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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch] wesen/ welches den Leib gelind laxieren
konnte.

Man führet aber vielerley Zucker in Eu-
ropam/ da einer besser ist/ als der andere:
Jns gemein haltet man den Maderiensi-
schen/ Maderiense; demnach den Canarien-
zucker/ Canariense Saccharum, für den besten;
Der farb nach wird der weisseste für den fein-
sten geachtet/ wiewol er auch etwas schärffer
ist; nach dem kombt der grawe/ und endlich
der rothe Zucker/ welcher noch zimlich un-
rein ist. Dieser grawe Zucker wird in gro-
ben Pulvers gestalt auch verkaufft/ und von
den Materialisten Cassonaden/ oder Casto-
naden geheissen. Der feine weisse Zucker a-
ber/ Saccharum albissimum, seu finum aut
refinatum,
wird also gemacht/ man zerlaßt
den unfeinen unreinen Zucker in dem filtrier-
ten Laugen-wasser/ darinnen lebendiger
Kalck abgelöschet ist/ kocht ihne darinnen/
schaumt ihne wohl ab/ siedet ihne gantz dick
ein/ und gießt ihn in die Zuckerhüt/ welche
unden ein wenig durchlöcheret/ damit die
trübe schleimichte Heffen darauß fliessen
können.

Neben dem gibt es auch annoch candierten
Zucker/ welcher bey uns Zucker-candel/ o-
der Candel-zucker; Frantzösisch/ du Sucre
Candis;
Englisch/ Sugar candy; Nider-
ländisch/ Suycker-candi; Lateinisch/ Sac-
charum candisatum, Saccharum candi, s. can-
dum, vel candium, Saccharum crystallisatum,
lucidum, vel crystallinum,
genennet wird.
Dieser ist nichts anders als ein zerlassener/
hernach durch abdämpffung des Wassers zu
Crystallen angeschossener Zucker; welcher
von dem Canarien-zucker weiß; von dem
Thomasien-zucker aber roth wird/ und den
Namen Sacchari candi rubri vel albi traget.
Wenn das Wasser von dem zerlassenen Zu-
cker genugsam abgedämpffet/ so giesset man
ihn auch in erdene töpffe/ darein under-
schiedliche höltzerne stecklein gestellet worden/
setzet ihn an kühle ort/ so wird der Candel-
zucker in ein paar Tagen an solche stecklein
so wol als die gefäß erystallisiert anschiessen.

Eigenschafft.

Der Zucker hat viel ölichte Schwefel-theil
neben einem saurlichten Geist in sich/ und
dannenher die Eigenschafft zu erwärmen/
zu lösen/ der Fäulung zu widerstehen/ zu
versüssen/ wenn er mäßiglich gebraucht/ und
mit andern nutzlichen sachen vermischet ist.
Da er aber zu viel und übermäßig in allen
Speisen/ ja in dem Tranck selbsten genos-
sen wird/ so zeuget er ein scharffes/ corrosi-
visches/ scharbockisches Geblüt/ von deme
hernach allerhand ungelegenheit in dem
menschlichen Leib verursachet werden. Jn
dem feinen/ durch das Kalckwasser gerei-
nigten schön weissen Zucker/ findet sich auch
eine etzende/ von dem ungelöschten Kalck
herrührende Schärffe/ welche allen innerli-
chen theilen/ und sonderlich der Lungen höchst
schädlich ist. Dannenher zu den Syrupen
und Conserven/ mehr der grawe unfeine/
jedoch mit dem Eyerklar gesäuberte und in
der kochung wohl abgeschaumte/ als der
mit Kalckwasser so schädlich refinierte Zucker
solle gebrauchet werden. Wenn man end-
[Spaltenumbruch] lich den Ursprung deß Zuckers bedencken wil/
kan man nicht anderst urtheilen/ als daß er
gleichsam ein Essential Saltz seye/ welches
auß dem süssen Safft oder Marck der Zucker-
rohren gesotten worden. Welches Saltz
neben seinem sauren Geist/ viel ölichte
Schwefel-geister in sich haltet/ so da gleich
einem Schwefel angezündet werden können;
solche geistreiche theil erzeigen sich einem je-
den under der gestalt kleiner heller Fünck-
lein/ wenn man in einem finstern ort den
Zucker wohl reibet.

