Das Leber-blümlein hat neben vielen ir- dischen und sehr wenig flüchtig- öligen theil- gen auch ein alkalisches/ groblichtes saltz/ und dadurch die eigenschafft zu kühlen/ zu trocknen/ anzuhalten/ Wunden und Ge- schwär zu säuberen und zu heilen. Man kan zu dem end dieß kraut in dem Hewmonat/ oder anfang des Augstmonats einsamlen/ der same wird erst im Herbstmonat/ oder später zeitig/ und wird gerühmet zum Harntreiben/ und verstopffungen zu eröfnen.
Gebrauch.
Es kan dieses kräutlein gleich dem Win- tergrün/ oder Sanickel gebraucht werden/ weilen sie einerley krafft zusammen haben.
Jch habe mithin eine Essentz von diesem kraut mit Brantenwein gemacht/ und solche ein wenig inspissirt, welche mir demnach her- Wunden und Schä- den.lich zu heilung allerhand wunden und schä- den gedienet/ so wol äusserlich als innerlich auf 20. und mehr tropffen täglich gebraucht.
Schleim und Grieß der Nieren
Ein quintlein von dem samen bißweilen eingenommen/ treibt schleim und grieß durch den Harn und reiniget die Nieren.
Ein köstliches Wund-tranck: Nim Sas- safraß-holtz 2. loth/ Leberblümlein-kraut und blumen/ drey handvoll/ Wintergrün ein handvoll/ Sanickel/ Singrün/ Mäyen- blüml[e]in/ Lindenblüt/ jedes ein halbe hand- voll/ zerschneide diese stück under einander/ thue sie in ein Kannen/ giesse anderthalb maß destilliert Betonien-wasser darüber/ verma- che oder verlutiere den deckel der Kannen wol/ laß es in einem kessel mit wasser 4. stund lang wol sieden/ seige es folgends und tru- cke es durch ein grobes tuch/ und gibe einem verwundten Patienten alle Morgen und Abend 4. loth davon zu trincken. Jst son- Haupt- wunden.derlich in denen Wunden des Haupts be- währt gefunden worden/ da man äusserlich zugleich das Betonien-pflaster gebraucht.
1. Das gemeine Gliedkraut/ Sideritis vul- garis hirsuta erecta, C. B. vulgaris hirsuta, J. B. hat eine kleine/ gelb- und zaselichte wurtzel. Die blätter vergleichen sich dem Andorn/ außgenommen daß sie länger sind/ etlicher massen den Salbeyen-und Eychen-blättern gleich/ aber kleiner/ rauch/ runtzlicht/ und gerings herumb mit vielen schnittlein zer- kerfft. Die stengel sind viereckicht und haa- rig/ fast anderthalb spannen lang/ haben viel neben-zweiglein/ zwischen den blättern er- scheinen runde knöpflein/ den Spinn-wir- teln gleich/ wie an dem Andorn auch zu se- hen/ die stehen voller schöner weißgelber Blümlein/ welchen ein schwartzer Sa- [Spaltenumbruch]
[Abbildung]
Gemein Gliedkraut.Sideritis vulgaris hirsuta. men nachfolget. Dieses Gewächs hat ein zimlich lieblichen Geruch/ und ist am Ge- schmack etwas herb und zusammenziehend. Man findet es an steinichten/ trockenen hü- geln und rechen/ deßgleichen auff den ber- gen/ die der Sonnen wol gelegen sind/ und dieweil es hin und wider in unseren Teutsch- land wol zu bekommen ist/ wird es nicht in den Lustgärten gezielet. Es wächßt viel umb Wien in Oestereich.
2. Das nidrige Gliedkraut/ Sideritis Al- sines Trissaginis foliis, C. B. hat ein kleine dünn-harige wurtzel. Der stengel ist schuhs- lang/ viereckicht/ und ein wenig rauch von haaren/ welcher alßbald bey seinem ursprung in neben-ästlein/ und diese widerumb in an- dere auff die Erden gebogene nebenzweig- lein/ außgetheilet wird/ gleich wie an dem Hünerdarm mit Gamanderlein-blättern/ welchen es doch an grösse weit übertrifft: der blättern find wenig/ an gestalt des vor- gedachten Hünerdarms/ jedoch grösser und am umbkreiß zerkerfft: bey dem anfang der blättern erscheinen/ auß rauchlichten kelch- lein oder knöpflein/ liechtblawe/ ablange blu- men/ welchen ein kleiner rundlichter samen nachfolget. Dieses wird umb Straßburg gesunden.
