Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch]


CAPUT CX.
[Abbildung] Cretischer Dictam. Dictamnus
Creticus.

Namen.

CRetischer oder edler Dictam heißt Grie-
chisch/ [fremdsprachliches Material - 3 Wörter fehlen],
[fremdsprachliches Material - 3 Wörter fehlen]. Lateinisch/
Dictamnus Creticus, Dictamnum Creticum,
Dictamnus, Dictamnum, Dictamnum verum,

Jtaliänisch/ Dittanno diCandia. Frantzösisch/
Dictame. Spanisch/ Ditamo. Englisch/ Dit-
tainder/ Dittany/ Garden ginger/ Frensch
Diptammer.

Gestalt.

Der Cretische Dictam stoßt von einer
Wurtzel viel harte/ runde Gertlein oder
Stengelein über sich/ daran stehen die run-
den blätter/ je zwey gegen einander gesetzt/
sind viel grösser und dicker als der Poley. Er
bringt oben seine purpurfarbe schüppichte
Blumen/ fast in der Gestalt wie Hopffen.
Die Wurtzel ist vielfältig. Das gantze Ge-
wächs gibt einen geruch fast wie Poley. Man
bringet ihn auß Creta/ jetzunder Candia ge-
nannt/ über Venedig zu uns. Er gehet
wol auff von dem Samen/ wil aber gute
wartung haben/ daß er in dem Winter nicht
verderbe. Welcher Camerario auß Jtalien
ist zugeschickt worden/ hat sich wol gemeh-
ret/ und starck geblühet/ aber dieweil er im
Herbst nicht in viel Stöcklein zertheilt wa-
re/ ist er gegen dem Frühling verdorben.

Der Cretische Dictam/ so in Candia
wächßt/ hat dickere und haarigere Blätter/
welcher aber in den Jtaliänischen Gärten
gepflantzet wird/ überkomt grössere blätter/
die nicht gar graw sind. Jn Sardinia
bringt er kleine/ weisse und sehr wolriechen-
de Blätter.

[Spaltenumbruch]

Damit die Apothecker in einkauffung des
Dictams nicht betrogen werden/ so dienet
ihnen zur nachricht/ daß zweyerley Dictam
feil getragen werden/ ein wahrer guter/ und
ein falscher vermeinter. Der wahre Di-
ctam/ welcher allein in den Apothecken soll
gebraucht werden/ hat schwartze Stengel/
der falsche aber hat weisse/ an den Blätte-
ren aber lassen sie sich nicht unterscheiden.

Eigenschafft.

Der Cretische Dictam/ dessen Blätter al-
lein im gebrauch sind/ ist warm und trocken
im dritten grad; hat auch ein scharffes/
flüchtiges/ etwas ölichtes saltz bey sich/ und
daher gantz gleiche Eigenschafft mit dem
Poley.

Gebrauch.

Der Cretische Dictam hat gleiche Tugen-Gifft/ zu-
ruckblei-
bende mo-
natliche
reinigung/
Geburt und
Nachge-
burt/ abge-
storbene
Frucht/
schwere ni-
derkunfft.

den wie der Poley/ sind doch kräfftiger. Er
widerstehet allem Gifft/ daher er auch zum
Theriac und Mithridat gebraucht wird. Er
befürderet die monatliche Reinigung/ Ge-
burt und Nachgeburt/ treibet auß die abge-
storbene Frucht/ und erleichteret die Nider-
kunfften der Weibern.

Nach dem bericht Dioscoridis und Plinii,
sollen in der Jnsul Creta oder Candien die
Gembsen oder wilde Geissen/ wenn sie ge-
schossen werden/ dieses Kraut essen/ und
darauff ihnen nach und nach die Pfeil und
Spitzen auß dem Leib fallen/ dannenher
auch Virgilius in seinem zwölfften Buch/
wenn er von dem verwundten AEnea redet/
nach der Ubersetzung Herren Filip von Ze-
sen/ also schreibet:

