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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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ich schmachte, ruhen und schlafen in dem Bewußtsein,
daß ich dem Herrlichsten nahe bin.


An meinen Freund.

So weit hatte ich gestern geschrieben, dann ging
ich Abends spät noch in Gesellschaft, ich hatte den Vor-
satz gefaßt alles Liebliche und Tiefbedeutende was ich
mit Goethe erlebt, ihm in einem Cyclus solcher Briefe
noch einmal darzulegen; jetzt stand mir alles so klar
und deutlich vor Augen als wenn mir's eben erst wider-
fahren wäre. Meine Seele war tief bewegt von diesen
Erinnerungen und fern den Menschen wie der Mond
wenn er jenseits ist. Bei solchen Stimmungen bin ich
immer auf eine sonderbare Spitze gehoben, nämlich zum
Übermuth. -- Man war in der Gesellschaft schon von
Goethes Tode unterrichtet, ich erzählte, daß ich eben
nach Jahren zum erstenmal wieder an ihn geschrieben,
sie machten alle trübe Gesichter aber keiner theilte mir
die Nachricht mit. Nachts um ein Uhr nach Haus;die
Zeitung lag an meinem Bett, ich las die Anzeige seines
Todes, ich war allein, ich brauchte keinem Red und Ant-

ich ſchmachte, ruhen und ſchlafen in dem Bewußtſein,
daß ich dem Herrlichſten nahe bin.


An meinen Freund.

So weit hatte ich geſtern geſchrieben, dann ging
ich Abends ſpät noch in Geſellſchaft, ich hatte den Vor-
ſatz gefaßt alles Liebliche und Tiefbedeutende was ich
mit Goethe erlebt, ihm in einem Cyclus ſolcher Briefe
noch einmal darzulegen; jetzt ſtand mir alles ſo klar
und deutlich vor Augen als wenn mir's eben erſt wider-
fahren wäre. Meine Seele war tief bewegt von dieſen
Erinnerungen und fern den Menſchen wie der Mond
wenn er jenſeits iſt. Bei ſolchen Stimmungen bin ich
immer auf eine ſonderbare Spitze gehoben, nämlich zum
Übermuth. — Man war in der Geſellſchaft ſchon von
Goethes Tode unterrichtet, ich erzählte, daß ich eben
nach Jahren zum erſtenmal wieder an ihn geſchrieben,
ſie machten alle trübe Geſichter aber keiner theilte mir
die Nachricht mit. Nachts um ein Uhr nach Haus;die
Zeitung lag an meinem Bett, ich las die Anzeige ſeines
Todes, ich war allein, ich brauchte keinem Red und Ant-

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[203/0213] ich ſchmachte, ruhen und ſchlafen in dem Bewußtſein, daß ich dem Herrlichſten nahe bin. An meinen Freund. So weit hatte ich geſtern geſchrieben, dann ging ich Abends ſpät noch in Geſellſchaft, ich hatte den Vor- ſatz gefaßt alles Liebliche und Tiefbedeutende was ich mit Goethe erlebt, ihm in einem Cyclus ſolcher Briefe noch einmal darzulegen; jetzt ſtand mir alles ſo klar und deutlich vor Augen als wenn mir's eben erſt wider- fahren wäre. Meine Seele war tief bewegt von dieſen Erinnerungen und fern den Menſchen wie der Mond wenn er jenſeits iſt. Bei ſolchen Stimmungen bin ich immer auf eine ſonderbare Spitze gehoben, nämlich zum Übermuth. — Man war in der Geſellſchaft ſchon von Goethes Tode unterrichtet, ich erzählte, daß ich eben nach Jahren zum erſtenmal wieder an ihn geſchrieben, ſie machten alle trübe Geſichter aber keiner theilte mir die Nachricht mit. Nachts um ein Uhr nach Haus;die Zeitung lag an meinem Bett, ich las die Anzeige ſeines Todes, ich war allein, ich brauchte keinem Red und Ant-

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/213>, abgerufen am 21.12.2024.