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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der schrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] ders nicht/ dann durch den tod loß werden mag.
Daß die seele des todes bitterkeit scheue und
nicht dran will. Aus furcht der verdammniß
läst sie sich wol zu menschlichen meynungen be-
wegen/ aber ihres irrdischen lebens um GOt-
tes willen zu sterben gehets hart her/ weil sie
die Göttliche freude nicht kennet. Exempel des
jünglings Luc. 18. v. 22. der alles ver-
kauffen und den armen geben solte/ wann er
vollkommen seyn wolte. Die irrdische seele kan
allen menschlichen gesetzen/ (dann was man
unterm gebot thut/ geschicht unter der eigen-
schafft) sich unterwerffen/ um daß sie die ei-
genschafft behalten möge; so aber die freywe-
sentliche GOttheit ihre eigenschafft in allem sie
zu verlassen heist/ wo sie der Gottheittheilhaff-
tig werden wolle/ erseufftzet sie und gehet von ihr
weg; weil sie die klarheit der Gottheit nicht ver-
tragen kan. Göttliche freyheit und eigenschafft
haben keine gemeinschaft/ bringe einander alle-
zeit den tod. Alle eigne leben der macht des todes
unterworffen. Wer dem todedes eigenthums
entfliehen will/ muß mit der eigenschaft keine ge-
meinschafft in ihrem leben haben. Welches ohne
hülffe der freyen himmlischen wahrheit unmög-
lich ist. Diese freymachung der seelen muß sie al-
lein von dem ungeeigneten himmlischen geiste
bekommen.

Cap. 26.

Des himmlischen geistes oder geistlichen
CHristi wesen/ im allerreinesten heiligsten we-
sen im himmel. Wie er öffters in der seelen er-
scheine/ und sie einen blick oder strahl ihrer rei-
nen ungeeigneten freyheit sehen und empfinden
lasse/ daß sie ihre eigene gefängniß möge erken-
nen/ und einen lust bekommen/ aus derselben
auszubrechen. Diß macht die seele demütig/
in der erniedrigung siehet sie die ruhe und frieden
des lebens/ und wird dadurch bewogen/ sich in
die demuth zu versencken/ und je mehr sie das
thut/ je näher sie dem reinen geist CHristi kömmt/
und so viel sie denn empfähet/ so viel wird sie
aus der irrdischen eigenschafft frey. So sich
dann die seele mit allen sinnen/ willen/ lüsten/
gedancken/ und begierden in Christlichen ge-
horsam in die demuth ergiebt und sich in aller
eigenschafft des fleisches verleugnet/ kommt das
freye Christliche wesen und erlöst sie vom eigen-
thum des teuffels/ daß sie dem wesentlichen
GOtt mit demselben dienen kan/ und der Va-
ter und Sohn machen wohnung im menschen.
Joh. 14. 23. 1. Cor. 6. 19. So man durch sein
im hertzen tragend leyden von sünden auffhöret/
ists CHristi leiden/ wo nicht das leiden der bö-
sen begierden. Pein des gottlosen geistes/ daß
er seinen willen nicht vollbringen kan. Neidi-
sche eigensinnige verfolger der Göttlichen na-
tur/ macht der wesentliche tag des himmels of-
fenbar im hertzen. Diese verfolgen die irrdische
lüste und begierden zum eigenthum im fleische.
Müssen mit GOttes gesetz zur verdammniß
oder seeligkeit gestrafft werden. Sünde der
seelen wider GOtt kan niemand recht straffen/
dann das gesetz GOttes im hertzen. Göttliche
straffe kommt aus dem lichte des himmels/
macht den verdeckten gleißnerischen geist offen-
bahr/ daß er sich nicht mehr verbergen kan.

Cap. 27.