Da Jda sich der See mit stoltzem Gipffel
zeiget/
Und sein begrüntes Haupt zu spiegeln her-
werts neiget/
Da kam die Venus hin/ und fand ein ed-
les Kraut/
Daß diesem Berge wächßt auß seiner stei-
nern Haut.
Es ist sehr schön gefärbt/ wenn seine
Stengel blühen/
Das hohe purpur-roth scheint drinnen
selbst zu glüen:
Sein Laub ist lieblich grün/ kan nicht als
heilsam seyn/
Und lindert kräfftiglich die gröste Schmer-
tzens-Pein.
Die Böcke dieses Orts/ die in der Wild-
nuß leben/
Die auff der Felsen Höh und steilen Klip-
pen schweben/
Die kennen dieß Gewächs/ wenn sie ein
Schuß geritzt/
Und noch der scharffe Pfeil in ihren Glie-
dern sitzt.
Denn wenn sein grünes Blatt die Wund-
geschoßnen essen/
So wird das Eisen loß/ wie fest es ist ge-
sessen/
Und gibt sich auß dem Fleisch/ so daß der
Schmertz verschwind/
Und sich in kurtzer Zeit der Bock geheilt
befind.

Dictam-blätter zu reinstem Pulver ge-
stossen/ und darvon 20. gran täglich früh

und
Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch]


CAPUT CX.
[Abbildung] Cretiſcher Dictam. Dictamnus
Creticus.

Namen.

CRetiſcher oder edler Dictam heißt Grie-
chiſch/ [fremdsprachliches Material – 3 Wörter fehlen],
[fremdsprachliches Material – 3 Wörter fehlen]. Lateiniſch/
Dictamnus Creticus, Dictamnum Creticum,
Dictamnus, Dictamnum, Dictamnum verum,

Jtaliaͤniſch/ Dittanno diCandia. Frantzoͤſiſch/
Dictame. Spaniſch/ Ditamo. Engliſch/ Dit-
tainder/ Dittany/ Garden ginger/ Frenſch
Diptammer.

Geſtalt.

Der Cretiſche Dictam ſtoßt von einer
Wurtzel viel harte/ runde Gertlein oder
Stengelein uͤber ſich/ daran ſtehen die run-
den blaͤtter/ je zwey gegen einander geſetzt/
ſind viel groͤſſer und dicker als der Poley. Er
bringt oben ſeine purpurfarbe ſchuͤppichte
Blumen/ faſt in der Geſtalt wie Hopffen.
Die Wurtzel iſt vielfaͤltig. Das gantze Ge-
waͤchs gibt einen geruch faſt wie Poley. Man
bringet ihn auß Creta/ jetzunder Candia ge-
nannt/ uͤber Venedig zu uns. Er gehet
wol auff von dem Samen/ wil aber gute
wartung haben/ daß er in dem Winter nicht
verderbe. Welcher Camerario auß Jtalien
iſt zugeſchickt worden/ hat ſich wol gemeh-
ret/ und ſtarck gebluͤhet/ aber dieweil er im
Herbſt nicht in viel Stoͤcklein zertheilt wa-
re/ iſt er gegen dem Fruͤhling verdorben.

Der Cretiſche Dictam/ ſo in Candia
waͤchßt/ hat dickere und haarigere Blaͤtter/
welcher aber in den Jtaliaͤniſchen Gaͤrten
gepflantzet wird/ uͤberkomt groͤſſere blaͤtter/
die nicht gar graw ſind. Jn Sardinia
bringt er kleine/ weiſſe und ſehr wolriechen-
de Blaͤtter.

[Spaltenumbruch]

Damit die Apothecker in einkauffung des
Dictams nicht betrogen werden/ ſo dienet
ihnen zur nachricht/ daß zweyerley Dictam
feil getragen werden/ ein wahrer guter/ und
ein falſcher vermeinter. Der wahre Di-
ctam/ welcher allein in den Apothecken ſoll
gebraucht werden/ hat ſchwartze Stengel/
der falſche aber hat weiſſe/ an den Blaͤtte-
ren aber laſſen ſie ſich nicht unterſcheiden.

Eigenſchafft.

Der Cretiſche Dictam/ deſſen Blaͤtter al-
lein im gebrauch ſind/ iſt warm und trocken
im dritten grad; hat auch ein ſcharffes/
fluͤchtiges/ etwas oͤlichtes ſaltz bey ſich/ und
daher gantz gleiche Eigenſchafft mit dem
Poley.

Gebrauch.

Der Cretiſche Dictam hat gleiche Tugen-Gifft/ zu-
ruckblei-
bende mo-
natliche
reinigung/
Geburt uñ
Nachge-
burt/ abge-
ſtorbene
Frucht/
ſchwere ni-
derkunfft.

den wie der Poley/ ſind doch kraͤfftiger. Er
widerſtehet allem Gifft/ daher er auch zum
Theriac und Mithridat gebraucht wird. Er
befuͤrderet die monatliche Reinigung/ Ge-
burt und Nachgeburt/ treibet auß die abge-
ſtorbene Frucht/ und erleichteret die Nider-
kunfften der Weibern.

