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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der schrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] nicht gestrafft zu werden. 5. Der zufall ge-
schicht verschiedentlich: Der irrdische sinn thuts
ihm/ um seiner lüste willen/ mit list/ behändig-
keit/ lügen. Der einfältige in seiner einfalt.
Der einfältige aber betrigt mit seiner eignen lie-
be niemanden als sich selbsten. Der irrdische
sinn betriegt GOtt und menschen/ und sich
selbst/ am meisten. Und wird in der letzten zeit
gewahr/ daß seine eingebildete liebe ein teuff-
lischer haß sey.

Cap. 13.

Daß alle eine lust zur ungefälschten liebe tra-
gende vom betrug/ im eignen zufalle zwischen
GOtt ihnen selbst und ihren nächsten (ohne
ein gewissen sich drüber zu machen) gebraucht
und mit lügen bedeckt/ abstehen sollen. 2.
Weils ein greulicher abscheu vor GOtt und
den menschen/ einem zu begegnen/ der im gewis-
sen frey ist/ die wahrheit (CHristum) vor
GOtt und seinen nächsten mit lügen zu dämpf-
fen/ zu tödten und zu ersticken/ und ohne be-
schuldigung des gewissens die lügen für die
wahrheit in gleißnerey über sich zu decken. 3.
Ein in die gottlosigkeit übergebner mensch ists/
der so vermessen wieder GOtt und den nächsten/
daß er unterm schein der gerechtigkeit/ die wahr-
heit mit hertz und mund (sonder beschuldi-
gung von GOtt zu tragen) darffdämpffen.
4. Legt die lügen (nach Ephes. 4. 20.) ab
und redet die wahrheit: der mund/ so da lügt/
tödtet die seele. 5. Alle sünden werden hier
bald offenbar/ des lügners betrug und boßheit
bleibt in der zeit meist verdeckt. 6. Kein be-
trug so groß/ der lügner kan ihn unterm schein
der wahrheit vor den menschen bemänteln. 7.
Warnung für einem/ der sich kein gewissen
macht zu lügen zur beschönung seiner lüsten des
fleisches. Welches ein grosser abfall von
GOtt/ der nicht leicht in verdorbnen gewissen
zu mercken noch zu verbessern ist. 8. Wer
hertz und mund wieder GOtt und den nächsten
dem lügen wesen übergeben/ hat sie beyde mit
vorsatz/ nicht aus schwachheit/ als Petrus/
verleugnet/ ist mit leib/ seel und geist darinnen
verschlungen/ ein verdorbner werckzeug/ von
dem weder Gott noch mensch etwas gutes zu er-
warten hat. 9. Uberwelchen (nach Esai. 5. 20.)
das wehe kommen muß. 10. Wo der |lügen
für der wahrheit gedient wird/ ist nichts dann
verdamniß von GOtt zuerwarten.

Cap. 14.

Daß die sich vom teuffel wieder GOtt und
menschen zu lügen freygemachtachten/ in ihrem
inwendigen geiste prüffen sollen/ weme sie die-
nen. Das lügenhaffte wesen ein greuel vor
GOtt und menschen: darum davon abzuste-
hen. 3. Mit aller schwachheit hat GOtt ge-
dult/ aber ein vorsetzlicher lügner findet keine
gnade. 4. Man soll sich mit allen kräfften
aus den lügen ziehen/ und sie nicht mit dem
mund-dienste bedecken/ daß man sehe/ daß wir
dem wahren GOtte dienen. 5. Wir müssen
durch die wesentliche wahrheit CHRIsti/
und durch ihre krafft inwendig in der seelen
vom lügen-wesen frey gemacht werden/ so auch
geschicht/ dafern wir glauben und vertrauen ins
wahre wesen CHristi haben. 6. Weil aber
der lügen-geist/ nach der schlangen art der sub-
tilste ist/ und wol sieben Schlupff-winckel
[Spaltenumbruch] (aber der grobe geist der übelthat nicht einen)
sich zu verbergen im hertzen bauet/ muß das
wahrheits-wesen GOttes kräfftig in uns wir-
cken/ ehe er sich mit allen seinen gliedmassen
austreiben läst. 7. Alle seine arbeit ist/ sich
gegen die/ so ihm zum besten zu wider sind/ zu
beschönen und zu bedecken. 8. Wann ihm
die wahrheit vors hertzens thür kommt/ kriecht
er wie eine schnecke in ihr hauß/ in die lügen/
damit er nicht zu schanden werden will. 9. Und
der menschlichen schanden zu entgehen/ erdenckt
er alle listige practicken/ vor der wahrheit/ so lan-
er kan/ sich zu bedecken. 10. Und ob er in der
lügen Göttlich und menschlich gesehen wird/
ist er doch so blind/ daß ihn dünckt/ er werde
nicht gesehen/ und bleibt also biß zum urtheile
des HErrn/ zur verdammniß bedeckt.

