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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der schrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] fleißige Gottes-dienste geschehen/ doch al-
le mit unverstand/ (nach Rom. 12. v. 2.) ohne
erkäntnis des lebendigen Gottes; Das ist/ die
Gottheit ist durch die auferstehung Christi in
der menschheit noch nicht erkant. 2. Dienst
Pauli/ die stimme ins menschen hertzen muß
inzwischen der menschheit ihre erkäntnis zur
erkäntnis der unwissenheit im tode der sünden
verkündigen/ daß sie zum wahren erkäntnis/
dem leben Christi/ lust bekomme. 3. Den blin-
den/ tauben/ todten muß von Christo selbst ge-
holffen werden. 4. Daß wir durch den dienst
Pauli in uns die zeit der unwissenheit zur bes-
serung unsers tödtlichen lebens erkennen/ und
im letzten theile der zeit den acker/ darinne der
schatz/ (das leben Christi/ so mit dem todte
im fleische bezahlt werden muß) vergraben ligt/
erkauffen/ und mit ernst darnach graben sol-
len. 5. Auf das/ so uns begriffen hat/ es sey
leben oder tod/ sollen wir durch sehen und füh-
len acht haben/ und den Vater bitten/ sein kind
JESUM in uns zum Christo zu erwecken
in der krafft des Gottseligen lebens/ daß wir
ihn im geist und wahrheit allein anbeten kön-
nen/ nicht| mehr auf dem berge (der lehre ausser
Christi Geiste). 6. Dann bezeugt JEsus mit
Christo in uns/ daß die wahrheit uns aus dem
gefängnis der tödtlichen lüsten und begierden
frey machen wolle/ so wirs glauben: Die ihn
im geiste und wahrheit suchen/ erlangen durch
Christum zum Vater einen freyen zugang/
ihm einen freywilligen dienst/ (die verläug-
nung ihr selbst) zu thun im lichte Christi. 7.
Daß wir uns vom Geiste Christi lehren und
treiben lassen sollen durchs licht seines einwe-
sigen lebens/ so wir Gottes kinder seyn wol-
len. 8. So viel uns der Geist Christi lehret
und treibet/ so viel werden wir zur demuth/ mit-
leiden/ güte und freundlichkeit/ der art seines
wesens theilhafftig. 9. Diese lehre erneuret
unser hertz that-wircklich/ so die wahn-lehre
nicht vermag. 10. 11. Daß wir ins leben
Christi nach dem geiste einzugehen freyheit ge-
brauchen sollen/ nicht die freyheit der gegenart
Christi nach dem fleische. Dann in das/ so uns
ein tod worden/ sollen wir nicht wieder einge-
hen. 12. Die freyheit/ von dero Autor zeuget/
ist diese/ daß man des Geistes Christi in seinem
einwesigen leben (von fleischlichen begierden
ungehindert) theilhafft werden möge/ zur er-
leuchtung unserer seelen/ geiste und natur.

Cap. 10.

Daß wir des geists des HErrnim inwendig-
sten unsers gemüths warnehmen sollen/ weil
alda der ort/ da er bläst. 2. Erbewegterde und
wasser/ daß der mensch/ so er ein inwendiges
empfinden hat/ begreiffen möge/ daß er alleine
selig mache. 3. Paulus achtet auff die stim-
me aus dem lichte CHristi/ die er in sich hörte/
ward bewegt von seinem vornehmen im gesetz
nach dem fleische/ Actor. 9. 3. Zur erden nie-
dergeschlagen. 4. Sollen die wüsten/ das
verwüste hertz/ durch den wind des HErrn auch
zur busse und besserung des lebens bewegen las-
sen. 5. Selig/ der wacht um dem HErrn ent-
gegen zu gehen und ihm in demuth sein leben/
das er sich selbsten gelebt/ zu ergeben: daß er
nach Gal. 2. 20. sagen kan: Jch lebe/ doch
nicht ich/ sondern CHristus in mir. 6. Als-
[Spaltenumbruch] dann ist der mensch mit GOtt wieder eins. 7.
Diß ist die gnade des vaters der menschheit in
CHristo erwiesen. 8. Das in sich selbsten in
der stille warzunehmen. Aeusserlicher men-
schen-trieb macht nur mit seinen gebährden auff-
ruhr im fleische/ und sind gerichte/ darinn der
HErr nicht ist. Das Reich GOttes ist geist
und leben/ und offenbart sich/ in seiner wesentlichen
stille inwendig in uns durch CHristum/ so
wirs in demuth allda suchen wo es verlohren ist.
9. Eigen wille und annehmen zum eigenthum
hats verlohren/ im übergeben sein selbst und al-
ler dinge wirds wieder gefunden. 10. Daß
alles unser verderben (nach 2. Petr. 1. v. 4.)
nider begierde und lust gelegen/ darinn der eigen
suchende sinn des fleisches ausser GOttes wesen
wirckt/ und weil sie unersättlich ist/ keine ruhe
in ihrem dienste/ sondern lauter verdammniß
zu erwarten.

