stes führen zu Dir, ja sie sind durch Deine Vermittlung gebahnt.
Am frühsten Morgen auf dem Johannisberg.
Das Sonnenlicht stiehlt sich durch diese Büsche in meinen Schooß und spielt unter dem Schatten der be- wegten Blätter. Warum kam ich denn heute schon vor Tag' hier herauf? Hier, wo die Ferne sich vor mir aufthürmt, und in's Unendlich verliert.
Ja so geht es weiter und immer weiter; die Län- der steigen hinter einander am Horizont auf, und wir glauben auf Bergeshöhen an Himmelsrand zu steigen; da breiten sich fruchtbeladne Thale vor uns aus, von dunklen Hügelwänden umschlossen, und die Lämmer wei- den hier wie dort.
Und wie die Berge hinter einander aufsteigen, so die Tage, und keiner ist der letzte vor dem der eine Ewigkeit entfaltet.
Wo ist der Tag, die Stunde, die mich aufnimmt, wie ich dich, spielender Sonnenschein? -- Wiedersehn nimm mich auf! -- Du! auf meines Lebens Höhen ge- lagert, von himmelreinen Lüften umwebt, nimm mich
ſtes führen zu Dir, ja ſie ſind durch Deine Vermittlung gebahnt.
Am frühſten Morgen auf dem Johannisberg.
Das Sonnenlicht ſtiehlt ſich durch dieſe Büſche in meinen Schooß und ſpielt unter dem Schatten der be- wegten Blätter. Warum kam ich denn heute ſchon vor Tag' hier herauf? Hier, wo die Ferne ſich vor mir aufthürmt, und in's Unendlich verliert.
Ja ſo geht es weiter und immer weiter; die Län- der ſteigen hinter einander am Horizont auf, und wir glauben auf Bergeshöhen an Himmelsrand zu ſteigen; da breiten ſich fruchtbeladne Thale vor uns aus, von dunklen Hügelwänden umſchloſſen, und die Lämmer wei- den hier wie dort.
Und wie die Berge hinter einander aufſteigen, ſo die Tage, und keiner iſt der letzte vor dem der eine Ewigkeit entfaltet.
Wo iſt der Tag, die Stunde, die mich aufnimmt, wie ich dich, ſpielender Sonnenſchein? — Wiederſehn nimm mich auf! — Du! auf meines Lebens Höhen ge- lagert, von himmelreinen Lüften umwebt, nimm mich
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ſtes führen zu Dir, ja ſie ſind durch Deine Vermittlung
gebahnt.
Am frühſten Morgen auf dem Johannisberg.
Das Sonnenlicht ſtiehlt ſich durch dieſe Büſche in
meinen Schooß und ſpielt unter dem Schatten der be-
wegten Blätter. Warum kam ich denn heute ſchon vor
Tag' hier herauf? Hier, wo die Ferne ſich vor mir
aufthürmt, und in's Unendlich verliert.
Ja ſo geht es weiter und immer weiter; die Län-
der ſteigen hinter einander am Horizont auf, und wir
glauben auf Bergeshöhen an Himmelsrand zu ſteigen;
da breiten ſich fruchtbeladne Thale vor uns aus, von
dunklen Hügelwänden umſchloſſen, und die Lämmer wei-
den hier wie dort.
Und wie die Berge hinter einander aufſteigen, ſo
die Tage, und keiner iſt der letzte vor dem der eine
Ewigkeit entfaltet.
Wo iſt der Tag, die Stunde, die mich aufnimmt,
wie ich dich, ſpielender Sonnenſchein? — Wiederſehn
nimm mich auf! — Du! auf meines Lebens Höhen ge-
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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/21>, abgerufen am 22.02.2025.
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