Cap. 15.

Daß die einen guten willen zum wesentlichen
GOtt haben/ genaue achtung auff den sub-
tilen lügen-geist zu geben/ daß er sie nicht ge-
fangen halte noch ewig beschliesse/ sollen seine
list und betrug lernen kennen und GOtt bitten
ihn auszutreiben. 2. Dann dieser lügen-geist
hat die meiste hertzen eingenommen/ wird
auch am letzten aus getrieben/ weil er subtil ist/
und die menschen/ wie er will/ treiben kan. 3.
Wie listig der lügen-geist ist/ so der mensch ge-
neigt von Gott und seinem nächsten etwas un-
term scheine der heiligkeit an sich zu ziehen/ da-
mit er meine/ es sey vor GOtt recht. 4. Den
GOtt zu dienen geneigten kan er verblenden/
daß er sich fast so heilig als GOtt selbst zu seyn
achtet/ seine gantze menschliche kräffte und glau-
ben in dieser vermeinten heiligkeit setzt/ und
GOtt aus dem himmel erlangt zu haben sich
einbildet. 5. Welches recht der Engel des
lichts/ darvon Paulus 2. Cor. 11. 14. redet/
und den menschen verblendet/ daß er weder lü-
gen noch betrug für lügen und betrug erkennen
kan: Sondern der lügen für wahrheit/ und
dem betrug für klugkeit dienet. 6. Diese be-
deckung des lügen-wesens mit falschheit ge-
schicht/ weils des menschen hertz/ als seine woh-
nung/ nicht übergeben will/ und hält sich/
weils den| menschen so gar zu seinem willen hat/
selbst für GOtt. 7. Wird auch/ biß das ge-
richt GOttes drüber ergeht/ im irrdischen men-
schen für GOtt geehrt. 8. Die ursach dessen
ist: 1. Weil der mensch den lust seines lebens im
irrdischen wesen/ darinnen er ihm nicht zuwie-
der seyn kan/ hat. 2. Daß es ihn durch seine hei-
ligkeit befreyen solle/ daß er nicht verdammt
werde.

Cap. 16.

Daß man weil der wesentliche tag des
HErrn erschienen/ die lügen-geister/ die die see-
len gefangen halten/ die gemeinschafft eines
menschen mit dem andern zertrennen/ in sich er-
kennen/ und von CHristo austreiben lassen
solle. 2. Wo des Herrn tag im hertzens-hau-
se alles durchscheinen soll/ muß die krafft Christi
es erst reinigen: Alsdann müssen die lügen-gei-
ster/ als des menschen blutfreunde/ daraus
weichen/ und gehet ein freund mit dem andern
ohne falschheit um. 4. Dann so die offenher-
tzigkeit nicht aus der bedecktheit/ das mitleyden
über GOtt und den nächsten aus der unbarm-
hertzigkeit/ die liebe zu GOtt und den nächsten

aus

Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] nicht geſtrafft zu werden. 5. Der zufall ge-
ſchicht verſchiedentlich: Der irꝛdiſche ſinn thuts
ihm/ um ſeiner luͤſte willen/ mit liſt/ behaͤndig-
keit/ luͤgen. Der einfaͤltige in ſeiner einfalt.
Der einfaͤltige aber betrigt mit ſeiner eignen lie-
be niemanden als ſich ſelbſten. Der irrdiſche
ſinn betriegt GOtt und menſchen/ und ſich
ſelbſt/ am meiſten. Und wird in der letzten zeit
gewahr/ daß ſeine eingebildete liebe ein teuff-
liſcher haß ſey.

Cap. 13.