Die sich selbst rechtfertigende bedeckte boß-
[Spaltenumbruch] heit genau im hertzen warzunehmen: Keine sün-
de scheidet den menschen mehr von GOtt als
diese. Sollen stäts bitten/ daß uns GOtt
von der blindheit erlösen wolle/ damit wir die
böse eigensinnigkeit nicht für gut vertheidigen.
Geist/ der im hertzen des lebens auffstehet und
die Lehre des Gottseligen lebens in CHristo
nicht mitbringt/ soll man nicht einnehmen. 2.
Joh. 1. v. 10. Ohne bey sich habenden GOt-
tes unpartheyischen gerechten wesens kan die
seele diese geister nicht unterscheiden. Kennzei-
chen der himmlischen und irrdischen geister im
hertzen. Wie die seele von irrdischen geistern
versu cht/ und durch die lüste ein dienst-hauß des
teuffels werde. Bande des teuffels sind alle
laster. Verlassung der seelen des gerechten
wesens GOttes in seiner regierung eine ursach
all ihres verderbens. Wie die seele mit Salo-
mon 2. Chron. 6. 20. stäts bitten solle/ daß
er sie (als GOttes tempel) für der unreinig-
keit des irrdischen wesens bewahren und sie seg-
nen wolle. Werden geruffen/ GOtt ein geist-
lich wesentlich hauß/ das ewig im himmel blei-
ben möge/ in der seele zu bauen. 1. Pet. 2. v. 5.
2. Cor. 5. 1. 2. Jm hause GOttes keine un-
reinigkeit.

Cap. 28.

Wunsch des Auctoris, daß die Göttliche
gerechtigkeit innerlich in der seel und äusserlich
über den leib regieren möchte! Ungerechte kön-
nen keine Göttliche straffe thun. Daß ohne
erkantnuß sich niemand bekehren könne;
begierde und lust die haupt sünde. Erkäntniß
der straffe des gesetzes GOttes über die seele
treibt zur busse und besserung/ durch diese em-
pfähet man krafft von GOtt seine boßheit zu
verlassen. GOtt zu bitten/ daß er das gesetz
seines geistes wider die Heidnische verwüstete
boßheit im hertzen der menschen bekanntma-
chen wolle zu ihrer bekehrung. Wie die himm-
lischefreude unbeschreiblich/ so auch die verdamm-
niß für eine kurtze wollust. Die ewige pein
ohne trost/ die ewige freude ohne sorge. Un-
terscheid zwischen den himmlischen und irrdi-
schen erlernt man nicht durch die vernunfft/
sonderm unterm gehorsam des Christlichen we-
sens in der verleugnung sein selbst.

Cap. 29.

Daß man in seinem wesen genau auff diesen
unterscheid solle mercken/ um mit dem luste des
lebens vom bösen wesen zu weichen/ und zum
guten wesen GOttes einzukehren. Wie die
gerechtigkeit GOttes/ nachdem die Gottselig-
keit/ durch die gedult CHristi/ ihre zeit im tode
gehabt/ die einfältige tugend und liebe CHri-
sti/ aus dem tode/ darein sie vom gottlosen we-
sen gebracht ist/ erlösen muß. (Psalm. 119.
v. 175. Dein gericht wird mir helffen) Daß
man weder GOtt noch den menschen nichts
thun solle/ dann was man selbst begehret wie-
der zu empfangen. Nemlich tugend und ge-
rechtigkeit zu geben und empfangen zur über-
bleibnuß des lebens: Dann im gerechten gerich-
te wird nichts überbleiben/ als die einfältige le-
bendige tugend GOttes. Wer diese von sich
geben solle/ muß sie erst wesentlich von GOtt
empfangen. Soll er sie empfangen/ muß er
sich zu GOtt bekehren/ seinen willen zu thun/
und die tugend aus gnaden empfangen. Soll

