Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.Th. IV. Sect. II. Num. XXXV. David Joris vertheidigung. [Spaltenumbruch]
NB. wahr/ daß das gesetze unser zuchtmeisterist gewesen biß auff Christum? so ist es auch wahr/ daß CHristus uns wolle führen zu dem Geiste der warheit/ welchen er zugesaget hat zu senden/ daß derselbe den menschen in alle warheit leyten solle; Dann dieser Geist wird den wenigsten bekannt/ weil er der welt un- sichtbar ist/ und inwendig und nicht außwen- dig muß gesucht werden. Man bleibet lie- ber bey dem tröster und dem leiter/ als bey dem CHristo nach dem fleische/ welches nicht bestehen wird/ dann solche erkäntnis muß noch auffhören/ und die rechte innerli- che erkäntnis im Geiste und warheit hervor kommen; Dann so lange der vorhang/ welcher das fleisch Christi ist/ wie Paulus meldet Hebräer cap. 10. vers. 20. nicht weg- gethan wird/ so kan man das allerheiligste nicht sehen/ noch das unbewegliche reich ü- berkommen/ Hebr. cap. 13. vers. 27. Dar- um wol deme/ der mit Paulo 2. Corinthier cap. 5. so weit gekommen ist/ daß er sagen mag: Von nun an kennen wir niemand nach dem fleische/ und ob wir zwar CHri- stum gekennt haben nach dem fleische/ so ken- nen wir ihn doch nun nicht mehr etc. Wo nun diese erneuerung deß hertzens ist/ da sind alle dinge in ein warhafftig wesen verändert/ und der Geist CHristi nach der zusage Chri- sti überkommen/ das Neue Testament befe- stiget und auffgerichtet/ und alles buchstäb- liche wesen durch das neue geistliche vergan- gen; Ja/ welches noch mehr ist/ so wird alsdann der anfang des Christenthums zu ei- ner vollkommenheit gebracht/ 1. an die Corin- thier cap. 13. Hebr. cap. 6. vers. 1. Und weil CHristus in den tagen seines fleischs seinen Jüngern noch nicht alles offenbahren moch- te/ weil sie es noch nicht ertragen könten/ so verhieß er ihnen einen andern tröster zu sen- den/ sagend deutlich Joh. cap. 16. Wann ich nicht hingehe/ so kommt der tröster nicht zu euch. Daraus wird klärlich angemercket/ daß die vollkommene erkänntnis ihnen da- mals noch nicht gegeben ware. Warum soll dann der fromme David nicht mögen schrei- ben das jenige/ was der Apostel selbst gezeiget 1. an die Corinthier cap. 13. Daß die prophe- zeyungen auffhören sollen/ daß die zungen auffhören sollen etc. Nehmet ihr diß so übel auff/ daß ihr das zu einer auffmunterung in euerem Christenthum von diesem frommen manne an- nehmen sollet/ auff daß ihr zum wachsthum im Christenthum je mehr und mehr möget gebracht werden durch den Geist der warheit und deß verstandes? Oder seyd ihr schon vollkommener als Paulus? der selbst gestun- de/ daß er damals noch unvollkommen wäre/ wie er auch noch klärer bezeuget Philipp. c. 3. was kan wohl deutlicher seyn? Wolt ihr weitere nachricht/ so leset deß mannes schriff- ten mit unpartheyischem gemüthe/ besehet/ was er schreibet in seinem wunder-buche; Leset es nach anleitung der vorrede. Jtem das buch von der Schöpffung/ darinnen be- griffen ist ein gespräche zwischen GOTTES Geiste und dem verlohrnen menschen. Jtem