Daß alle eine luſt zur ungefaͤlſchten liebe tra-
gende vom betrug/ im eignen zufalle zwiſchen
GOtt ihnen ſelbſt und ihren naͤchſten (ohne
ein gewiſſen ſich druͤber zu machen) gebraucht
und mit luͤgen bedeckt/ abſtehen ſollen. 2.
Weils ein greulicher abſcheu vor GOtt und
den menſchen/ einem zu begegnen/ der im gewiſ-
ſen frey iſt/ die wahrheit (CHriſtum) vor
GOtt und ſeinen naͤchſten mit luͤgen zu daͤmpf-
fen/ zu toͤdten und zu erſticken/ und ohne be-
ſchuldigung des gewiſſens die luͤgen fuͤr die
wahrheit in gleißnerey uͤber ſich zu decken. 3.
Ein in die gottloſigkeit uͤbergebner menſch iſts/
der ſo vermeſſen wieder GOtt und den naͤchſten/
daß er unterm ſchein der gerechtigkeit/ die wahr-
heit mit hertz und mund (ſonder beſchuldi-
gung von GOtt zu tragen) darffdaͤmpffen.
4. Legt die luͤgen (nach Epheſ. 4. 20.) ab
und redet die wahrheit: der mund/ ſo da luͤgt/
toͤdtet die ſeele. 5. Alle ſuͤnden werden hier
bald offenbar/ des luͤgners betrug und boßheit
bleibt in der zeit meiſt verdeckt. 6. Kein be-
trug ſo groß/ der luͤgner kan ihn unterm ſchein
der wahrheit vor den menſchen bemaͤnteln. 7.
Warnung fuͤr einem/ der ſich kein gewiſſen
macht zu luͤgen zur beſchoͤnung ſeiner luͤſten des
fleiſches. Welches ein groſſer abfall von
GOtt/ der nicht leicht in verdorbnen gewiſſen
zu mercken noch zu verbeſſern iſt. 8. Wer
hertz und mund wieder GOtt und den naͤchſten
dem luͤgen weſen uͤbergeben/ hat ſie beyde mit
vorſatz/ nicht aus ſchwachheit/ als Petrus/
verleugnet/ iſt mit leib/ ſeel und geiſt darinnen
verſchlungen/ ein verdorbner werckzeug/ von
dem weder Gott noch menſch etwas gutes zu er-
warten hat. 9. Uberwelchen (nach Eſai. 5. 20.)
das wehe kommen muß. 10. Wo der |luͤgen
fuͤr der wahrheit gedient wird/ iſt nichts dann
verdamniß von GOtt zuerwarten.

Cap. 14.

Daß die ſich vom teuffel wieder GOtt und
menſchen zu luͤgen freygemachtachten/ in ihrem
inwendigen geiſte pruͤffen ſollen/ weme ſie die-
nen. Das luͤgenhaffte weſen ein greuel vor
GOtt und menſchen: darum davon abzuſte-
hen. 3. Mit aller ſchwachheit hat GOtt ge-
dult/ aber ein vorſetzlicher luͤgner findet keine
gnade. 4. Man ſoll ſich mit allen kraͤfften
aus den luͤgen ziehen/ und ſie nicht mit dem
mund-dienſte bedecken/ daß man ſehe/ daß wir
dem wahren GOtte dienen. 5. Wir muͤſſen
durch die weſentliche wahrheit CHRIſti/
und durch ihre krafft inwendig in der ſeelen
vom luͤgen-weſen frey gemacht werden/ ſo auch
geſchicht/ dafern wir glauben und vertrauen ins
wahre weſen CHriſti haben. 6. Weil aber
der luͤgen-geiſt/ nach der ſchlangen art der ſub-
tilſte iſt/ und wol ſieben Schlupff-winckel
[Spaltenumbruch] (aber der grobe geiſt der uͤbelthat nicht einen)
ſich zu verbergen im hertzen bauet/ muß das
wahrheits-weſen GOttes kraͤfftig in uns wir-
cken/ ehe er ſich mit allen ſeinen gliedmaſſen
austreiben laͤſt. 7. Alle ſeine arbeit iſt/ ſich
gegen die/ ſo ihm zum beſten zu wider ſind/ zu
beſchoͤnen und zu bedecken. 8. Wann ihm
die wahrheit vors hertzens thuͤr kommt/ kriecht
er wie eine ſchnecke in ihr hauß/ in die luͤgen/
damit er nicht zu ſchanden werden will. 9. Und
der menſchlichen ſchanden zu entgehen/ erdenckt
er alle liſtige practicken/ vor der wahrheit/ ſo lan-
er kan/ ſich zu bedecken. 10. Und ob er in der
luͤgen Goͤttlich und menſchlich geſehen wird/
iſt er doch ſo blind/ daß ihn duͤnckt/ er werde
nicht geſehen/ und bleibt alſo biß zum urtheile
des HErꝛn/ zur verdammniß bedeckt.