Cap. 11.

Daß das wissen/ daß das Reich GOttes in
unsere hertzen kommen/ und die darüber empfan-
gene freude/ nicht gnug/ weil die freude aus
dem wissen/ ohne das wesen und leben Christi/
bald aus dem gedächtniß weichen und verlas-
sen werde. 2. So das Reich GOttes we-
sentlich in unsere hertzen kommen/ müssen wir
mit unserm menschlichen wesen wieder zum
Reiche GOttes kommen/ und zu erst/ die dar-
zu gehörige und aus demselben uns gelehrte ü-
bung täglich mit fleiß unserer hertzen in uns
wahrnehmen. 3. Nicht äusserliche sonderba-
re dienste darzu erwehlen/ sondern seinen wah-
ren dienst in uns beobachten. 4. Durch diesen
dienst Christi wird der mensch/ der sein wahr-
nimmt erneuret/ und erwartet dann des neuen
himmels und der neuen erden/ in welchen
(nach 2. Petr. 3. 13.) gerechtigkeit wohnt.
5. Dieser neue mensch ist ihm selbst nach dem
alten wesen ausgegangen/ gehet zum nächsten
täglich ein. 6. Wer sich GOttes und des
nächsten liebe rühmt/ soll sie nicht im munde al-
lein tragen/ sondern warlich in CHristo bewei-
sen. 7. Daß das wissen (nach 1. Cor. 8. 1.)
auffblähe/ die Göttliche liebe des gerichts aber
bessere und erfülle das gesetze und Propheten. 8.
Wo diß nicht geschicht/ da ist keine lieb die
aus Christi arth/ wesen und natur fleust/ son-
dern eine getichtete liebe/ die ihren begierden im
fleische dient/ und läst sich düncken/ sie sey aus
GOtt geflossen/ ihre frucht aber ist bitter und
vergifft im schmäcken.

Cap. 12.

Daß die wesentliche liebe nichts suche denn
tugend um tugend/ offenhertzigkeit um offen-
hertzigkeit/ liebe um liebe/ alle fleischliche begier-
den ausschliessende. 2. Die gefärbte liebe
aber ist voller betrug vor GOtt und dem näch-
sten und zu aller falschen art geneigt/ darum auch
vor GOtt verflucht. 3. Kein subtilerer ver-
führender geist die einfältigen mehr zu betrie-
gen/ dann der sich unterm schein derliebe und
gerechtigkeit/ als Judas/ verstellt. Jeder
sinn des fleisches seiner eignen liebe unterworf-
fen. 4. Betriegt sich selbst/ daß er von GOt-
tes liebe hörend/ meint GOttes und seine liebe
sey eine/ und sich mit ihr vergesellschafften wil.
Dann weil er hört/ daß GOtt die liebe/ sucht er
ihre vereinigung/ alles von ihr zu erlangen und