Gebrauch.

Der Zucker hat viel jäsende oder johrende
Theile bey sich/ darumb er leicht in einen
Jast gerathet/ und alles saur machet/ wo-
mit er vermischet wird. Daher er auch vie-Zucker
wenn er
schädlich.

len Miltzesüchtigen/ Melancholischen/ mit
dem Scharbock/ oder Mutter-blähungen
behaffteten Persohnen sehr schädlich/ und
erwecket bey denselben gleich inwendige Hi-
tzen/ Jast/ Blähungen des Leibs/ Grim-
men/ Durchlauff/ Unwillen/ Bangigkei-
ten/ Mutter-auffsteigen und dergleichen.
Umb dieser ursach willen soll man behutsam
in dem Gebrauch des Zuckers/ und deren
mit Zucker zubereiteten Artzneyen verfahren.

Den Zucker kan man auff zweyerley weißDestilla-
tion des
Zuckers.

destillieren/ und also verschiedene sachen da-
rauß ziehen. Denn erstlich pflegt man thne
nur entweder einfältig und pur auß einem
kolben glaß über den Helm/ oder mit sand
vermischet auß einer Retorten in einen weiten
Recipienten zu destillieren/ da denn ein geist-
reiches Wasser neben einem Oel heraußkom-
men wird. Welche Matery/ so man sie
rectificiert/ den sauren/ scharffen/ etwas e-
tzenden Geist/ wie ein destillierten Wein-es-
sig/ oder Guajac-geist/ und ein flüchtiges
Oel hergibt. Jn dem Kolben-glaß oder
Retorten aber verbleibt annoch ein stincken-
des öl/ neben dem fixen saltz und irdischen
Theilgen/ welche nirgendzu gebraucht wer-
den. Der destillierte saure Zucker-geist zer-
laßt alle Crustacea, als Perlen/ Schnecken/
Corallen/ Ste[i]n/ und dergleichen. Etliche
mischen halb theil Salmiac under den Zu-
cker/ und destilli[e]ren also den sauren Geist
auff obige weiß davon auß; bedienen sich
hernach desselben auff 6. biß 8. tropffen in
Pappelen- oder Ehrenpreiß-wasser zu Ab-
treibung des Sands/ Grieses und SchleimsSand/
Schleim
der Nieren.

der Nieren/ und linderung oder verhütung
des Lendenwehes.

Wenn man aber den Zucker zuvor in fri-
schem Wasser zerläßt/ hernach deß bey den
Zuckerbecken sich findenden Saurteigs da-
runder mischt/ und also fermentieren oder
johren läßt/ hernach destillieret/ so gibt er
einen brennenden Schwefel-geist/ gleich dem
Brantenwein auß.

Einen dienstlichen Zucker-syrup bereiteZucker-sy-
rup.

also: Nimm deß gemeinen Branntenweins/
der nicht wohl rectificiert ist/ nach belieben/
mische einen guten Candel-zucker darein/ so
wird er sich darinnen zerlassen/ und also ei-
nen guten/ süßlichten Syrup abgeben/ wel-
cher von etlichen Oleum Sacchari genennet
wird. Andere nehmen an statt des gemei-
nen Branntenweins/ den Reckholder-brann-

tenwein/

Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch] weſen/ welches den Leib gelind laxieren
konnte.

