Es war Nacht geworden, die große Mehrzahl der Gäste war längst nach Berlin zurückgekehrt. In den öden, todten Straßen bewegten sich nur ein¬ zelne Gestalten; das Ueb' immer Treu und Redlich¬ keit hallte von der Thurmuhr nach wie vor.
"Warum stürmt nicht lieber die Brandglocke!" sprach die Dame, welche, tief in eine Pelzenveloppe verhüllt, am Arm ihres Begleiters an den Häuser¬ reihen ging. Sie gingen nicht in der Abendkühle spazieren, es war rauhe Witterung; sie hielten eine bestimmte Richtung, aber den zarten Füßen merkte man an, daß sie nicht gewohnt waren auf rauhem Pflaster sich zu bewegen. Ein dichter Schleier be¬ deckte das Gesicht der Fürstin.
"Weil es noch nicht brennt," sagte ihr Begleiter.
"Ewiger Zweifler!"
"Ich zweifle nicht, daß die Schwammleine an¬ gezündet ist; aber ein Fußtritt kann sie auslöschen ehe der Funke die Mine faßt."
Achtes Kapitel. Der dritte November.
Es war Nacht geworden, die große Mehrzahl der Gäſte war längſt nach Berlin zurückgekehrt. In den öden, todten Straßen bewegten ſich nur ein¬ zelne Geſtalten; das Ueb' immer Treu und Redlich¬ keit hallte von der Thurmuhr nach wie vor.
„Warum ſtürmt nicht lieber die Brandglocke!“ ſprach die Dame, welche, tief in eine Pelzenveloppe verhüllt, am Arm ihres Begleiters an den Häuſer¬ reihen ging. Sie gingen nicht in der Abendkühle ſpazieren, es war rauhe Witterung; ſie hielten eine beſtimmte Richtung, aber den zarten Füßen merkte man an, daß ſie nicht gewohnt waren auf rauhem Pflaſter ſich zu bewegen. Ein dichter Schleier be¬ deckte das Geſicht der Fürſtin.
„Weil es noch nicht brennt,“ ſagte ihr Begleiter.
„Ewiger Zweifler!“
„Ich zweifle nicht, daß die Schwammleine an¬ gezündet iſt; aber ein Fußtritt kann ſie auslöſchen ehe der Funke die Mine faßt.“
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Achtes Kapitel.
Der dritte November.
Es war Nacht geworden, die große Mehrzahl
der Gäſte war längſt nach Berlin zurückgekehrt.
In den öden, todten Straßen bewegten ſich nur ein¬
zelne Geſtalten; das Ueb' immer Treu und Redlich¬
keit hallte von der Thurmuhr nach wie vor.
„Warum ſtürmt nicht lieber die Brandglocke!“
ſprach die Dame, welche, tief in eine Pelzenveloppe
verhüllt, am Arm ihres Begleiters an den Häuſer¬
reihen ging. Sie gingen nicht in der Abendkühle
ſpazieren, es war rauhe Witterung; ſie hielten eine
beſtimmte Richtung, aber den zarten Füßen merkte
man an, daß ſie nicht gewohnt waren auf rauhem
Pflaſter ſich zu bewegen. Ein dichter Schleier be¬
deckte das Geſicht der Fürſtin.
„Weil es noch nicht brennt,“ ſagte ihr Begleiter.
„Ewiger Zweifler!“
„Ich zweifle nicht, daß die Schwammleine an¬
gezündet iſt; aber ein Fußtritt kann ſie auslöſchen
ehe der Funke die Mine faßt.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. [150]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/160>, abgerufen am 08.07.2024.
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