Nach dem bericht Dioſcoridis und Plinii,
ſollen in der Jnſul Creta oder Candien die
Gembſen oder wilde Geiſſen/ wenn ſie ge-
ſchoſſen werden/ dieſes Kraut eſſen/ und
darauff ihnen nach und nach die Pfeil und
Spitzen auß dem Leib fallen/ dannenher
auch Virgilius in ſeinem zwoͤlfften Buch/
wenn er von dem verwundten Ænea redet/
nach der Uberſetzung Herꝛen Filip von Ze-
ſen/ alſo ſchreibet:

Da Jda ſich der See mit ſtoltzem Gipffel
zeiget/
Und ſein begruͤntes Haupt zu ſpiegeln her-
werts neiget/
Da kam die Venus hin/ und fand ein ed-
les Kraut/
Daß dieſem Berge waͤchßt auß ſeiner ſtei-
nern Haut.
Es iſt ſehr ſchoͤn gefaͤrbt/ wenn ſeine
Stengel bluͤhen/
Das hohe purpur-roth ſcheint drinnen
ſelbſt zu gluͤen:
Sein Laub iſt lieblich gruͤn/ kan nicht als
heilſam ſeyn/
Und lindert kraͤfftiglich die groͤſte Schmer-
tzens-Pein.
Die Boͤcke dieſes Orts/ die in der Wild-
nuß leben/
Die auff der Felſen Hoͤh und ſteilen Klip-
pen ſchweben/
Die kennen dieß Gewaͤchs/ wenn ſie ein
Schuß geritzt/
Und noch der ſcharffe Pfeil in ihren Glie-
dern ſitzt.
Denn wenn ſein gruͤnes Blatt die Wund-
geſchoßnen eſſen/
So wird das Eiſen loß/ wie feſt es iſt ge-
ſeſſen/
Und gibt ſich auß dem Fleiſch/ ſo daß der
Schmertz verſchwind/
Und ſich in kurtzer Zeit der Bock geheilt
befind.

Dictam-blaͤtter zu reinſtem Pulver ge-
ſtoſſen/ und darvon 20. gran taͤglich fruͤh

