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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch]
Gestalt.

Die gemeine Tormentill/ Tormentilla vul-
garis, Park. Matth. officin. sylvestris, C. B.
hat eine
länglichte wurtzel/ mit viel knorren/ rund/ und
von farben braun-schwartz/ mit vielen za-
seln/ inwendig aber ist sie schön roth und leib-
farb/ am geschmack zusammenziehend/ tro-
cken und rauch wie die Eycheln. Von die-
ser wurtzel kommen jährlich im Aprillen her-
für dünne/ runde und zarte Stengelein/
wie die Bintzen-hälmer/ die werden nicht
viel über spannen lang/ etwann vier oder
fünff und bißweilen mehr/ dieselbigen sind
von unten an biß oben auß/ etwann gläichs
lang von einander/ mit tieff-zerspaltenen
blättlein bekleidet/ ein jedes blatt in sieben/
und auch etwann in 5. doch mehrentheils in
7. underschiedliche blättlein zertheilet/ und ge-
rings herum mit kleinen schnittlein zerkerfft.
Jm Mäyen erscheinen bleichgelbe blümlein/
den Fünfffingerkrauts-blümlein ähnlich/
außgenommen/ daß sie nur 4. blättlein haben.
Wenn die blättlein abfallen und vergehen/
folgen hernach kleine knöpfflein/ die sind an-
zusehen wie die anfangende Erdbeerknöpf-
lein. Nach Theod. Tabernaemontani Bericht
wächßt dieses Kraut viel in dem Gebürg/
im Waßgaw/ Ostwald/ Spessart und
Schwartzwald hin und wieder/ gemeinig-
lich aber da es viel Birckenbäume hat: Jn
etlichen orten auff dem Schwartzwald/ und
anderen obgemelten orten/ sonderlich da es
kühl und dunckel ist/ wird die Tormentill-
wurtzel drey oder viermal grösser/ als sie in
den gemeinen Birckenwälderen wächßt.

Jn dem Tirolischen Gebürg/ insonder-
heit umb den Piler-see/ da viel gute
Kräuter wachsen/ hat Camerarius ein art der
Tormentill gefunden/ welche viel grösser
ist als die gemeine/ denn die Wurtzel scheint
sehr groß und blutroth/ derowegen sie im
Schweitzerland und anderen orten Roth-
wurtz genant wird/ sie gibt auch einen lieb-
licheren geruch/ daher sie billich vor der ge-
meinen soll gebraucht werden. Jst allhier
auch abgemahlet/ wächßt häuffig und kräff-
tig auff den Schweitzerischen Alp-gebür-
gen; Tormentilla Alpina vulgaris major, C. B.
Diese Wurtzel samt den blumen der röth-
lichten Nessel in dem Bachofen gedörrt/ und
hernach zu Pulver gestossen/ solches alß-
Wunden-
bluten.
denn in die Wunden gestreuet/ solle das
hefftige bluten gewaltig stillen.

Eigenschafft.

Die in dem Mäy und Brachmonat ge-
samlete Tormentill-wurtzel ist mit einem
bitterlichten groben Saltz/ und vielen irrdi-
schen alkalischen etwas schwefelichten theil-
gen begabet/ tröcknet deßwegen/ ziehet zu-
sammen/ wiederstehet dem Gifft/ und stil-
let allerhand Bauch-und Blut-flüsse.

Gebrauch.
Flüß des
Haupts/
fallende
Sucht/
schwindel/
Hauptweh
von kalten
Flüssen/

Es ist die Tormentill-wurtzel ein herrli-
che Artzney wider die Flüsse des Haupts/
Fallende Sucht/ Schwindel/ und Haupt-
weh von kalten Flüssen/ man kan ein loth
dieser Wurtzel in einer maß Wasser sieden/
so lang als man ein hart Ey siedet/ und
nach belieben davon trincken. Dieser tranck
[Spaltenumbruch] heilet auch die verwundte Brust und Ge-verwunte
Brust und
Geschwär
der Lungen
Gifft/ Pest
allerley
Bauchflüß
rothe ruhr
Würm/
Frantzosen-
kranckheit.

schwär der Lungen/ stärcket das Hertz/ trei-
bet das Gifft auß dem Leib/ dienet wider die
Pest/ allerley Bauchflüß/ und die rothe
Ruhr/ tödtet die Würm und ist dienlich in
der Frantzosen-kranckheit.

