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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Baum- und Staud-Gewaͤchſen.
[Spaltenumbruch] ruch. Es wird von den Jnwohnern in ſol-
chem Werth gehalten/ daß ſie ſagen/ man
koͤnne ſich deſſen nicht erſaͤttigen/ derhalben
geben ſie ihme herꝛliche Namen/ machen und
ſchreiben Reimen darvon/ und halten es in
hohen Ehren/ wiewol es uͤberfluͤßig in Ma-
lacca wachſet/ und das Stuck nicht uͤber vier
Malundis koſtet/ ſonderlich im Brach- Hew-
und Augſt- monat/ denn zu andern Jahrzei-
ten wird der Kauff deſſelben geſteigert. All-
hier iſt zu mercken/ eine ſeltzame und wun-
derbarliche Widerwertigkeit oder natuͤrliche
Feindſchafft zwiſchen den Duryoen und den
Blaͤtteren Bettele/ welche in der wahrheit ſo
groß/ daß wenn ein gantzes Schiff oder Ge-
woͤlb voll Duryoen/ und nur etliche Blaͤtter
Bettele auch darinnen waͤren/ die Duryoen
alle verfaulen und verderben wurden/ auch
wenn man durch uͤberfluͤßig eſſen der Dury-
oen-aͤpffel den Magen beſchweret oder ent-
zuͤndet hat/ legt man nur ein Blaͤttlein Bet-
tele auff das Hertz-gruͤblein/ ſo wird die Ge-
ſchwulſt von ſtund an nachlaſſen: deßgleichen
wenn man nach dem uͤberfluͤßigen eſſen die-
ſer Frucht auch etliche Blaͤtter Bettele ein-
nim̃t/ kan ſie keinen Schaden zufuͤgen: die-
weil denn dieſe Frucht ſo lieblich und ange-
nehm ſchmecket/ ſagen die Jndianer Spruͤch-
worts-weiſe/ man koͤnne ſich der Duryoen-
aͤpffeln nicht ſatt eſſen.

Under die frembden Aepffelbaͤum zehlet
Guilielmus Piſo lib. 5. Hiſtor. Natural. & Me-
dic. cap.
18. den Oſt-Jndianiſchen Baum A-
hoay/ und vermeldet/ daß deſſen zweyerley
Geſchlecht/ der groſſe und kleine Ahoay/ auch
ſolche beyde nicht allein in der Groͤſſe des
Baums/ ſondern auch der Fruͤchte under-
ſchieden ſeyen. Denn die Fruͤchte des kleine-
ren ſind kaum ſo groß als eine Haſelnuß/ de-
ren ſie auch in vielen Stuͤcken gleich ſihet:
des groͤſſeren ſeine aber fallen groͤſſer als die
Kaſtanien/ und auff dreyeckichte Figur auß.
Beyde werden nur in weit abgelegenen Waͤl-
dern gefunden. Der Baum hat Blaͤtter/
welche drey oder vier Finger lang/ und zwey
Finger breit/ auch dem Laube unſerer Aepffel-
baͤumen nicht ungleich/ und das gantze Jahr
uͤber gruͤnen. Die Rinde iſt weißlicht. Auß
den abgeſchnittenen Zweigen dringt ein weiſ-
ſer der Milch ſich vergleichender Safft/ aber
daneben von dem Holtze ein ſo garſtiger Ge-
ſtanck herauß/ daß mans auch nicht einmahl
zum Feuer gebrauchen darff/ geſtaltſam man
nie erfahren/ daß die Barbarn oder Wilden
es ihrem Brennholtz eingeſchlichtet haͤtten.
Es haben dieſe Voͤlcker ſchon offtmahls/
wenn man von ihnen begehrt/ daß ſie die
Fruͤchte beyderley Geſchlechte dieſes Baums
weiſen ſolten/ ſich deſſen geweigert/ beſorgen-
de/ man moͤchte ihnen dieſes Confect ſelbſten
einmahl beybringen. Denn/ weil noch biß
auff den heutigen tag kein ſtaͤrckers Gifft/
als der Kern dieſer Frucht angetroffen wor-
den/ meinen ſie/ dieſes geheime Stuͤcklein
gebuͤhre nur ihnen allein zu wiſſen/ damit ſie
deſto ſicherer ihre teuffeliſche Meuchel-moͤr-
dereyen uͤben koͤnnen: angemerckt/ ſie ſolche
klein pulveriſieren oder zu Pulver ſtoſſen/
alsdenn auff mancherley argliſtige weiſe zu-
richten/ und heimlich einem/ den ſie gern un-
ſterblich machen wollen/ under die Speiſen
oder in den Taback miſchen koͤnnen/ auff
[Spaltenumbruch] daß das Gifft ſchneller oder langſamer wuͤr-
cken moͤge/ nach dem es ihnen beliebt: Deñ
ungefehr nur ein Scrupel/ oder 20. gran da-
von/ weniger oder minder/ in den Mund ge-
nommen/ kan leichtlich ſchwerere Zufaͤlle er-
regen weder einiges anderes Gifft. Ja es iſt
ſo ſtreng und boßhafft/ daß man noch biß auff
den heutigen tag kein beſonderes Gegengifft
darwider finden koͤnnen/ und der Menſch/
wenn die allgemeine Gifft-Artzneyen nicht
anſchlagen wollen/ noch deſto geſchwinder
daran erſticken muß. Die Wilden gebrau-
chen die Schalen dieſer Gifft-nuͤſſe/ wei-
len ſie ſehr hart ſind/ und klingen/ fuͤr
Schellen und Gloͤcklein/ meiſtens aber beym
Tantze/ tragen ſie ſie umb die Arm und
Schenckel zum Zierꝛath. Die Nuͤſſe werden
von ihnen an baumwollene Riemen biß zum
Gebrauch verwarlich beygelegt.

