Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

"Weil du mich fragst mein liebes Kind,
"Will ich die Ursach nicht verschweigen,
"Jungfrauen wills gebühren gar nicht
"Viel untern Leuten umzuziehen,
"Eben darum viel Böses geschicht,
"Weil sie die Leut bey Zeit nicht fliehen.

"Durch das Gebürg über Berg und Thal,
"Thut sich mein Geist in Gott erschwingen,
"Als wie ein himmlische Nachtigal
"Ich das Magnifikat thu singen,
"Wer gern allein ist, und betet gern,
"Der thut sein Zeit gar schön zubringen."
Mensch, unser Frauen die Kunst ablern!
Gott geb, daß dir es mög gelingen.


Adelnssucht.

Frische Liedlein.

Mancher jetzund nach Adel strebt,
Hätt er nicht Geld,
Würd öfter um sich schauen,
Gedenken wer sein Vater war,
Ders ganze Jahr
Den Acker muste bauen;
Der jetzund sich
So gar höflich
Beyn Leuten thut aufschmücken,
Hälts nicht dafür,

„Weil du mich fragſt mein liebes Kind,
„Will ich die Urſach nicht verſchweigen,
„Jungfrauen wills gebuͤhren gar nicht
„Viel untern Leuten umzuziehen,
„Eben darum viel Boͤſes geſchicht,
„Weil ſie die Leut bey Zeit nicht fliehen.

„Durch das Gebuͤrg uͤber Berg und Thal,
„Thut ſich mein Geiſt in Gott erſchwingen,
„Als wie ein himmliſche Nachtigal
„Ich das Magnifikat thu ſingen,
„Wer gern allein iſt, und betet gern,
„Der thut ſein Zeit gar ſchoͤn zubringen.“
Menſch, unſer Frauen die Kunſt ablern!
Gott geb, daß dir es moͤg gelingen.


Adelnsſucht.

Friſche Liedlein.

Mancher jetzund nach Adel ſtrebt,
Haͤtt er nicht Geld,
Wuͤrd oͤfter um ſich ſchauen,
Gedenken wer ſein Vater war,
Ders ganze Jahr
Den Acker muſte bauen;
Der jetzund ſich
So gar hoͤflich
Beyn Leuten thut aufſchmuͤcken,
Haͤlts nicht dafuͤr,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="2">
              <pb facs="#f0395" n="376[386]"/>
              <l>&#x201E;Weil du mich frag&#x017F;t mein liebes Kind,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Will ich die Ur&#x017F;ach nicht ver&#x017F;chweigen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jungfrauen wills gebu&#x0364;hren gar nicht</l><lb/>
              <l>&#x201E;Viel untern Leuten umzuziehen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Eben darum viel Bo&#x0364;&#x017F;es ge&#x017F;chicht,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Weil &#x017F;ie die Leut bey Zeit nicht fliehen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>&#x201E;Durch das Gebu&#x0364;rg u&#x0364;ber Berg und Thal,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Thut &#x017F;ich mein Gei&#x017F;t in Gott er&#x017F;chwingen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als wie ein himmli&#x017F;che Nachtigal</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich das Magnifikat thu &#x017F;ingen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wer gern allein i&#x017F;t, und betet gern,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der thut &#x017F;ein Zeit gar &#x017F;cho&#x0364;n zubringen.&#x201C;</l><lb/>
              <l>Men&#x017F;ch, un&#x017F;er Frauen die Kun&#x017F;t ablern!</l><lb/>
              <l>Gott geb, daß dir es mo&#x0364;g gelingen.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Adelns&#x017F;ucht</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">Fri&#x017F;che Liedlein.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">M</hi>ancher jetzund nach Adel &#x017F;trebt,</l><lb/>
              <l>Ha&#x0364;tt er nicht Geld,</l><lb/>
              <l>Wu&#x0364;rd o&#x0364;fter um &#x017F;ich &#x017F;chauen,</l><lb/>
              <l>Gedenken wer &#x017F;ein Vater war,</l><lb/>
              <l>Ders ganze Jahr</l><lb/>
              <l>Den Acker mu&#x017F;te bauen;</l><lb/>
              <l>Der jetzund &#x017F;ich</l><lb/>
              <l>So gar ho&#x0364;flich</l><lb/>
              <l>Beyn Leuten thut auf&#x017F;chmu&#x0364;cken,</l><lb/>
              <l>Ha&#x0364;lts nicht dafu&#x0364;r,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[376[386]/0395] „Weil du mich fragſt mein liebes Kind, „Will ich die Urſach nicht verſchweigen, „Jungfrauen wills gebuͤhren gar nicht „Viel untern Leuten umzuziehen, „Eben darum viel Boͤſes geſchicht, „Weil ſie die Leut bey Zeit nicht fliehen. „Durch das Gebuͤrg uͤber Berg und Thal, „Thut ſich mein Geiſt in Gott erſchwingen, „Als wie ein himmliſche Nachtigal „Ich das Magnifikat thu ſingen, „Wer gern allein iſt, und betet gern, „Der thut ſein Zeit gar ſchoͤn zubringen.“ Menſch, unſer Frauen die Kunſt ablern! Gott geb, daß dir es moͤg gelingen. Adelnsſucht. Friſche Liedlein. Mancher jetzund nach Adel ſtrebt, Haͤtt er nicht Geld, Wuͤrd oͤfter um ſich ſchauen, Gedenken wer ſein Vater war, Ders ganze Jahr Den Acker muſte bauen; Der jetzund ſich So gar hoͤflich Beyn Leuten thut aufſchmuͤcken, Haͤlts nicht dafuͤr,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/395
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 376[386]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/395>, abgerufen am 21.12.2024.