nicht
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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] fleißige Gottes-dienſte geſchehen/ doch al-
le mit unverſtand/ (nach Rom. 12. v. 2.) ohne
erkaͤntnis des lebendigen Gottes; Das iſt/ die
Gottheit iſt durch die auferſtehung Chriſti in
der menſchheit noch nicht erkant. 2. Dienſt
Pauli/ die ſtimme ins menſchen hertzen muß
inzwiſchen der menſchheit ihre erkaͤntnis zur
erkaͤntnis der unwiſſenheit im tode der ſuͤnden
verkuͤndigen/ daß ſie zum wahren erkaͤntnis/
dem leben Chriſti/ luſt bekomme. 3. Den blin-
den/ tauben/ todten muß von Chriſto ſelbſt ge-
holffen werden. 4. Daß wir durch den dienſt
Pauli in uns die zeit der unwiſſenheit zur beſ-
ſerung unſers toͤdtlichen lebens erkennen/ und
im letzten theile der zeit den acker/ darinne der
ſchatz/ (das leben Chriſti/ ſo mit dem todte
im fleiſche bezahlt werden muß) vergraben ligt/
erkauffen/ und mit ernſt darnach graben ſol-
len. 5. Auf das/ ſo uns begriffen hat/ es ſey
leben oder tod/ ſollen wir durch ſehen und fuͤh-
len acht haben/ und den Vater bitten/ ſein kind
JESUM in uns zum Chriſto zu erwecken
in der krafft des Gottſeligen lebens/ daß wir
ihn im geiſt und wahrheit allein anbeten koͤn-
nen/ nicht| mehr auf dem berge (der lehre auſſer
Chriſti Geiſte). 6. Dann bezeugt JEſus mit
Chriſto in uns/ daß die wahrheit uns aus dem
gefaͤngnis der toͤdtlichen luͤſten und begierden
frey machen wolle/ ſo wirs glauben: Die ihn
im geiſte und wahrheit ſuchen/ erlangen durch
Chriſtum zum Vater einen freyen zugang/
ihm einen freywilligen dienſt/ (die verlaͤug-
nung ihr ſelbſt) zu thun im lichte Chriſti. 7.
Daß wir uns vom Geiſte Chriſti lehren und
treiben laſſen ſollen durchs licht ſeines einwe-
ſigen lebens/ ſo wir Gottes kinder ſeyn wol-
len. 8. So viel uns der Geiſt Chriſti lehret
und treibet/ ſo viel werden wir zur demuth/ mit-
leiden/ guͤte und freundlichkeit/ der art ſeines
weſens theilhafftig. 9. Dieſe lehre erneuret
unſer hertz that-wircklich/ ſo die wahn-lehre
nicht vermag. 10. 11. Daß wir ins leben
Chriſti nach dem geiſte einzugehen freyheit ge-
brauchen ſollen/ nicht die freyheit der gegenart
Chriſti nach dem fleiſche. Dann in das/ ſo uns
ein tod worden/ ſollen wir nicht wieder einge-
hen. 12. Die freyheit/ von dero Autor zeuget/
iſt dieſe/ daß man des Geiſtes Chriſti in ſeinem
einweſigen leben (von fleiſchlichen begierden
ungehindert) theilhafft werden moͤge/ zur er-
leuchtung unſerer ſeelen/ geiſte und natur.

Cap. 10.

Daß wir des geiſts des HErꝛnim inwendig-
ſten unſers gemuͤths warnehmen ſollen/ weil
alda der ort/ da er blaͤſt. 2. Erbewegterde und
waſſer/ daß der menſch/ ſo er ein inwendiges
empfinden hat/ begreiffen moͤge/ daß er alleine
ſelig mache. 3. Paulus achtet auff die ſtim-
me aus dem lichte CHriſti/ die er in ſich hoͤrte/
ward bewegt von ſeinem vornehmen im geſetz
nach dem fleiſche/ Actor. 9. 3. Zur erden nie-
dergeſchlagen. 4. Sollen die wuͤſten/ das
verwuͤſte hertz/ durch den wind des HErꝛn auch
zur buſſe und beſſerung des lebens bewegen laſ-
ſen. 5. Selig/ der wacht um dem HErꝛn ent-
gegen zu gehen und ihm in demuth ſein leben/
das er ſich ſelbſten gelebt/ zu ergeben: daß er
nach Gal. 2. 20. ſagen kan: Jch lebe/ doch
nicht ich/ ſondern CHriſtus in mir. 6. Als-
[Spaltenumbruch] dann iſt der menſch mit GOtt wieder eins. 7.
Diß iſt die gnade des vaters der menſchheit in
CHriſto erwieſen. 8. Das in ſich ſelbſten in
der ſtille warzunehmen. Aeuſſerlicher men-
ſchen-tꝛieb macht nuꝛ mit ſeinen gebaͤhrden auff-
ruhr im fleiſche/ und ſind gerichte/ darinn der
HErꝛ nicht iſt. Das Reich GOttes iſt geiſt
uñ leben/ uñ offenbart ſich/ in ſeiner weſentlichen
ſtille inwendig in uns durch CHriſtum/ ſo
wirs in demuth allda ſuchen wo es verlohren iſt.
9. Eigen wille und annehmen zum eigenthum
hats verlohren/ im uͤbergeben ſein ſelbſt und al-
ler dinge wirds wieder gefunden. 10. Daß
alles unſer verderben (nach 2. Petr. 1. v. 4.)
nider begierde und luſt gelegen/ darinn der eigen
ſuchende ſinn des fleiſches auſſer GOttes weſen
wirckt/ und weil ſie unerſaͤttlich iſt/ keine ruhe
in ihrem dienſte/ ſondern lauter verdammniß
zu erwarten.

