Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.Th. IV. Sect. II. Num. XXVI. Thomae Müntzers schrifften. [Spaltenumbruch]
"sehr befördern wirst/ wenn du ihm zu einem kir-"chen-dienst hilffst. Er war vor diesem ein we- "nig frech/ in dem er mit dem allerfrechesten "Luthero conversiret und gespeiset/ und ihm "auch sonst seine sachen glücklich von statten "gangen/ welches den bescheidenen menschen "leicht etwas hochmüthig hat machen können. "Nun ist er durch langwierige verfolgung/ und "erdultung allerhand schwerer zufälle so ge- "schmeidig und zahm worden/ wie auch den al- "lerchristlichsten meinungen zugethan/ daß "wir gewiß wissen/ du werdest dich über ihn ver- "wundern müssen. Du darffst dich auch nicht "befürchten/ daß er fremde lehren habe/ denn er "stimmet mit uns in allem über ein/ und lehret "eben das mit uns/ auch von der tauffe. Daß "er von Zürch weggereisset/ und dir nicht zuge- "sprochen/ da er doch etliche jahr daselbst gewe- "sen/ wird er dir eine solche ursache sagen/ aus "welcher du gnugsam erkennen wirst/ daß es nicht "aus einigem abscheu vor dir geschehen/ und "auch nicht/ daß er es mit einer gewissen parthey/ "welche sich damals hervorthun wolte/ gehal- "ten. Nun zweiffeln wir nicht/ er werde bey dir "nicht geringe zuneigung finden/ weil er nicht "nur den vertheidigern des nunmehro wider "neu auffgegangene Evangelii treulich beysteht/ "sondern auch vornemlich/ obwol nicht mit so "grosser bedachtsamkeit/ als muth den grund al- "les aberglaubens/ nemlich den irrthum vom "Abendmahl zu bestreiten angefangen hat; Und "eben deswegen hat er bißhero solche dinge/ und "zwar von seinen brüdern/ welches ihn am mei- "sten kräncket/ leiden müssen/ welche mit wor- "ten nicht gnugsam können ausgedrucket wer- "den. Gewiß/ so wir jemanden um Christi wil- "len freundlich und liebreich auffnehmen sollen/ "so sind wir es ihm schuldig/ zumal zu dieser zeit/ "und weil er von so beständiger und ungeheu- "chelter Gottesfurcht ist/ durch so vieles creutz "und elend geübt/ um Christi willen fast "überall verjaget/ und der auch von denen so "hefftig angefeindet und gehasset wird/ die sonft "das ansehen haben/ als wenn sie sich am meiste "um Christum verdienet machte. Doch hievon "haben wir dir mehr als zuviel berichtet/ mas- "sen du ja die allergeringsten knechte des Christ- "lichen heeres/ geschweige einen solchen mit un- "gemeiner gütigkeit auffnimmest und ihnen be- "förderlich bist. Von dem unsinnigen wüten "der Lutheraner ist nicht nöthig dir etwas zu "schreiben/ weil es aller frommen leute vermu- "then übertrifft/ es wird von sich selbst fallen. "Der nach Lutheri willen verjagte Carl- NUM. XXVI. Thomae Müntzers schrifften. Wiewohl die schweren mißhandlungen Erstlich dieser Müntzer hat eine beschrei- Ordnung und berechnunge des Teut- schen ampts zu Alstädt durch Tho- mam Müntzer/ Seelwärtern/ in vergangnen Ostern aufgericht 1523. Gedruckt zu Eilenburg. Es ist zu wissen/ daß wir allezeit ein gantz" Zum siebenden/ auf daß wir solche hohe" alle