Von den jenigen Aepffeln/ welche umb
die durch das Feur des Himmels zerſtoͤrte
Staͤtte Sodoma uñ Gomorꝛa gefunden wer-
den/ hat zu ſeiner zeit Julius Solinus in Poly-
hiſt. cap.
35. alſo geſchrieben: Ob wol dieſer
Apffel ein Geſtalt der Zeitigung hat/ kan man
ihn doch nicht eſſen/ denn die euſſerſte Haut
begreifft allein viel Ruß und Aſchen in ſich/
welche/ ſo man ſie nur ein wenig anruͤhrt/
wird dieſer Apffel zu einem Pulver/ ſo wie
ein Rauch davon fleugt.

Eigenſchafft.

Weilen der Aepffeln mancherley/ als ha-
ben ſie underſchiedliche Eigenſchafften. Jns
gemein pflegt man ſie in wilde und zahme/
reiffe und unreiffe/ abzutheilen. Alle wilden
und unreiffen Aepffel haben einen ſauren und
ungejohrenen Safft in ſich/ der von dem
immer durch-ſtrahlendem Himmels-feuer
noch nicht genugſam erduͤnneret/ verſuͤſſet/
und ſubtiler gemacht iſt. Der zahmen und
reiffen Aepffel aber ſind viererley Art/ Inſi-
pida,
oder Ungeſchmackte/ welche auß vielen
waſſerichten/ hingegen gar wenig ſchwefel-
und ſaltzichten fluͤchtigen theilchen beſtehen/
und alſo ſchlechte Krafft haben/ auch ge-
ſchwind indem Leib ſelbſten faulen/ und ſchaͤd-
liche Durchbruͤch erwecken koͤnnen. Saure/
welche entweder ſcharff-ſaur/ und alſo ein
ſcharffes durchſchneidendes ſaures Saltz/ mit
gar wenigen ſchwefelichten Theilchen in ih-
rem Safft haben/ dadurch ſie das Gebluͤt
und andere Feuchtigkeiten unſers Leibs erdi-
ckern/ ſchaͤrffen/ hiemit allerhand ſchaͤdliche
Verſtopffungen/ wie auch Grimmen/ Ma-
genwehe/ und dergleichen verurſachen koͤn-
nen: Dannenhero ſolche Aepffel nicht rohe
muͤſſen geeſſen werden; ſondern ſie ſind beſ-
ſer/ ſo man ſie kochet/ bratet oder backet/ umb
ſo viel deſto mehr/ wenn ſie zuvor eine zeit-
lang wol abgelegen; Denn durch das Feur/
als ein ſchnell-bewegliches durchdringendes
Weſen/ werden die ſcharff-ſauren Theilchen
deroſelben zerꝛiſſen/ zerkerbet/ und alſo klei-
ner/ feiner und reiffer/ daß ſie demnach ohne
Schaden moͤgen zur Speiſe genoſſen wer-
den. Oder die Sauren Aepffel haben eine ge-
maͤßigte Saͤure/ deren ſaltzichte Theilchen
duͤnner und fluͤchtiger/ auch mit mehreren
ſchwefelichten vergeſellſchafftet; Dannen-
hero ſolche moderirte Saͤure nicht zu ver-
werffen/ ſondern wie ſie anmuthig iſt/ alſo

kan
A 3

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/21>, abgerufen am 05.01.2025.