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0688" n="672"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Dritte Buch/</hi> </fw><lb/>
            <cb/>
          </div>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CAPUT CX</hi>.</hi> </head><lb/>
          <figure>
            <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Creti&#x017F;cher Dictam.</hi> <hi rendition="#aq">Dictamnus<lb/>
Creticus.</hi> </hi> </head><lb/>
          </figure>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Namen.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">C</hi>Reti&#x017F;cher oder edler Dictam heißt Grie-<lb/>
chi&#x017F;ch/ <foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm" unit="words" quantity="3"/></foreign>,<lb/><foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm" unit="words" quantity="3"/></foreign>. Lateini&#x017F;ch/<lb/><hi rendition="#aq">Dictamnus Creticus, Dictamnum Creticum,<lb/>
Dictamnus, Dictamnum, Dictamnum verum,</hi><lb/>
Jtalia&#x0364;ni&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Dittanno diCandia.</hi> Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch/<lb/><hi rendition="#aq">Dictame.</hi> Spani&#x017F;ch/ <hi rendition="#aq">Ditamo.</hi> Engli&#x017F;ch/ Dit-<lb/>
tainder/ Dittany/ Garden ginger/ Fren&#x017F;ch<lb/>
Diptammer.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Ge&#x017F;talt.</hi> </head><lb/>
            <p>Der Creti&#x017F;che Dictam &#x017F;toßt von einer<lb/>
Wurtzel viel harte/ runde Gertlein oder<lb/>
Stengelein u&#x0364;ber &#x017F;ich/ daran &#x017F;tehen die run-<lb/>
den bla&#x0364;tter/ je zwey gegen einander ge&#x017F;etzt/<lb/>
&#x017F;ind viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er und dicker als der Poley. Er<lb/>
bringt oben &#x017F;eine purpurfarbe &#x017F;chu&#x0364;ppichte<lb/>
Blumen/ fa&#x017F;t in der Ge&#x017F;talt wie Hopffen.<lb/>
Die Wurtzel i&#x017F;t vielfa&#x0364;ltig. Das gantze Ge-<lb/>
wa&#x0364;chs gibt einen geruch fa&#x017F;t wie Poley. Man<lb/>
bringet ihn auß Creta/ jetzunder Candia ge-<lb/>
nannt/ u&#x0364;ber Venedig zu uns. Er gehet<lb/>
wol auff von dem Samen/ wil aber gute<lb/>
wartung haben/ daß er in dem Winter nicht<lb/>
verderbe. Welcher <hi rendition="#aq">Camerario</hi> auß Jtalien<lb/>
i&#x017F;t zuge&#x017F;chickt worden/ hat &#x017F;ich wol gemeh-<lb/>
ret/ und &#x017F;tarck geblu&#x0364;het/ aber dieweil er im<lb/>
Herb&#x017F;t nicht in viel Sto&#x0364;cklein zertheilt wa-<lb/>
re/ i&#x017F;t er gegen dem Fru&#x0364;hling verdorben.</p><lb/>
            <p>Der Creti&#x017F;che Dictam/ &#x017F;o in Candia<lb/>
wa&#x0364;chßt/ hat dickere und haarigere Bla&#x0364;tter/<lb/>
welcher aber in den Jtalia&#x0364;ni&#x017F;chen Ga&#x0364;rten<lb/>
gepflantzet wird/ u&#x0364;berkomt gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere bla&#x0364;tter/<lb/>
die nicht gar graw &#x017F;ind. Jn Sardinia<lb/>
bringt er kleine/ wei&#x017F;&#x017F;e und &#x017F;ehr wolriechen-<lb/>
de Bla&#x0364;tter.</p><lb/>
            <cb/>
            <p>Damit die Apothecker in einkauffung des<lb/>
Dictams nicht betrogen werden/ &#x017F;o dienet<lb/>
ihnen zur nachricht/ daß zweyerley Dictam<lb/>
feil getragen werden/ ein wahrer guter/ und<lb/>
ein fal&#x017F;cher vermeinter. Der wahre Di-<lb/>
ctam/ welcher allein in den Apothecken &#x017F;oll<lb/>
gebraucht werden/ hat &#x017F;chwartze Stengel/<lb/>
der fal&#x017F;che aber hat wei&#x017F;&#x017F;e/ an den Bla&#x0364;tte-<lb/>
ren aber la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich nicht unter&#x017F;cheiden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Eigen&#x017F;chafft.</hi> </head><lb/>
            <p>Der Creti&#x017F;che Dictam/ de&#x017F;&#x017F;en Bla&#x0364;tter al-<lb/>
lein im gebrauch &#x017F;ind/ i&#x017F;t warm und trocken<lb/>
im dritten grad; hat auch ein &#x017F;charffes/<lb/>
flu&#x0364;chtiges/ etwas o&#x0364;lichtes &#x017F;altz bey &#x017F;ich/ und<lb/>
daher gantz gleiche Eigen&#x017F;chafft mit dem<lb/>
Poley.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Gebrauch.</hi> </head><lb/>
            <p>Der Creti&#x017F;che Dictam hat gleiche Tugen-<note place="right">Gifft/ zu-<lb/>
