Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Vermiſchte Gedichte.
Zum andernmahl verletzt. Dieweil noch dazumahl
Ein unerhoͤrtes ding in den ſmaragden ſaal
Das ſuͤſſe kuͤſſen war. Er ward ſo ſehr entzuͤcket/
Als ſie die lippen ihm auff ſeinen mund gedruͤcket/
Daß er diß neue ding fuͤr ein verzuckert gifft/
Und ein bezaubern hielt. Und recht/ ſein weſen trifft
Mit der beſchreibung ein. Wer weiß nicht/ daß durch kuͤſſen
Die liebes-flammen ſelbſt in hertz und nieren flieſſen?
Wer weiß nicht daß ein kuß mehr als ein feuer ſey/
Daß iedem gliede fuͤgt abſondre regung bey?
Ein kuß iſt honig-ſafft/ die ſaugenden rubinen
Der purpur-lippen ſind die roſen/ und die bienen/
Ein balſam/ der den mund begeiſtert und erfriſcht/
Daß ſeele/ blut und hertz ſich in einander miſcht.
Das kuͤſſen iſt ein thau/ den duͤrſtenden gewaͤchſen
Sind warme muͤnde gleich/ die ſtets nach kuͤſſen lechſen/
Und fuͤr begierde gluͤhn. Nun dieſes ſuͤſſe thun
Des kuͤſſens ließ/ wie vor/ den himmel nicht mehr ruhn:
Denn Jupiter nahm wahr/ daß er fuͤr ſeine wunden
Durch dieſes labſals haus ein pflaſter hatte funden.
Auch Juno hatt es ſchon der Venus abgelernt
Mit ſamt der Hecate. So weit der himmel ſternt/
Sah man nunmehro nichts als mund und haͤnde druͤcken
Die allerleichſte kunſt/ in die ſich auch zu ſchicken
Der ſchwan/ die taube weiß/ die in dem ſtern-gemach
Der Venus warten auff/ und die nicht laͤngſt hernach
In dieſen uͤbungen die menſchen unterwieſen/
Daß Venus uns durch ſie die ſuͤſſe kuß-artzney
Von anfang hat gelehrt; denn als ihr lieben zwey/
Du Venus und dein ſohn/ euch auff den guͤldnen wagen
Die bunten tauben lieſt auff dein geburts-feſt tragen/
So ſchnaͤbelten ſie ſich/ ſo artlich/ als ſie vor
Von ihrer frau geſehn/ weil ſie es Zypripor
Abſonderlich gelehrt. Diß neue kurtzweil-treiben
Nahm ſtracks ein ſchaͤfer wahr/ der ſich ſelbſt zu entleiben
Fuͤr lauter liebes-angſt bereit entſchloſſen war.
Wie kommts? dacht er bey ſich/ daß dieſes tauben paar
Itzt/ da doch menſch und vieh fuͤr hertzens-kummer raͤcheln
Und ſchier zu grabe gehn/ ſo mit einander laͤcheln/
Und alſo freundlich ſind? Diß wo ichs rathen kan/
Bedeutet etwas guts; itzt/ deucht mich/ faͤngt ſich an
Die laͤngſt-gewuͤnſchte zeit/ die aus dem dreyfuß-ſitze
Der Phoͤbus wahr geſagt: itzt wird ſich brand und hitze

In
Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/287
Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/287>, abgerufen am 07.01.2025.