Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

So kann sie uns wohl entrinnen,
Und sich, wenn sie größer, wehren;
Laßt der Schwalb die Thür aufhalten,
Wir sind Junge und nicht Alte.



Die Greuelhochzeit.

Fliegendes Blat.

In Frauenstadt ein harter Mann,
Es war ein reicher Bürgerssohn,
Der hat sich ausersehen
Ein reiches Mädchen hübsch und fein,
Er dacht, die sollt sein eigen seyn;
Der Handschlag war geschehen.
Als man bei etlich Wochen Zeit,
Oeffentlich die zwey junge Leut
Dreymal verkündigt hatte,
Das Mädchen war betrübet sehr,
Wollt ihren Bräutigam nicht mehr,
Doch kam die Reu zu späte.
Ein Schuhknecht that ihr gehen nach,
Welchem sie auch die Eh versprach,
Und liebet ihn dermassen,
Hat ihm versprochen vielmal schon:
Eh sie behielt den Bürgerssohn,
Wollt sie das Leben lassen.

So kann ſie uns wohl entrinnen,
Und ſich, wenn ſie groͤßer, wehren;
Laßt der Schwalb die Thuͤr aufhalten,
Wir ſind Junge und nicht Alte.



Die Greuelhochzeit.

Fliegendes Blat.

In Frauenſtadt ein harter Mann,
Es war ein reicher Buͤrgersſohn,
Der hat ſich auserſehen
Ein reiches Maͤdchen huͤbſch und fein,
Er dacht, die ſollt ſein eigen ſeyn;
Der Handſchlag war geſchehen.
Als man bei etlich Wochen Zeit,
Oeffentlich die zwey junge Leut
Dreymal verkuͤndigt hatte,
Das Maͤdchen war betruͤbet ſehr,
Wollt ihren Braͤutigam nicht mehr,
Doch kam die Reu zu ſpaͤte.
Ein Schuhknecht that ihr gehen nach,
Welchem ſie auch die Eh verſprach,
Und liebet ihn dermaſſen,
Hat ihm verſprochen vielmal ſchon:
Eh ſie behielt den Buͤrgersſohn,
Wollt ſie das Leben laſſen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="6">
              <pb facs="#f0126" n="117"/>
              <l>So kann &#x017F;ie uns wohl entrinnen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ich, wenn &#x017F;ie gro&#x0364;ßer, wehren;</l><lb/>
              <l>Laßt der Schwalb die Thu&#x0364;r aufhalten,</l><lb/>
              <l>Wir &#x017F;ind Junge und nicht Alte.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Die Greuelhochzeit</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">Fliegendes Blat.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>n Frauen&#x017F;tadt ein harter Mann,</l><lb/>
              <l>Es war ein reicher Bu&#x0364;rgers&#x017F;ohn,</l><lb/>
              <l>Der hat &#x017F;ich auser&#x017F;ehen</l><lb/>
              <l>Ein reiches Ma&#x0364;dchen hu&#x0364;b&#x017F;ch und fein,</l><lb/>
              <l>Er dacht, die &#x017F;ollt &#x017F;ein eigen &#x017F;eyn;</l><lb/>
              <l>Der Hand&#x017F;chlag war ge&#x017F;chehen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Als man bei etlich Wochen Zeit,</l><lb/>
              <l>Oeffentlich die zwey junge Leut</l><lb/>
              <l>Dreymal verku&#x0364;ndigt hatte,</l><lb/>
              <l>Das Ma&#x0364;dchen war betru&#x0364;bet &#x017F;ehr,</l><lb/>
              <l>Wollt ihren Bra&#x0364;utigam nicht mehr,</l><lb/>
              <l>Doch kam die Reu zu &#x017F;pa&#x0364;te.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Ein Schuhknecht that ihr gehen nach,</l><lb/>
              <l>Welchem &#x017F;ie auch die Eh ver&#x017F;prach,</l><lb/>
              <l>Und liebet ihn derma&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Hat ihm ver&#x017F;prochen vielmal &#x017F;chon:</l><lb/>
              <l>Eh &#x017F;ie behielt den Bu&#x0364;rgers&#x017F;ohn,</l><lb/>
              <l>Wollt &#x017F;ie das Leben la&#x017F;&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0126] So kann ſie uns wohl entrinnen, Und ſich, wenn ſie groͤßer, wehren; Laßt der Schwalb die Thuͤr aufhalten, Wir ſind Junge und nicht Alte. Die Greuelhochzeit. Fliegendes Blat. In Frauenſtadt ein harter Mann, Es war ein reicher Buͤrgersſohn, Der hat ſich auserſehen Ein reiches Maͤdchen huͤbſch und fein, Er dacht, die ſollt ſein eigen ſeyn; Der Handſchlag war geſchehen. Als man bei etlich Wochen Zeit, Oeffentlich die zwey junge Leut Dreymal verkuͤndigt hatte, Das Maͤdchen war betruͤbet ſehr, Wollt ihren Braͤutigam nicht mehr, Doch kam die Reu zu ſpaͤte. Ein Schuhknecht that ihr gehen nach, Welchem ſie auch die Eh verſprach, Und liebet ihn dermaſſen, Hat ihm verſprochen vielmal ſchon: Eh ſie behielt den Buͤrgersſohn, Wollt ſie das Leben laſſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/126
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/126>, abgerufen am 19.11.2024.