ruckblei-<lb/>
bende mo-<lb/>
natliche<lb/>
reinigung/<lb/>
Geburt uñ<lb/>
Nachge-<lb/>
burt/ abge-<lb/>
&#x017F;torbene<lb/>
Frucht/<lb/>
&#x017F;chwere ni-<lb/>
derkunfft.</note><lb/>
den wie der Poley/ &#x017F;ind doch kra&#x0364;fftiger. Er<lb/>
wider&#x017F;tehet allem Gifft/ daher er auch zum<lb/>
Theriac und Mithridat gebraucht wird. Er<lb/>
befu&#x0364;rderet die monatliche Reinigung/ Ge-<lb/>
burt und Nachgeburt/ treibet auß die abge-<lb/>
&#x017F;torbene Frucht/ und erleichteret die Nider-<lb/>
kunfften der Weibern.</p><lb/>
            <p>Nach dem bericht <hi rendition="#aq">Dio&#x017F;coridis</hi> und <hi rendition="#aq">Plinii,</hi><lb/>
&#x017F;ollen in der Jn&#x017F;ul Creta oder Candien die<lb/>
Gemb&#x017F;en oder wilde Gei&#x017F;&#x017F;en/ wenn &#x017F;ie ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en werden/ die&#x017F;es Kraut e&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/>
darauff ihnen nach und nach die Pfeil und<lb/>
Spitzen auß dem Leib fallen/ dannenher<lb/>
auch <hi rendition="#aq">Virgilius</hi> in &#x017F;einem zwo&#x0364;lfften Buch/<lb/>
wenn er von dem verwundten <hi rendition="#aq">Ænea</hi> redet/<lb/>
nach der Uber&#x017F;etzung Her&#xA75B;en Filip von Ze-<lb/>
&#x017F;en/ al&#x017F;o &#x017F;chreibet:</p><lb/>
            <cit>
              <quote>
                <lg type="poem">
                  <l>Da Jda &#x017F;ich der See mit &#x017F;toltzem Gipffel</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">zeiget/</hi> </l><lb/>
                  <l>Und &#x017F;ein begru&#x0364;ntes Haupt zu &#x017F;piegeln her-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">werts neiget/</hi> </l><lb/>
                  <l>Da kam die <hi rendition="#aq">Venus</hi> hin/ und fand ein ed-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">les Kraut/</hi> </l><lb/>
                  <l>Daß die&#x017F;em Berge wa&#x0364;chßt auß &#x017F;einer &#x017F;tei-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">nern Haut.</hi> </l><lb/>
                  <l>Es i&#x017F;t &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;n gefa&#x0364;rbt/ wenn &#x017F;eine</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">Stengel blu&#x0364;hen/</hi> </l><lb/>
                  <l>Das hohe purpur-roth &#x017F;cheint drinnen</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">&#x017F;elb&#x017F;t zu glu&#x0364;en:</hi> </l><lb/>
                  <l>Sein Laub i&#x017F;t lieblich gru&#x0364;n/ kan nicht als</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">heil&#x017F;am &#x017F;eyn/</hi> </l><lb/>
                  <l>Und lindert kra&#x0364;fftiglich die gro&#x0364;&#x017F;te Schmer-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">tzens-Pein.</hi> </l><lb/>
                  <l>Die Bo&#x0364;cke die&#x017F;es Orts/ die in der Wild-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">nuß leben/</hi> </l><lb/>
                  <l>Die auff der Fel&#x017F;en Ho&#x0364;h und &#x017F;teilen Klip-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">pen &#x017F;chweben/</hi> </l><lb/>
                  <l>Die kennen dieß Gewa&#x0364;chs/ wenn &#x017F;ie ein</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">Schuß geritzt/</hi> </l><lb/>
                  <l>Und noch der &#x017F;charffe Pfeil in ihren Glie-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">dern &#x017F;itzt.</hi> </l><lb/>
                  <l>Denn wenn &#x017F;ein gru&#x0364;nes Blatt die Wund-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">ge&#x017F;choßnen e&#x017F;&#x017F;en/</hi> </l><lb/>
                  <l>So wird das Ei&#x017F;en loß/ wie fe&#x017F;t es i&#x017F;t ge-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en/</hi> </l><lb/>
                  <l>Und gibt &#x017F;ich auß dem Flei&#x017F;ch/ &#x017F;o daß der</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">Schmertz ver&#x017F;chwind/</hi> </l><lb/>
                  <l>Und &#x017F;ich in kurtzer Zeit der Bock geheilt</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">befind.</hi> </l>
                </lg>
              </quote>
            </cit><lb/>
            <p>Dictam-bla&#x0364;tter zu rein&#x017F;tem Pulver ge-<lb/>
