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Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.

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I.
Aussicht auf den kommenden Tag.
Des Morgens.

Gott, so wie sich die Sonne über den Hori-
zont erhebt, und mit ihren alles beleben-
den Stralen nach und nach von einem Ende
der Erde zum andern Licht und Wärme ver-
breitet: so wird alles, was ist und was lebet,
rege, und freuet sich seines Seyns und seines
Lebens; so erwachen auch Tausende und wieder
tausende von meinen Brüdern und Schwe-
stern, so erwachen ganze Völker und Nationen
zu den Geschäfften und Verrichtungen, zu den
Leiden und Freuden dieses Lebens, und alle
nähern sich um einige Schritte dem Ziele, das
du ihnen vorgesetzt hast. --

Und wie mannichfaltig sind nicht ihre Ge-
schäffte, ihre Absichten, ihre Bestrebungen! Im
Gedränge der volkreichen Stadt und auf den
stillen Fluren des Feldes, in dem stolzen Pal-
laste des Reichen und Großen, und in der nie-
drigen Hütte des Handwerkers und des Land-
mannes! Jeder nimmt den Faden seiner Jdeen
da wieder auf, wo er ihn gestern, von Müdig-
keit und Schlaf überwältiget, fallen ließ; setzet

seinen
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I.
Ausſicht auf den kommenden Tag.
Des Morgens.

Gott, ſo wie ſich die Sonne über den Hori-
zont erhebt, und mit ihren alles beleben-
den Stralen nach und nach von einem Ende
der Erde zum andern Licht und Wärme ver-
breitet: ſo wird alles, was iſt und was lebet,
rege, und freuet ſich ſeines Seyns und ſeines
Lebens; ſo erwachen auch Tauſende und wieder
tauſende von meinen Brüdern und Schwe-
ſtern, ſo erwachen ganze Völker und Nationen
zu den Geſchäfften und Verrichtungen, zu den
Leiden und Freuden dieſes Lebens, und alle
nähern ſich um einige Schritte dem Ziele, das
du ihnen vorgeſetzt haſt. —

Und wie mannichfaltig ſind nicht ihre Ge-
ſchäffte, ihre Abſichten, ihre Beſtrebungen! Im
Gedränge der volkreichen Stadt und auf den
ſtillen Fluren des Feldes, in dem ſtolzen Pal-
laſte des Reichen und Großen, und in der nie-
drigen Hütte des Handwerkers und des Land-
mannes! Jeder nimmt den Faden ſeiner Jdeen
da wieder auf, wo er ihn geſtern, von Müdig-
keit und Schlaf überwältiget, fallen ließ; ſetzet

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[117/0139] I. Ausſicht auf den kommenden Tag. Des Morgens. Gott, ſo wie ſich die Sonne über den Hori- zont erhebt, und mit ihren alles beleben- den Stralen nach und nach von einem Ende der Erde zum andern Licht und Wärme ver- breitet: ſo wird alles, was iſt und was lebet, rege, und freuet ſich ſeines Seyns und ſeines Lebens; ſo erwachen auch Tauſende und wieder tauſende von meinen Brüdern und Schwe- ſtern, ſo erwachen ganze Völker und Nationen zu den Geſchäfften und Verrichtungen, zu den Leiden und Freuden dieſes Lebens, und alle nähern ſich um einige Schritte dem Ziele, das du ihnen vorgeſetzt haſt. — Und wie mannichfaltig ſind nicht ihre Ge- ſchäffte, ihre Abſichten, ihre Beſtrebungen! Im Gedränge der volkreichen Stadt und auf den ſtillen Fluren des Feldes, in dem ſtolzen Pal- laſte des Reichen und Großen, und in der nie- drigen Hütte des Handwerkers und des Land- mannes! Jeder nimmt den Faden ſeiner Jdeen da wieder auf, wo er ihn geſtern, von Müdig- keit und Schlaf überwältiget, fallen ließ; ſetzet ſeinen H 3

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Zitationshilfe: Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/139>, abgerufen am 21.11.2024.