Die krafft und Würckung der Tormen-
till-wurtz/ ist nach Tabernaemontani meinung/
deren ich gäntzlich beypflichte/ nicht außzu-
gründen/ noch zu beschreiben. Man hat die-
se wurtzel durch langwierigen gebrauch der-
massen wider die Pestilentz bewehrt befun-
den/ daß man heutiges tages schier kein
mittel angiebet/ die pestilentzische Vergiff-
tung zu verhüten oder außzutreiben/ es muß
die Tormentill-wurtzel dabey seyn.

Wenn jemanden ein starcker schauder o-Starcker
schauder
oder frost/
Pest.

der frost anstiesse/ und wüste nicht/ was da-
rauß werden wolte/ es wäre gleich in Ster-
bens-läufften oder zu andern zeiten/ der neh-
me alsobald ein halb quintlein Tormentill-
wurtzel und so viel Theriacks/ vermische es
mit drey loth Sauramff-wasser/ trincke es
auff einmahl ein/ und schwitze wol darauff
im Bett/ so gehet die Kranckheit durch den
Schweiß hinweg. Diese Artzney soll man
auch denen gebrauchen/ welche von der Pest
sind angegriffen worden/ denn sie bewäh-
ret ist.

Ferners findet man unter allen wurtzelnBauchflüß
weisse und
rothe ruhr

kaum eine/ die da besser ist wider alle bauch-
flüß/ rothe und weisse Ruhr/ man gibt den
Krancken ein quintlein schwer der gestossenen
Tormentill-wurtzel in einem Trüncklein
Wegrich-wasser auff zwey mahl ein.

Wenn die rothe Ruhr regieret/ sieden et-Rothe
Ruhr.

liche ein loth Tormentill-wurtzel in einer
maß Wasser/ so lang als man ein hart Ey
siedet/ und vermischen darnach ihren Wein
darmit. Andere legen die wurtzel zerschnit-
ten in ihren Wein/ und trincken darüber:
beydes ist wol gethan.

Den unmäßigen Blutgang der WeiberUnmäßi-
ger blut-
gang der
Weiber.

zu stillen/ ist bald kein dienlichere Artzney/
als die Tormentill-wurtzel/ man soll der
Frauen ein quintlein schwer dieser gestosse-
nen wurtzel in zwey mahl morgens und a-
bends eingeben. Deßgleichen sollen die Wei-
ber diese wurtzel in Wein legen/ oder ein
loth in einer maß Brunnwasser sieden/ und
darvon nach belieben trincken. SolcherStarcker
fluß der
gulden A-
der.

Tranck stillet auch den starcken Fluß der
gulden Adern.

Tormentill-wurtzel klein geschnitten und
in Wein gelegt/ ist ein nutzliche Artzney denSchwache
Leibsfrucht
unzeitige
Geburt.

schwangeren Weibern/ so sie darvon trin-
cken/ denn sie stärcket die schwache Frucht
in Mutterleib/ und verhütet die frühzeitige
Geburt. Solches thut auch das pulver/
bißweilen den dritten theil eines quintleins
mit einem weich-gesottenen Ey eingenom-
men.

Ein loth Tormentill-wurtzel in einer maßWeisser
Mutter-
fluß.

frisches Brunnwassers gesotten/ und sol-
ches ein Monat lang getruncken/ ist gut wi-
der den weissen Mutter-fluß.

Tormentill-wurtzel in Wasser gesotten/Wacklende
Zähn/ üb-
ler geruch
derselben.

und von der durchgesiegenen brühen im
Mund gehalten/ das Zahnfleisch auch da-
mit gewaschen/ befestiget die wacklenden

Zähne/
Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch]
Geſtalt.