er sich
A. K. H. Vierter Theil. Sss

Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels.
[Spaltenumbruch] ders nicht/ dann durch den tod loß werden mag.
Daß die ſeele des todes bitterkeit ſcheue und
nicht dran will. Aus furcht der verdammniß
laͤſt ſie ſich wol zu menſchlichen meynungen be-
wegen/ aber ihres irꝛdiſchen lebens um GOt-
tes willen zu ſterben gehets hart her/ weil ſie
die Goͤttliche freude nicht kennet. Exempel des
juͤnglings Luc. 18. v. 22. der alles ver-
kauffen und den armen geben ſolte/ wann er
vollkommen ſeyn wolte. Die irꝛdiſche ſeele kan
allen menſchlichen geſetzen/ (dann was man
unterm gebot thut/ geſchicht unter der eigen-
ſchafft) ſich unterwerffen/ um daß ſie die ei-
genſchafft behalten moͤge; ſo aber die freywe-
ſentliche GOttheit ihre eigenſchafft in allem ſie
zu verlaſſen heiſt/ wo ſie der Gottheittheilhaff-
tig werden wolle/ erſeufftzet ſie und gehet von ihr
weg; weil ſie die klarheit der Gottheit nicht ver-
tragen kan. Goͤttliche freyheit und eigenſchafft
haben keine gemeinſchaft/ bringē einander alle-
zeit den tod. Alle eigne leben der macht des todes
unterworffen. Wer dem todedes eigenthums
entfliehen will/ muß mit der eigenſchaft keine ge-
meinſchafft in ihꝛem leben haben. Welches ohne
huͤlffe der freyen himmliſchen wahrheit unmoͤg-
lich iſt. Dieſe freymachung der ſeelen muß ſie al-
lein von dem ungeeigneten himmliſchen geiſte
bekommen.

Cap. 26.

Des himmliſchen geiſtes oder geiſtlichen
CHriſti weſen/ im allerreineſten heiligſten we-
ſen im himmel. Wie er oͤffters in der ſeelen er-
ſcheine/ und ſie einen blick oder ſtrahl ihrer rei-
nen ungeeigneten freyheit ſehen und empfinden
laſſe/ daß ſie ihre eigene gefaͤngniß moͤge erken-
nen/ und einen luſt bekommen/ aus derſelben
auszubrechen. Diß macht die ſeele demuͤtig/
in deꝛ erniedrigung ſiehet ſie die ruhe und frieden
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und ſo viel ſie denn empfaͤhet/ ſo viel wird ſie
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dann die ſeele mit allen ſinnen/ willen/ luͤſten/
gedancken/ und begierden in Chriſtlichen ge-
horſam in die demuth ergiebt und ſich in aller
eigenſchafft des fleiſches verleugnet/ kommt das
freye Chriſtliche weſen und erloͤſt ſie vom eigen-
thum des teuffels/ daß ſie dem weſentlichen
GOtt mit demſelben dienen kan/ und der Va-
ter und Sohn machen wohnung im menſchen.
Joh. 14. 23. 1. Cor. 6. 19. So man durch ſein
im hertzen tragend leyden von ſuͤnden auffhoͤꝛet/
iſts CHriſti leiden/ wo nicht das leiden der boͤ-
ſen begierden. Pein des gottloſen geiſtes/ daß
er ſeinen willen nicht vollbringen kan. Neidi-
ſche eigenſinnige verfolger der Goͤttlichen na-
tur/ macht der weſentliche tag des himmels of-
fenbar im hertzen. Dieſe verfolgen die irꝛdiſche
luͤſte und begierden zum eigenthum im fleiſche.
Muͤſſen mit GOttes geſetz zur verdammniß
oder ſeeligkeit geſtrafft werden. Suͤnde der
ſeelen wider GOtt kan niemand recht ſtraffen/
dann das geſetz GOttes im hertzen. Goͤttliche
ſtraffe kommt aus dem lichte des himmels/
macht den verdeckten gleißneriſchen geiſt offen-
bahr/ daß er ſich nicht mehr verbergen kan.

Cap. 27.