das gespräche zwischen GOttes-Gelehrten und Sophist-Gelehrten/ darinn euch der grund der warheit deutlich gnug gezeiget wird. [Spaltenumbruch] Nun es muß so lange verschlossen und versie- gelt werden/ biß die heilige Gemeine gesäu- bert/ euch die augen eröffnet/ die decke der blindheit von euerm hertzen weggenommen seye; alsdann solt ihr erst sehen/ was ihr gelästert und wiedersprochen habt. Doch ich muß euch hier noch einige texte (die ihr bekennet zu glauben) zu weiterm nachdencken vorhalten. Jst es nun/ daß ihr sie achtet/ wohlan/ so last euch weisen! Nemlich/ Hebräer cap. 7. v. 15. 16. 17. 18. 19. 1. Corinth. cap. 13. vers. 10. Hebr. cap. 6. vers. 1. Folget die beschuldigung deß zweyten Artickuls. Jtem er saget/ daß er der wahre CHristus Antwort. Daß der fromme David Joris irgendswo get/ A. K. H. Vierter Theil. J i 2
Th. IV. Sect. II. Num. XXXV. David Joris vertheidigung. [Spaltenumbruch]
NB. wahr/ daß das geſetze unſer zuchtmeiſteriſt geweſen biß auff Chriſtum? ſo iſt es auch wahr/ daß CHriſtus uns wolle fuͤhren zu dem Geiſte der warheit/ welchen er zugeſaget hat zu ſenden/ daß derſelbe den menſchen in alle warheit leyten ſolle; Dann dieſer Geiſt wird den wenigſten bekannt/ weil er der welt un- ſichtbar iſt/ und inwendig und nicht außwen- dig muß geſucht werden. Man bleibet lie- ber bey dem troͤſter und dem leiter/ als bey dem CHriſto nach dem fleiſche/ welches nicht beſtehen wird/ dann ſolche erkaͤntnis muß noch auffhoͤren/ und die rechte innerli- che erkaͤntnis im Geiſte und warheit hervor kommen; Dann ſo lange der vorhang/ welcher das fleiſch Chriſti iſt/ wie Paulus meldet Hebraͤer cap. 10. verſ. 20. nicht weg- gethan wird/ ſo kan man das allerheiligſte nicht ſehen/ noch das unbewegliche reich uͤ- berkommen/ Hebr. cap. 13. verſ. 27. Dar- um wol deme/ der mit Paulo 2. Corinthier cap. 5. ſo weit gekommen iſt/ daß er ſagen mag: Von nun an kennen wir niemand nach dem fleiſche/ und ob wir zwar CHri- ſtum gekennt haben nach dem fleiſche/ ſo ken- nen wir ihn doch nun nicht mehr ꝛc. Wo nun dieſe erneuerung deß hertzens iſt/ da ſind alle dinge in ein warhafftig weſen veraͤndert/ und der Geiſt CHriſti nach der zuſage Chri- ſti uͤberkommen/ das Neue Teſtament befe- ſtiget und auffgerichtet/ und alles buchſtaͤb- liche weſen durch das neue geiſtliche vergan- gen; Ja/ welches noch mehr iſt/ ſo wird alsdann der anfang des Chriſtenthums zu ei- ner vollkommenheit gebracht/ 1. an die Corin- thier cap. 13. Hebr. cap. 6. verſ. 1. Und weil CHriſtus in den tagen ſeines fleiſchs ſeinen Juͤngern noch nicht alles offenbahren moch- te/ weil ſie es noch nicht ertragen koͤnten/ ſo verhieß er ihnen einen andern troͤſter zu ſen- den/ ſagend deutlich Joh. cap. 16. Wann ich nicht hingehe/ ſo kommt der troͤſter nicht zu euch. Daraus wird klaͤrlich angemercket/ daß die vollkommene erkaͤnntnis ihnen da- mals noch nicht gegeben ware. Warum ſoll dann der fromme David nicht moͤgen ſchrei- ben das jenige/ was der Apoſtel ſelbſt gezeiget 1. an die Corinthier cap. 13. Daß die prophe- zeyungen