Die gemeine Tormentill/ Tormentilla vul-
garis, Park. Matth. officin. ſylveſtris, C. B.
hat eine
laͤnglichte wurtzel/ mit viel knorꝛen/ rund/ uñ
von farben braun-ſchwartz/ mit vielen za-
ſeln/ inwendig aber iſt ſie ſchoͤn roth uñ leib-
farb/ am geſchmack zuſammenziehend/ tro-
cken und rauch wie die Eycheln. Von die-
ſer wurtzel kommen jaͤhrlich im Aprillen her-
fuͤr duͤnne/ runde und zarte Stengelein/
wie die Bintzen-haͤlmer/ die werden nicht
viel uͤber ſpannen lang/ etwann vier oder
fuͤnff und bißweilen mehr/ dieſelbigen ſind
von unten an biß oben auß/ etwann glaͤichs
lang von einander/ mit tieff-zerſpaltenen
blaͤttlein bekleidet/ ein jedes blatt in ſieben/
und auch etwann in 5. doch mehrentheils in
7. underſchiedliche blaͤttlein zertheilet/ uñ ge-
rings herum mit kleinen ſchnittlein zerkerfft.
Jm Maͤyen erſcheinen bleichgelbe bluͤmlein/
den Fuͤnfffingerkrauts-bluͤmlein aͤhnlich/
außgenom̃en/ daß ſie nur 4. blaͤttlein haben.
Wenn die blaͤttlein abfallen und vergehen/
folgen hernach kleine knoͤpfflein/ die ſind an-
zuſehen wie die anfangende Erdbeerknoͤpf-
lein. Nach Theod. Tabernæmontani Bericht
waͤchßt dieſes Kraut viel in dem Gebuͤrg/
im Waßgaw/ Oſtwald/ Speſſart und
Schwartzwald hin und wieder/ gemeinig-
lich aber da es viel Birckenbaͤume hat: Jn
etlichen orten auff dem Schwartzwald/ und
anderen obgemelten orten/ ſonderlich da es
kuͤhl und dunckel iſt/ wird die Tormentill-
wurtzel drey oder viermal groͤſſer/ als ſie in
den gemeinen Birckenwaͤlderen waͤchßt.

Jn dem Tiroliſchen Gebuͤrg/ inſonder-
heit umb den Piler-ſee/ da viel gute
Kraͤuter wachſen/ hat Camerarius ein art der
Tormentill gefunden/ welche viel groͤſſer
iſt als die gemeine/ denn die Wurtzel ſcheint
ſehr groß und blutroth/ derowegen ſie im
Schweitzerland und anderen orten Roth-
wurtz genant wird/ ſie gibt auch einen lieb-
licheren geruch/ daher ſie billich vor der ge-
meinen ſoll gebraucht werden. Jſt allhier
auch abgemahlet/ waͤchßt haͤuffig und kraͤff-
tig auff den Schweitzeriſchen Alp-gebuͤr-
gen; Tormentilla Alpina vulgaris major, C. B.
Dieſe Wurtzel ſamt den blumen der roͤth-
lichten Neſſel in dem Bachofen gedoͤrꝛt/ und
hernach zu Pulver geſtoſſen/ ſolches alß-
Wunden-
bluten.
denn in die Wunden geſtreuet/ ſolle das
hefftige bluten gewaltig ſtillen.

Eigenſchafft.

Die in dem Maͤy und Brachmonat ge-
ſamlete Tormentill-wurtzel iſt mit einem
bitterlichten groben Saltz/ und vielen irꝛdi-
ſchen alkaliſchen etwas ſchwefelichten theil-
gen begabet/ troͤcknet deßwegen/ ziehet zu-
ſammen/ wiederſtehet dem Gifft/ und ſtil-
let allerhand Bauch-und Blut-fluͤſſe.

Gebrauch.
Fluͤß des
Haupts/
fallende
Sucht/
ſchwindel/
Hauptweh
von kalten
Fluͤſſen/

Es iſt die Tormentill-wurtzel ein herꝛli-
che Artzney wider die Fluͤſſe des Haupts/
Fallende Sucht/ Schwindel/ und Haupt-
weh von kalten Fluͤſſen/ man kan ein loth
dieſer Wurtzel in einer maß Waſſer ſieden/
ſo lang als man ein hart Ey ſiedet/ und
nach belieben davon trincken. Dieſer tranck
[Spaltenumbruch] heilet auch die verwundte Bruſt und Ge-verwunte
Bruſt und
Geſchwaͤr
der Lungen
Gifft/ Peſt
allerley
Bauchfluͤß
rothe ruhr
Wuͤrm/
Frantzoſẽ-
kranckheit.