Cap. 15.

Daß die einen guten willen zum weſentlichen
GOtt haben/ genaue achtung auff den ſub-
tilen luͤgen-geiſt zu geben/ daß er ſie nicht ge-
fangen halte noch ewig beſchlieſſe/ ſollen ſeine
liſt und betrug lernen kennen und GOtt bitten
ihn auszutreiben. 2. Dann dieſer luͤgen-geiſt
hat die meiſte hertzen eingenommen/ wird
auch am letzten aus getrieben/ weil er ſubtil iſt/
und die menſchen/ wie er will/ treiben kan. 3.
Wie liſtig der luͤgen-geiſt iſt/ ſo der menſch ge-
neigt von Gott und ſeinem naͤchſten etwas un-
term ſcheine der heiligkeit an ſich zu ziehen/ da-
mit er meine/ es ſey vor GOtt recht. 4. Den
GOtt zu dienen geneigten kan er verblenden/
daß er ſich faſt ſo heilig als GOtt ſelbſt zu ſeyn
achtet/ ſeine gantze menſchliche kraͤffte und glau-
ben in dieſer vermeinten heiligkeit ſetzt/ und
GOtt aus dem himmel erlangt zu haben ſich
einbildet. 5. Welches recht der Engel des
lichts/ darvon Paulus 2. Cor. 11. 14. redet/
und den menſchen verblendet/ daß er weder luͤ-
gen noch betrug fuͤr luͤgen und betrug erkennen
kan: Sondern der luͤgen fuͤr wahrheit/ und
dem betrug fuͤr klugkeit dienet. 6. Dieſe be-
deckung des luͤgen-weſens mit falſchheit ge-
ſchicht/ weils des menſchen hertz/ als ſeine woh-
nung/ nicht uͤbergeben will/ und haͤlt ſich/
weils den| menſchen ſo gar zu ſeinem willen hat/
ſelbſt fuͤr GOtt. 7. Wird auch/ biß das ge-
richt GOttes druͤber ergeht/ im irꝛdiſchen men-
ſchen fuͤr GOtt geehrt. 8. Die urſach deſſen
iſt: 1. Weil der menſch den luſt ſeines lebens im
irꝛdiſchen weſen/ darinnen er ihm nicht zuwie-
der ſeyn kan/ hat. 2. Daß es ihn durch ſeine hei-
ligkeit befreyen ſolle/ daß er nicht verdammt
werde.

Cap. 16.

Daß man weil der weſentliche tag des
HErrn erſchienen/ die luͤgen-geiſter/ die die ſee-
len gefangen halten/ die gemeinſchafft eines
menſchen mit dem andern zertrennen/ in ſich er-
kennen/ und von CHriſto austreiben laſſen
ſolle. 2. Wo des Herꝛn tag im hertzens-hau-
ſe alles durchſcheinen ſoll/ muß die krafft Chriſti
es erſt reinigen: Alsdann muͤſſen die luͤgen-gei-
ſter/ als des menſchen blutfreunde/ daraus
weichen/ und gehet ein freund mit dem andern
ohne falſchheit um. 4. Dann ſo die offenher-
tzigkeit nicht aus der bedecktheit/ das mitleyden
uͤber GOtt und den naͤchſten aus der unbarm-
hertzigkeit/ die liebe zu GOtt und den naͤchſten

