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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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könnten sie ihm ja leicht vorbeugen. Aber es ist der Durst
dieser großen Sünder nach der Strafe, von der sie fühlen,
daß sie sie verdienet, sie stürzen darnach, wie die Hirsche
zum Quell, um dadurch gesühnt zu werden. Sehen Sie,
Theuerste, wenn wir ihn so betrachten, müssen auch die
Schrecken des Krieges geringer werden; ja wenn wir
uns versenken in den berauschenden Gedanken, daß
Er es ist, der von dem sündigen Menschengeschlecht
im Augenblick seiner höchsten Noth gerufen, in seiner
Donnerwolke eintritt, um die Ungerechtigkeit, welche
die Kinder dieser Welt gegen ihn begingen, zu
strafen und vernichten, dann wird der Krieg selbst in
unsern Augen zu etwas Göttlichem und seine Schrecken
schwinden vor dem geängsteten Gemüthe."

Wir wissen, daß dies nicht die eigenen An¬
sichten der Fürstin Gargazin waren, sondern daß sie
dieselben in Petersburg aus dem Munde eines
französischen Fanatikers vernommen hatte, der, damals
noch wenig beachtet, später aber von so unheilvollem
Einfluß ward, noch heute dauernd, aber noch heute
zweifelhaft, ob von schlimmerem auf die Völker oder
die Fürsten, indem er ihr Thema, die Erblichkeit
der Rechte, auf keinen festern Grund zu bauen
wußte als auf die Erbsünde der Menschen!

Auch die Baronin wußte es nicht, es war ihr
auch sehr gleichgültig. Mit der Erde, der Menschheit
und ihrer Sündhaftigkeit im Allgemeinen hatte sie
nichts zu schaffen, und gewiß auch keine Widerrede
dagegen, wenn diese nur durch einen Krieg gesühnt

könnten ſie ihm ja leicht vorbeugen. Aber es iſt der Durſt
dieſer großen Sünder nach der Strafe, von der ſie fühlen,
daß ſie ſie verdienet, ſie ſtürzen darnach, wie die Hirſche
zum Quell, um dadurch geſühnt zu werden. Sehen Sie,
Theuerſte, wenn wir ihn ſo betrachten, müſſen auch die
Schrecken des Krieges geringer werden; ja wenn wir
uns verſenken in den berauſchenden Gedanken, daß
Er es iſt, der von dem ſündigen Menſchengeſchlecht
im Augenblick ſeiner höchſten Noth gerufen, in ſeiner
Donnerwolke eintritt, um die Ungerechtigkeit, welche
die Kinder dieſer Welt gegen ihn begingen, zu
ſtrafen und vernichten, dann wird der Krieg ſelbſt in
unſern Augen zu etwas Göttlichem und ſeine Schrecken
ſchwinden vor dem geängſteten Gemüthe.“

Wir wiſſen, daß dies nicht die eigenen An¬
ſichten der Fürſtin Gargazin waren, ſondern daß ſie
dieſelben in Petersburg aus dem Munde eines
franzöſiſchen Fanatikers vernommen hatte, der, damals
noch wenig beachtet, ſpäter aber von ſo unheilvollem
Einfluß ward, noch heute dauernd, aber noch heute
zweifelhaft, ob von ſchlimmerem auf die Völker oder
die Fürſten, indem er ihr Thema, die Erblichkeit
der Rechte, auf keinen feſtern Grund zu bauen
wußte als auf die Erbſünde der Menſchen!

Auch die Baronin wußte es nicht, es war ihr
auch ſehr gleichgültig. Mit der Erde, der Menſchheit
und ihrer Sündhaftigkeit im Allgemeinen hatte ſie
nichts zu ſchaffen, und gewiß auch keine Widerrede
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[174/0184] könnten ſie ihm ja leicht vorbeugen. Aber es iſt der Durſt dieſer großen Sünder nach der Strafe, von der ſie fühlen, daß ſie ſie verdienet, ſie ſtürzen darnach, wie die Hirſche zum Quell, um dadurch geſühnt zu werden. Sehen Sie, Theuerſte, wenn wir ihn ſo betrachten, müſſen auch die Schrecken des Krieges geringer werden; ja wenn wir uns verſenken in den berauſchenden Gedanken, daß Er es iſt, der von dem ſündigen Menſchengeſchlecht im Augenblick ſeiner höchſten Noth gerufen, in ſeiner Donnerwolke eintritt, um die Ungerechtigkeit, welche die Kinder dieſer Welt gegen ihn begingen, zu ſtrafen und vernichten, dann wird der Krieg ſelbſt in unſern Augen zu etwas Göttlichem und ſeine Schrecken ſchwinden vor dem geängſteten Gemüthe.“ Wir wiſſen, daß dies nicht die eigenen An¬ ſichten der Fürſtin Gargazin waren, ſondern daß ſie dieſelben in Petersburg aus dem Munde eines franzöſiſchen Fanatikers vernommen hatte, der, damals noch wenig beachtet, ſpäter aber von ſo unheilvollem Einfluß ward, noch heute dauernd, aber noch heute zweifelhaft, ob von ſchlimmerem auf die Völker oder die Fürſten, indem er ihr Thema, die Erblichkeit der Rechte, auf keinen feſtern Grund zu bauen wußte als auf die Erbſünde der Menſchen! Auch die Baronin wußte es nicht, es war ihr auch ſehr gleichgültig. Mit der Erde, der Menſchheit und ihrer Sündhaftigkeit im Allgemeinen hatte ſie nichts zu ſchaffen, und gewiß auch keine Widerrede dagegen, wenn dieſe nur durch einen Krieg geſühnt

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/184>, abgerufen am 26.04.2024.