Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.Wie wird es heiß, fort zieht das Eis, Und meine goldnen Schlösser, Wie ruft es doch im Flusse leis, Da drunten wär es besser. Und wie sie in das Wasser fällt, Da hat sie fest gehalten, Der Liebste, dem sie nachgestellt, An ihres Schleyers Falten. Laß mir den Schleyer, halt mich nicht, Laß still mich 'nunter ziehen, Denn mein verstörtes Angesicht, Das würde nach dich ziehen. Der Strom ist stark, sein Arm zu schwach, Sie will den Schleyer nicht lassen, So zieht verlorne Liebe nach, Er wollte sie nicht verlassen. Betteley der Vögel. Storchs- und Schwalben-Winter-Quartier durch Johann Prätorium. Es ist kommen, es ist kommen Der gewünschte Frühlings-Both, So uns alles Leid benommen Und die kalte Winters-Noth, Welcher gute Stunden bringet, Und ein gutes Jahr bedinget. Wie wird es heiß, fort zieht das Eis, Und meine goldnen Schloͤſſer, Wie ruft es doch im Fluſſe leis, Da drunten waͤr es beſſer. Und wie ſie in das Waſſer faͤllt, Da hat ſie feſt gehalten, Der Liebſte, dem ſie nachgeſtellt, An ihres Schleyers Falten. Laß mir den Schleyer, halt mich nicht, Laß ſtill mich 'nunter ziehen, Denn mein verſtoͤrtes Angeſicht, Das wuͤrde nach dich ziehen. Der Strom iſt ſtark, ſein Arm zu ſchwach, Sie will den Schleyer nicht laſſen, So zieht verlorne Liebe nach, Er wollte ſie nicht verlaſſen. Betteley der Voͤgel. Storchs- und Schwalben-Winter-Quartier durch Johann Praͤtorium. Es iſt kommen, es iſt kommen Der gewuͤnſchte Fruͤhlings-Both, So uns alles Leid benommen Und die kalte Winters-Noth, Welcher gute Stunden bringet, Und ein gutes Jahr bedinget. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0124" n="115"/> <lg n="3"> <l>Wie wird es heiß, fort zieht das Eis,</l><lb/> <l>Und meine goldnen Schloͤſſer,</l><lb/> <l>Wie ruft es doch im Fluſſe leis,</l><lb/> <l>Da drunten waͤr es beſſer.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und wie ſie in das Waſſer faͤllt,</l><lb/> <l>Da hat ſie feſt gehalten,</l><lb/> <l>Der Liebſte, dem ſie nachgeſtellt,</l><lb/> <l>An ihres Schleyers Falten.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Laß mir den Schleyer, halt mich nicht,</l><lb/> <l>Laß ſtill mich 'nunter ziehen,</l><lb/> <l>Denn mein verſtoͤrtes Angeſicht,</l><lb/> <l>Das wuͤrde nach dich ziehen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Der Strom iſt ſtark, ſein Arm zu ſchwach,</l><lb/> <l>Sie will den Schleyer nicht laſſen,</l><lb/> <l>So zieht verlorne Liebe nach,</l><lb/> <l>Er wollte ſie nicht verlaſſen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Betteley der Voͤgel</hi>.</head><lb/> <p rendition="#c">Storchs- und Schwalben-Winter-Quartier durch Johann Praͤtorium.<lb/> Frankfurt 1676. S. 187.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>s iſt kommen, es iſt kommen</l><lb/> <l>Der gewuͤnſchte Fruͤhlings-Both,</l><lb/> <l>So uns alles Leid benommen</l><lb/> <l>Und die kalte Winters-Noth,</l><lb/> <l>Welcher gute Stunden bringet,</l><lb/> <l>Und ein gutes Jahr bedinget.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0124]
Wie wird es heiß, fort zieht das Eis,
Und meine goldnen Schloͤſſer,
Wie ruft es doch im Fluſſe leis,
Da drunten waͤr es beſſer.
Und wie ſie in das Waſſer faͤllt,
Da hat ſie feſt gehalten,
Der Liebſte, dem ſie nachgeſtellt,
An ihres Schleyers Falten.
Laß mir den Schleyer, halt mich nicht,
Laß ſtill mich 'nunter ziehen,
Denn mein verſtoͤrtes Angeſicht,
Das wuͤrde nach dich ziehen.
Der Strom iſt ſtark, ſein Arm zu ſchwach,
Sie will den Schleyer nicht laſſen,
So zieht verlorne Liebe nach,
Er wollte ſie nicht verlaſſen.
Betteley der Voͤgel.
Storchs- und Schwalben-Winter-Quartier durch Johann Praͤtorium.
Frankfurt 1676. S. 187.
Es iſt kommen, es iſt kommen
Der gewuͤnſchte Fruͤhlings-Both,
So uns alles Leid benommen
Und die kalte Winters-Noth,
Welcher gute Stunden bringet,
Und ein gutes Jahr bedinget.
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