Sorg nicht um meine Gesundheit; im Dachstübchen bin ich ganz fidel; ich muß mit meinem Schatten an der Wand lachen. Drei Sätz die Trepp herauf, und die Flügel gespreizt und herunter hinter die Pappel¬ wand, wo was weißes flattert. -- Da, wo wir vorm Jahr den Spitz begraben haben, spielte der Wind im Mondschein mit einem Papier; es flog aber gleich über die Gartenwand, wie ichs haschen wollt. Mit dem gu¬ ten Spitz fürchtete ich mich nicht in der Nacht; er bellte nur als immer die Geister aus dem Weg. Der Kla¬ vierhofmann ist noch immer unser Nachbar; heut Nacht wie ich im Bett lag, da jagte er wieder wie sonst seine enharmonischen Läufe im gestreckten Galopp auf und ab; ich gab meinen Schlaf auf, und meine Sinne freudig drein, die jagten mit. -- Mit dem Verstand Musik fassen, wie die musikalischen Philister, das geht nicht, -- ich muß empfinden. -- Sinne-gewiegt von der Musik -- mich hingeben wie schlummernd, dann hab ich Gedanken, schnell -- wie die Sterne dahin fah¬ ren, oft -- am Himmel. Ich bekümmre mich als, daß
An die Günderode.
Offenbach. Mai 1805.
Sorg nicht um meine Geſundheit; im Dachſtübchen bin ich ganz fidel; ich muß mit meinem Schatten an der Wand lachen. Drei Sätz die Trepp herauf, und die Flügel geſpreizt und herunter hinter die Pappel¬ wand, wo was weißes flattert. — Da, wo wir vorm Jahr den Spitz begraben haben, ſpielte der Wind im Mondſchein mit einem Papier; es flog aber gleich über die Gartenwand, wie ichs haſchen wollt. Mit dem gu¬ ten Spitz fürchtete ich mich nicht in der Nacht; er bellte nur als immer die Geiſter aus dem Weg. Der Kla¬ vierhofmann iſt noch immer unſer Nachbar; heut Nacht wie ich im Bett lag, da jagte er wieder wie ſonſt ſeine enharmoniſchen Läufe im geſtreckten Galopp auf und ab; ich gab meinen Schlaf auf, und meine Sinne freudig drein, die jagten mit. — Mit dem Verſtand Muſik faſſen, wie die muſikaliſchen Philiſter, das geht nicht, — ich muß empfinden. — Sinne-gewiegt von der Muſik — mich hingeben wie ſchlummernd, dann hab ich Gedanken, ſchnell — wie die Sterne dahin fah¬ ren, oft — am Himmel. Ich bekümmre mich als, daß
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An die Günderode.
Offenbach. Mai 1805.
Sorg nicht um meine Geſundheit; im Dachſtübchen
bin ich ganz fidel; ich muß mit meinem Schatten an
der Wand lachen. Drei Sätz die Trepp herauf, und
die Flügel geſpreizt und herunter hinter die Pappel¬
wand, wo was weißes flattert. — Da, wo wir vorm
Jahr den Spitz begraben haben, ſpielte der Wind im
Mondſchein mit einem Papier; es flog aber gleich über
die Gartenwand, wie ichs haſchen wollt. Mit dem gu¬
ten Spitz fürchtete ich mich nicht in der Nacht; er bellte
nur als immer die Geiſter aus dem Weg. Der Kla¬
vierhofmann iſt noch immer unſer Nachbar; heut Nacht
wie ich im Bett lag, da jagte er wieder wie ſonſt ſeine
enharmoniſchen Läufe im geſtreckten Galopp auf und
ab; ich gab meinen Schlaf auf, und meine Sinne
freudig drein, die jagten mit. — Mit dem Verſtand
Muſik faſſen, wie die muſikaliſchen Philiſter, das geht
nicht, — ich muß empfinden. — Sinne-gewiegt von
der Muſik — mich hingeben wie ſchlummernd, dann
hab ich Gedanken, ſchnell — wie die Sterne dahin fah¬
ren, oft — am Himmel. Ich bekümmre mich als, daß
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/175>, abgerufen am 21.12.2024.
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