3. Das dritte geschlecht des Gliedkrauts/ Sideritis arvensis latifolia glabra, C. B. glabra ar- vensis, J. B. wächßt allhier am gestad des Wie- senflußs gegen kleinen Hüningen/ wie auch umb Montpelier und Languedock/ in Franckreich.
4. Das vierte geschlecht des Gliedkrauts/ Sideritis hirsuta procumbens, C. B. Sideritis Clu- sio Hispanica, hirsuta, J. B. wächßt bey Re- genspurg auff den Matten/ nicht weit von der Donaw. Man findets auch am Meer
ligen-
O o o o o 3
Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch]
Eigenſchafft.
Das Leber-bluͤmlein hat neben vielen ir- diſchen und ſehr wenig fluͤchtig- oͤligen theil- gen auch ein alkaliſches/ groblichtes ſaltz/ und dadurch die eigenſchafft zu kuͤhlen/ zu trocknen/ anzuhalten/ Wunden und Ge- ſchwaͤr zu ſaͤuberen und zu heilen. Man kan zu dem end dieß kraut in dem Hewmonat/ oder anfang des Augſtmonats einſamlen/ der ſame wird erſt im Herbſtmonat/ oder ſpaͤter zeitig/ und wird geruͤhmet zum Harntreiben/ und verſtopffungen zu eroͤfnen.
Gebrauch.
Es kan dieſes kraͤutlein gleich dem Win- tergruͤn/ oder Sanickel gebraucht werden/ weilen ſie einerley krafft zuſammen haben.
Jch habe mithin eine Eſſentz von dieſem kraut mit Brantenwein gemacht/ und ſolche ein wenig inſpiſſirt, welche mir demnach her- Wunden und Schaͤ- den.lich zu heilung allerhand wunden und ſchaͤ- den gedienet/ ſo wol aͤuſſerlich als innerlich auf 20. und mehr tropffen taͤglich gebraucht.
Schleim und Grieß der Nieren
Ein quintlein von dem ſamen bißweilen eingenommen/ treibt ſchleim und grieß durch den Harn und reiniget die Nieren.
Ein koͤſtliches Wund-tranck: Nim Saſ- ſafraß-holtz 2. loth/ Leberbluͤmlein-kraut und blumen/ drey handvoll/ Wintergruͤn ein handvoll/ Sanickel/ Singruͤn/ Maͤyen- bluͤml[e]in/ Lindenbluͤt/ jedes ein halbe hand- voll/ zerſchneide dieſe ſtuͤck under einander/ thue ſie in ein Kannen/ gieſſe anderthalb maß deſtilliert Betonien-waſſer daruͤber/ verma- che oder verlutiere den deckel der Kannen wol/ laß es in einem keſſel mit waſſer 4. ſtund lang wol ſieden/ ſeige es folgends und tru- cke es durch ein grobes tuch/ und gibe einem verwundten Patienten alle Morgen und Abend 4. loth davon zu trincken. Jſt ſon- Haupt- wunden.derlich in denen Wunden des Haupts be- waͤhrt gefunden worden/ da man aͤuſſerlich zugleich das Betonien-pflaſter gebraucht.
1. Das gemeine Gliedkraut/ Sideritis vul- garis hirſuta erecta, C. B. vulgaris hirſuta, J. B. hat eine kleine/ gelb- und zaſelichte wurtzel. Die blaͤtter vergleichen ſich dem Andorn/ außgenommen daß ſie laͤnger ſind/ etlicher maſſen den Salbeyen-und Eychen-blaͤttern gleich/ aber kleiner/ rauch/ runtzlicht/ und gerings herumb mit vielen ſchnittlein zer- kerfft. Die ſtengel ſind viereckicht und haa- rig/ faſt anderthalb ſpannen lang/ haben viel neben-zweiglein/ zwiſchen den blaͤttern er- ſcheinen runde knoͤpflein/ den Spinn-wir- teln gleich/ wie an dem Andorn auch zu ſe- hen/ die ſtehen voller ſchoͤner weißgelber Bluͤmlein/ welchen ein ſchwartzer Sa- [Spaltenumbruch]
[Abbildung]
Gemein Gliedkraut.Sideritis vulgaris hirſuta. men nachfolget. Dieſes Gewaͤchs hat ein zimlich lieblichen Geruch/ und iſt am Ge- ſchmack etwas herb und zuſammenziehend. Man findet es an ſteinichten/ trockenen huͤ- geln und rechen/ deßgleichen auff den ber- gen/ die der Sonnen wol gelegen ſind/ und dieweil es hin und wider in unſerẽ Teutſch- land wol zu bekommen iſt/ wird es nicht in den Luſtgaͤrten gezielet. Es waͤchßt viel umb Wien in Oeſtereich.
