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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.
[Spaltenumbruch] harten Geburt. Außwendig aber heilet es
alle Raud/ und Unreinigkeiten der Haut/
ſaͤuberet die faulen Eyter-geſchwaͤr/ daher
es ſehr nutzlich under die Digerier-ſaͤlblein
mag gebraucht werden.

Der glaͤntzende Camin-ruß zu reinem
pulver verſtoſſen/ und 20. 30. biß 40. gran
davon in einer Bruͤhen oder einem deſtillier-
ten Waſſer eingenommen/ zertheilet alles
gerunnene Blut bey denen/ ſo etwan ſchwaͤ-
re faͤll gethan/ vertheilet allen Seitenſtich/
und treibet durch den Schweiß.

Das fluͤchtige Saltz des Ruſes erduͤnne-
ret nicht nur das dicke ſchleimige Gebluͤt/
und treibt durch den Schweiß/ ſondern er-
oͤffnet auch alle verſtopffungen der Leber/
Faulfleiſches/ Gekroͤſes und Miltzes/ und
vertreibet alſo das davon entſtehende abneh-
men des Leibs: wie denn der fuͤrkreffliche
Hr. Dr. Heinrich Screta/ geweſener weit-
beruͤmbter Medicus in Schaffhauſen/ fol-
gendes Schwindſucht-pulver mit groſſem
nutzen vielfaltig gebraucht/ deſſen herꝛliche
Wuͤrckung ich auch bey verſchiedenen Jah-
ren her in vielen Kinderen erfahren. Nim
weiſſen Zuckercandel 8. loth/ des fluͤchtigen
Camin-ruß Saltzes 2. loth/ Florenliniſche
Veyelwurtz 1. loth/ gepuͤlverte Aron- wur-
tzel/ Bezoardiſch Stahel- und Zinn-pulver/
præparierte Krebsſtein jedes ein halb loth.
Miſche alles under einander zu einem ſub-
tilen pulver/ davon man einem jungen
Knaben 15. biß 20. einem erwachſenen aber
biß 30. und mehr gran Morgens und A-
bends auf einmahl in einem dienlichen Sy-
rup eingeben kan.



CAPUT CLXXVII.
Agſtein. Succinum.
Namen.

AGſtein heißt Griechiſch/ [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt].
Lateiniſch/ Electrum, Succinum, Ca-
rabe.
Jtaliaͤniſch/ Ambra gialla. Fran-
tzoͤſiſch/ Ambre, Ambre jaune. Spaniſch/
Eſclarimente, Ambar amarillo, Ambar de las
cuentas.
Niderlaͤndiſch/ Amber/ Ember.
Jn Teutſcher Sprach wird er auch Bern-
ſtein und Gentar genennt.

Geſtalt und Geſchlecht.

Der Agſtein iſt nach der Gelehrten Mei-
nung nicht ein auß dem Pappelbaum flieſ-
ſendes Hartz/ wie etliche der Alten geglau-
bet/ ſondern ein natuͤrlicher ſchwefelichter
Leim oder Bitumen/ ſo auß den Bergen o-
der auß den Kluͤfften der Erden in das Meer
fleußt/ und daſelbſt von dem Waſſer und
deſſen Saltz zuſammengedrungen/ und hart
wird als ein Gummi. Solches pflegt man
mit Netzen bey dem Ufer deß Meers außzu-
heben/ wie in Preuſſen und Pommern ge-
ſchicht/ von dannen man es zu uns bringt.
Bey Leb-zeiten Herꝛen Camerarii hat man
in Maͤhren/ nicht weit von Prinn/ ſchoͤne
Stuck auß der Erden gegraben/ derer etliche
ihme ſind zugeſchickt worden. Jn Schle-
ſien under dem Schloß Greiffenſtein/ bey
dem Dorff Rabſaw/ deßgleichen bey der
Statt Jsleben in der Graffſchafft Manns-
[Spaltenumbruch] felden/ da ein Saltz-brunnen iſt/ wird der
Agſtein auch gefunden und auß der Erden
gegraben/ welcher mit dem Preußiſchen an
der farb/ geruch und klarheit uͤbereinkombt.