ſchwaͤr der Lungen/ ſtaͤrcket das Hertz/ trei-
bet das Gifft auß dem Leib/ dienet wider die
Peſt/ allerley Bauchfluͤß/ und die rothe
Ruhr/ toͤdtet die Wuͤrm und iſt dienlich in
der Frantzoſen-kranckheit.

Die krafft und Wuͤrckung der Tormen-
till-wurtz/ iſt nach Tabernæmontani meinung/
deren ich gaͤntzlich beypflichte/ nicht außzu-
gruͤnden/ noch zu beſchreiben. Man hat die-
ſe wurtzel durch langwierigen gebrauch der-
maſſen wider die Peſtilentz bewehrt befun-
den/ daß man heutiges tages ſchier kein
mittel angiebet/ die peſtilentziſche Vergiff-
tung zu verhuͤten oder außzutreiben/ es muß
die Tormentill-wurtzel dabey ſeyn.

Wenn jemanden ein ſtarcker ſchauder o-Starcker
ſchauder
oder froſt/
Peſt.

der froſt anſtieſſe/ und wuͤſte nicht/ was da-
rauß werden wolte/ es waͤre gleich in Ster-
bens-laͤufften oder zu andern zeiten/ der neh-
me alſobald ein halb quintlein Tormentill-
wurtzel und ſo viel Theriacks/ vermiſche es
mit drey loth Sauramff-waſſer/ trincke es
auff einmahl ein/ und ſchwitze wol darauff
im Bett/ ſo gehet die Kranckheit durch den
Schweiß hinweg. Dieſe Artzney ſoll man
auch denen gebrauchen/ welche von der Peſt
ſind angegriffen worden/ denn ſie bewaͤh-
ret iſt.

Ferners findet man unter allen wurtzelnBauchfluͤß
weiſſe und
rothe ruhr

kaum eine/ die da beſſer iſt wider alle bauch-
fluͤß/ rothe und weiſſe Ruhr/ man gibt den
Krancken ein quintlein ſchwer der geſtoſſenen
Tormentill-wurtzel in einem Truͤncklein
Wegrich-waſſer auff zwey mahl ein.

Wenn die rothe Ruhr regieret/ ſieden et-Rothe
Ruhr.

liche ein loth Tormentill-wurtzel in einer
maß Waſſer/ ſo lang als man ein hart Ey
ſiedet/ und vermiſchen darnach ihren Wein
darmit. Andere legen die wurtzel zerſchnit-
ten in ihren Wein/ und trincken daruͤber:
beydes iſt wol gethan.

Den unmaͤßigen Blutgang der WeiberUnmaͤßi-
ger blut-
gang der
Weiber.

zu ſtillen/ iſt bald kein dienlichere Artzney/
als die Tormentill-wurtzel/ man ſoll der
Frauen ein quintlein ſchwer dieſer geſtoſſe-
nen wurtzel in zwey mahl morgens und a-
bends eingeben. Deßgleichen ſollen die Wei-
ber dieſe wurtzel in Wein legen/ oder ein
loth in einer maß Brunnwaſſer ſieden/ und
darvon nach belieben trincken. SolcherStarcker
fluß der
gulden A-
der.

Tranck ſtillet auch den ſtarcken Fluß der
gulden Adern.

Tormentill-wurtzel klein geſchnitten und
in Wein gelegt/ iſt ein nutzliche Artzney denSchwache
Leibsfꝛucht
unzeitige
Geburt.

ſchwangeren Weibern/ ſo ſie darvon trin-
cken/ denn ſie ſtaͤrcket die ſchwache Frucht
in Mutterleib/ und verhuͤtet die fruͤhzeitige
Geburt. Solches thut auch das pulver/
bißweilen den dritten theil eines quintleins
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men.

Ein loth Tormentill-wurtzel in einer maßWeiſſer
Mutter-
fluß.

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ches ein Monat lang getruncken/ iſt gut wi-
der den weiſſen Mutter-fluß.

Tormentill-wurtzel in Waſſer geſotten/Wacklende
Zaͤhn/ uͤb-
ler geruch
derſelben.

