſehen haben/ werden wir erkennen/ was wir GOtt und unſerm naͤchſten ſchuldig ſeynd. 5. Wo wir durchs licht CHriſti nicht von hertzen auffmercken/ wird uns die eigenſin- nigkeit verderben. 5. Hohe zeit ſo wol von verwuͤſtheit des lebens/ als heiligkeit im fleiſche abzuſtehen. 6. Jeder ſoll/ was er ſich angemaſ- ſet/ und Gott und den naͤchſten ausgeſchloſſen/ GOtt wieder geben/ und GOtt/ nach CHri- ſti art/ ſich gantz unterwerffen. 7. Dann ſol- len wir uns zum wahren Gottesdienſt/ damit Gott und dem naͤchſten gedient wird/ begeben/ daß wir uͤberbleiben und nicht im abgrunde der boßheit vergehen/ ſondern GOttewig dancken und loben moͤgen. Cap. 26. Daß alle einen luſt zu GOttes gerechten weſen in ſich habende ſich alles/ darmit GOtt und dem naͤchſten nicht gedient wird/ entſchla- gen ſollen/ welches die bereitung zum wahren Gottesdienſt/ (dem einweſigen leben) iſt. 2. Wir koͤnnen GOtt in ſeinem heiligen weſen nicht nahen/ dann durch ſeinen wuͤrcklichen dienſt/ den er durch ſeinen diener (die wir im geiſt wahrnehmen muͤſſen) in uns zur ſeligkeit bedienen laͤſt. Welcher dienſt weſentlich wi- der das gottloſe weſen/ ſo der Goͤttlichen natur in uns widerſteht/ wuͤrcket. 3. Dieſe diener ſtreiten ſtaͤts wider das gottloſe weſen/ ſo die Goͤttliche natur aus unſerm hertzen treiben und es zu ſeiner wohnung einnehmen will. 4. Koͤn- nen aber das gottloſe weſen nicht austreiben/ biß wir dieſe diener/ (Geſetz-Propheten/ Chri- ſtum und ſeine Apoſtel) das werck GOttes in uns zu wuͤrcken/ mit luſt im gehorſam anneh- men/ und mit ihnen Goͤttlich geſinnet werden/ alles boͤſe in uns zu ſtraffen. Dann muß es uns verlaſſen/ und wir empfangen die ſeligkeit. 5. So wir aber unſern luſt und liebe des her- tzens nicht wenden/ mit GOtt wider ſeine fein- de zu ſtreiten/ muͤſſen wir unſere verdammniß empfangen durchs urtheil des gerichts. 6. Dar- um dieſer dienſt hochmuͤthig iſt wahrzu- nehmen/ daß wir von uns ſelbſt ledig werden. 7. Wann das innerliche hertz des gemuͤths von ſich ſelbſt befreyt/ nimmts Gott zu ſeinen dienſt auff zur beſchirmung fuͤr dem elende und verder- ben/ welches das gewiſſen/ ſo ſich ſeinen eig- nen luͤſten zu folgen/ von GOtt und ſeinem naͤchſten abgeſchieden hat/ uͤberfallen wird. Cap. 27. Daß ſo eine wahre liebe zu GOtt und dem naͤchſten in uns/ wirs mit werck und that bezeu- gen ſollen/ weils fuͤr die/ ſo uͤberbleiben wollen/ hohe zeit iſt. 2. Mit was fuͤr liebe wir GOtt und dem naͤchſten dienen/ darmit wird uns wie- der gedient werden. 3. Daß der eigenſuchen- de geiſt ins weſentliche werck des HErꝛn nicht koͤnne einbrechen/ vertheiltheit in GOttes ei- nigkeit/ die er mit der unterthaͤnigen menſchheit hat/ zu machen. 4. Durch den eigenſuchenden geiſt/ der aus der irꝛdiſchen begierde im fleiſche geboren wird/ wird die einweſigkeit des lebens zwiſchen GOtt und der menſchheit/ auch zwi- ſchen einem freunde und dem andern/ zertrennt. Und das Jch/ Mein und Dein urſacht im her- tzen der menſchen alle vertheiltheit. 5. So lange der irꝛdiſche begierliche geiſt zum Jch/ Mein und Dein das hertz mit einem luſt der menſchheit be- wohnt/ muß CHriſtus auſſer ſeinem reiche bleiben/ und kan ſich der menſchheit nicht erbar- men. Will ſie aber der ſeligkeit nahen/ muß ſie mit CHriſto am creutze mit feſt gemacht be- kennen/ daß ſie den tod mit ihrem Jch/ Mein und Dein wol verdient/ ihnentſchuldigen und um gnade am creutze bitten. Dann wird er (nach Luc. A. K. H. Vierter Theil. Y y y

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/845>, abgerufen am 20.11.2024.