Man fuͤhret aber vielerley Zucker in Eu-
ropam/ da einer beſſer iſt/ als der andere:
Jns gemein haltet man den Maderienſi-
ſchen/ Maderienſe; demnach den Canarien-
zucker/ Canarienſe Saccharum, fuͤr den beſten;
Der farb nach wird der weiſſeſte fuͤr den fein-
ſten geachtet/ wiewol er auch etwas ſchaͤrffer
iſt; nach dem kombt der grawe/ und endlich
der rothe Zucker/ welcher noch zimlich un-
rein iſt. Dieſer grawe Zucker wird in gro-
ben Pulvers geſtalt auch verkaufft/ und von
den Materialiſten Caſſonaden/ oder Caſto-
naden geheiſſen. Der feine weiſſe Zucker a-
ber/ Saccharum albiſſimum, ſeu finum aut
refinatum,
wird alſo gemacht/ man zerlaßt
den unfeinen unreinen Zucker in dem filtrier-
ten Laugen-waſſer/ darinnen lebendiger
Kalck abgeloͤſchet iſt/ kocht ihne darinnen/
ſchaumt ihne wohl ab/ ſiedet ihne gantz dick
ein/ und gießt ihn in die Zuckerhuͤt/ welche
unden ein wenig durchloͤcheret/ damit die
truͤbe ſchleimichte Heffen darauß flieſſen
koͤnnen.

Neben dem gibt es auch annoch candierten
Zucker/ welcher bey uns Zucker-candel/ o-
der Candel-zucker; Frantzoͤſiſch/ du Sucre
Candis;
Engliſch/ Sugar candy; Nider-
laͤndiſch/ Suycker-candi; Lateiniſch/ Sac-
charum candiſatum, Saccharum candi, ſ. can-
dum, vel candium, Saccharum cryſtalliſatum,
lucidum, vel cryſtallinum,
genennet wird.
Dieſer iſt nichts anders als ein zerlaſſener/
hernach durch abdaͤmpffung des Waſſers zu
Cryſtallen angeſchoſſener Zucker; welcher
von dem Canarien-zucker weiß; von dem
Thomaſien-zucker aber roth wird/ und den
Namen Sacchari candi rubri vel albi traget.
Wenn das Waſſer von dem zerlaſſenen Zu-
cker genugſam abgedaͤmpffet/ ſo gieſſet man
ihn auch in erdene toͤpffe/ darein under-
ſchiedliche hoͤltzerne ſtecklein geſtellet worden/
ſetzet ihn an kuͤhle ort/ ſo wird der Candel-
zucker in ein paar Tagen an ſolche ſtecklein
ſo wol als die gefaͤß eryſtalliſiert anſchieſſen.

Eigenſchafft.

Der Zucker hat viel oͤlichte Schwefel-theil
neben einem ſaurlichten Geiſt in ſich/ und
dannenher die Eigenſchafft zu erwaͤrmen/
zu loͤſen/ der Faͤulung zu widerſtehen/ zu
verſuͤſſen/ wenn er maͤßiglich gebraucht/ und
mit andern nutzlichen ſachen vermiſchet iſt.
Da er aber zu viel und uͤbermaͤßig in allen
Speiſen/ ja in dem Tranck ſelbſten genoſ-
ſen wird/ ſo zeuget er ein ſcharffes/ corroſi-
viſches/ ſcharbockiſches Gebluͤt/ von deme
hernach allerhand ungelegenheit in dem
menſchlichen Leib verurſachet werden. Jn
dem feinen/ durch das Kalckwaſſer gerei-
nigten ſchoͤn weiſſen Zucker/ findet ſich auch
eine etzende/ von dem ungeloͤſchten Kalck
herꝛuͤhrende Schaͤrffe/ welche allen innerli-
chen theilen/ und ſonderlich der Lungen hoͤchſt
ſchaͤdlich iſt. Dannenher zu den Syrupen
und Conſerven/ mehr der grawe unfeine/
jedoch mit dem Eyerklar geſaͤuberte und in
der kochung wohl abgeſchaumte/ als der
mit Kalckwaſſer ſo ſchaͤdlich refinierte Zucker
ſolle gebrauchet werden. Wenn man end-
[Spaltenumbruch] lich den Urſprung deß Zuckers bedencken wil/
kan man nicht anderſt urtheilen/ als daß er
gleichſam ein Eſſential Saltz ſeye/ welches
auß dem ſuͤſſen Safft oder Marck der Zucker-
rohren geſotten worden. Welches Saltz
neben ſeinem ſauren Geiſt/ viel oͤlichte
Schwefel-geiſter in ſich haltet/ ſo da gleich
einem Schwefel angezuͤndet werden koͤnnen;
ſolche geiſtreiche theil erzeigen ſich einem je-
den under der geſtalt kleiner heller Fuͤnck-
lein/ wenn man in einem finſtern ort den
Zucker wohl reibet.