Th. IV. Sect. II. Num. XXVI. Thomæ Muͤntzers ſchrifften. [Spaltenumbruch]
„ſehr befoͤrdern wirſt/ weñ du ihm zu einem kir-„chen-dienſt hilffſt. Er war vor dieſem ein we- „nig frech/ in dem er mit dem allerfrecheſten „Luthero converſiret und geſpeiſet/ und ihm „auch ſonſt ſeine ſachen gluͤcklich von ſtatten „gangen/ welches den beſcheidenen menſchen „leicht etwas hochmuͤthig hat machen koͤnnen. „Nun iſt er durch langwierige verfolgung/ und „erdultung allerhand ſchwerer zufaͤlle ſo ge- „ſchmeidig und zahm worden/ wie auch den al- „lerchriſtlichſten meinungen zugethan/ daß „wir gewiß wiſſen/ du werdeſt dich uͤber ihn ver- „wundern muͤſſen. Du darffſt dich auch nicht „befuͤrchten/ daß er fremde lehren habe/ denn er „ſtimmet mit uns in allem uͤber ein/ und lehret „eben das mit uns/ auch von der tauffe. Daß „er von Zuͤrch weggereiſſet/ und dir nicht zuge- „ſprochen/ da er doch etliche jahr daſelbſt gewe- „ſen/ wird er dir eine ſolche urſache ſagen/ aus „welcher du gnugſam eꝛkeñen wirſt/ daß es nicht „aus einigem abſcheu vor dir geſchehen/ und „auch nicht/ daß eꝛ es mit eineꝛ gewiſſen paꝛthey/ „welche ſich damals hervorthun wolte/ gehal- „ten. Nun zweiffeln wir nicht/ er werde bey dir „nicht geringe zuneigung finden/ weil er nicht „nur den vertheidigern des nunmehro wider „neu auffgegangenē Evangelii treulich beyſteht/ „ſondern auch vornemlich/ obwol nicht mit ſo „groſſer bedachtſamkeit/ als muth den grund al- „les aberglaubens/ nemlich den irꝛthum vom „Abendmahl zu beſtreiten angefangen hat; Und „eben deswegen hat er bißhero ſolche dinge/ und „zwar von ſeinen bruͤdern/ welches ihn am mei- „ſten kraͤncket/ leiden muͤſſen/ welche mit wor- „ten nicht gnugſam koͤnnen ausgedrucket wer- „den. Gewiß/ ſo wir jemanden um Chriſti wil- „len freundlich und liebreich auffnehmen ſollen/ „ſo ſind wir es ihm ſchuldig/ zumal zu dieſer zeit/ „und weil er von ſo beſtaͤndiger und ungeheu- „chelter Gottesfurcht iſt/ durch ſo vieles creutz „und elend geuͤbt/ um Chriſti willen faſt „uͤberall verjaget/ und der auch von denen ſo „hefftig angefeindet und gehaſſet wird/ die ſonft „das anſehen haben/ als wenn ſie ſich am meiſtē „um Chriſtum verdienet machtē. Doch hievon „haben wir dir mehr als zuviel berichtet/ maſ- „ſen du ja die allergeringſten knechte des Chriſt- „lichen heeres/ geſchweige einen ſolchen mit un- „gemeiner guͤtigkeit auffnimmeſt und ihnen be- „foͤrderlich biſt. Von dem unſinnigen wuͤten „der Lutheraner iſt nicht noͤthig dir etwas zu „ſchreiben/ weil es aller frommen leute vermu- „then uͤbertrifft/ es wird von ſich ſelbſt fallen. „Der nach Lutheri willen verjagte Carl- NUM. XXVI. Thomæ Muͤntzers ſchrifften. Wiewohl die ſchweren mißhandlungen Erſtlich dieſer Muͤntzer hat eine beſchrei- Ordnung und berechnunge des Teut- ſchen ampts zu Alſtaͤdt durch Tho- mam Muͤntzer/ Seelwaͤrtern/ in vergangnen Oſtern aufgericht 1523. Gedruckt zu Eilenburg. Es iſt zu wiſſen/ daß wir allezeit ein gantz“ Zum ſiebenden/ auf daß wir ſolche hohe“ alle