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[863/0879] Von den Kraͤuteren. Geſtalt. Die gemeine Tormentill/ Tormentilla vul- garis, Park. Matth. officin. ſylveſtris, C. B. hat eine laͤnglichte wurtzel/ mit viel knorꝛen/ rund/ uñ von farben braun-ſchwartz/ mit vielen za- ſeln/ inwendig aber iſt ſie ſchoͤn roth uñ leib- farb/ am geſchmack zuſammenziehend/ tro- cken und rauch wie die Eycheln. Von die- ſer wurtzel kommen jaͤhrlich im Aprillen her- fuͤr duͤnne/ runde und zarte Stengelein/ wie die Bintzen-haͤlmer/ die werden nicht viel uͤber ſpannen lang/ etwann vier oder fuͤnff und bißweilen mehr/ dieſelbigen ſind von unten an biß oben auß/ etwann glaͤichs lang von einander/ mit tieff-zerſpaltenen blaͤttlein bekleidet/ ein jedes blatt in ſieben/ und auch etwann in 5. doch mehrentheils in 7. underſchiedliche blaͤttlein zertheilet/ uñ ge- rings herum mit kleinen ſchnittlein zerkerfft. Jm Maͤyen erſcheinen bleichgelbe bluͤmlein/ den Fuͤnfffingerkrauts-bluͤmlein aͤhnlich/ außgenom̃en/ daß ſie nur 4. blaͤttlein haben. Wenn die blaͤttlein abfallen und vergehen/ folgen hernach kleine knoͤpfflein/ die ſind an- zuſehen wie die anfangende Erdbeerknoͤpf- lein. Nach Theod. Tabernæmontani Bericht waͤchßt dieſes Kraut viel in dem Gebuͤrg/ im Waßgaw/ Oſtwald/ Speſſart und Schwartzwald hin und wieder/ gemeinig- lich aber da es viel Birckenbaͤume hat: Jn etlichen orten auff dem Schwartzwald/ und anderen obgemelten orten/ ſonderlich da es kuͤhl und dunckel iſt/ wird die Tormentill- wurtzel drey oder viermal groͤſſer/ als ſie in den gemeinen Birckenwaͤlderen waͤchßt. Jn dem Tiroliſchen Gebuͤrg/ inſonder- heit umb den Piler-ſee/ da viel gute Kraͤuter wachſen/ hat Camerarius ein art der Tormentill gefunden/ welche viel groͤſſer iſt als die gemeine/ denn die Wurtzel ſcheint ſehr groß und blutroth/ derowegen ſie im Schweitzerland und anderen orten Roth- wurtz genant wird/ ſie gibt auch einen lieb- licheren geruch/ daher ſie billich vor der ge- meinen ſoll gebraucht werden. Jſt allhier auch abgemahlet/ waͤchßt haͤuffig und kraͤff- tig auff den Schweitzeriſchen Alp-gebuͤr- gen; Tormentilla Alpina vulgaris major, C. B. Dieſe Wurtzel ſamt den blumen der roͤth- lichten Neſſel in dem Bachofen gedoͤrꝛt/ und hernach zu Pulver geſtoſſen/ ſolches alß- denn in die Wunden geſtreuet/ ſolle das hefftige bluten gewaltig ſtillen. Wunden- bluten. Eigenſchafft. Die in dem Maͤy und Brachmonat ge- ſamlete Tormentill-wurtzel iſt mit einem bitterlichten groben Saltz/ und vielen irꝛdi- ſchen alkaliſchen etwas ſchwefelichten theil- gen begabet/ troͤcknet deßwegen/ ziehet zu- ſammen/ wiederſtehet dem Gifft/ und ſtil- let allerhand Bauch-und Blut-fluͤſſe. Gebrauch. Es iſt die Tormentill-wurtzel ein herꝛli- che Artzney wider die Fluͤſſe des Haupts/ Fallende Sucht/ Schwindel/ und Haupt- weh von kalten Fluͤſſen/ man kan ein loth dieſer Wurtzel in einer maß Waſſer ſieden/ ſo lang als man ein hart Ey ſiedet/ und nach belieben davon trincken. Dieſer tranck heilet auch die verwundte Bruſt und Ge- ſchwaͤr der Lungen/ ſtaͤrcket das Hertz/ trei- bet das Gifft auß dem Leib/ dienet wider die Peſt/ allerley Bauchfluͤß/ und die rothe Ruhr/ toͤdtet