auffhoͤren ſollen/ daß die zungen auffhoͤren ſollen ꝛc. Nehmet ihr diß ſo uͤbel auff/ daß ihr das zu einer auffmunterung in euerem Chriſtenthum von dieſem frommen manne an- nehmen ſollet/ auff daß ihr zum wachsthum im Chriſtenthum je mehr und mehr moͤget gebracht werden durch den Geiſt der warheit und deß verſtandes? Oder ſeyd ihr ſchon vollkommener als Paulus? der ſelbſt geſtun- de/ daß er damals noch unvollkommen waͤre/ wie er auch noch klaͤrer bezeuget Philipp. c. 3. was kan wohl deutlicher ſeyn? Wolt ihr weitere nachricht/ ſo leſet deß mannes ſchriff- ten mit unpartheyiſchem gemuͤthe/ beſehet/ was er ſchreibet in ſeinem wunder-buche; Leſet es nach anleitung der vorrede. Jtem das buch von der Schoͤpffung/ darinnen be- griffen iſt ein geſpraͤche zwiſchen GOTTES Geiſte und dem verlohrnen menſchen. Jtem das geſpraͤche zwiſchen GOttes-Gelehrten und Sophiſt-Gelehrten/ darinn euch der grund der warheit deutlich gnug gezeiget wird. [Spaltenumbruch] Nun es muß ſo lange verſchloſſen und verſie- gelt werden/ biß die heilige Gemeine geſaͤu- bert/ euch die augen eroͤffnet/ die decke der blindheit von euerm hertzen weggenommen ſeye; alsdann ſolt ihr erſt ſehen/ was ihr gelaͤſtert und wiederſprochen habt. Doch ich muß euch hier noch einige texte (die ihr bekennet zu glauben) zu weiterm nachdencken vorhalten. Jſt es nun/ daß ihr ſie achtet/ wohlan/ ſo laſt euch weiſen! Nemlich/ Hebraͤer cap. 7. v. 15. 16. 17. 18. 19. 1. Corinth. cap. 13. verſ. 10. Hebr. cap. 6. verſ. 1. Folget die beſchuldigung deß zweyten Artickuls. Jtem er ſaget/ daß er der wahre CHriſtus Antwort. Daß der fromme David Joris irgendswo get/ A. K. H. Vierter Theil. J i 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0547" n="251"/><fw place="top" type="header">Th. <hi rendition="#aq">IV. Sect. II. Num. XXXV.</hi> David Joris vertheidigung.</fw><lb/><cb/><hi rendition="#aq">NB.</hi> wahr/ daß das geſetze unſer zuchtmeiſter<lb/> iſt geweſen biß auff Chriſtum? ſo iſt es auch<lb/> wahr/ daß CHriſtus uns wolle fuͤhren zu dem<lb/> Geiſte der warheit/ welchen er zugeſaget hat<lb/> zu ſenden/ daß derſelbe den menſchen in alle<lb/> warheit leyten ſolle; Dann dieſer Geiſt wird<lb/> den wenigſten bekannt/ weil er der welt un-<lb/> ſichtbar iſt/ und inwendig und nicht außwen-<lb/> dig muß geſucht werden. Man bleibet lie-<lb/> ber bey dem troͤſter und dem leiter/ als bey<lb/> dem CHriſto nach dem fleiſche/ welches<lb/> nicht beſtehen wird/ dann ſolche erkaͤntnis<lb/> muß noch auffhoͤren/ und die rechte innerli-<lb/> che erkaͤntnis im Geiſte und warheit hervor<lb/> kommen; Dann ſo lange der vorhang/<lb/> welcher das fleiſch Chriſti iſt/ wie Paulus<lb/> meldet Hebraͤer cap. 10. verſ. 20. nicht weg-<lb/> gethan wird/ ſo kan man das allerheiligſte<lb/> nicht ſehen/ noch das unbewegliche reich uͤ-<lb/> berkommen/ Hebr. cap. 13. verſ. 27. Dar-<lb/> um wol deme/ der mit Paulo 2. Corinthier<lb/> cap. 5. ſo weit gekommen iſt/ daß er ſagen<lb/> mag: Von nun an kennen wir niemand<lb/> nach dem fleiſche/ und ob wir zwar CHri-<lb/> ſtum