Cap. 11.

Daß das wiſſen/ daß das Reich GOttes in
unſeꝛe hertzen kommen/ und die daruͤber empfan-
gene freude/ nicht gnug/ weil die freude aus
dem wiſſen/ ohne das weſen und leben Chriſti/
bald aus dem gedaͤchtniß weichen und verlaſ-
ſen werde. 2. So das Reich GOttes we-
ſentlich in unſere hertzen kommen/ muͤſſen wir
mit unſerm menſchlichen weſen wieder zum
Reiche GOttes kommen/ und zu erſt/ die dar-
zu gehoͤrige und aus demſelben uns gelehrte uͤ-
bung taͤglich mit fleiß unſerer hertzen in uns
wahrnehmen. 3. Nicht aͤuſſerliche ſonderba-
re dienſte darzu erwehlen/ ſondern ſeinen wah-
ren dienſt in uns beobachten. 4. Durch dieſen
dienſt Chriſti wird der menſch/ der ſein wahr-
nimmt erneuret/ und erwartet dann des neuen
himmels und der neuen erden/ in welchen
(nach 2. Petr. 3. 13.) gerechtigkeit wohnt.
5. Dieſer neue menſch iſt ihm ſelbſt nach dem
alten weſen ausgegangen/ gehet zum naͤchſten
taͤglich ein. 6. Wer ſich GOttes und des
naͤchſten liebe ruͤhmt/ ſoll ſie nicht im munde al-
lein tragen/ ſondern warlich in CHriſto bewei-
ſen. 7. Daß das wiſſen (nach 1. Cor. 8. 1.)
auffblaͤhe/ die Goͤttliche liebe des gerichts aber
beſſere und erfuͤlle das geſetze und Propheten. 8.
Wo diß nicht geſchicht/ da iſt keine lieb die
aus Chriſti arth/ weſen und natur fleuſt/ ſon-
dern eine getichtete liebe/ die ihren begierden im
fleiſche dient/ und laͤſt ſich duͤncken/ ſie ſey aus
GOtt gefloſſen/ ihre frucht aber iſt bitter und
vergifft im ſchmaͤcken.

Cap. 12.

Daß die weſentliche liebe nichts ſuche denn
tugend um tugend/ offenhertzigkeit um offen-
hertzigkeit/ liebe um liebe/ alle fleiſchliche begier-
den ausſchlieſſende. 2. Die gefaͤrbte liebe
aber iſt voller betrug vor GOtt und dem naͤch-
ſten uñ zu aller falſchen art geneigt/ darum auch
vor GOtt verflucht. 3. Kein ſubtilerer ver-
fuͤhrender geiſt die einfaͤltigen mehr zu betrie-
gen/ dann der ſich unterm ſchein derliebe und
gerechtigkeit/ als Judas/ verſtellt. Jeder
ſinn des fleiſches ſeiner eignen liebe unterworf-
fen. 4. Betriegt ſich ſelbſt/ daß er von GOt-
tes liebe hoͤrend/ meint GOttes und ſeine liebe
ſey eine/ und ſich mit ihr vergeſellſchafften wil.
Dann weil er hoͤrt/ daß GOtt die liebe/ ſucht er
ihre vereinigung/ alles von ihr zu erlangen und