die Wuͤrm und iſt dienlich in der Frantzoſen-kranckheit. verwunte Bruſt und Geſchwaͤr der Lungen Gifft/ Peſt allerley Bauchfluͤß rothe ruhr Wuͤrm/ Frantzoſẽ- kranckheit. Die krafft und Wuͤrckung der Tormen- till-wurtz/ iſt nach Tabernæmontani meinung/ deren ich gaͤntzlich beypflichte/ nicht außzu- gruͤnden/ noch zu beſchreiben. Man hat die- ſe wurtzel durch langwierigen gebrauch der- maſſen wider die Peſtilentz bewehrt befun- den/ daß man heutiges tages ſchier kein mittel angiebet/ die peſtilentziſche Vergiff- tung zu verhuͤten oder außzutreiben/ es muß die Tormentill-wurtzel dabey ſeyn. Wenn jemanden ein ſtarcker ſchauder o- der froſt anſtieſſe/ und wuͤſte nicht/ was da- rauß werden wolte/ es waͤre gleich in Ster- bens-laͤufften oder zu andern zeiten/ der neh- me alſobald ein halb quintlein Tormentill- wurtzel und ſo viel Theriacks/ vermiſche es mit drey loth Sauramff-waſſer/ trincke es auff einmahl ein/ und ſchwitze wol darauff im Bett/ ſo gehet die Kranckheit durch den Schweiß hinweg. Dieſe Artzney ſoll man auch denen gebrauchen/ welche von der Peſt ſind angegriffen worden/ denn ſie bewaͤh- ret iſt. Starcker ſchauder oder froſt/ Peſt. Ferners findet man unter allen wurtzeln kaum eine/ die da beſſer iſt wider alle bauch- fluͤß/ rothe und weiſſe Ruhr/ man gibt den Krancken ein quintlein ſchwer der geſtoſſenen Tormentill-wurtzel in einem Truͤncklein Wegrich-waſſer auff zwey mahl ein. Bauchfluͤß weiſſe und rothe ruhr Wenn die rothe Ruhr regieret/ ſieden et- liche ein loth Tormentill-wurtzel in einer maß Waſſer/ ſo lang als man ein hart Ey ſiedet/ und vermiſchen darnach ihren Wein darmit. Andere legen die wurtzel zerſchnit- ten in ihren Wein/ und trincken daruͤber: beydes iſt wol gethan. Rothe Ruhr. Den unmaͤßigen Blutgang der Weiber zu ſtillen/ iſt bald kein dienlichere Artzney/ als die Tormentill-wurtzel/ man ſoll der Frauen ein quintlein ſchwer dieſer geſtoſſe- nen wurtzel in zwey mahl morgens und a- bends eingeben. Deßgleichen ſollen die Wei- ber dieſe wurtzel in Wein legen/ oder ein loth in einer maß Brunnwaſſer ſieden/ und darvon nach belieben trincken. Solcher Tranck ſtillet auch den ſtarcken Fluß der gulden Adern. Unmaͤßi- ger blut- gang der Weiber. Starcker fluß der gulden A- der. Tormentill-wurtzel klein geſchnitten und in Wein gelegt/ iſt ein nutzliche Artzney den ſchwangeren Weibern/ ſo ſie darvon trin- cken/ denn ſie ſtaͤrcket die ſchwache Frucht in Mutterleib/ und verhuͤtet die fruͤhzeitige Geburt. Solches thut auch das pulver/ bißweilen den dritten theil eines quintleins mit einem weich-geſottenen Ey eingenom- men. Schwache Leibsfꝛucht unzeitige Geburt. Ein loth Tormentill-wurtzel in einer maß friſches Brunnwaſſers geſotten/ und ſol- ches ein Monat lang getruncken/ iſt gut wi- der den weiſſen Mutter-fluß. Weiſſer Mutter- fluß. Tormentill-wurtzel in Waſſer geſotten/ und von der durchgeſiegenen bruͤhen im Mund gehalten/ das Zahnfleiſch auch da- mit gewaſchen/ befeſtiget die wacklenden Zaͤhne/ Wacklende Zaͤhn/ uͤb- ler geruch derſelben.

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 863. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/879>, abgerufen am 23.11.2024.