2. Das nidrige Gliedkraut/ Sideritis Al- ſines Triſſaginis foliis, C. B. hat ein kleine duͤnn-harige wurtzel. Der ſtengel iſt ſchuhs- lang/ viereckicht/ und ein wenig rauch von haaren/ welcher alßbald bey ſeinem urſprung in neben-aͤſtlein/ und dieſe widerumb in an- dere auff die Erden gebogene nebenzweig- lein/ außgetheilet wird/ gleich wie an dem Huͤnerdarm mit Gamanderlein-blaͤttern/ welchen es doch an groͤſſe weit uͤbertrifft: der blaͤttern find wenig/ an geſtalt des vor- gedachten Huͤnerdarms/ jedoch groͤſſer und am umbkreiß zerkerfft: bey dem anfang der blaͤttern erſcheinen/ auß rauchlichten kelch- lein oder knoͤpflein/ liechtblawe/ ablange blu- men/ welchen ein kleiner rundlichter ſamen nachfolget. Dieſes wird umb Straßburg geſunden.
3. Das dritte geſchlecht des Gliedkrauts/ Sideritis arvenſis latifolia glabra, C. B. glabra ar- venſis, J. B. waͤchßt allhier am geſtad des Wie- ſenflußs gegen kleinen Huͤningen/ wie auch umb Montpelier und Languedock/ in Franckreich.
4. Das vierte geſchlecht des Gliedkrauts/ Sideritis hirſuta procumbens, C. B. Sideritis Clu- ſio Hiſpanica, hirſuta, J. B. waͤchßt bey Re- genſpurg auff den Matten/ nicht weit von der Donaw. Man findets auch am Meer
ligen-
O o o o o 3
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[845/0861]
Von den Kraͤuteren.
Eigenſchafft.
Das Leber-bluͤmlein hat neben vielen ir-
diſchen und ſehr wenig fluͤchtig- oͤligen theil-
gen auch ein alkaliſches/ groblichtes ſaltz/
und dadurch die eigenſchafft zu kuͤhlen/ zu
trocknen/ anzuhalten/ Wunden und Ge-
ſchwaͤr zu ſaͤuberen und zu heilen. Man kan
zu dem end dieß kraut in dem Hewmonat/
oder anfang des Augſtmonats einſamlen/
der ſame wird erſt im Herbſtmonat/ oder
ſpaͤter zeitig/ und wird geruͤhmet zum
Harntreiben/ und verſtopffungen zu eroͤfnen.
Gebrauch.
Es kan dieſes kraͤutlein gleich dem Win-
tergruͤn/ oder Sanickel gebraucht werden/
weilen ſie einerley krafft zuſammen haben.
Jch habe mithin eine Eſſentz von dieſem
kraut mit Brantenwein gemacht/ und ſolche
ein wenig inſpiſſirt, welche mir demnach her-
lich zu heilung allerhand wunden und ſchaͤ-
den gedienet/ ſo wol aͤuſſerlich als innerlich
auf 20. und mehr tropffen taͤglich gebraucht.
Wunden
und Schaͤ-
den.
Ein quintlein von dem ſamen bißweilen
eingenommen/ treibt ſchleim und grieß durch
den Harn und reiniget die Nieren.
Ein koͤſtliches Wund-tranck: Nim Saſ-
ſafraß-holtz 2. loth/ Leberbluͤmlein-kraut und
blumen/ drey handvoll/ Wintergruͤn ein
handvoll/ Sanickel/ Singruͤn/ Maͤyen-
bluͤmlein/ Lindenbluͤt/ jedes ein halbe hand-
voll/ zerſchneide dieſe ſtuͤck under einander/
thue ſie in ein Kannen/ gieſſe anderthalb maß
deſtilliert Betonien-waſſer daruͤber/ verma-
che oder verlutiere den deckel der Kannen
wol/ laß es in einem keſſel mit waſſer 4. ſtund
lang wol ſieden/ ſeige es folgends und tru-
cke es durch ein grobes tuch/ und gibe einem
verwundten Patienten alle Morgen und
Abend 4. loth davon zu trincken. Jſt ſon-
derlich in denen Wunden des Haupts be-
waͤhrt gefunden worden/ da man aͤuſſerlich
zugleich das Betonien-pflaſter gebraucht.
