Die Hirten lagen auf der Erde Und schlummerten um Mitternacht, Da kam mit freundlicher Geberde Ein Engel in der Himmelspracht. Mit Sonnenglanz war er umgeben. Und zu den Hirten neigt er sich, Er sprach geboren ist das Leben, Euch offenbart der Himmel sich. -- Auch ich lag träumend auf der Erde, Ihr dunkler Geist war schwer auf mir, Da trat mit freundlicher Geberde Die heil'ge Poesie zu mir, In ihrem Glanz warst Du verkläret, Vertrauet mit der Geisterwelt, Den Becher hattest Du geleeret. Der Dich zu ihrem Chor gesellt. Dein Lied war eine Strahlenkrone, Die sich um Deine Stirne wand, Die Töne eine Lebenssonne Erleuchtend der Verheißung Land. Der Liebe Reich hab ich gesehen In Deiner Dichtung Abendroth; Wie Moses auf des Berges Höhen, Als ihm der Herr zu schaun gebot; Er sah das Ziel der Erdenwallen Und mochte fürder nichts mehr sehn. Wohin, wohin soll ich noch wallen, Da ich das Heilige gesehn? --
An Clemens.
Die Hirten lagen auf der Erde Und ſchlummerten um Mitternacht, Da kam mit freundlicher Geberde Ein Engel in der Himmelspracht. Mit Sonnenglanz war er umgeben. Und zu den Hirten neigt er ſich, Er ſprach geboren iſt das Leben, Euch offenbart der Himmel ſich. — Auch ich lag träumend auf der Erde, Ihr dunkler Geiſt war ſchwer auf mir, Da trat mit freundlicher Geberde Die heil’ge Poeſie zu mir, In ihrem Glanz warſt Du verkläret, Vertrauet mit der Geiſterwelt, Den Becher hatteſt Du geleeret. Der Dich zu ihrem Chor geſellt. Dein Lied war eine Strahlenkrone, Die ſich um Deine Stirne wand, Die Töne eine Lebensſonne Erleuchtend der Verheißung Land. Der Liebe Reich hab ich geſehen In Deiner Dichtung Abendroth; Wie Moſes auf des Berges Höhen, Als ihm der Herr zu ſchaun gebot; Er ſah das Ziel der Erdenwallen Und mochte fürder nichts mehr ſehn. Wohin, wohin ſoll ich noch wallen, Da ich das Heilige geſehn? —
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An Clemens.
Die Hirten lagen auf der Erde
Und ſchlummerten um Mitternacht,
Da kam mit freundlicher Geberde
Ein Engel in der Himmelspracht.
Mit Sonnenglanz war er umgeben.
Und zu den Hirten neigt er ſich,
Er ſprach geboren iſt das Leben,
Euch offenbart der Himmel ſich. —
Auch ich lag träumend auf der Erde,
Ihr dunkler Geiſt war ſchwer auf mir,
Da trat mit freundlicher Geberde
Die heil’ge Poeſie zu mir,
In ihrem Glanz warſt Du verkläret,
Vertrauet mit der Geiſterwelt,
Den Becher hatteſt Du geleeret.
Der Dich zu ihrem Chor geſellt.
Dein Lied war eine Strahlenkrone,
Die ſich um Deine Stirne wand,
Die Töne eine Lebensſonne
Erleuchtend der Verheißung Land.
Der Liebe Reich hab ich geſehen
In Deiner Dichtung Abendroth;
Wie Moſes auf des Berges Höhen,
Als ihm der Herr zu ſchaun gebot;
Er ſah das Ziel der Erdenwallen
Und mochte fürder nichts mehr ſehn.
Wohin, wohin ſoll ich noch wallen,
Da ich das Heilige geſehn? —
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/258>, abgerufen am 22.02.2025.
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