Gebrauch.

Der Zucker hat viel jaͤſende oder johrende
Theile bey ſich/ darumb er leicht in einen
Jaſt gerathet/ und alles ſaur machet/ wo-
mit er vermiſchet wird. Daher er auch vie-Zucker
wenn er
ſchaͤdlich.

len Miltzeſuͤchtigen/ Melancholiſchen/ mit
dem Scharbock/ oder Mutter-blaͤhungen
behaffteten Perſohnen ſehr ſchaͤdlich/ und
erwecket bey denſelben gleich inwendige Hi-
tzen/ Jaſt/ Blaͤhungen des Leibs/ Grim-
men/ Durchlauff/ Unwillen/ Bangigkei-
ten/ Mutter-auffſteigen und dergleichen.
Umb dieſer urſach willen ſoll man behutſam
in dem Gebrauch des Zuckers/ und deren
mit Zucker zubereiteten Artzneyen verfahren.

Den Zucker kan man auff zweyerley weißDeſtilla-
tion des
Zuckers.

deſtillieren/ und alſo verſchiedene ſachen da-
rauß ziehen. Denn erſtlich pflegt man thne
nur entweder einfaͤltig und pur auß einem
kolben glaß uͤber den Helm/ oder mit ſand
vermiſchet auß einer Retorten in einẽ weiten
Recipienten zu deſtillieren/ da denn ein geiſt-
reiches Waſſer neben einem Oel heraußkom-
men wird. Welche Matery/ ſo man ſie
rectificiert/ den ſauren/ ſcharffen/ etwas e-
tzenden Geiſt/ wie ein deſtillierten Wein-eſ-
ſig/ oder Guajac-geiſt/ und ein fluͤchtiges
Oel hergibt. Jn dem Kolben-glaß oder
Retorten aber verbleibt annoch ein ſtincken-
des oͤl/ neben dem fixen ſaltz und irdiſchen
Theilgen/ welche nirgendzu gebraucht wer-
den. Der deſtillierte ſaure Zucker-geiſt zer-
laßt alle Cruſtacea, als Perlen/ Schnecken/
Corallen/ Ste[i]n/ und dergleichen. Etliche
miſchen halb theil Salmiac under den Zu-
cker/ und deſtilli[e]ren alſo den ſauren Geiſt
auff obige weiß davon auß; bedienen ſich
hernach deſſelben auff 6. biß 8. tropffen in
Pappelen- oder Ehrenpreiß-waſſer zu Ab-
treibung des Sands/ Grieſes und SchleimsSand/
Schleim
der Nierẽ.

der Nieren/ und linderung oder verhuͤtung
des Lendenwehes.

Wenn man aber den Zucker zuvor in fri-
ſchem Waſſer zerlaͤßt/ hernach deß bey den
Zuckerbecken ſich findenden Saurteigs da-
runder miſcht/ und alſo fermentieren oder
johren laͤßt/ hernach deſtillieret/ ſo gibt er
einen brennenden Schwefel-geiſt/ gleich dem
Brantenwein auß.

Einen dienſtlichen Zucker-ſyrup bereiteZucker-ſy-
rup.

alſo: Nim̃ deß gemeinen Branntenweins/
der nicht wohl rectificiert iſt/ nach belieben/
miſche einen guten Candel-zucker darein/ ſo
wird er ſich darinnen zerlaſſen/ und alſo ei-
nen guten/ ſuͤßlichten Syrup abgeben/ wel-
cher von etlichen Oleum Sacchari genennet
wird. Andere nehmen an ſtatt des gemei-
nen Branntenweins/ den Reckholder-brañ-

