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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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An die Günderode.

Ach lasse doch ja nicht zur Ader, aus tausend Grün¬
den, denn (vielleicht): wenn einer nur einmal zur Ader
gelassen hat, so kann er kein Soldat mehr sein, kein
Held! man kann gar nicht wissen was so ein Eingriff
in die Natur für Verändrung im menschlichen Geist
macht, und wozu er als die Fähigkeit verlieren kann.
Ich bitte Dich, lasse nicht zur Ader, im Kloster, da,
wenn der Tag kam wo das Aderlaßmännchen im Ka¬
lender steht, ich glaub es war grad in der heißen Zeit
wie jetzt, da ließen die Nonnen alle am linken Fuß zur
Ader, da kam ein Chirurg, ich war immer im Anstau¬
nen seiner Häßlichkeit verloren, er hieß Herr Has. --
Eine alte Nonne sagte einmal, man könne in seine Pok¬
kengruben, in denen sehr viel erdiger Schmutz war, Kresse
säen, so würde er einen grünen Bart bekommen, ich
hielt also immer Kresse bereit und paßte auf die Gele¬
genheit ihm den Samen einzustreuen, und habe auch
einen Augenblick wo er über dem Warten auf die Non¬
nen eingeschlafen war, benutzt, und Du magsts glauben
oder nicht, die Kresse hatte einen sehr günstigen Boden,
sie begann mit Macht emporzuschießen, man brauchte

An die Günderode.

Ach laſſe doch ja nicht zur Ader, aus tauſend Grün¬
den, denn (vielleicht): wenn einer nur einmal zur Ader
gelaſſen hat, ſo kann er kein Soldat mehr ſein, kein
Held! man kann gar nicht wiſſen was ſo ein Eingriff
in die Natur für Verändrung im menſchlichen Geiſt
macht, und wozu er als die Fähigkeit verlieren kann.
Ich bitte Dich, laſſe nicht zur Ader, im Kloſter, da,
wenn der Tag kam wo das Aderlaßmännchen im Ka¬
lender ſteht, ich glaub es war grad in der heißen Zeit
wie jetzt, da ließen die Nonnen alle am linken Fuß zur
Ader, da kam ein Chirurg, ich war immer im Anſtau¬
nen ſeiner Häßlichkeit verloren, er hieß Herr Has. —
Eine alte Nonne ſagte einmal, man könne in ſeine Pok¬
kengruben, in denen ſehr viel erdiger Schmutz war, Kreſſe
ſäen, ſo würde er einen grünen Bart bekommen, ich
hielt alſo immer Kreſſe bereit und paßte auf die Gele¬
genheit ihm den Samen einzuſtreuen, und habe auch
einen Augenblick wo er über dem Warten auf die Non¬
nen eingeſchlafen war, benutzt, und Du magſts glauben
oder nicht, die Kreſſe hatte einen ſehr günſtigen Boden,
ſie begann mit Macht emporzuſchießen, man brauchte

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[263/0279] An die Günderode. Ach laſſe doch ja nicht zur Ader, aus tauſend Grün¬ den, denn (vielleicht): wenn einer nur einmal zur Ader gelaſſen hat, ſo kann er kein Soldat mehr ſein, kein Held! man kann gar nicht wiſſen was ſo ein Eingriff in die Natur für Verändrung im menſchlichen Geiſt macht, und wozu er als die Fähigkeit verlieren kann. Ich bitte Dich, laſſe nicht zur Ader, im Kloſter, da, wenn der Tag kam wo das Aderlaßmännchen im Ka¬ lender ſteht, ich glaub es war grad in der heißen Zeit wie jetzt, da ließen die Nonnen alle am linken Fuß zur Ader, da kam ein Chirurg, ich war immer im Anſtau¬ nen ſeiner Häßlichkeit verloren, er hieß Herr Has. — Eine alte Nonne ſagte einmal, man könne in ſeine Pok¬ kengruben, in denen ſehr viel erdiger Schmutz war, Kreſſe ſäen, ſo würde er einen grünen Bart bekommen, ich hielt alſo immer Kreſſe bereit und paßte auf die Gele¬ genheit ihm den Samen einzuſtreuen, und habe auch einen Augenblick wo er über dem Warten auf die Non¬ nen eingeſchlafen war, benutzt, und Du magſts glauben oder nicht, die Kreſſe hatte einen ſehr günſtigen Boden, ſie begann mit Macht emporzuſchießen, man brauchte

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/279>, abgerufen am 18.11.2024.