Die ſich ſelbſt rechtfertigende bedeckte boß-
[Spaltenumbruch] heit genau im hertzen warzunehmen: Keine ſuͤn-
de ſcheidet den menſchen mehr von GOtt als
dieſe. Sollen ſtaͤts bitten/ daß uns GOtt
von der blindheit erloͤſen wolle/ damit wir die
boͤſe eigenſinnigkeit nicht fuͤr gut vertheidigen.
Geiſt/ der im hertzen des lebens auffſtehet und
die Lehre des Gottſeligen lebens in CHriſto
nicht mitbringt/ ſoll man nicht einnehmen. 2.
Joh. 1. v. 10. Ohne bey ſich habenden GOt-
tes unpartheyiſchen gerechten weſens kan die
ſeele dieſe geiſter nicht unterſcheiden. Keñzei-
chen der him̃liſchen und irꝛdiſchen geiſter im
hertzen. Wie die ſeele von irꝛdiſchen geiſtern
verſu cht/ und durch die luͤſte ein dienſt-hauß des
teuffels werde. Bande des teuffels ſind alle
laſter. Verlaſſung der ſeelen des gerechten
weſens GOttes in ſeiner regierung eine urſach
all ihres verderbens. Wie die ſeele mit Salo-
mon 2. Chron. 6. 20. ſtaͤts bitten ſolle/ daß
er ſie (als GOttes tempel) fuͤr der unreinig-
keit des irꝛdiſchen weſens bewahren und ſie ſeg-
nen wolle. Werden geruffen/ GOtt ein geiſt-
lich weſentlich hauß/ das ewig im himmel blei-
ben moͤge/ in der ſeele zu bauen. 1. Pet. 2. v. 5.
2. Cor. 5. 1. 2. Jm hauſe GOttes keine un-
reinigkeit.

Cap. 28.

Wunſch des Auctoris, daß die Goͤttliche
gerechtigkeit innerlich in der ſeel und aͤuſſerlich
uͤber den leib regieren moͤchte! Ungerechte koͤn-
nen keine Goͤttliche ſtraffe thun. Daß ohne
erkantnuß ſich niemand bekehren koͤnne;
begierde und luſt die haupt ſuͤnde. Erkaͤntniß
der ſtraffe des geſetzes GOttes uͤber die ſeele
treibt zur buſſe und beſſerung/ durch dieſe em-
pfaͤhet man krafft von GOtt ſeine boßheit zu
verlaſſen. GOtt zu bitten/ daß er das geſetz
ſeines geiſtes wider die Heidniſche verwuͤſtete
boßheit im hertzen der menſchen bekanntma-
chen wolle zu ihrer bekehrung. Wie die himm-
liſchefreude unbeſchreiblich/ ſo auch die verdam̃-
niß fuͤr eine kurtze wolluſt. Die ewige pein
ohne troſt/ die ewige freude ohne ſorge. Un-
terſcheid zwiſchen den himmliſchen und irꝛdi-
ſchen erlernt man nicht durch die vernunfft/
ſonderm unterm gehorſam des Chriſtlichen we-
ſens in der verleugnung ſein ſelbſt.

Cap. 29.

Daß man in ſeinem weſen genau auff dieſen
unterſcheid ſolle mercken/ um mit dem luſte des
lebens vom boͤſen weſen zu weichen/ und zum
guten weſen GOttes einzukehren. Wie die
gerechtigkeit GOttes/ nachdem die Gottſelig-
keit/ durch die gedult CHriſti/ ihre zeit im tode
gehabt/ die einfaͤltige tugend und liebe CHri-
ſti/ aus dem tode/ darein ſie vom gottloſen we-
ſen gebracht iſt/ erloͤſen muß. (Pſalm. 119.
v. 175. Dein gericht wird mir helffen) Daß
man weder GOtt noch den menſchen nichts
thun ſolle/ dann was man ſelbſt begehret wie-
der zu empfangen. Nemlich tugend und ge-
rechtigkeit zu geben und empfangen zur uͤber-
bleibnuß des lebens: Dann im gerechten gerich-
te wird nichts uͤberbleiben/ als die einfaͤltige le-
bendige tugend GOttes. Wer dieſe von ſich
geben ſolle/ muß ſie erſt weſentlich von GOtt
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ſich zu GOtt bekehren/ ſeinen willen zu thun/
und die tugend aus gnaden empfangen. Soll