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Es dau-“<lb/> ret uns der menſch ſehr/ nur wegen der un-“<lb/> billichkeit der Lutheraner/ welche ihm erſchreck-“<lb/> liche laſter andichten/ indem ſie alle menſch-“<lb/> liche liebe/ geſchweige glauben/ von dem ſie“<lb/> doch am meiſten ruͤhmen und pralen/ aus“<lb/> den augen ſetzen; aber ſie ſuchen nichts we-“<lb/> niger zu erlangen als dieſen; es muͤſte denn“<lb/> das ein glaube heiſſen/ wenn man die un-“<lb/> ſchuldigen mit ſo boͤſen practiken beleidiget.“<lb/> Jch weiß/ was ſie von dir ohne ſcham vor-“<lb/> geben/ und was vor ſchaͤndliche ſachen <hi rendition="#aq">Lu-“<lb/> therus</hi> von uns und <hi rendition="#aq">Oecolampadio</hi> an un-“<lb/> ſern Rath geſchrieben/ welche er auch zu“<lb/> Marpurg oͤffentlich von mir verſichert hat.“<lb/> Dieſes dienet mir zu einem beweiß/ weswe-“<lb/> gen ich mich durch ihre anklage nicht bewe-“<lb/> gen laſſe.„</p> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">NUM. 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Schrifft“<lb/> der Biblien dem volck gemein werde/ ja auch“<lb/> die aberglaͤubiſchen oder geberden im ſelbigen“<lb/> hinfaͤllig werden durch ſtaͤttiges anhoͤren der“<lb/> Goͤttlichen wort/ und diß alles doch mit ſanff-“<lb/> tem und gelinden abbrechen bemeldter <hi rendition="#aq">Cere-“<lb/> moni</hi>en/ alſo gelinder werde alle frechheit/ und“<lb/> die leute mit gewoͤhnlichem Geſange in eige-“<lb/> ner ſprache geleitet werden/ wie die kinder“<lb/> mit milch erzogen/ und doch ihrer boͤſen wei-“<lb/> ſe keine ſtatt gegeben werde/ ob man wol viel“<lb/> aͤrgernis im gegentheil vortraͤgt.„</p><lb/> <p>Zum ſiebenden/ auf daß wir ſolche hohe“<lb/> maͤchtige anfechtung moͤgen gedultig tragen/“<lb/> nehmen wir die weiſe/ die JEſus Chriſtus“<lb/> der Sohn GOttes befohlen hat ſeiner Kir-“<lb/> chen zu halten/ ſeiner dabey zu gedencken/ durch“<lb/> <fw place="bottom" type="catch">alle</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0495]
Th. IV. Sect. II. Num. XXVI. Thomæ Muͤntzers ſchrifften.
„ſehr befoͤrdern wirſt/ weñ du ihm zu einem kir-
„chen-dienſt hilffſt. Er war vor dieſem ein we-
„nig frech/ in dem er mit dem allerfrecheſten
„Luthero converſiret und geſpeiſet/ und ihm
„auch ſonſt ſeine ſachen gluͤcklich von ſtatten
„gangen/ welches den beſcheidenen menſchen
„leicht etwas hochmuͤthig hat machen koͤnnen.
