weise mich zurecht und gönne mir die heimliche Lust des tiefsten Einverständnisses.
Die Seele ist zum Gottesdienst geboren, daß ein Geist in dem andern entbrenne, sich in ihm fühle und verstehen lerne, das ist mir Gottesdienst -- je inniger: je reiner und lebendiger.
Wo ich mich hinlagere am grünenden Boden, von Sonne und Mond beschienen, da bist Du meine Hei- ligung.
Bettine.
Am 25. Juni.
Du wirst doch auch einmal den Rhein wieder be- suchen, den Garten deines Vaterlands, der dem ausge- wanderten die Heimath ersetzt, wo die Natur so freund- lich groß sich zeigt; -- Wie hat sie mit sympatheti- schem Geist die mächtigen Ruinen auf's neue belebt, wie steigt sie auf und ab an den düstern Mauern und be- gleitet die verödeten Räume mit schmeichelnder Begra- sung, und erzieht die wilden Rosen auf den alten War- ten und die Vogelskirsche, die aus verwitterter Mauer- luke herablacht. Ja komm' und durchwandre den mäch- tigen Bergwald vom Tempel herab zum Felsennest das über dem schäumenden Bingerloch herabsieht, die Zinnen
weiſe mich zurecht und gönne mir die heimliche Luſt des tiefſten Einverſtändniſſes.
Die Seele iſt zum Gottesdienſt geboren, daß ein Geiſt in dem andern entbrenne, ſich in ihm fühle und verſtehen lerne, das iſt mir Gottesdienſt — je inniger: je reiner und lebendiger.
Wo ich mich hinlagere am grünenden Boden, von Sonne und Mond beſchienen, da biſt Du meine Hei- ligung.
Bettine.
Am 25. Juni.
Du wirſt doch auch einmal den Rhein wieder be- ſuchen, den Garten deines Vaterlands, der dem ausge- wanderten die Heimath erſetzt, wo die Natur ſo freund- lich groß ſich zeigt; — Wie hat ſie mit ſympatheti- ſchem Geiſt die mächtigen Ruinen auf's neue belebt, wie ſteigt ſie auf und ab an den düſtern Mauern und be- gleitet die verödeten Räume mit ſchmeichelnder Begra- ſung, und erzieht die wilden Roſen auf den alten War- ten und die Vogelskirſche, die aus verwitterter Mauer- luke herablacht. Ja komm' und durchwandre den mäch- tigen Bergwald vom Tempel herab zum Felſenneſt das über dem ſchäumenden Bingerloch herabſieht, die Zinnen
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weiſe mich zurecht und gönne mir die heimliche Luſt des
tiefſten Einverſtändniſſes.
Die Seele iſt zum Gottesdienſt geboren, daß ein
Geiſt in dem andern entbrenne, ſich in ihm fühle und
verſtehen lerne, das iſt mir Gottesdienſt — je inniger:
je reiner und lebendiger.
Wo ich mich hinlagere am grünenden Boden, von
Sonne und Mond beſchienen, da biſt Du meine Hei-
ligung.
Bettine.
Am 25. Juni.
Du wirſt doch auch einmal den Rhein wieder be-
ſuchen, den Garten deines Vaterlands, der dem ausge-
wanderten die Heimath erſetzt, wo die Natur ſo freund-
lich groß ſich zeigt; — Wie hat ſie mit ſympatheti-
ſchem Geiſt die mächtigen Ruinen auf's neue belebt, wie
ſteigt ſie auf und ab an den düſtern Mauern und be-
gleitet die verödeten Räume mit ſchmeichelnder Begra-
ſung, und erzieht die wilden Roſen auf den alten War-
ten und die Vogelskirſche, die aus verwitterter Mauer-
luke herablacht. Ja komm' und durchwandre den mäch-
tigen Bergwald vom Tempel herab zum Felſenneſt das
über dem ſchäumenden Bingerloch herabſieht, die Zinnen
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/267>, abgerufen am 30.12.2024.
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