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A. K. H. Vierter Theil. Sss
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[505/0813] Th. IV. Sect. III. Num. IX. Jnhalt der ſchrifften Hiels. ders nicht/ dann durch den tod loß werden mag. Daß die ſeele des todes bitterkeit ſcheue und nicht dran will. Aus furcht der verdammniß laͤſt ſie ſich wol zu menſchlichen meynungen be- wegen/ aber ihres irꝛdiſchen lebens um GOt- tes willen zu ſterben gehets hart her/ weil ſie die Goͤttliche freude nicht kennet. Exempel des juͤnglings Luc. 18. v. 22. der alles ver- kauffen und den armen geben ſolte/ wann er vollkommen ſeyn wolte. Die irꝛdiſche ſeele kan allen menſchlichen geſetzen/ (dann was man unterm gebot thut/ geſchicht unter der eigen- ſchafft) ſich unterwerffen/ um daß ſie die ei- genſchafft behalten moͤge; ſo aber die freywe- ſentliche GOttheit ihre eigenſchafft in allem ſie zu verlaſſen heiſt/ wo ſie der Gottheittheilhaff- tig werden wolle/ erſeufftzet ſie und gehet von ihr weg; weil ſie die klarheit der Gottheit nicht ver- tragen kan. Goͤttliche freyheit und eigenſchafft haben keine gemeinſchaft/ bringē einander alle- zeit den tod. Alle eigne leben der macht des todes unterworffen. Wer dem todedes eigenthums entfliehen will/ muß mit der eigenſchaft keine ge- meinſchafft in ihꝛem leben haben. Welches ohne huͤlffe der freyen himmliſchen wahrheit unmoͤg- lich iſt. Dieſe freymachung der ſeelen muß ſie al- lein von dem ungeeigneten himmliſchen geiſte bekommen. Cap. 26. Des himmliſchen geiſtes oder geiſtlichen CHriſti weſen/ im allerreineſten heiligſten we- ſen im himmel. Wie er oͤffters in der ſeelen er- ſcheine/ und ſie einen blick oder ſtrahl ihrer rei- nen ungeeigneten freyheit ſehen und empfinden laſſe/ daß ſie ihre eigene gefaͤngniß moͤge erken- nen/ und einen luſt bekommen/ aus derſelben auszubrechen. Diß macht die ſeele demuͤtig/ in deꝛ erniedrigung ſiehet ſie die ruhe und frieden des lebens/ und wird dadurch bewogen/ ſich in die demuth zu verſencken/ und je mehr ſie das thut/ je naͤher ſie dem reinen geiſt CHriſti koͤm̃t/ und ſo viel ſie denn empfaͤhet/ ſo viel wird ſie aus der irꝛdiſchen eigenſchafft frey. So ſich dann die ſeele mit allen ſinnen/ willen/ luͤſten/ gedancken/ und begierden in Chriſtlichen ge- horſam in die demuth ergiebt und ſich in aller eigenſchafft des fleiſches verleugnet/ kommt das freye Chriſtliche weſen und erloͤſt ſie vom eigen- thum des teuffels/ daß ſie dem weſentlichen GOtt mit demſelben dienen kan/ und der Va- ter und Sohn machen wohnung im menſchen. Joh. 14. 23. 1. Cor. 6. 19. So man durch ſein im hertzen tragend leyden von ſuͤnden auffhoͤꝛet/ iſts CHriſti leiden/ wo nicht das leiden der boͤ- ſen begierden. Pein des gottloſen geiſtes/ daß er ſeinen willen nicht vollbringen kan. Neidi- ſche eigenſinnige verfolger der Goͤttlichen na- tur/ macht der weſentliche tag des himmels of- fenbar im hertzen. Dieſe verfolgen die irꝛdiſche luͤſte und begierden zum eigenthum im fleiſche. Muͤſſen mit GOttes geſetz zur verdammniß oder ſeeligkeit geſtrafft werden. Suͤnde der ſeelen wider GOtt kan niemand recht ſtraffen/ dann das geſetz GOttes im hertzen. Goͤttliche ſtraffe kommt aus dem lichte des himmels/ macht den verdeckten gleißneriſchen geiſt offen- bahr/ daß er ſich nicht mehr verbergen kan. Cap. 27. Die ſich ſelbſt rechtfertigende bedeckte boß- heit genau im hertzen warzunehmen: Keine ſuͤn- de ſcheidet den menſchen mehr von GOtt als dieſe. Sollen ſtaͤts bitten/ daß uns GOtt von der blindheit erloͤſen wolle/ damit wir die boͤſe eigenſinnigkeit nicht fuͤr gut vertheidigen. Geiſt/ der im hertzen des lebens auffſtehet und die Lehre des Gottſeligen lebens in CHriſto nicht mitbringt/ ſoll man nicht einnehmen. 