Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Itzt will ich erst recht lieben,
Weils die Leut verdriessen thut,
Ich wills nicht mehr aufschieben,
Ha ha, ja ja, aufschieben,
Wills nehmen für mein Buß.


Das zarte Wesen.

(Altes Manuscript.)

Zu Backnang wohnt ein Schneiderlein,
Es hat ein einzigs Geiselein,
Er bracht ihm Gras, er bracht ihm Kraut,
Das best', das er im Garten baut.
Da ward das zarte Wesen krank,
Der Schneider war in grossem Leid,
Als sie den Tod mußt leiden:
"Mein edle Geiß, die Häddel heißt,
"Hat manches Kraut gefressen.
"Jezt muß ich gar vor Herzeleid
"Mein süße Geiß vergessen!"
Der Stadtknecht gieng am Zaune nah,
Sobald, als er die Geiß ersah:
"Potz Kreutz! was seh ich liegen!
"Das wär' jezt eine gute Sach,
"Wenn es nur blieb verschwiegen.
"Der Stadtknecht zeigts dem Metzger an:
"Ei guten Abend Metzger du,
"Beim Bettelhaus, da liegt ein Rehbock,
"Die Haut ist abgezogen.
"Das wär ein gute Sach für uns,
"Wenn es nur bleibt verschwiegen."

Itzt will ich erſt recht lieben,
Weils die Leut verdrieſſen thut,
Ich wills nicht mehr aufſchieben,
Ha ha, ja ja, aufſchieben,
Wills nehmen fuͤr mein Buß.


Das zarte Weſen.

(Altes Manuſcript.)

Zu Backnang wohnt ein Schneiderlein,
Es hat ein einzigs Geiſelein,
Er bracht ihm Gras, er bracht ihm Kraut,
Das beſt', das er im Garten baut.
Da ward das zarte Weſen krank,
Der Schneider war in groſſem Leid,
Als ſie den Tod mußt leiden:
„Mein edle Geiß, die Haͤddel heißt,
„Hat manches Kraut gefreſſen.
„Jezt muß ich gar vor Herzeleid
„Mein ſuͤße Geiß vergeſſen!“
Der Stadtknecht gieng am Zaune nah,
Sobald, als er die Geiß erſah:
„Potz Kreutz! was ſeh ich liegen!
„Das waͤr' jezt eine gute Sach,
„Wenn es nur blieb verſchwiegen.
„Der Stadtknecht zeigts dem Metzger an:
„Ei guten Abend Metzger du,
„Beim Bettelhaus, da liegt ein Rehbock,
„Die Haut iſt abgezogen.
„Das waͤr ein gute Sach fuͤr uns,
„Wenn es nur bleibt verſchwiegen.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0382" n="370"/>
            <lg n="5">
              <l>Itzt will ich er&#x017F;t recht lieben,</l><lb/>
              <l>Weils die Leut verdrie&#x017F;&#x017F;en thut,</l><lb/>
              <l>Ich wills nicht mehr auf&#x017F;chieben,</l><lb/>
              <l>Ha ha, ja ja, auf&#x017F;chieben,</l><lb/>
              <l>Wills nehmen fu&#x0364;r mein Buß.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Das zarte We&#x017F;en</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">(Altes Manu&#x017F;cript.)</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">Z</hi>u Backnang wohnt ein Schneiderlein,</l><lb/>
              <l>Es hat ein einzigs Gei&#x017F;elein,</l><lb/>
              <l>Er bracht ihm Gras, er bracht ihm Kraut,</l><lb/>
              <l>Das be&#x017F;t', das er im Garten baut.</l><lb/>
              <l>Da ward das zarte We&#x017F;en krank,</l><lb/>
              <l>Der Schneider war in gro&#x017F;&#x017F;em Leid,</l><lb/>
              <l>Als &#x017F;ie den Tod mußt leiden:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mein edle Geiß, die Ha&#x0364;ddel heißt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Hat manches Kraut gefre&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jezt muß ich gar vor Herzeleid</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mein &#x017F;u&#x0364;ße Geiß verge&#x017F;&#x017F;en!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Der Stadtknecht gieng am Zaune nah,</l><lb/>
              <l>Sobald, als er die Geiß er&#x017F;ah:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Potz Kreutz! was &#x017F;eh ich liegen!</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das wa&#x0364;r' jezt eine gute Sach,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wenn es nur blieb ver&#x017F;chwiegen.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der Stadtknecht zeigts dem Metzger an:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ei guten Abend Metzger du,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Beim Bettelhaus, da liegt ein Rehbock,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die Haut i&#x017F;t abgezogen.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das wa&#x0364;r ein gute Sach fu&#x0364;r uns,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wenn es nur bleibt ver&#x017F;chwiegen.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[370/0382] Itzt will ich erſt recht lieben, Weils die Leut verdrieſſen thut, Ich wills nicht mehr aufſchieben, Ha ha, ja ja, aufſchieben, Wills nehmen fuͤr mein Buß. Das zarte Weſen. (Altes Manuſcript.) Zu Backnang wohnt ein Schneiderlein, Es hat ein einzigs Geiſelein, Er bracht ihm Gras, er bracht ihm Kraut, Das beſt', das er im Garten baut. Da ward das zarte Weſen krank, Der Schneider war in groſſem Leid, Als ſie den Tod mußt leiden: „Mein edle Geiß, die Haͤddel heißt, „Hat manches Kraut gefreſſen. „Jezt muß ich gar vor Herzeleid „Mein ſuͤße Geiß vergeſſen!“ Der Stadtknecht gieng am Zaune nah, Sobald, als er die Geiß erſah: „Potz Kreutz! was ſeh ich liegen! „Das waͤr' jezt eine gute Sach, „Wenn es nur blieb verſchwiegen. „Der Stadtknecht zeigts dem Metzger an: „Ei guten Abend Metzger du, „Beim Bettelhaus, da liegt ein Rehbock, „Die Haut iſt abgezogen. „Das waͤr ein gute Sach fuͤr uns, „Wenn es nur bleibt verſchwiegen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/382
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/382>, abgerufen am 19.11.2024.