nicht
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[533/0841] Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels. fleißige Gottes-dienſte geſchehen/ doch al- le mit unverſtand/ (nach Rom. 12. v. 2.) ohne erkaͤntnis des lebendigen Gottes; Das iſt/ die Gottheit iſt durch die auferſtehung Chriſti in der menſchheit noch nicht erkant. 2. Dienſt Pauli/ die ſtimme ins menſchen hertzen muß inzwiſchen der menſchheit ihre erkaͤntnis zur erkaͤntnis der unwiſſenheit im tode der ſuͤnden verkuͤndigen/ daß ſie zum wahren erkaͤntnis/ dem leben Chriſti/ luſt bekomme. 3. Den blin- den/ tauben/ todten muß von Chriſto ſelbſt ge- holffen werden. 4. Daß wir durch den dienſt Pauli in uns die zeit der unwiſſenheit zur beſ- ſerung unſers toͤdtlichen lebens erkennen/ und im letzten theile der zeit den acker/ darinne der ſchatz/ (das leben Chriſti/ ſo mit dem todte im fleiſche bezahlt werden muß) vergraben ligt/ erkauffen/ und mit ernſt darnach graben ſol- len. 5. Auf das/ ſo uns begriffen hat/ es ſey leben oder tod/ ſollen wir durch ſehen und fuͤh- len acht haben/ und den Vater bitten/ ſein kind JESUM in uns zum Chriſto zu erwecken in der krafft des Gottſeligen lebens/ daß wir ihn im geiſt und wahrheit allein anbeten koͤn- nen/ nicht| mehr auf dem berge (der lehre auſſer Chriſti Geiſte). 6. Dann bezeugt JEſus mit Chriſto in uns/ daß die wahrheit uns aus dem gefaͤngnis der toͤdtlichen luͤſten und begierden frey machen wolle/ ſo wirs glauben: Die ihn im geiſte und wahrheit ſuchen/ erlangen durch Chriſtum zum Vater einen freyen zugang/ ihm einen freywilligen dienſt/ (die verlaͤug- nung ihr ſelbſt) zu thun im lichte Chriſti. 7. Daß wir uns vom Geiſte Chriſti lehren und treiben laſſen ſollen durchs licht ſeines einwe- ſigen lebens/ ſo wir Gottes kinder ſeyn wol- len. 8. So viel uns der Geiſt Chriſti lehret und treibet/ ſo viel werden wir zur demuth/ mit- leiden/ guͤte und freundlichkeit/ der art ſeines weſens theilhafftig. 9. Dieſe lehre erneuret unſer hertz that-wircklich/ ſo die wahn-lehre nicht vermag. 10. 11. Daß wir ins leben Chriſti nach dem geiſte einzugehen freyheit ge- brauchen ſollen/ nicht die freyheit der gegenart Chriſti nach dem fleiſche. Dann in das/ ſo uns ein tod worden/ ſollen wir nicht wieder einge- hen. 12. Die freyheit/ von dero Autor zeuget/ iſt dieſe/ daß man des Geiſtes Chriſti in ſeinem einweſigen leben (von fleiſchlichen begierden ungehindert) theilhafft werden moͤge/ zur er- leuchtung unſerer ſeelen/ geiſte und natur. Cap. 10. Daß wir des geiſts des HErꝛnim inwendig- ſten unſers gemuͤths warnehmen ſollen/ weil alda der ort/ da er blaͤſt. 2. Erbewegterde und waſſer/ daß der menſch/ ſo er ein inwendiges empfinden hat/ begreiffen moͤge/ daß er alleine ſelig mache. 3. Paulus achtet auff die ſtim- me aus dem lichte CHriſti/ die er in ſich hoͤrte/ ward bewegt von ſeinem vornehmen im geſetz nach dem fleiſche/ Actor. 9. 3. Zur erden nie- dergeſchlagen. 4. Sollen die wuͤſten/ das verwuͤſte hertz/ durch den wind des HErꝛn auch zur buſſe und beſſerung des lebens bewegen laſ- ſen. 5. Selig/ der wacht um dem HErꝛn ent- gegen zu gehen und ihm in demuth ſein leben/ das er ſich ſelbſten gelebt/ zu ergeben: daß er nach Gal. 2. 