gekennt haben nach dem fleiſche/ ſo ken-<lb/> nen wir ihn doch nun nicht mehr ꝛc. Wo<lb/> nun dieſe erneuerung deß hertzens iſt/ da ſind<lb/> alle dinge in ein warhafftig weſen veraͤndert/<lb/> und der Geiſt CHriſti nach der zuſage Chri-<lb/> ſti uͤberkommen/ das Neue Teſtament befe-<lb/> ſtiget und auffgerichtet/ und alles buchſtaͤb-<lb/> liche weſen durch das neue geiſtliche vergan-<lb/> gen; Ja/ welches noch mehr iſt/ ſo wird<lb/> alsdann der anfang des Chriſtenthums zu ei-<lb/> ner vollkommenheit gebracht/ 1. an die Corin-<lb/> thier cap. 13. Hebr. cap. 6. verſ. 1. Und weil<lb/> CHriſtus in den tagen ſeines fleiſchs ſeinen<lb/> Juͤngern noch nicht alles offenbahren moch-<lb/> te/ weil ſie es noch nicht ertragen koͤnten/ ſo<lb/> verhieß er ihnen einen andern troͤſter zu ſen-<lb/> den/ ſagend deutlich Joh. cap. 16. Wann<lb/> ich nicht hingehe/ ſo kommt der troͤſter nicht<lb/> zu euch. Daraus wird klaͤrlich angemercket/<lb/> daß die vollkommene erkaͤnntnis ihnen da-<lb/> mals noch nicht gegeben ware. Warum ſoll<lb/> dann der fromme David nicht moͤgen ſchrei-<lb/> ben das jenige/ was der Apoſtel ſelbſt gezeiget<lb/> 1. an die Corinthier cap. 13. Daß die prophe-<lb/> zeyungen auffhoͤren ſollen/ daß die zungen<lb/> auffhoͤren ſollen ꝛc. Nehmet ihr diß ſo uͤbel auff/<lb/> daß ihr das zu einer auffmunterung in euerem<lb/> Chriſtenthum von dieſem frommen manne an-<lb/> nehmen ſollet/ auff daß ihr zum wachsthum<lb/> im Chriſtenthum je mehr und mehr moͤget<lb/> gebracht werden durch den Geiſt der warheit<lb/> und deß verſtandes? Oder ſeyd ihr ſchon<lb/> vollkommener als Paulus? der ſelbſt geſtun-<lb/> de/ daß er damals noch unvollkommen waͤre/<lb/> wie er auch noch klaͤrer bezeuget Philipp. c. 3.<lb/> was kan wohl deutlicher ſeyn? Wolt ihr<lb/> weitere nachricht/ ſo leſet deß mannes ſchriff-<lb/> ten mit unpartheyiſchem gemuͤthe/ beſehet/<lb/> was er ſchreibet in <hi rendition="#fr">ſeinem wunder-buche;</hi><lb/> Leſet es nach anleitung der vorrede. Jtem<lb/> das buch von der Schoͤpffung/ darinnen be-<lb/> griffen iſt ein geſpraͤche zwiſchen <hi rendition="#g">GOTTES</hi><lb/> Geiſte und dem verlohrnen menſchen. Jtem<lb/> das geſpraͤche zwiſchen GOttes-Gelehrten<lb/> und Sophiſt-Gelehrten/ darinn euch der<lb/> grund der warheit deutlich gnug gezeiget wird.<lb/><cb/> Nun es muß ſo lange verſchloſſen und verſie-<lb/> gelt werden/ biß die heilige Gemeine geſaͤu-<lb/> bert/ euch die augen eroͤffnet/ die decke der<lb/> blindheit von euerm hertzen weggenommen<lb/> ſeye; alsdann ſolt ihr erſt ſehen/ was ihr<lb/> gelaͤſtert und wiederſprochen habt. Doch ich<lb/> muß euch hier noch einige texte (die ihr bekennet<lb/> zu glauben) zu weiterm nachdencken vorhalten.<lb/> Jſt es nun/ daß ihr ſie achtet/ wohlan/ ſo<lb/> laſt euch weiſen! Nemlich/ Hebraͤer cap. 7.<lb/> v. 15. 16. 17. 18. 19. 1. Corinth. cap. 13. verſ.<lb/> 10. Hebr. cap. 6. verſ. 1.</p> </div> </div><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Folget die beſchuldigung deß<lb/> zweyten Artickuls.