Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Wolfgang Kirchbach. Auf der Piazza Michelangelo. Es ist ein Läuten und Weinen Der Abendstunde im Thale, Florenz, von deinen Glocken. Gluthvoll sah ich verscheinen An Wolken die Purpurmale Der Sonne. Tieferschrocken Vereinsamt schweigt die Seele. Was will dies Läuten und Locken? Was will dies träumende Rufen In Sehnsuchtsmelodieen? Ich seh mich heimwärts ziehen Hinan, wie auf geweihter Tempel Stufen! Und stünd' in dunklem Drange Ich suchend auf der Höhe Des Appenins in Wolken stumm und bange! Verschwände nun versinkend Dort hinter deinem Scheitel Im Mondlicht milde blinkend! Verschollen wär' dies Läuten, Melodisch aller Töne fernes Singen -- Tonlos durch Wolken ringen Müßt' ich bei dir zu sein. Wer kann den Pfad mir deuten? Ich seh mich weiter schreiten Auf Bergeshöh'n erscheinen Und wieder nieder wandern, In stummen Seligkeiten Mit dir mich zu vereinen Und niemals wieder einsam dich zu lassen. Im Wiedersehn, Umfassen -- Was will mein Herz mir stocken? Verstummt sind deine Glocken Florenz, im dunklen Thale -- Und ach, wie jäh erschrocken Bin ganz vereinsamt ich zum andren Male! -- Wolfgang Kirchbach. Auf der Piazza Michelangelo. Es iſt ein Läuten und Weinen Der Abendſtunde im Thale, Florenz, von deinen Glocken. Gluthvoll ſah ich verſcheinen An Wolken die Purpurmale Der Sonne. Tieferſchrocken Vereinſamt ſchweigt die Seele. Was will dies Läuten und Locken? Was will dies träumende Rufen In Sehnſuchtsmelodieen? Ich ſeh mich heimwärts ziehen Hinan, wie auf geweihter Tempel Stufen! Und ſtünd’ in dunklem Drange Ich ſuchend auf der Höhe Des Appenins in Wolken ſtumm und bange! Verſchwände nun verſinkend Dort hinter deinem Scheitel Im Mondlicht milde blinkend! Verſchollen wär’ dies Läuten, Melodiſch aller Töne fernes Singen — Tonlos durch Wolken ringen Müßt’ ich bei dir zu ſein. Wer kann den Pfad mir deuten? Ich ſeh mich weiter ſchreiten Auf Bergeshöh’n erſcheinen Und wieder nieder wandern, In ſtummen Seligkeiten Mit dir mich zu vereinen Und niemals wieder einſam dich zu laſſen. Im Wiederſehn, Umfaſſen — Was will mein Herz mir ſtocken? Verſtummt ſind deine Glocken Florenz, im dunklen Thale — Und ach, wie jäh erſchrocken Bin ganz vereinſamt ich zum andren Male! — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0282" n="264"/> <fw place="top" type="header">Wolfgang Kirchbach.</fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Auf der Piazza Michelangelo.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es iſt ein Läuten und Weinen</l><lb/> <l>Der Abendſtunde im Thale,</l><lb/> <l>Florenz, von deinen Glocken.</l><lb/> <l>Gluthvoll ſah ich verſcheinen</l><lb/> <l>An Wolken die Purpurmale</l><lb/> <l>Der Sonne. Tieferſchrocken</l><lb/> <l>Vereinſamt ſchweigt die Seele.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Was will dies Läuten und Locken?</l><lb/> <l>Was will dies träumende Rufen</l><lb/> <l>In Sehnſuchtsmelodieen?</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ich ſeh mich heimwärts ziehen</l><lb/> <l>Hinan, wie auf geweihter Tempel Stufen!</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und ſtünd’ in dunklem Drange</l><lb/> <l>Ich ſuchend auf der Höhe</l><lb/> <l>Des Appenins in Wolken ſtumm und bange!</l><lb/> <l>Verſchwände nun verſinkend</l><lb/> <l>Dort hinter deinem Scheitel</l><lb/> <l>Im Mondlicht milde blinkend!</l><lb/> <l>Verſchollen wär’ dies Läuten,</l><lb/> <l>Melodiſch aller Töne fernes Singen —</l><lb/> <l>Tonlos durch Wolken ringen</l><lb/> <l>Müßt’ ich bei dir zu ſein.</l><lb/> <l>Wer kann den Pfad mir deuten?</l><lb/> <l>Ich ſeh mich weiter ſchreiten</l><lb/> <l>Auf Bergeshöh’n erſcheinen</l><lb/> <l>Und wieder nieder wandern,</l><lb/> <l>In ſtummen Seligkeiten</l><lb/> <l>Mit dir mich zu vereinen</l><lb/> <l>Und niemals wieder einſam dich zu laſſen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Im Wiederſehn, Umfaſſen —</l><lb/> <l>Was will mein Herz mir ſtocken?</l><lb/> <l>Verſtummt ſind deine Glocken</l><lb/> <l>Florenz, im dunklen Thale —</l><lb/> <l>Und ach, wie jäh erſchrocken</l><lb/> <l>Bin ganz vereinſamt ich zum andren Male! —</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [264/0282]
Wolfgang Kirchbach.
Auf der Piazza Michelangelo.
Es iſt ein Läuten und Weinen
Der Abendſtunde im Thale,
Florenz, von deinen Glocken.
Gluthvoll ſah ich verſcheinen
An Wolken die Purpurmale
Der Sonne. Tieferſchrocken
Vereinſamt ſchweigt die Seele.
Was will dies Läuten und Locken?
Was will dies träumende Rufen
In Sehnſuchtsmelodieen?
Ich ſeh mich heimwärts ziehen
Hinan, wie auf geweihter Tempel Stufen!
Und ſtünd’ in dunklem Drange
Ich ſuchend auf der Höhe
Des Appenins in Wolken ſtumm und bange!
Verſchwände nun verſinkend
Dort hinter deinem Scheitel
Im Mondlicht milde blinkend!
Verſchollen wär’ dies Läuten,
Melodiſch aller Töne fernes Singen —
Tonlos durch Wolken ringen
Müßt’ ich bei dir zu ſein.
Wer kann den Pfad mir deuten?
Ich ſeh mich weiter ſchreiten
Auf Bergeshöh’n erſcheinen
Und wieder nieder wandern,
In ſtummen Seligkeiten
Mit dir mich zu vereinen
Und niemals wieder einſam dich zu laſſen.
Im Wiederſehn, Umfaſſen —
Was will mein Herz mir ſtocken?
Verſtummt ſind deine Glocken
Florenz, im dunklen Thale —
Und ach, wie jäh erſchrocken
Bin ganz vereinſamt ich zum andren Male! —
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