„Nun iſt er durch langwierige verfolgung/ und
„erdultung allerhand ſchwerer zufaͤlle ſo ge-
„ſchmeidig und zahm worden/ wie auch den al-
„lerchriſtlichſten meinungen zugethan/ daß
„wir gewiß wiſſen/ du werdeſt dich uͤber ihn ver-
„wundern muͤſſen. Du darffſt dich auch nicht
„befuͤrchten/ daß er fremde lehren habe/ denn er
„ſtimmet mit uns in allem uͤber ein/ und lehret
„eben das mit uns/ auch von der tauffe. Daß
„er von Zuͤrch weggereiſſet/ und dir nicht zuge-
„ſprochen/ da er doch etliche jahr daſelbſt gewe-
„ſen/ wird er dir eine ſolche urſache ſagen/ aus
„welcher du gnugſam eꝛkeñen wirſt/ daß es nicht
„aus einigem abſcheu vor dir geſchehen/ und
„auch nicht/ daß eꝛ es mit eineꝛ gewiſſen paꝛthey/
„welche ſich damals hervorthun wolte/ gehal-
„ten. Nun zweiffeln wir nicht/ er werde bey dir
„nicht geringe zuneigung finden/ weil er nicht
„nur den vertheidigern des nunmehro wider
„neu auffgegangenē Evangelii treulich beyſteht/
„ſondern auch vornemlich/ obwol nicht mit ſo
„groſſer bedachtſamkeit/ als muth den grund al-
„les aberglaubens/ nemlich den irꝛthum vom
„Abendmahl zu beſtreiten angefangen hat; Und
„eben deswegen hat er bißhero ſolche dinge/ und
„zwar von ſeinen bruͤdern/ welches ihn am mei-
„ſten kraͤncket/ leiden muͤſſen/ welche mit wor-
„ten nicht gnugſam koͤnnen ausgedrucket wer-
„den. Gewiß/ ſo wir jemanden um Chriſti wil-
„len freundlich und liebreich auffnehmen ſollen/
„ſo ſind wir es ihm ſchuldig/ zumal zu dieſer zeit/
„und weil er von ſo beſtaͤndiger und ungeheu-
„chelter Gottesfurcht iſt/ durch ſo vieles creutz
„und elend geuͤbt/ um Chriſti willen faſt
„uͤberall verjaget/ und der auch von denen ſo
„hefftig angefeindet und gehaſſet wird/ die ſonft
„das anſehen haben/ als wenn ſie ſich am meiſtē
„um Chriſtum verdienet machtē. Doch hievon
„haben wir dir mehr als zuviel berichtet/ maſ-
„ſen du ja die allergeringſten knechte des Chriſt-
„lichen heeres/ geſchweige einen ſolchen mit un-
„gemeiner guͤtigkeit auffnimmeſt und ihnen be-
„foͤrderlich biſt. Von dem unſinnigen wuͤten
„der Lutheraner iſt nicht noͤthig dir etwas zu
„ſchreiben/ weil es aller frommen leute vermu-
„then uͤbertrifft/ es wird von ſich ſelbſt fallen.
„Der nach Lutheri willen verjagte Carl-
„ſtadt/ weil er biß dato der wahrheit vom A-
„bendmahl zugethan iſt/ hat uns ſehr wohlge-
„fallen/ als er ſich etliche tage bey uns aufge-
„halten. Es ſcheinet/ als wenn er von harter
„natur und ſinn ſey/ jedoch von gutem ge-
„muͤth/ das mehr auf die erbauung als auf
„Secten ſiehet. So viel kan das liebe creutz
„ausrichten/ durch welches er ſeinen glauben
„ſehr geſtaͤrcket. Allhier iſt keine hoffnung/ vor
„ihn einen dienſt zu bekommen/ weil wir jetzo
„faſt nur erſt eine ſtadt inne haben; denn die
„uͤbrige herrſchafft/ welche doch ſehr gering iſt/
„haben wir ſchon verſehen. Nun iſt es ſchwer
„eine familie zu ernaͤhren/ wenn der Haußva-
„ter keine mittel hat nahrung und unterhalt
„zuſchaffen. Du wirſt nichts an ihm verlan-
gen/ als des vaterlandes art und ſitten/ wel-“
che er anzunehmen ſich wird angelegen ſeyn“
laſſen. Wenn er etwa auf einem Maͤyerho-“
fe koͤnte verpfleget werden/ ſo wuͤrde er ſein“
leben daſelbſt fein fuͤhren koͤnnen. Er nimmt“
mit wenigem und geringem vorlieb. Es dau-“
ret uns der menſch ſehr/ nur wegen der un-“
billichkeit der Lutheraner/ welche ihm erſchreck-“
liche laſter andichten/ indem ſie alle menſch-“
liche liebe/ geſchweige glauben/ von dem ſie“
doch am meiſten ruͤhmen und pralen/ aus“
den augen ſetzen; aber ſie ſuchen nichts we-“
niger zu erlangen als dieſen; es muͤſte denn“
das ein glaube heiſſen/ wenn man die un-“
ſchuldigen mit ſo boͤſen practiken beleidiget.“
Jch weiß/ was ſie von dir ohne ſcham vor-“
geben/ und was vor ſchaͤndliche ſachen Lu-“
therus von uns und Oecolampadio an un-“
ſern Rath geſchrieben/ welche er auch zu“
Marpurg oͤffentlich von mir verſichert hat.“
Dieſes dienet mir zu einem beweiß/ weswe-“
gen ich mich durch ihre anklage nicht bewe-“
gen laſſe.„
NUM. XXVI.
