Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.Ach wenn sie das Rössel doch langsam gehn liessen. (Aus dem Bayrischen 1650-1700.) Schlimm Leut sind Studenten, man sagts überall, Obwohl sie schon kommen im Jahr nur einmal, So machens ins Dorf so viel Unruh und Mist, Daß uns die erste Woche schon weh dabey ist. Wir müssen nur sorgen auf Mariengeburt, Es wünscht auch ein jeder, daß Galli bald wird, Da kommens mit Degen und Büchsen daher, Und machen im Dorfe ein jämmerlich Gescher. Nichts ist vor ihnen sicher, kein Henne, kein Taube, Als wärens erschaffen zum Plündern und Raube, Darf ihnen kein Gans auf die Wiesen naus trauen, Studenten thun ihr gleich den Kragen weghauen. Sind Gärten mit Brettern und Riegeln umzäunt, So thun sies zerbrechen, daß die Sonne durchscheint, Sie steigen um die Aepfel, zerreissen die Bäum, Wär zufrieden, trüg jeder nur ein Tasche voll heim. Mit Feuer und Pulver sinds gar sehr gefähr, Daß oft eim sein Häusel verbrennet gar wär, Lassen pulverne Fröschle einem hupfen aufs Dach, Wenns brennet, so fragens kein Teufel danach. Hat einer beym Häusel ein wachbaren Hund, Der sonst von der Kette nicht abkommen kunt, Sie lassen ihn laufen, es wär ja nicht noth, "Potz Hagel da schießt's ja!" der Pudel ist todt. Ach wenn ſie das Roͤſſel doch langſam gehn lieſſen. (Aus dem Bayriſchen 1650-1700.) Schlimm Leut ſind Studenten, man ſagts uͤberall, Obwohl ſie ſchon kommen im Jahr nur einmal, So machens ins Dorf ſo viel Unruh und Miſt, Daß uns die erſte Woche ſchon weh dabey iſt. Wir muͤſſen nur ſorgen auf Mariengeburt, Es wuͤnſcht auch ein jeder, daß Galli bald wird, Da kommens mit Degen und Buͤchſen daher, Und machen im Dorfe ein jaͤmmerlich Geſcher. Nichts iſt vor ihnen ſicher, kein Henne, kein Taube, Als waͤrens erſchaffen zum Pluͤndern und Raube, Darf ihnen kein Gans auf die Wieſen naus trauen, Studenten thun ihr gleich den Kragen weghauen. Sind Gaͤrten mit Brettern und Riegeln umzaͤunt, So thun ſies zerbrechen, daß die Sonne durchſcheint, Sie ſteigen um die Aepfel, zerreiſſen die Baͤum, Waͤr zufrieden, truͤg jeder nur ein Taſche voll heim. Mit Feuer und Pulver ſinds gar ſehr gefaͤhr, Daß oft eim ſein Haͤuſel verbrennet gar waͤr, Laſſen pulverne Froͤſchle einem hupfen aufs Dach, Wenns brennet, ſo fragens kein Teufel danach. Hat einer beym Haͤuſel ein wachbaren Hund, Der ſonſt von der Kette nicht abkommen kunt, Sie laſſen ihn laufen, es waͤr ja nicht noth, „Potz Hagel da ſchießt's ja!“ der Pudel iſt todt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0453" n="441"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Ach wenn ſie das Roͤſſel doch langſam gehn<lb/> lieſſen</hi>.</head><lb/> <p rendition="#c">(Aus dem Bayriſchen 1650-1700.)</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">S</hi>chlimm Leut ſind Studenten, man ſagts uͤberall,</l><lb/> <l>Obwohl ſie ſchon kommen im Jahr nur einmal,</l><lb/> <l>So machens ins Dorf ſo viel Unruh und Miſt,</l><lb/> <l>Daß uns die erſte Woche ſchon weh dabey iſt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wir muͤſſen nur ſorgen auf Mariengeburt,</l><lb/> <l>Es wuͤnſcht auch ein jeder, daß Galli bald wird,</l><lb/> <l>Da kommens mit Degen und Buͤchſen daher,</l><lb/> <l>Und machen im Dorfe ein jaͤmmerlich Geſcher.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Nichts iſt vor ihnen ſicher, kein Henne, kein Taube,</l><lb/> <l>Als waͤrens erſchaffen zum Pluͤndern und Raube,</l><lb/> <l>Darf ihnen kein Gans auf die Wieſen naus trauen,</l><lb/> <l>Studenten thun ihr gleich den Kragen weghauen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Sind Gaͤrten mit Brettern und Riegeln umzaͤunt,</l><lb/> <l>So thun ſies zerbrechen, daß die Sonne durchſcheint,</l><lb/> <l>Sie ſteigen um die Aepfel, zerreiſſen die Baͤum,</l><lb/> <l>Waͤr zufrieden, truͤg jeder nur ein Taſche voll heim.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Mit Feuer und Pulver ſinds gar ſehr gefaͤhr,</l><lb/> <l>Daß oft eim ſein Haͤuſel verbrennet gar waͤr,</l><lb/> <l>Laſſen pulverne Froͤſchle einem hupfen aufs Dach,</l><lb/> <l>Wenns brennet, ſo fragens kein Teufel danach.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Hat einer beym Haͤuſel ein wachbaren Hund,</l><lb/> <l>Der ſonſt von der Kette nicht abkommen kunt,</l><lb/> <l>Sie laſſen ihn laufen, es waͤr ja nicht noth,</l><lb/> <l>„Potz Hagel da ſchießt's ja!“ der Pudel iſt todt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [441/0453]
Ach wenn ſie das Roͤſſel doch langſam gehn
lieſſen.
(Aus dem Bayriſchen 1650-1700.)
Schlimm Leut ſind Studenten, man ſagts uͤberall,
Obwohl ſie ſchon kommen im Jahr nur einmal,
So machens ins Dorf ſo viel Unruh und Miſt,
Daß uns die erſte Woche ſchon weh dabey iſt.
Wir muͤſſen nur ſorgen auf Mariengeburt,
Es wuͤnſcht auch ein jeder, daß Galli bald wird,
Da kommens mit Degen und Buͤchſen daher,
Und machen im Dorfe ein jaͤmmerlich Geſcher.
Nichts iſt vor ihnen ſicher, kein Henne, kein Taube,
Als waͤrens erſchaffen zum Pluͤndern und Raube,
Darf ihnen kein Gans auf die Wieſen naus trauen,
Studenten thun ihr gleich den Kragen weghauen.
Sind Gaͤrten mit Brettern und Riegeln umzaͤunt,
So thun ſies zerbrechen, daß die Sonne durchſcheint,
Sie ſteigen um die Aepfel, zerreiſſen die Baͤum,
Waͤr zufrieden, truͤg jeder nur ein Taſche voll heim.
Mit Feuer und Pulver ſinds gar ſehr gefaͤhr,
Daß oft eim ſein Haͤuſel verbrennet gar waͤr,
Laſſen pulverne Froͤſchle einem hupfen aufs Dach,
Wenns brennet, ſo fragens kein Teufel danach.
Hat einer beym Haͤuſel ein wachbaren Hund,
Der ſonſt von der Kette nicht abkommen kunt,
Sie laſſen ihn laufen, es waͤr ja nicht noth,
„Potz Hagel da ſchießt's ja!“ der Pudel iſt todt.
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