</hi> </head><lb/> <p>Jtem er ſaget/ daß er der wahre CHriſtus<lb/> und Meſſias/ der liebe Sohn deß Vaters ſeye/<lb/> an welchem er wohlgefallen habe; nicht<lb/> auß dem fleiſche gebohren/ ſondern aus dem<lb/> Heiligen Geiſte/ und dem Geiſte CHriſti;<lb/> welcher Geiſt CHriſti/ da er ſich nicht mehr<lb/> auff erden ſehen laſſen/ ſeye von dem Vater an<lb/> einem orte allen Heiligen verborgen geblie-<lb/> ben/ biß auff dieſe zeit/ da er dem David Georg<lb/> gantz ſeye mitgetheilet worden.</p><lb/> <div n="5"> <head>Antwort.</head><lb/> <p>Daß der fromme David Joris irgendswo<lb/> ſagen oder ſchreiben ſolte/ daß er der wahre<lb/> Meſſias/ der Sohn deß Vaters ſeye/ iſt offent-<lb/> lich gelogen. Jhr habt das nirgends in ſeinen<lb/> ſchrifften geſehen noch geleſen/ aber wohl das<lb/> gegentheil. Leſet doch den <hi rendition="#aq">Tractat</hi> von ſeiner<lb/> ſendung/ im anfang: <hi rendition="#fr">Dann ich eintzig und<lb/> allein von GOTT ꝛc.</hi> und die andere ſtuͤcken<lb/> mehr/ ihr ſolt dann wohl anderſt darvon ur-<lb/> theilen. Jtem leſet das <hi rendition="#aq">Tract</hi>aͤtgen/ außgege-<lb/> ben anno 1542. anfangs: <hi rendition="#fr">Eine ſehr gute<lb/> vermahnung und unterweiſung vor alle<lb/> gottsfoͤrchtige und glaubige ſeelen ꝛc.</hi> J-<lb/> tem/ <hi rendition="#fr">Diß iſt der weg/ denſelbigen gehet.</hi><lb/> Beſehet da/ was David von ſich ſelber haͤlt/<lb/> und wie er von dem verſprochenen wahren<lb/> Chriſto und Meſſia ſpricht; Diß ſind ſeine<lb/> worte: Wer dann von der geſalbten art Da-<lb/> vids nicht iſt/ Chriſti Geiſt nicht hat/ der gehoͤ-<lb/> ret <hi rendition="#g">GOTT</hi> nicht zu/ iſt auch nicht von ſeiner<lb/> Gemeine. Nicht David Joris ſohn gemei-<lb/> net nach dem fleiſche/ der als andere menſchen<lb/> in ſuͤnden empfangen und gebohren/ der die<lb/> gnade <hi rendition="#g">GOTTES</hi> ſo wol als ein anderer von-<lb/> noͤthen hat; Sondern den verſprochenen Da-<lb/> vid <hi rendition="#g">GOTTES</hi> Sohn/ der von dem Geiſte<lb/> im worte deß lebendigen <hi rendition="#g">GOTTES</hi> geboh-<lb/> ren/ eine pflantze der gerechtigkeit/ ein Sohn<lb/> deß allerheiligſten glaubens iſt/ der neue menſch<lb/> von dem himmel/ den David Joris ſohn ſo<lb/> wohl als ein anderer empfangen. Sehet/ diß<lb/> ſind andere worte/ die wider euch klingen/ und<lb/> ſich ſelbſt außlegen/ ſo daß man ſie auff keinen<lb/> andern ſinn deuten oder ziehen kan/ es waͤre<lb/> dann/ daß man es muthwillig thun wolte. O-<lb/> der meynet ihr/ daß der fromme David alleine<lb/> iſt außgeſchloſſen/ daß er den Geiſt GOttes<lb/> und CHriſti nicht ſo wohl als ein anderer em-<lb/> pfangen moͤge/ durch welchen Geiſt man rufft:<lb/> Abba/ lieber Vater/ und zu einem kind <hi rendition="#g">GOT-<lb/> TES</hi> von <hi rendition="#g">GOTT</hi> gebohren wird. Sa-<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">A. K. H. Vierter Theil.</hi> J i 2</fw><fw place="bottom" type="catch">get/</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [251/0547]
Th. IV. Sect. II. Num. XXXV. David Joris vertheidigung.