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[534/0842] Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels. nicht geſtrafft zu werden. 5. Der zufall ge- ſchicht verſchiedentlich: Der irꝛdiſche ſinn thuts ihm/ um ſeiner luͤſte willen/ mit liſt/ behaͤndig- keit/ luͤgen. Der einfaͤltige in ſeiner einfalt. Der einfaͤltige aber betrigt mit ſeiner eignen lie- be niemanden als ſich ſelbſten. Der irrdiſche ſinn betriegt GOtt und menſchen/ und ſich ſelbſt/ am meiſten. Und wird in der letzten zeit gewahr/ daß ſeine eingebildete liebe ein teuff- liſcher haß ſey. Cap. 13. Daß alle eine luſt zur ungefaͤlſchten liebe tra- gende vom betrug/ im eignen zufalle zwiſchen GOtt ihnen ſelbſt und ihren naͤchſten (ohne ein gewiſſen ſich druͤber zu machen) gebraucht und mit luͤgen bedeckt/ abſtehen ſollen. 2. Weils ein greulicher abſcheu vor GOtt und den menſchen/ einem zu begegnen/ der im gewiſ- ſen frey iſt/ die wahrheit (CHriſtum) vor GOtt und ſeinen naͤchſten mit luͤgen zu daͤmpf- fen/ zu toͤdten und zu erſticken/ und ohne be- ſchuldigung des gewiſſens die luͤgen fuͤr die wahrheit in gleißnerey uͤber ſich zu decken. 3. Ein in die gottloſigkeit uͤbergebner menſch iſts/ der ſo vermeſſen wieder GOtt und den naͤchſten/ daß er unterm ſchein der gerechtigkeit/ die wahr- heit mit hertz und mund (ſonder beſchuldi- gung von GOtt zu tragen) darffdaͤmpffen. 4. Legt die luͤgen (nach Epheſ. 4. 20.) ab und redet die wahrheit: der mund/ ſo da luͤgt/ toͤdtet die ſeele. 5. Alle ſuͤnden werden hier bald offenbar/ des luͤgners betrug und boßheit bleibt in der zeit meiſt verdeckt. 6. Kein be- trug ſo groß/ der luͤgner kan ihn unterm ſchein der wahrheit vor den menſchen bemaͤnteln. 7. Warnung fuͤr einem/ der ſich kein gewiſſen macht zu luͤgen zur beſchoͤnung ſeiner luͤſten des fleiſches. Welches ein groſſer abfall von GOtt/ der nicht leicht in verdorbnen gewiſſen zu mercken noch zu verbeſſern iſt. 8. Wer hertz und mund wieder GOtt und den naͤchſten dem luͤgen weſen uͤbergeben/ hat ſie beyde mit vorſatz/ nicht aus ſchwachheit/ als Petrus/ verleugnet/ iſt mit leib/ ſeel und geiſt darinnen verſchlungen/ ein verdorbner werckzeug/ von dem weder Gott noch menſch etwas gutes zu er- warten hat. 9. Uberwelchen (nach Eſai. 5. 20.) das wehe kommen muß. 10. Wo der |luͤgen fuͤr der wahrheit gedient wird/ iſt nichts dann verdamniß von GOtt zuerwarten. Cap. 14. Daß die ſich vom teuffel wieder GOtt und menſchen zu luͤgen freygemachtachten/ in ihrem inwendigen geiſte pruͤffen ſollen/ weme ſie die- nen. Das luͤgenhaffte weſen ein greuel vor GOtt und menſchen: darum davon abzuſte- hen. 3. Mit aller ſchwachheit hat GOtt ge- dult/ aber ein vorſetzlicher luͤgner findet keine gnade. 4. Man ſoll ſich mit allen kraͤfften aus den luͤgen ziehen/ und ſie nicht mit dem mund-dienſte bedecken/ daß man ſehe/ daß wir dem wahren GOtte dienen. 5. Wir muͤſſen durch die weſentliche wahrheit CHRIſti/ und durch ihre krafft inwendig in der ſeelen vom luͤgen-weſen frey gemacht werden/ ſo auch geſchicht/ dafern wir glauben und vertrauen ins wahre weſen CHriſti haben. 