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[312/0328] Das Andere Buch/ weſen/ welches den Leib gelind laxieren konnte. Man fuͤhret aber vielerley Zucker in Eu- ropam/ da einer beſſer iſt/ als der andere: Jns gemein haltet man den Maderienſi- ſchen/ Maderienſe; demnach den Canarien- zucker/ Canarienſe Saccharum, fuͤr den beſten; Der farb nach wird der weiſſeſte fuͤr den fein- ſten geachtet/ wiewol er auch etwas ſchaͤrffer iſt; nach dem kombt der grawe/ und endlich der rothe Zucker/ welcher noch zimlich un- rein iſt. Dieſer grawe Zucker wird in gro- ben Pulvers geſtalt auch verkaufft/ und von den Materialiſten Caſſonaden/ oder Caſto- naden geheiſſen. Der feine weiſſe Zucker a- ber/ Saccharum albiſſimum, ſeu finum aut refinatum, wird alſo gemacht/ man zerlaßt den unfeinen unreinen Zucker in dem filtrier- ten Laugen-waſſer/ darinnen lebendiger Kalck abgeloͤſchet iſt/ kocht ihne darinnen/ ſchaumt ihne wohl ab/ ſiedet ihne gantz dick ein/ und gießt ihn in die Zuckerhuͤt/ welche unden ein wenig durchloͤcheret/ damit die truͤbe ſchleimichte Heffen darauß flieſſen koͤnnen. Neben dem gibt es auch annoch candierten Zucker/ welcher bey uns Zucker-candel/ o- der Candel-zucker; Frantzoͤſiſch/ du Sucre Candis; Engliſch/ Sugar candy; Nider- laͤndiſch/ Suycker-candi; Lateiniſch/ Sac- charum candiſatum, Saccharum candi, ſ. can- dum, vel candium, Saccharum cryſtalliſatum, lucidum, vel cryſtallinum, genennet wird. Dieſer iſt nichts anders als ein zerlaſſener/ hernach durch abdaͤmpffung des Waſſers zu Cryſtallen angeſchoſſener Zucker; welcher von dem Canarien-zucker weiß; von dem Thomaſien-zucker aber roth wird/ und den Namen Sacchari candi rubri vel albi traget. Wenn das Waſſer von dem zerlaſſenen Zu- cker genugſam abgedaͤmpffet/ ſo gieſſet man ihn auch in erdene toͤpffe/ darein under- ſchiedliche hoͤltzerne ſtecklein geſtellet worden/ ſetzet ihn an kuͤhle ort/ ſo wird der Candel- zucker in ein paar Tagen an ſolche ſtecklein ſo wol als die gefaͤß eryſtalliſiert anſchieſſen. Eigenſchafft. Der Zucker hat viel oͤlichte Schwefel-theil neben einem ſaurlichten Geiſt in ſich/ und dannenher die Eigenſchafft zu erwaͤrmen/ zu loͤſen/ der Faͤulung zu widerſtehen/ zu verſuͤſſen/ wenn er maͤßiglich gebraucht/ und mit andern nutzlichen ſachen vermiſchet iſt. Da er aber zu viel und uͤbermaͤßig in allen Speiſen/ ja in dem Tranck ſelbſten genoſ- ſen wird/ ſo zeuget er ein ſcharffes/ corroſi- viſches/ ſcharbockiſches Gebluͤt/ von deme hernach allerhand ungelegenheit in dem menſchlichen Leib verurſachet werden. Jn dem feinen/ durch das Kalckwaſſer gerei- nigten ſchoͤn weiſſen Zucker/ findet ſich auch eine etzende/ von dem ungeloͤſchten Kalck herꝛuͤhrende Schaͤrffe/ welche allen innerli- chen theilen/ und ſonderlich der Lungen hoͤchſt ſchaͤdlich iſt. Dannenher zu den Syrupen und Conſerven/ mehr der grawe unfeine/ jedoch mit dem Eyerklar geſaͤuberte und in der kochung wohl abgeſchaumte/ als der mit Kalckwaſſer ſo ſchaͤdlich refinierte Zucker ſolle gebrauchet werden. Wenn man end- lich den Urſprung deß Zuckers bedencken