Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
An Goethe.

Ich weiß daß Du alles was ich Dir von Dir er-
zähle nicht wirst brauchen können, ich hab in einer ein-
samen Zeit über diesen einzelnen Momenten geschwebt
wie der Thau auf den Blumen der im Sonnenschein
ihre Farben spiegelt. Noch immer seh ich Dich so ver-
herrlicht, aber mir ist's unmöglich es Dir darstellend zu
beweisen, Du bist bescheiden und wirst's auf sich beru-
hen lassen, Du wirst mir's gönnen daß deine Erschei-
nung grade mich anstrahlte, ich war die Einsame die
durch Zufall oder vielmehr durch bewußtlosen Trieb zu
deinen Füßen sich einfand. -- Es kostet mir Mühe und
ich kann nur ungenügend darlegen was so eng mit mei-
nem Herzen verbunden ist, das doch einmal in meiner
Brust wohnt, und sich nicht so ganz ablöst. -- Indessen
bedurft es nur ein Wort von Dir, daß ich diese Klein-
odien rauh und ungeglättet wie ich sie empfing wieder
in deinen ungeheueren Reichthum hereinwerfe; was in
die Stirn, die liebendes Denken geründet hat, in meinen
Blick, der mit Begeistrung auf Dich gerichtet war, in die
Lippen die von diesem Liebesgeist berührt zu Dir spra-
chen, hierdurch eingeprägt ward das kann ich nicht wie-

An Goethe.

Ich weiß daß Du alles was ich Dir von Dir er-
zähle nicht wirſt brauchen können, ich hab in einer ein-
ſamen Zeit über dieſen einzelnen Momenten geſchwebt
wie der Thau auf den Blumen der im Sonnenſchein
ihre Farben ſpiegelt. Noch immer ſeh ich Dich ſo ver-
herrlicht, aber mir iſt's unmöglich es Dir darſtellend zu
beweiſen, Du biſt beſcheiden und wirſt's auf ſich beru-
hen laſſen, Du wirſt mir's gönnen daß deine Erſchei-
nung grade mich anſtrahlte, ich war die Einſame die
durch Zufall oder vielmehr durch bewußtloſen Trieb zu
deinen Füßen ſich einfand. — Es koſtet mir Mühe und
ich kann nur ungenügend darlegen was ſo eng mit mei-
nem Herzen verbunden iſt, das doch einmal in meiner
Bruſt wohnt, und ſich nicht ſo ganz ablöſt. — Indeſſen
bedurft es nur ein Wort von Dir, daß ich dieſe Klein-
odien rauh und ungeglättet wie ich ſie empfing wieder
in deinen ungeheueren Reichthum hereinwerfe; was in
die Stirn, die liebendes Denken geründet hat, in meinen
Blick, der mit Begeiſtrung auf Dich gerichtet war, in die
Lippen die von dieſem Liebesgeiſt berührt zu Dir ſpra-
chen, hierdurch eingeprägt ward das kann ich nicht wie-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0273" n="263"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <salute>An Goethe.</salute>
          </opener><lb/>
          <p>Ich weiß daß Du alles was ich Dir von Dir er-<lb/>
zähle nicht wir&#x017F;t brauchen können, ich hab in einer ein-<lb/>
&#x017F;amen Zeit über die&#x017F;en einzelnen Momenten ge&#x017F;chwebt<lb/>
wie der Thau auf den Blumen der im Sonnen&#x017F;chein<lb/>
ihre Farben &#x017F;piegelt. Noch immer &#x017F;eh ich Dich &#x017F;o ver-<lb/>
herrlicht, aber mir i&#x017F;t's unmöglich es Dir dar&#x017F;tellend zu<lb/>
bewei&#x017F;en, Du bi&#x017F;t be&#x017F;cheiden und wir&#x017F;t's auf &#x017F;ich beru-<lb/>
hen la&#x017F;&#x017F;en, Du wir&#x017F;t mir's gönnen daß deine Er&#x017F;chei-<lb/>
nung grade <hi rendition="#g">mich</hi> an&#x017F;trahlte, ich war die Ein&#x017F;ame die<lb/>
durch Zufall oder vielmehr durch bewußtlo&#x017F;en Trieb zu<lb/>
deinen Füßen &#x017F;ich einfand. &#x2014; Es ko&#x017F;tet mir Mühe und<lb/>
ich kann nur ungenügend darlegen was &#x017F;o eng mit mei-<lb/>
nem Herzen verbunden i&#x017F;t, das doch einmal in meiner<lb/>
Bru&#x017F;t wohnt, und &#x017F;ich nicht &#x017F;o ganz ablö&#x017F;t. &#x2014; Inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
bedurft es nur ein Wort von Dir, daß ich die&#x017F;e Klein-<lb/>
odien rauh und ungeglättet wie ich &#x017F;ie empfing wieder<lb/>
in deinen ungeheueren Reichthum hereinwerfe; was in<lb/>
die Stirn, die liebendes Denken geründet hat, in meinen<lb/>
Blick, der mit Begei&#x017F;trung auf Dich gerichtet war, in die<lb/>
Lippen die von die&#x017F;em Liebesgei&#x017F;t berührt zu Dir &#x017F;pra-<lb/>
chen, hierdurch eingeprägt ward das kann ich nicht wie-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0273] An Goethe. Ich weiß daß Du alles was ich Dir von Dir er- zähle nicht wirſt brauchen können, ich hab in einer ein- ſamen Zeit über dieſen einzelnen Momenten geſchwebt wie der Thau auf den Blumen der im Sonnenſchein ihre Farben ſpiegelt. Noch immer ſeh ich Dich ſo ver- herrlicht, aber mir iſt's unmöglich es Dir darſtellend zu beweiſen, Du biſt beſcheiden und wirſt's auf ſich beru- hen laſſen, Du wirſt mir's gönnen daß deine Erſchei- nung grade mich anſtrahlte, ich war die Einſame die durch Zufall oder vielmehr durch bewußtloſen Trieb zu deinen Füßen ſich einfand. — Es koſtet mir Mühe und ich kann nur ungenügend darlegen was ſo eng mit mei- nem Herzen verbunden iſt, das doch einmal in meiner Bruſt wohnt, und ſich nicht ſo ganz ablöſt. — Indeſſen bedurft es nur ein Wort von Dir, daß ich dieſe Klein- odien rauh und ungeglättet wie ich ſie empfing wieder in deinen ungeheueren Reichthum hereinwerfe; was in die Stirn, die liebendes Denken geründet hat, in meinen Blick, der mit Begeiſtrung auf Dich gerichtet war, in die Lippen die von dieſem Liebesgeiſt berührt zu Dir ſpra- chen, hierdurch eingeprägt ward das kann ich nicht wie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/273
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/273>, abgerufen am 21.11.2024.