Der Agſtein iſt dreyerley/ weiß/ gelb
und ſchwartz/ welcher letſtere nichts tauget.
Der weiſſe iſt nicht durchſichtig/ aber ſehr
rar/ und auß ſubtileren und reineren theilen
deß Bituminoſiſchen Saffts mit dem Meer-
ſaltz und anderen wohl vermiſchet. Der
gelbe iſt hingegen durchſichtig/ und haͤuffig
zu bekommen/ und da er noch fluͤßig iſt/
gerathen offt kleine Muͤcklein darein/ wel-
che hernach mit dem Agſtein vollkommen
umbgeben werden. Daher bißweilen der-
gleichen ſtuͤck Agſtein gefunden werden/ in
welchen Muͤcklein enthalten ſind. Wie man
aber auß dem gelben Agſtein den weiſſen
machen koͤnne/ beſchreibet Schrœderus Lib.
3. Pharm. Med. Chym. Cap.
3. Nemmt zum
Exempel 1. pfund gelben Agſtein/ thut den
in ein erdinen ſtarcken Hafen/ oder Cucur-
biten/ werfft 2. pfund Meer-ſaltz/ oder deß
gemeinen beſten Saltzes darzu/ gießt ſo viel
Regenwaſſer daruͤber/ als man zu verlaſ-
ſung deß Saltzes noͤthig erachtet: Wenn es
aber verlaſſen/ ſo gießt widerumb friſch
Brunnwaſſer darzu/ deckt die Cucurbiten
mit einem beſchloſſenen Helm (Alembico
cœco)
nicht allzu genaw zu/ laßts auff
dem Fewr bey 12. oder mehr Stunden ſie-
den/ biß der Agſtein weiß worden: und da
mangel an dem zugegoſſenen Waſſer erſchei-
nen wollte/ muͤßte man friſch heiß Waſſer
zuſchuͤtten. Jch meines Orts halte den gel-
ben Agſtein fuͤr den beſten/ als welcher mehr
Oel und fluͤchtiges Saltz in ſich hat als die
uͤbrigen gattungen.

Eigenſchafft.

Der Agſtein hat neben ſeinen irꝛdiſchen/
auch zimblich oͤlichte/ mit etwas fluͤchtig-
ſaurlichtem Saltz-geiſt vermiſchte Theile
bey ſich/ und daher die Tugend zu erwaͤr-
men/ zu troͤcknen/ zu ſtaͤrcken/ das Haupt
von Fluͤſſen zu bewahren/ die Mutter zu
reinigen und zu ſtaͤrcken/ ſand und ſchleim
auß den Nieren zu treiben/ die Samenge-
faͤß zu reinigen/ vor Faͤulung zu bewahren.

Gebrauch.

Saubere Tuͤcher mit Agſtein/ Maſtix
und Weyrauch beraͤuchert/ und den Kopff
damit gerieben/ ſtaͤrcket das feuchte Haupt/
und zertheilet die Fluͤß.

Welche mit dem Samenfluß behafftet/
oder erkaltete Geburts-glieder haben/ auch
die Jungfrawen oder Weiber/ ſo den weiſ-
ſen Fluß haben/ ſollen bißweilen morgens
nuͤchter ein halb quintlein zubereiteten weiſ-
ſen Agſtein-pulvers in einem weich geſotte-
nen friſchen Ey einnehmen. Die zuberei-
tung deß Agſteins aber geſchihet durch zer-
reibung deſſelben/ da man ihne erſtlich ver-
ſtoſſet/ hernach auff einem Marmorſtein
mit Waſſer ſo lang reibet/ biß er zu einem
ſubtilen Mehl-pulver wird. Dieſes Pulver
iſt beſſer als alle Magiſteria, ſo hierauß ge-
macht werden.

Das deſtillierte Agſtein-oͤl aber iſt ein
fuͤrtrefliche Artzney in allerhand Zuſtaͤn-
den; es wird auff folgende weiß bereitet.

Nemt
O o 3

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/309>, abgerufen am 07.01.2025.