wil/ kan man nicht anderſt urtheilen/ als daß er gleichſam ein Eſſential Saltz ſeye/ welches auß dem ſuͤſſen Safft oder Marck der Zucker- rohren geſotten worden. Welches Saltz neben ſeinem ſauren Geiſt/ viel oͤlichte Schwefel-geiſter in ſich haltet/ ſo da gleich einem Schwefel angezuͤndet werden koͤnnen; ſolche geiſtreiche theil erzeigen ſich einem je- den under der geſtalt kleiner heller Fuͤnck- lein/ wenn man in einem finſtern ort den Zucker wohl reibet. Gebrauch. Der Zucker hat viel jaͤſende oder johrende Theile bey ſich/ darumb er leicht in einen Jaſt gerathet/ und alles ſaur machet/ wo- mit er vermiſchet wird. Daher er auch vie- len Miltzeſuͤchtigen/ Melancholiſchen/ mit dem Scharbock/ oder Mutter-blaͤhungen behaffteten Perſohnen ſehr ſchaͤdlich/ und erwecket bey denſelben gleich inwendige Hi- tzen/ Jaſt/ Blaͤhungen des Leibs/ Grim- men/ Durchlauff/ Unwillen/ Bangigkei- ten/ Mutter-auffſteigen und dergleichen. Umb dieſer urſach willen ſoll man behutſam in dem Gebrauch des Zuckers/ und deren mit Zucker zubereiteten Artzneyen verfahren. Zucker wenn er ſchaͤdlich. Den Zucker kan man auff zweyerley weiß deſtillieren/ und alſo verſchiedene ſachen da- rauß ziehen. Denn erſtlich pflegt man thne nur entweder einfaͤltig und pur auß einem kolben glaß uͤber den Helm/ oder mit ſand vermiſchet auß einer Retorten in einẽ weiten Recipienten zu deſtillieren/ da denn ein geiſt- reiches Waſſer neben einem Oel heraußkom- men wird. Welche Matery/ ſo man ſie rectificiert/ den ſauren/ ſcharffen/ etwas e- tzenden Geiſt/ wie ein deſtillierten Wein-eſ- ſig/ oder Guajac-geiſt/ und ein fluͤchtiges Oel hergibt. Jn dem Kolben-glaß oder Retorten aber verbleibt annoch ein ſtincken- des oͤl/ neben dem fixen ſaltz und irdiſchen Theilgen/ welche nirgendzu gebraucht wer- den. Der deſtillierte ſaure Zucker-geiſt zer- laßt alle Cruſtacea, als Perlen/ Schnecken/ Corallen/ Stein/ und dergleichen. Etliche miſchen halb theil Salmiac under den Zu- cker/ und deſtillieren alſo den ſauren Geiſt auff obige weiß davon auß; bedienen ſich hernach deſſelben auff 6. biß 8. tropffen in Pappelen- oder Ehrenpreiß-waſſer zu Ab- treibung des Sands/ Grieſes und Schleims der Nieren/ und linderung oder verhuͤtung des Lendenwehes. Deſtilla- tion des Zuckers. Sand/ Schleim der Nierẽ. Wenn man aber den Zucker zuvor in fri- ſchem Waſſer zerlaͤßt/ hernach deß bey den Zuckerbecken ſich findenden Saurteigs da- runder miſcht/ und alſo fermentieren oder johren laͤßt/ hernach deſtillieret/ ſo gibt er einen brennenden Schwefel-geiſt/ gleich dem Brantenwein auß. Einen dienſtlichen Zucker-ſyrup bereite alſo: Nim̃ deß gemeinen Branntenweins/ der nicht wohl rectificiert iſt/ nach belieben/ miſche einen guten Candel-zucker darein/ ſo wird er ſich darinnen zerlaſſen/ und alſo ei- nen guten/ ſuͤßlichten Syrup abgeben/ wel- cher von etlichen Oleum Sacchari genennet wird. Andere nehmen an ſtatt des gemei- nen Branntenweins/ den Reckholder-brañ- tenwein/ Zucker-ſy- rup.

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/328>, abgerufen am 22.11.2024.