Thomæ Muͤntzers ſchrifften.
Wiewohl die ſchweren mißhandlungen
und Exceſſe des in der hiſtoria gnugſam be-
ſchriebenen Thomæ Muͤntzers an ſich ſelbſt un-
laͤugbar und entſetzlich ſind/ ſo moͤchte doch ein
in den wegen Gottes geuͤbter Leſer etwan
aus folgenden Schrifften deſſelben erſehen/ wie
Gottes Geiſt ihm nicht gaͤntzlich entſtanden
ſey/ daß er nicht bey ihm auch angeklopffet/
und ihn zu etwas gutes getrieben habe. Alſo/
daß er allerdings dem folgenden ſchrecklichen
fall wohl entgehen moͤgen/ wenn er des Hei-
ligen Geiſtes regierung gefolget haͤtte:
Erſtlich dieſer Muͤntzer hat eine beſchrei-
bung von ſeinen anſtalten im Kirchen-dienſt
bey ſeiner gemeine zu Alſtaͤdt heraus gegeben/
in welcher unter andern folgendes merckwuͤr-
dig ſcheinet/ von leſung der Heiligen Schrifft
und begehung des Abendmahls.
Ordnung und berechnunge des Teut-
ſchen ampts zu Alſtaͤdt durch Tho-
mam Muͤntzer/ Seelwaͤrtern/ in
vergangnen Oſtern aufgericht 1523.
Gedruckt zu Eilenburg.
Es iſt zu wiſſen/ daß wir allezeit ein gantz“
Capitel an ſtatt der Epiſtel und Evangelium“
leſen/ auf daß die ſtuͤckwerckiſche weiſe da-“
mit verworffen werde/ und daß die H. Schrifft“
der Biblien dem volck gemein werde/ ja auch“
die aberglaͤubiſchen oder geberden im ſelbigen“
hinfaͤllig werden durch ſtaͤttiges anhoͤren der“
Goͤttlichen wort/ und diß alles doch mit ſanff-“
tem und gelinden abbrechen bemeldter Cere-“
monien/ alſo gelinder werde alle frechheit/ und“
die leute mit gewoͤhnlichem Geſange in eige-“
ner ſprache geleitet werden/ wie die kinder“
mit milch erzogen/ und doch ihrer boͤſen wei-“
ſe keine ſtatt gegeben werde/ ob man wol viel“
aͤrgernis im gegentheil vortraͤgt.„
Zum ſiebenden/ auf daß wir ſolche hohe“
maͤchtige anfechtung moͤgen gedultig tragen/“
nehmen wir die weiſe/ die JEſus Chriſtus“
der Sohn GOttes befohlen hat ſeiner Kir-“
chen zu halten/ ſeiner dabey zu gedencken/ durch“
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