20. ſagen kan: Jch lebe/ doch nicht ich/ ſondern CHriſtus in mir. 6. Als- dann iſt der menſch mit GOtt wieder eins. 7. Diß iſt die gnade des vaters der menſchheit in CHriſto erwieſen. 8. Das in ſich ſelbſten in der ſtille warzunehmen. Aeuſſerlicher men- ſchen-tꝛieb macht nuꝛ mit ſeinen gebaͤhrden auff- ruhr im fleiſche/ und ſind gerichte/ darinn der HErꝛ nicht iſt. Das Reich GOttes iſt geiſt uñ leben/ uñ offenbart ſich/ in ſeiner weſentlichen ſtille inwendig in uns durch CHriſtum/ ſo wirs in demuth allda ſuchen wo es verlohren iſt. 9. Eigen wille und annehmen zum eigenthum hats verlohren/ im uͤbergeben ſein ſelbſt und al- ler dinge wirds wieder gefunden. 10. Daß alles unſer verderben (nach 2. Petr. 1. v. 4.) nider begierde und luſt gelegen/ darinn der eigen ſuchende ſinn des fleiſches auſſer GOttes weſen wirckt/ und weil ſie unerſaͤttlich iſt/ keine ruhe in ihrem dienſte/ ſondern lauter verdammniß zu erwarten. Cap. 11. Daß das wiſſen/ daß das Reich GOttes in unſeꝛe hertzen kommen/ und die daruͤber empfan- gene freude/ nicht gnug/ weil die freude aus dem wiſſen/ ohne das weſen und leben Chriſti/ bald aus dem gedaͤchtniß weichen und verlaſ- ſen werde. 2. So das Reich GOttes we- ſentlich in unſere hertzen kommen/ muͤſſen wir mit unſerm menſchlichen weſen wieder zum Reiche GOttes kommen/ und zu erſt/ die dar- zu gehoͤrige und aus demſelben uns gelehrte uͤ- bung taͤglich mit fleiß unſerer hertzen in uns wahrnehmen. 3. Nicht aͤuſſerliche ſonderba- re dienſte darzu erwehlen/ ſondern ſeinen wah- ren dienſt in uns beobachten. 4. Durch dieſen dienſt Chriſti wird der menſch/ der ſein wahr- nimmt erneuret/ und erwartet dann des neuen himmels und der neuen erden/ in welchen (nach 2. Petr. 3. 13.) gerechtigkeit wohnt. 5. Dieſer neue menſch iſt ihm ſelbſt nach dem alten weſen ausgegangen/ gehet zum naͤchſten taͤglich ein. 6. Wer ſich GOttes und des naͤchſten liebe ruͤhmt/ ſoll ſie nicht im munde al- lein tragen/ ſondern warlich in CHriſto bewei- ſen. 7. Daß das wiſſen (nach 1. Cor. 8. 1.) auffblaͤhe/ die Goͤttliche liebe des gerichts aber beſſere und erfuͤlle das geſetze und Propheten. 8. Wo diß nicht geſchicht/ da iſt keine lieb die aus Chriſti arth/ weſen und natur fleuſt/ ſon- dern eine getichtete liebe/ die ihren begierden im fleiſche dient/ und laͤſt ſich duͤncken/ ſie ſey aus GOtt gefloſſen/ ihre frucht aber iſt bitter und vergifft im ſchmaͤcken. Cap. 12. Daß die weſentliche liebe nichts ſuche denn tugend um tugend/ offenhertzigkeit um offen- hertzigkeit/ liebe um liebe/ alle fleiſchliche begier- den ausſchlieſſende. 2. Die gefaͤrbte liebe aber iſt voller betrug vor GOtt und dem naͤch- ſten uñ zu aller falſchen art geneigt/ darum auch vor GOtt verflucht. 3. Kein ſubtilerer ver- fuͤhrender geiſt die einfaͤltigen mehr zu betrie- gen/ dann der ſich unterm ſchein derliebe und gerechtigkeit/ als Judas/ verſtellt. Jeder ſinn des fleiſches ſeiner eignen liebe unterworf- fen. 4. Betriegt ſich ſelbſt/ daß er von GOt- tes liebe hoͤrend/ meint GOttes und ſeine liebe ſey eine/ und ſich mit ihr vergeſellſchafften wil. Dann weil er hoͤrt/ daß GOtt die liebe/ ſucht er ihre vereinigung/ alles von ihr zu erlangen und nicht X x x 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/841>, abgerufen am 20.11.2024.