Haupt-
wunden.
CAPUT XVI.
Gliedkraut. Sideritis.
Namen.
GLiedkraut heißt Griechiſch/ _,
_. Lateiniſch/ Sideritis, Hera-
clea, Ferruminatrix. Jtaliaͤniſch/ Si-
derite. Engliſch/ Wallſage. Niderlaͤndiſch/
Glidkruyt.
Geſchlecht und Geſtalt.
1. Das gemeine Gliedkraut/ Sideritis vul-
garis hirſuta erecta, C. B. vulgaris hirſuta, J. B.
hat eine kleine/ gelb- und zaſelichte wurtzel.
Die blaͤtter vergleichen ſich dem Andorn/
außgenommen daß ſie laͤnger ſind/ etlicher
maſſen den Salbeyen-und Eychen-blaͤttern
gleich/ aber kleiner/ rauch/ runtzlicht/ und
gerings herumb mit vielen ſchnittlein zer-
kerfft. Die ſtengel ſind viereckicht und haa-
rig/ faſt anderthalb ſpannen lang/ haben viel
neben-zweiglein/ zwiſchen den blaͤttern er-
ſcheinen runde knoͤpflein/ den Spinn-wir-
teln gleich/ wie an dem Andorn auch zu ſe-
hen/ die ſtehen voller ſchoͤner weißgelber
Bluͤmlein/ welchen ein ſchwartzer Sa-
[Abbildung Gemein Gliedkraut. Sideritis
vulgaris hirſuta.
]
men nachfolget. Dieſes Gewaͤchs hat ein
zimlich lieblichen Geruch/ und iſt am Ge-
ſchmack etwas herb und zuſammenziehend.
Man findet es an ſteinichten/ trockenen huͤ-
geln und rechen/ deßgleichen auff den ber-
gen/ die der Sonnen wol gelegen ſind/ und
dieweil es hin und wider in unſerẽ Teutſch-
land wol zu bekommen iſt/ wird es nicht in
den Luſtgaͤrten gezielet. Es waͤchßt viel umb
Wien in Oeſtereich.
2. Das nidrige Gliedkraut/ Sideritis Al-
ſines Triſſaginis foliis, C. B. hat ein kleine
duͤnn-harige wurtzel. Der ſtengel iſt ſchuhs-
lang/ viereckicht/ und ein wenig rauch von
haaren/ welcher alßbald bey ſeinem urſprung
in neben-aͤſtlein/ und dieſe widerumb in an-
dere auff die Erden gebogene nebenzweig-
lein/ außgetheilet wird/ gleich wie an dem
Huͤnerdarm mit Gamanderlein-blaͤttern/
welchen es doch an groͤſſe weit uͤbertrifft:
der blaͤttern find wenig/ an geſtalt des vor-
gedachten Huͤnerdarms/ jedoch groͤſſer und
am umbkreiß zerkerfft: bey dem anfang der
blaͤttern erſcheinen/ auß rauchlichten kelch-
lein oder knoͤpflein/ liechtblawe/ ablange blu-
men/ welchen ein kleiner rundlichter ſamen
nachfolget. Dieſes wird umb Straßburg
geſunden.
3. Das dritte geſchlecht des Gliedkrauts/
Sideritis arvenſis latifolia glabra, C. B. glabra ar-
venſis, J. B. waͤchßt allhier am geſtad des Wie-
ſenflußs gegen kleinen Huͤningen/ wie auch
umb Montpelier und Languedock/ in
Franckreich.
4. Das vierte geſchlecht des Gliedkrauts/
Sideritis hirſuta procumbens, C. B. Sideritis Clu-
ſio Hiſpanica, hirſuta, J. B. waͤchßt bey Re-
genſpurg auff den Matten/ nicht weit von
der Donaw. Man findets auch am Meer
ligen-
O o o o o 3
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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/861>, abgerufen am 21.11.2024.
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