2. Joh. 1. v. 10. Ohne bey ſich habenden GOt- tes unpartheyiſchen gerechten weſens kan die ſeele dieſe geiſter nicht unterſcheiden. Keñzei- chen der him̃liſchen und irꝛdiſchen geiſter im hertzen. Wie die ſeele von irꝛdiſchen geiſtern verſu cht/ und durch die luͤſte ein dienſt-hauß des teuffels werde. Bande des teuffels ſind alle laſter. Verlaſſung der ſeelen des gerechten weſens GOttes in ſeiner regierung eine urſach all ihres verderbens. Wie die ſeele mit Salo- mon 2. Chron. 6. 20. ſtaͤts bitten ſolle/ daß er ſie (als GOttes tempel) fuͤr der unreinig- keit des irꝛdiſchen weſens bewahren und ſie ſeg- nen wolle. Werden geruffen/ GOtt ein geiſt- lich weſentlich hauß/ das ewig im himmel blei- ben moͤge/ in der ſeele zu bauen. 1. Pet. 2. v. 5. 2. Cor. 5. 1. 2. Jm hauſe GOttes keine un- reinigkeit. Cap. 28. Wunſch des Auctoris, daß die Goͤttliche gerechtigkeit innerlich in der ſeel und aͤuſſerlich uͤber den leib regieren moͤchte! Ungerechte koͤn- nen keine Goͤttliche ſtraffe thun. Daß ohne erkantnuß ſich niemand bekehren koͤnne; begierde und luſt die haupt ſuͤnde. Erkaͤntniß der ſtraffe des geſetzes GOttes uͤber die ſeele treibt zur buſſe und beſſerung/ durch dieſe em- pfaͤhet man krafft von GOtt ſeine boßheit zu verlaſſen. GOtt zu bitten/ daß er das geſetz ſeines geiſtes wider die Heidniſche verwuͤſtete boßheit im hertzen der menſchen bekanntma- chen wolle zu ihrer bekehrung. Wie die himm- liſchefreude unbeſchreiblich/ ſo auch die verdam̃- niß fuͤr eine kurtze wolluſt. Die ewige pein ohne troſt/ die ewige freude ohne ſorge. Un- terſcheid zwiſchen den himmliſchen und irꝛdi- ſchen erlernt man nicht durch die vernunfft/ ſonderm unterm gehorſam des Chriſtlichen we- ſens in der verleugnung ſein ſelbſt. Cap. 29. Daß man in ſeinem weſen genau auff dieſen unterſcheid ſolle mercken/ um mit dem luſte des lebens vom boͤſen weſen zu weichen/ und zum guten weſen GOttes einzukehren. Wie die gerechtigkeit GOttes/ nachdem die Gottſelig- keit/ durch die gedult CHriſti/ ihre zeit im tode gehabt/ die einfaͤltige tugend und liebe CHri- ſti/ aus dem tode/ darein ſie vom gottloſen we- ſen gebracht iſt/ erloͤſen muß. (Pſalm. 119. v. 175. Dein gericht wird mir helffen) Daß man weder GOtt noch den menſchen nichts thun ſolle/ dann was man ſelbſt begehret wie- der zu empfangen. Nemlich tugend und ge- rechtigkeit zu geben und empfangen zur uͤber- bleibnuß des lebens: Dann im gerechten gerich- te wird nichts uͤberbleiben/ als die einfaͤltige le- bendige tugend GOttes. Wer dieſe von ſich geben ſolle/ muß ſie erſt weſentlich von GOtt empfangen. Soll er ſie empfangen/ muß er ſich zu GOtt bekehren/ ſeinen willen zu thun/ und die tugend aus gnaden empfangen. Soll er ſich A. K. H. Vierter Theil. Sss

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/813>, abgerufen am 20.11.2024.