NB. wahr/ daß das geſetze unſer zuchtmeiſter
iſt geweſen biß auff Chriſtum? ſo iſt es auch
wahr/ daß CHriſtus uns wolle fuͤhren zu dem
Geiſte der warheit/ welchen er zugeſaget hat
zu ſenden/ daß derſelbe den menſchen in alle
warheit leyten ſolle; Dann dieſer Geiſt wird
den wenigſten bekannt/ weil er der welt un-
ſichtbar iſt/ und inwendig und nicht außwen-
dig muß geſucht werden. Man bleibet lie-
ber bey dem troͤſter und dem leiter/ als bey
dem CHriſto nach dem fleiſche/ welches
nicht beſtehen wird/ dann ſolche erkaͤntnis
muß noch auffhoͤren/ und die rechte innerli-
che erkaͤntnis im Geiſte und warheit hervor
kommen; Dann ſo lange der vorhang/
welcher das fleiſch Chriſti iſt/ wie Paulus
meldet Hebraͤer cap. 10. verſ. 20. nicht weg-
gethan wird/ ſo kan man das allerheiligſte
nicht ſehen/ noch das unbewegliche reich uͤ-
berkommen/ Hebr. cap. 13. verſ. 27. Dar-
um wol deme/ der mit Paulo 2. Corinthier
cap. 5. ſo weit gekommen iſt/ daß er ſagen
mag: Von nun an kennen wir niemand
nach dem fleiſche/ und ob wir zwar CHri-
ſtum gekennt haben nach dem fleiſche/ ſo ken-
nen wir ihn doch nun nicht mehr ꝛc. Wo
nun dieſe erneuerung deß hertzens iſt/ da ſind
alle dinge in ein warhafftig weſen veraͤndert/
und der Geiſt CHriſti nach der zuſage Chri-
ſti uͤberkommen/ das Neue Teſtament befe-
ſtiget und auffgerichtet/ und alles buchſtaͤb-
liche weſen durch das neue geiſtliche vergan-
gen; Ja/ welches noch mehr iſt/ ſo wird
alsdann der anfang des Chriſtenthums zu ei-
ner vollkommenheit gebracht/ 1. an die Corin-
thier cap. 13. Hebr. cap. 6. verſ. 1. Und weil
CHriſtus in den tagen ſeines fleiſchs ſeinen
Juͤngern noch nicht alles offenbahren moch-
te/ weil ſie es noch nicht ertragen koͤnten/ ſo
verhieß er ihnen einen andern troͤſter zu ſen-
den/ ſagend deutlich Joh. cap. 16. Wann
ich nicht hingehe/ ſo kommt der troͤſter nicht
zu euch. Daraus wird klaͤrlich angemercket/
daß die vollkommene erkaͤnntnis ihnen da-
mals noch nicht gegeben ware. Warum ſoll
dann der fromme David nicht moͤgen ſchrei-
ben das jenige/ was der Apoſtel ſelbſt gezeiget
1. an die Corinthier cap. 13. Daß die prophe-
zeyungen auffhoͤren ſollen/ daß die zungen
auffhoͤren ſollen ꝛc. Nehmet ihr diß ſo uͤbel auff/
daß ihr das zu einer auffmunterung in euerem
Chriſtenthum von dieſem frommen manne an-
nehmen ſollet/ auff daß ihr zum wachsthum
im Chriſtenthum je mehr und mehr moͤget
gebracht werden durch den Geiſt der warheit
und deß verſtandes? Oder ſeyd ihr ſchon
vollkommener als Paulus? der ſelbſt geſtun-
de/ daß er damals noch unvollkommen waͤre/
wie er auch noch klaͤrer bezeuget Philipp. c. 3.
was kan wohl deutlicher ſeyn? Wolt ihr
weitere nachricht/ ſo leſet deß mannes ſchriff-
ten mit unpartheyiſchem gemuͤthe/ beſehet/
was er ſchreibet in ſeinem wunder-buche;
Leſet es nach anleitung der vorrede. Jtem
das buch von der Schoͤpffung/ darinnen be-
griffen iſt ein geſpraͤche zwiſchen GOTTES
Geiſte und dem verlohrnen menſchen. Jtem
das geſpraͤche zwiſchen GOttes-Gelehrten
und Sophiſt-Gelehrten/ darinn euch der
grund der warheit deutlich gnug gezeiget wird.