&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ und darvon 20. gran ta&#x0364;glich fru&#x0364;h<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[672/0688] Das Dritte Buch/ CAPUT CX. [Abbildung Cretiſcher Dictam. Dictamnus Creticus. ] Namen. CRetiſcher oder edler Dictam heißt Grie- chiſch/ ___, ___. Lateiniſch/ Dictamnus Creticus, Dictamnum Creticum, Dictamnus, Dictamnum, Dictamnum verum, Jtaliaͤniſch/ Dittanno diCandia. Frantzoͤſiſch/ Dictame. Spaniſch/ Ditamo. Engliſch/ Dit- tainder/ Dittany/ Garden ginger/ Frenſch Diptammer. Geſtalt. Der Cretiſche Dictam ſtoßt von einer Wurtzel viel harte/ runde Gertlein oder Stengelein uͤber ſich/ daran ſtehen die run- den blaͤtter/ je zwey gegen einander geſetzt/ ſind viel groͤſſer und dicker als der Poley. Er bringt oben ſeine purpurfarbe ſchuͤppichte Blumen/ faſt in der Geſtalt wie Hopffen. Die Wurtzel iſt vielfaͤltig. Das gantze Ge- waͤchs gibt einen geruch faſt wie Poley. Man bringet ihn auß Creta/ jetzunder Candia ge- nannt/ uͤber Venedig zu uns. Er gehet wol auff von dem Samen/ wil aber gute wartung haben/ daß er in dem Winter nicht verderbe. Welcher Camerario auß Jtalien iſt zugeſchickt worden/ hat ſich wol gemeh- ret/ und ſtarck gebluͤhet/ aber dieweil er im Herbſt nicht in viel Stoͤcklein zertheilt wa- re/ iſt er gegen dem Fruͤhling verdorben. Der Cretiſche Dictam/ ſo in Candia waͤchßt/ hat dickere und haarigere Blaͤtter/ welcher aber in den Jtaliaͤniſchen Gaͤrten gepflantzet wird/ uͤberkomt groͤſſere blaͤtter/ die nicht gar graw ſind. Jn Sardinia bringt er kleine/ weiſſe und ſehr wolriechen- de Blaͤtter. Damit die Apothecker in einkauffung des Dictams nicht betrogen werden/ ſo dienet ihnen zur nachricht/ daß zweyerley Dictam feil getragen werden/ ein wahrer guter/ und ein falſcher vermeinter. Der wahre Di- ctam/ welcher allein in den Apothecken ſoll gebraucht werden/ hat ſchwartze Stengel/ der falſche aber hat weiſſe/ an den Blaͤtte- ren aber laſſen ſie ſich nicht unterſcheiden. Eigenſchafft. Der Cretiſche Dictam/ deſſen Blaͤtter al- lein im gebrauch ſind/ iſt warm und trocken im dritten grad; hat auch ein ſcharffes/ fluͤchtiges/ etwas oͤlichtes ſaltz bey ſich/ und daher gantz gleiche Eigenſchafft mit dem Poley. Gebrauch. Der Cretiſche Dictam hat gleiche Tugen- den wie der Poley/ ſind doch kraͤfftiger. Er widerſtehet allem Gifft/ daher er auch zum Theriac und Mithridat gebraucht wird. Er befuͤrderet die monatliche Reinigung/ Ge- burt und Nachgeburt/ treibet auß die abge- ſtorbene Frucht/ und erleichteret die Nider- kunfften der Weibern. Gifft/ zu- ruckblei- bende mo- natliche reinigung/ Geburt uñ Nachge- burt/ abge- ſtorbene Frucht/ ſchwere ni- derkunfft. Nach dem bericht Dioſcoridis und Plinii, ſollen in der Jnſul Creta oder Candien die Gembſen oder wilde Geiſſen/ wenn ſie ge- ſchoſſen werden/ dieſes Kraut eſſen/ und darauff ihnen nach und nach die Pfeil und Spitzen auß dem Leib fallen/ dannenher auch Virgilius in ſeinem zwoͤlfften Buch/ wenn er von dem verwundten Ænea redet/ nach der Uberſetzung Herꝛen Filip von Ze- ſen/ alſo ſchreibet: Da Jda ſich der See mit ſtoltzem Gipffel zeiget/ Und ſein begruͤntes Haupt zu ſpiegeln her- werts neiget/ Da kam die Venus hin/ und fand ein ed- les Kraut/ Daß dieſem Berge waͤchßt auß ſeiner ſtei- nern Haut. Es iſt ſehr ſchoͤn gefaͤrbt/ wenn ſeine Stengel bluͤhen/ Das hohe purpur-roth ſcheint drinnen ſelbſt zu gluͤen: Sein Laub iſt lieblich gruͤn/ kan nicht als heilſam ſeyn/ Und lindert kraͤfftiglich die groͤſte Schmer- tzens-Pein. Die Boͤcke dieſes Orts/ die in der Wild- nuß leben/ Die auff der Felſen Hoͤh und ſteilen Klip- pen ſchweben/ Die kennen dieß Gewaͤchs/ wenn ſie ein Schuß geritzt/ Und noch der ſcharffe Pfeil in ihren Glie- dern ſitzt. Denn wenn ſein gruͤnes Blatt die Wund- geſchoßnen eſſen/ So wird das Eiſen loß/ wie feſt es iſt ge- ſeſſen/ Und gibt ſich auß dem Fleiſch/ ſo daß der Schmertz verſchwind/ Und ſich in kurtzer Zeit der Bock geheilt befind. Dictam-blaͤtter zu reinſtem Pulver ge- ſtoſſen/ und darvon 20. gran taͤglich fruͤh und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/688
Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/688>, abgerufen am 21.11.2024.