6. Weil aber der luͤgen-geiſt/ nach der ſchlangen art der ſub- tilſte iſt/ und wol ſieben Schlupff-winckel (aber der grobe geiſt der uͤbelthat nicht einen) ſich zu verbergen im hertzen bauet/ muß das wahrheits-weſen GOttes kraͤfftig in uns wir- cken/ ehe er ſich mit allen ſeinen gliedmaſſen austreiben laͤſt. 7. Alle ſeine arbeit iſt/ ſich gegen die/ ſo ihm zum beſten zu wider ſind/ zu beſchoͤnen und zu bedecken. 8. Wann ihm die wahrheit vors hertzens thuͤr kommt/ kriecht er wie eine ſchnecke in ihr hauß/ in die luͤgen/ damit er nicht zu ſchanden werden will. 9. Und der menſchlichen ſchanden zu entgehen/ erdenckt er alle liſtige practicken/ vor der wahrheit/ ſo lan- er kan/ ſich zu bedecken. 10. Und ob er in der luͤgen Goͤttlich und menſchlich geſehen wird/ iſt er doch ſo blind/ daß ihn duͤnckt/ er werde nicht geſehen/ und bleibt alſo biß zum urtheile des HErꝛn/ zur verdammniß bedeckt. Cap. 15. Daß die einen guten willen zum weſentlichen GOtt haben/ genaue achtung auff den ſub- tilen luͤgen-geiſt zu geben/ daß er ſie nicht ge- fangen halte noch ewig beſchlieſſe/ ſollen ſeine liſt und betrug lernen kennen und GOtt bitten ihn auszutreiben. 2. Dann dieſer luͤgen-geiſt hat die meiſte hertzen eingenommen/ wird auch am letzten aus getrieben/ weil er ſubtil iſt/ und die menſchen/ wie er will/ treiben kan. 3. Wie liſtig der luͤgen-geiſt iſt/ ſo der menſch ge- neigt von Gott und ſeinem naͤchſten etwas un- term ſcheine der heiligkeit an ſich zu ziehen/ da- mit er meine/ es ſey vor GOtt recht. 4. Den GOtt zu dienen geneigten kan er verblenden/ daß er ſich faſt ſo heilig als GOtt ſelbſt zu ſeyn achtet/ ſeine gantze menſchliche kraͤffte und glau- ben in dieſer vermeinten heiligkeit ſetzt/ und GOtt aus dem himmel erlangt zu haben ſich einbildet. 5. Welches recht der Engel des lichts/ darvon Paulus 2. Cor. 11. 14. redet/ und den menſchen verblendet/ daß er weder luͤ- gen noch betrug fuͤr luͤgen und betrug erkennen kan: Sondern der luͤgen fuͤr wahrheit/ und dem betrug fuͤr klugkeit dienet. 6. Dieſe be- deckung des luͤgen-weſens mit falſchheit ge- ſchicht/ weils des menſchen hertz/ als ſeine woh- nung/ nicht uͤbergeben will/ und haͤlt ſich/ weils den| menſchen ſo gar zu ſeinem willen hat/ ſelbſt fuͤr GOtt. 7. Wird auch/ biß das ge- richt GOttes druͤber ergeht/ im irꝛdiſchen men- ſchen fuͤr GOtt geehrt. 8. Die urſach deſſen iſt: 1. Weil der menſch den luſt ſeines lebens im irꝛdiſchen weſen/ darinnen er ihm nicht zuwie- der ſeyn kan/ hat. 2. Daß es ihn durch ſeine hei- ligkeit befreyen ſolle/ daß er nicht verdammt werde. Cap. 16. Daß man weil der weſentliche tag des HErrn erſchienen/ die luͤgen-geiſter/ die die ſee- len gefangen halten/ die gemeinſchafft eines menſchen mit dem andern zertrennen/ in ſich er- kennen/ und von CHriſto austreiben laſſen ſolle. 2. Wo des Herꝛn tag im hertzens-hau- ſe alles durchſcheinen ſoll/ muß die krafft Chriſti es erſt reinigen: Alsdann muͤſſen die luͤgen-gei- ſter/ als des menſchen blutfreunde/ daraus weichen/ und gehet ein freund mit dem andern ohne falſchheit um. 4. Dann ſo die offenher- tzigkeit nicht aus der bedecktheit/ das mitleyden uͤber GOtt und den naͤchſten aus der unbarm- hertzigkeit/ die liebe zu GOtt und den naͤchſten aus

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/842>, abgerufen am 20.11.2024.