Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.Da nahm sie einen Becher Wein, Dann grüßte sie die Freunde, Und sprach:"O Tod, du böser Schein! "Ich schien wohl todt, ihr weintet, "Ich wachte auf, und war allein, "Ich lag im engen Kämmerlein, "Ein Kind hatt ich geboren." Sie sprach und dankte Gott so rein: "Dreymal in einem Tage, "Bracht mir ein kleines Knäbelein, "Die Speis zum Glockenschlage, "Daß ich mein Söhnlein nähren konnt," Und sprach:"Neun Tage wart zur Stund, "Du gehest aus dem Grabe: "Doch länger nicht als noch drey Jahr, "Wirst du noch bleiben leben, "Du sollst es zeigen an fürwahr, "Den Bösen allen die leben; "Sie sollen sich bekehren all, "Von Fluchen, Lästern allzumal, "Der jüngste Tag ist nahe." Romanze von den Schneidern. Fliegendes Blat. Es sind einmal drey Schneider gewesen, O Je, es sind einmal drey Schneider gewesen, Da nahm ſie einen Becher Wein, Dann gruͤßte ſie die Freunde, Und ſprach:„O Tod, du boͤſer Schein! „Ich ſchien wohl todt, ihr weintet, „Ich wachte auf, und war allein, „Ich lag im engen Kaͤmmerlein, „Ein Kind hatt ich geboren.“ Sie ſprach und dankte Gott ſo rein: „Dreymal in einem Tage, „Bracht mir ein kleines Knaͤbelein, „Die Speis zum Glockenſchlage, „Daß ich mein Soͤhnlein naͤhren konnt,“ Und ſprach:„Neun Tage wart zur Stund, „Du geheſt aus dem Grabe: „Doch laͤnger nicht als noch drey Jahr, „Wirſt du noch bleiben leben, „Du ſollſt es zeigen an fuͤrwahr, „Den Boͤſen allen die leben; „Sie ſollen ſich bekehren all, „Von Fluchen, Laͤſtern allzumal, „Der juͤngſte Tag iſt nahe.“ Romanze von den Schneidern. Fliegendes Blat. Es ſind einmal drey Schneider geweſen, O Je, es ſind einmal drey Schneider geweſen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0344" n="325[335]"/> <lg n="9"> <l>Da nahm ſie einen Becher Wein,</l><lb/> <l>Dann gruͤßte ſie die Freunde,</l><lb/> <l>Und ſprach:„O Tod, du boͤſer Schein!</l><lb/> <l>„Ich ſchien wohl todt, ihr weintet,</l><lb/> <l>„Ich wachte auf, und war allein,</l><lb/> <l>„Ich lag im engen Kaͤmmerlein,</l><lb/> <l>„Ein Kind hatt ich geboren.“</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Sie ſprach und dankte Gott ſo rein:</l><lb/> <l>„Dreymal in einem Tage,</l><lb/> <l>„Bracht mir ein kleines Knaͤbelein,</l><lb/> <l>„Die Speis zum Glockenſchlage,</l><lb/> <l>„Daß ich mein Soͤhnlein naͤhren konnt,“</l><lb/> <l>Und ſprach:„Neun Tage wart zur Stund,</l><lb/> <l>„Du geheſt aus dem Grabe:</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>„Doch laͤnger nicht als noch drey Jahr,</l><lb/> <l>„Wirſt du noch bleiben leben,</l><lb/> <l>„Du ſollſt es zeigen an fuͤrwahr,</l><lb/> <l>„Den Boͤſen allen die leben;</l><lb/> <l>„Sie ſollen ſich bekehren all,</l><lb/> <l>„Von Fluchen, Laͤſtern allzumal,</l><lb/> <l>„Der juͤngſte Tag iſt nahe.“</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Romanze von den Schneidern</hi>.</head><lb/> <p rendition="#c">Fliegendes Blat.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>s ſind einmal drey Schneider geweſen,</l><lb/> <l>O Je, es ſind einmal drey Schneider geweſen,</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [325[335]/0344]
Da nahm ſie einen Becher Wein,
Dann gruͤßte ſie die Freunde,
Und ſprach:„O Tod, du boͤſer Schein!
„Ich ſchien wohl todt, ihr weintet,
„Ich wachte auf, und war allein,
„Ich lag im engen Kaͤmmerlein,
„Ein Kind hatt ich geboren.“
Sie ſprach und dankte Gott ſo rein:
„Dreymal in einem Tage,
„Bracht mir ein kleines Knaͤbelein,
„Die Speis zum Glockenſchlage,
„Daß ich mein Soͤhnlein naͤhren konnt,“
Und ſprach:„Neun Tage wart zur Stund,
„Du geheſt aus dem Grabe:
„Doch laͤnger nicht als noch drey Jahr,
„Wirſt du noch bleiben leben,
„Du ſollſt es zeigen an fuͤrwahr,
„Den Boͤſen allen die leben;
„Sie ſollen ſich bekehren all,
„Von Fluchen, Laͤſtern allzumal,
„Der juͤngſte Tag iſt nahe.“
Romanze von den Schneidern.
Fliegendes Blat.
Es ſind einmal drey Schneider geweſen,
O Je, es ſind einmal drey Schneider geweſen,
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