Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.Ich hab mich gestern Abend vermessen, Das Mädchen war so hurtig und eil, Ließ den Knaben herunter am Seil, Sie meint, er wäre schon drunnen, Da lag er im kühlen Brunnen. Es stand wohl an drei viertel Jahr, Da Braußinde ein Kind gebahr; Wir wollen tauffen Hänschen den Jungen, Sein Vater ertrunken im Brunnen. Schnelle Entwickelung. (Nach dem Jenaer Codex.) Ein junger Mann nahm sich ein Weib, Holdselig und gar fein von Leib. Dem Weib er übersah gar viel, Schwieg ihr in allen Dingen still. Also gewinnt das Weib den Mann, Daß er nicht mehr zu Wein gehn kann. Muß der Gesellen auch ablassen, Darf nur mit ihr allein noch spassen, Doch einsmal seht, da gieng er aus, Kam ohngefähr vors Schenkwirthshaus. Ich hab mich geſtern Abend vermeſſen, Das Maͤdchen war ſo hurtig und eil, Ließ den Knaben herunter am Seil, Sie meint, er waͤre ſchon drunnen, Da lag er im kuͤhlen Brunnen. Es ſtand wohl an drei viertel Jahr, Da Braußinde ein Kind gebahr; Wir wollen tauffen Haͤnschen den Jungen, Sein Vater ertrunken im Brunnen. Schnelle Entwickelung. (Nach dem Jenaer Codex.) Ein junger Mann nahm ſich ein Weib, Holdſelig und gar fein von Leib. Dem Weib er uͤberſah gar viel, Schwieg ihr in allen Dingen ſtill. Alſo gewinnt das Weib den Mann, Daß er nicht mehr zu Wein gehn kann. Muß der Geſellen auch ablaſſen, Darf nur mit ihr allein noch ſpaſſen, Doch einsmal ſeht, da gieng er aus, Kam ohngefaͤhr vors Schenkwirthshaus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="6"> <pb facs="#f0154" n="144"/> <l>Ich hab mich geſtern Abend vermeſſen,</l><lb/> <l>Bin's leztemal bei dir geweſen.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Das Maͤdchen war ſo hurtig und eil,</l><lb/> <l>Ließ den Knaben herunter am Seil,</l><lb/> <l>Sie meint, er waͤre ſchon drunnen,</l><lb/> <l>Da lag er im kuͤhlen Brunnen.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Es ſtand wohl an drei viertel Jahr,</l><lb/> <l>Da Braußinde ein Kind gebahr;</l><lb/> <l>Wir wollen tauffen Haͤnschen den Jungen,</l><lb/> <l>Sein Vater ertrunken im Brunnen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Schnelle Entwickelung</hi>.</head><lb/> <p rendition="#c">(Nach dem Jenaer Codex.)</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>in junger Mann nahm ſich ein Weib,</l><lb/> <l>Holdſelig und gar fein von Leib.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dem Weib er uͤberſah gar viel,</l><lb/> <l>Schwieg ihr in allen Dingen ſtill.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Alſo gewinnt das Weib den Mann,</l><lb/> <l>Daß er nicht mehr zu Wein gehn kann.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Muß der Geſellen auch ablaſſen,</l><lb/> <l>Darf nur mit ihr allein noch ſpaſſen,</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Doch einsmal ſeht, da gieng er aus,</l><lb/> <l>Kam ohngefaͤhr vors Schenkwirthshaus.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0154]
Ich hab mich geſtern Abend vermeſſen,
Bin's leztemal bei dir geweſen.
Das Maͤdchen war ſo hurtig und eil,
Ließ den Knaben herunter am Seil,
Sie meint, er waͤre ſchon drunnen,
Da lag er im kuͤhlen Brunnen.
Es ſtand wohl an drei viertel Jahr,
Da Braußinde ein Kind gebahr;
Wir wollen tauffen Haͤnschen den Jungen,
Sein Vater ertrunken im Brunnen.
Schnelle Entwickelung.
(Nach dem Jenaer Codex.)
Ein junger Mann nahm ſich ein Weib,
Holdſelig und gar fein von Leib.
Dem Weib er uͤberſah gar viel,
Schwieg ihr in allen Dingen ſtill.
Alſo gewinnt das Weib den Mann,
Daß er nicht mehr zu Wein gehn kann.
Muß der Geſellen auch ablaſſen,
Darf nur mit ihr allein noch ſpaſſen,
Doch einsmal ſeht, da gieng er aus,
Kam ohngefaͤhr vors Schenkwirthshaus.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |