Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

Bild:
<< vorherige Seite
VIII.
Die Langlebigkeit der Patriarchen

als Nachglanz der Paradiesesherrlichkeit.

Die heil. Schrift meint es ernst mit ihrer Voraussetzung einer
ursprünglichen Unsterblichkeit des Menschen, d. h. einer Bestimmung
desselben zu immerwährendem Leben in der Gemeinschaft mit Gott.
Sie läßt den durch die Sünde verwirkten Tod nur langsam den
mächtigen physischen Widerhalt der ursprünglichen Menschennatur
durchbrechen. Nur allmählig im Laufe zweier Jahrtausende läßt
sie die unheimliche Macht des Todes die gewaltige, zäh ausdauernde
Urkraft menschlichen Lebens bändigen, bis zu dem gegenwärtig er-
reichten Zustande, wo "unser Leben währet siebenzig Jahre, und
wenn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahre, und wenn's köstlich
gewesen ist, so ists Mühe und Arbeit gewesen". Wir haben die
Daten, woraus die Thatsache dieses biblisch-urgeschichtlich bezeugten
allmähligen Depotenzirungsprocesses sich ergibt, bereits früher (II)
übersichtlich zusammengestellt. Drei Abstufungen sinkender Langlebigkeit
führen vom paradiesischen Urstande zur traurigen Gegenwart herunter.
Die vorsintfluthlichen Makrobier halten sich noch auf der Höhe von
1000--700 Jahren, die nächsten nach der Fluth noch auf der von
von 600--180 Jahren, die Patriarchen Jsraels von Abraham bis
auf Mosen bilden die letzte Reihe von Ultracentenariern. Wir
werden der Kürze halber die Repräsentanten der ersten Stufe als
Sethiten, die der zweiten als Noachiden, die der dritten als
Abrahamiden bezeichnen.

Das in jenen stetig sich mindernden Altersziffern seinen Aus-

VIII.
Die Langlebigkeit der Patriarchen

als Nachglanz der Paradieſesherrlichkeit.

Die heil. Schrift meint es ernſt mit ihrer Vorausſetzung einer
urſprünglichen Unſterblichkeit des Menſchen, d. h. einer Beſtimmung
deſſelben zu immerwährendem Leben in der Gemeinſchaft mit Gott.
Sie läßt den durch die Sünde verwirkten Tod nur langſam den
mächtigen phyſiſchen Widerhalt der urſprünglichen Menſchennatur
durchbrechen. Nur allmählig im Laufe zweier Jahrtauſende läßt
ſie die unheimliche Macht des Todes die gewaltige, zäh ausdauernde
Urkraft menſchlichen Lebens bändigen, bis zu dem gegenwärtig er-
reichten Zuſtande, wo „unſer Leben währet ſiebenzig Jahre, und
wenn’s hoch kommt, ſo ſind’s achtzig Jahre, und wenn’s köſtlich
geweſen iſt, ſo iſts Mühe und Arbeit geweſen‟. Wir haben die
Daten, woraus die Thatſache dieſes bibliſch-urgeſchichtlich bezeugten
allmähligen Depotenzirungsproceſſes ſich ergibt, bereits früher (II)
überſichtlich zuſammengeſtellt. Drei Abſtufungen ſinkender Langlebigkeit
führen vom paradieſiſchen Urſtande zur traurigen Gegenwart herunter.
Die vorſintfluthlichen Makrobier halten ſich noch auf der Höhe von
1000—700 Jahren, die nächſten nach der Fluth noch auf der von
von 600—180 Jahren, die Patriarchen Jsraels von Abraham bis
auf Moſen bilden die letzte Reihe von Ultracentenariern. Wir
werden der Kürze halber die Repräſentanten der erſten Stufe als
Sethiten, die der zweiten als Noachiden, die der dritten als
Abrahamiden bezeichnen.

Das in jenen ſtetig ſich mindernden Altersziffern ſeinen Aus-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0254" n="[244]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VIII.</hi><lb/>
Die Langlebigkeit der Patriarchen</hi><lb/> <hi rendition="#g">als Nachglanz der Paradie&#x017F;esherrlichkeit.</hi> </head><lb/>
        <p>Die heil. Schrift meint es ern&#x017F;t mit ihrer Voraus&#x017F;etzung einer<lb/>
ur&#x017F;prünglichen Un&#x017F;terblichkeit des Men&#x017F;chen, d. h. einer Be&#x017F;timmung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben zu immerwährendem Leben in der Gemein&#x017F;chaft mit Gott.<lb/>
Sie läßt den durch die Sünde verwirkten Tod nur lang&#x017F;am den<lb/>
mächtigen phy&#x017F;i&#x017F;chen Widerhalt der ur&#x017F;prünglichen Men&#x017F;chennatur<lb/>
durchbrechen. Nur allmählig im Laufe zweier Jahrtau&#x017F;ende läßt<lb/>
&#x017F;ie die unheimliche Macht des Todes die gewaltige, zäh ausdauernde<lb/>
Urkraft men&#x017F;chlichen Lebens bändigen, bis zu dem gegenwärtig er-<lb/>
reichten Zu&#x017F;tande, wo &#x201E;un&#x017F;er Leben währet &#x017F;iebenzig Jahre, und<lb/>
wenn&#x2019;s hoch kommt, &#x017F;o &#x017F;ind&#x2019;s achtzig Jahre, und wenn&#x2019;s kö&#x017F;tlich<lb/>
gewe&#x017F;en i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;ts Mühe und Arbeit gewe&#x017F;en&#x201F;. Wir haben die<lb/>
Daten, woraus die That&#x017F;ache die&#x017F;es bibli&#x017F;ch-urge&#x017F;chichtlich bezeugten<lb/>
allmähligen Depotenzirungsproce&#x017F;&#x017F;es &#x017F;ich ergibt, bereits früher (<hi rendition="#aq">II</hi>)<lb/>
über&#x017F;ichtlich zu&#x017F;ammenge&#x017F;tellt. Drei Ab&#x017F;tufungen &#x017F;inkender Langlebigkeit<lb/>
führen vom paradie&#x017F;i&#x017F;chen Ur&#x017F;tande zur traurigen Gegenwart herunter.<lb/>
Die vor&#x017F;intfluthlichen Makrobier halten &#x017F;ich noch auf der Höhe von<lb/>
1000&#x2014;700 Jahren, die näch&#x017F;ten nach der Fluth noch auf der von<lb/>
von 600&#x2014;180 Jahren, die Patriarchen Jsraels von Abraham bis<lb/>
auf Mo&#x017F;en bilden die letzte Reihe von Ultracentenariern. Wir<lb/>
werden der Kürze halber die Reprä&#x017F;entanten der er&#x017F;ten Stufe als<lb/><hi rendition="#g">Sethiten,</hi> die der zweiten als <hi rendition="#g">Noachiden,</hi> die der dritten als<lb/><hi rendition="#g">Abrahamiden</hi> bezeichnen.</p><lb/>
        <p>Das in jenen &#x017F;tetig &#x017F;ich mindernden Altersziffern &#x017F;einen Aus-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[244]/0254] VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen als Nachglanz der Paradieſesherrlichkeit. Die heil. Schrift meint es ernſt mit ihrer Vorausſetzung einer urſprünglichen Unſterblichkeit des Menſchen, d. h. einer Beſtimmung deſſelben zu immerwährendem Leben in der Gemeinſchaft mit Gott. Sie läßt den durch die Sünde verwirkten Tod nur langſam den mächtigen phyſiſchen Widerhalt der urſprünglichen Menſchennatur durchbrechen. Nur allmählig im Laufe zweier Jahrtauſende läßt ſie die unheimliche Macht des Todes die gewaltige, zäh ausdauernde Urkraft menſchlichen Lebens bändigen, bis zu dem gegenwärtig er- reichten Zuſtande, wo „unſer Leben währet ſiebenzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, ſo ſind’s achtzig Jahre, und wenn’s köſtlich geweſen iſt, ſo iſts Mühe und Arbeit geweſen‟. Wir haben die Daten, woraus die Thatſache dieſes bibliſch-urgeſchichtlich bezeugten allmähligen Depotenzirungsproceſſes ſich ergibt, bereits früher (II) überſichtlich zuſammengeſtellt. Drei Abſtufungen ſinkender Langlebigkeit führen vom paradieſiſchen Urſtande zur traurigen Gegenwart herunter. Die vorſintfluthlichen Makrobier halten ſich noch auf der Höhe von 1000—700 Jahren, die nächſten nach der Fluth noch auf der von von 600—180 Jahren, die Patriarchen Jsraels von Abraham bis auf Moſen bilden die letzte Reihe von Ultracentenariern. Wir werden der Kürze halber die Repräſentanten der erſten Stufe als Sethiten, die der zweiten als Noachiden, die der dritten als Abrahamiden bezeichnen. Das in jenen ſtetig ſich mindernden Altersziffern ſeinen Aus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/254
Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. [244]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/254>, abgerufen am 22.12.2024.