Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

schminkten Wangen, das summende Geschwätz haben
eine narkotische unwiderstehliche Wirkung auf mich.

Bettine.
An Frau von Goethe.


Erinnern Sie sich noch des Abends den wir bei
Frau von Schoppenhauer zubrachten, und man eine
Wettung machte, ich könne keine Nähnadel führen? --
Ein Beweis, daß ich damals nicht gelogen habe, ist
beikommendes Röckelein; ich hab' es so schön gemacht,
daß mein Talent für weibliche Handarbeit ohne Unge-
rechtigkeit doch nicht mehr in Zweifel gezogen werden
kann. Betrachten Sie es indessen mit Nachsicht, denn
im Stillen muß ich Ihnen bekennen, daß ich meinem
Genie beinah zu viel zugetraut habe. Wenn Sie nur
immer darin erkennen, daß ich Ihnen gern so viel Freude
machen möchte, als in meiner Gewalt steht.

August scheint sich hier zu gefallen; das Fest wel-
ches der Fürst Primas der Großmutter und dem Enkel
gab, beweist recht, wie er den Sohn ehrt. Ich will in-
dessen der Frau Rath nicht vorgreifen, die es Ihnen mit
den schönsten Farben ausmalen wird. August schwärmt

ſchminkten Wangen, das ſummende Geſchwätz haben
eine narkotiſche unwiderſtehliche Wirkung auf mich.

Bettine.
An Frau von Goethe.


Erinnern Sie ſich noch des Abends den wir bei
Frau von Schoppenhauer zubrachten, und man eine
Wettung machte, ich könne keine Nähnadel führen? —
Ein Beweis, daß ich damals nicht gelogen habe, iſt
beikommendes Röckelein; ich hab' es ſo ſchön gemacht,
daß mein Talent für weibliche Handarbeit ohne Unge-
rechtigkeit doch nicht mehr in Zweifel gezogen werden
kann. Betrachten Sie es indeſſen mit Nachſicht, denn
im Stillen muß ich Ihnen bekennen, daß ich meinem
Genie beinah zu viel zugetraut habe. Wenn Sie nur
immer darin erkennen, daß ich Ihnen gern ſo viel Freude
machen möchte, als in meiner Gewalt ſteht.

Auguſt ſcheint ſich hier zu gefallen; das Feſt wel-
ches der Fürſt Primas der Großmutter und dem Enkel
gab, beweiſt recht, wie er den Sohn ehrt. Ich will in-
deſſen der Frau Rath nicht vorgreifen, die es Ihnen mit
den ſchönſten Farben ausmalen wird. Auguſt ſchwärmt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0245" n="213"/>
&#x017F;chminkten Wangen, das &#x017F;ummende Ge&#x017F;chwätz haben<lb/>
eine narkoti&#x017F;che unwider&#x017F;tehliche Wirkung auf mich.</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Bettine.</hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <opener>
            <salute>An Frau von Goethe.</salute><lb/>
            <dateline> <hi rendition="#et">Am 7. April.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Erinnern Sie &#x017F;ich noch des Abends den wir bei<lb/>
Frau von Schoppenhauer zubrachten, und man eine<lb/>
Wettung machte, ich könne keine Nähnadel führen? &#x2014;<lb/>
Ein Beweis, daß ich damals nicht gelogen habe, i&#x017F;t<lb/>
beikommendes Röckelein; ich hab' es &#x017F;o &#x017F;chön gemacht,<lb/>
daß mein Talent für weibliche Handarbeit ohne Unge-<lb/>
rechtigkeit doch nicht mehr in Zweifel gezogen werden<lb/>
kann. Betrachten Sie es inde&#x017F;&#x017F;en mit Nach&#x017F;icht, denn<lb/>
im Stillen muß ich Ihnen bekennen, daß ich meinem<lb/>
Genie beinah zu viel zugetraut habe. Wenn Sie nur<lb/>
immer darin erkennen, daß ich Ihnen gern &#x017F;o viel Freude<lb/>
machen möchte, als in meiner Gewalt &#x017F;teht.</p><lb/>
          <p>Augu&#x017F;t &#x017F;cheint &#x017F;ich hier zu gefallen; das Fe&#x017F;t wel-<lb/>
ches der Für&#x017F;t Primas der Großmutter und dem Enkel<lb/>
gab, bewei&#x017F;t recht, wie er den Sohn ehrt. Ich will in-<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en der Frau Rath nicht vorgreifen, die es Ihnen mit<lb/>
den &#x017F;chön&#x017F;ten Farben ausmalen wird. Augu&#x017F;t &#x017F;chwärmt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0245] ſchminkten Wangen, das ſummende Geſchwätz haben eine narkotiſche unwiderſtehliche Wirkung auf mich. Bettine. An Frau von Goethe. Am 7. April. Erinnern Sie ſich noch des Abends den wir bei Frau von Schoppenhauer zubrachten, und man eine Wettung machte, ich könne keine Nähnadel führen? — Ein Beweis, daß ich damals nicht gelogen habe, iſt beikommendes Röckelein; ich hab' es ſo ſchön gemacht, daß mein Talent für weibliche Handarbeit ohne Unge- rechtigkeit doch nicht mehr in Zweifel gezogen werden kann. Betrachten Sie es indeſſen mit Nachſicht, denn im Stillen muß ich Ihnen bekennen, daß ich meinem Genie beinah zu viel zugetraut habe. Wenn Sie nur immer darin erkennen, daß ich Ihnen gern ſo viel Freude machen möchte, als in meiner Gewalt ſteht. Auguſt ſcheint ſich hier zu gefallen; das Feſt wel- ches der Fürſt Primas der Großmutter und dem Enkel gab, beweiſt recht, wie er den Sohn ehrt. Ich will in- deſſen der Frau Rath nicht vorgreifen, die es Ihnen mit den ſchönſten Farben ausmalen wird. Auguſt ſchwärmt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/245
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/245>, abgerufen am 21.12.2024.