Nun es muß ſo lange verſchloſſen und verſie-
gelt werden/ biß die heilige Gemeine geſaͤu-
bert/ euch die augen eroͤffnet/ die decke der
blindheit von euerm hertzen weggenommen
ſeye; alsdann ſolt ihr erſt ſehen/ was ihr
gelaͤſtert und wiederſprochen habt. Doch ich
muß euch hier noch einige texte (die ihr bekennet
zu glauben) zu weiterm nachdencken vorhalten.
Jſt es nun/ daß ihr ſie achtet/ wohlan/ ſo
laſt euch weiſen! Nemlich/ Hebraͤer cap. 7.
v. 15. 16. 17. 18. 19. 1. Corinth. cap. 13. verſ.
10. Hebr. cap. 6. verſ. 1.
Folget die beſchuldigung deß
zweyten Artickuls.
Jtem er ſaget/ daß er der wahre CHriſtus
und Meſſias/ der liebe Sohn deß Vaters ſeye/
an welchem er wohlgefallen habe; nicht
auß dem fleiſche gebohren/ ſondern aus dem
Heiligen Geiſte/ und dem Geiſte CHriſti;
welcher Geiſt CHriſti/ da er ſich nicht mehr
auff erden ſehen laſſen/ ſeye von dem Vater an
einem orte allen Heiligen verborgen geblie-
ben/ biß auff dieſe zeit/ da er dem David Georg
gantz ſeye mitgetheilet worden.
Antwort.
Daß der fromme David Joris irgendswo
ſagen oder ſchreiben ſolte/ daß er der wahre
Meſſias/ der Sohn deß Vaters ſeye/ iſt offent-
lich gelogen. Jhr habt das nirgends in ſeinen
ſchrifften geſehen noch geleſen/ aber wohl das
gegentheil. Leſet doch den Tractat von ſeiner
ſendung/ im anfang: Dann ich eintzig und
allein von GOTT ꝛc. und die andere ſtuͤcken
mehr/ ihr ſolt dann wohl anderſt darvon ur-
theilen. Jtem leſet das Tractaͤtgen/ außgege-
ben anno 1542. anfangs: Eine ſehr gute
vermahnung und unterweiſung vor alle
gottsfoͤrchtige und glaubige ſeelen ꝛc. J-
tem/ Diß iſt der weg/ denſelbigen gehet.
Beſehet da/ was David von ſich ſelber haͤlt/
und wie er von dem verſprochenen wahren
Chriſto und Meſſia ſpricht; Diß ſind ſeine
worte: Wer dann von der geſalbten art Da-
vids nicht iſt/ Chriſti Geiſt nicht hat/ der gehoͤ-
ret GOTT nicht zu/ iſt auch nicht von ſeiner
Gemeine. Nicht David Joris ſohn gemei-
net nach dem fleiſche/ der als andere menſchen
in ſuͤnden empfangen und gebohren/ der die
gnade GOTTES ſo wol als ein anderer von-
noͤthen hat; Sondern den verſprochenen Da-
vid GOTTES Sohn/ der von dem Geiſte
im worte deß lebendigen GOTTES geboh-
ren/ eine pflantze der gerechtigkeit/ ein Sohn
deß allerheiligſten glaubens iſt/ der neue menſch
von dem himmel/ den David Joris ſohn ſo
wohl als ein anderer empfangen. Sehet/ diß
ſind andere worte/ die wider euch klingen/ und
ſich ſelbſt außlegen/ ſo daß man ſie auff keinen
andern ſinn deuten oder ziehen kan/ es waͤre
dann/ daß man es muthwillig thun wolte. O-
der meynet ihr/ daß der fromme David alleine
iſt außgeſchloſſen/ daß er den Geiſt GOttes
und CHriſti nicht ſo wohl als ein anderer em-
pfangen moͤge/ durch welchen Geiſt man rufft:
Abba/ lieber Vater/ und zu einem kind GOT-
TES von GOTT gebohren wird. Sa-
get/
A. K. H. Vierter Theil. J i 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |