Zetkin, Clara: Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim. Dazu drei Anhänge: [...]. Berlin, 1907.bar zu Mitgliedern des Vorstandes und der Verwaltung von Kranken- Jm Anfang des laufenden Jahres verhandelte die italienische Holland. Jn Holland wurde anläßlich der Bewegung zur Einführung des Deutschland. Fragen wir nach diesem Ueberblick über die Verhältnisse des Aus- bar zu Mitgliedern des Vorstandes und der Verwaltung von Kranken- Jm Anfang des laufenden Jahres verhandelte die italienische Holland. Jn Holland wurde anläßlich der Bewegung zur Einführung des Deutschland. Fragen wir nach diesem Ueberblick über die Verhältnisse des Aus- <TEI> <text> <back> <div type="appendix"> <div type="appendix" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0082" n="72"/> bar zu Mitgliedern des Vorstandes und der Verwaltung von Kranken-<lb/> häusern, Waisenhäusern, Fürsorge-Erziehungsanstalten und Schul-<lb/> kommissionen.</p><lb/> <p>Jm Anfang des laufenden Jahres verhandelte die italienische<lb/> Kammer über die erste Petition aus Frauenkreisen, welche die Zu-<lb/> erkennung des Wahlrechts an die Frauen zu den gesetzgebenden und ver-<lb/> waltenden Körperschaften forderte. Der Antrag wurde einer parla-<lb/> mentarischen Kommission zum Studium überwiesen. Hervorgehoben<lb/> muß werden, daß besonders das beschränkte Frauenwahlrecht warme<lb/> Fürsprecher fand.</p><lb/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Holland</hi>.</head><lb/> <p>Jn Holland wurde anläßlich der Bewegung zur Einführung des<lb/> allgemeinen Wahlrechts (1890) eine Agitation für das Frauenstimmrecht<lb/> begonnen, die bisher aber keine Erfolge gezeitigt hat. Da in dem alten<lb/> Wahlgesetz die Frauen nicht ausdrücklich vom Wahlrecht ausgeschlossen<lb/> waren, hatte die Frauenrechtlerin Aletta Jakobs schon in den achtziger<lb/> Jahren ihre Eintragung in die Wählerliste gefordert. Jhr Begehren<lb/> wurde jedoch von allen Jnstanzen abgelehnt, obgleich die Dame alle Be-<lb/> dingungen erfüllte, an die das Wahlrecht für Männer geknüpft war.<lb/> Jm abgeänderten Grundgesetz ist durch Einfügung des Wortes „männ-<lb/> lich‟ kein Zweifel darüber gelassen, daß die Frauen nicht wahlberechtigt<lb/> sein sollen.</p><lb/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Deutschland</hi>.</head><lb/> <p>Fragen wir nach diesem Ueberblick über die Verhältnisse des Aus-<lb/> landes, was auf dem Wege zur politischen Gleichberechtigung der Ge-<lb/> schlechter erreicht ist in einem wirtschaftlich so fortgeschrittenen Lande<lb/> wie im Deutschen Reiche, wo die berufliche Tätigkeit der Frauen außer-<lb/> ordentlich entwickelt ist. Die Antwort auf diese Frage ist das Ein-<lb/> geständnis, daß wir vielfach vom Ausland weit überflügelt wurden. Zu<lb/> den eigentlich parlamentarischen Körperschaften mangelt den deutschen<lb/> Frauen das aktive und passive Wahlrecht vollständig. Zu den Gemeinde-<lb/> ratswahlen haben die Frauen in einzelnen Ländern beziehungsweise<lb/> Landesteilen das Stimmrecht. Aber dieses Gemeindewahlrecht des weib-<lb/> lichen Geschlechts ist auf die Grundbesitzerinnen beschränkt, es ist somit<lb/> wie das Wahlrecht der österreichischen Frauen weit mehr ein Privilegium<lb/> des Besitzes, als eine Anerkennung der Gleichberechtigung der Frau. Die<lb/> weiblichen Wahlberechtigten dürfen daher auch im allgemeinen nicht per-<lb/> sönlich abstimmen, sondern müssen ihr Stimmrecht durch den Ehemann<lb/> oder einen anderen Stellvertreter ausüben lassen. Nur in Braunschweig<lb/> schreibt unseres Wissens die Landgemeindeverordnung vor, daß das<lb/> Stimmrecht in Person ausgeübt werden muß, unverheiratete Frauen<lb/> können jedoch ausnahmsweise durch Vertreter stimmen. Jn den öst-<lb/> lichen Provinzen von Preußen, in Westfalen, Schleswig-Holstein, ebenso<lb/> im Königreich Sachsen und in Braunschweig eignet den Frauen unter<lb/> den hervorgehobenen Bedingungen das Wahlrecht, jedoch nur in den<lb/> Landgemeinden, nicht in den Städten. Jn der Rheinprovinz ist das<lb/> Gemeindewahlrecht ausdrücklich nur dem männlichen Geschlecht zu-<lb/> erkannt. Jm rechtsrheinischen Bayern, in Sachsen-Weimar und Lübeck<lb/> haben die Grundbesitzerinnen das kommunale Wahlrecht in allen Ge-<lb/> meinden. Jn den preußischen Landesteilen, wo das beschränkte kom-<lb/> munale Frauenwahlrecht besteht, nehmen die wahlberechtigten Frauen<lb/> auch direkt oder indirekt teil an den Wahlen zu den Vertretungen der<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </back> </text> </TEI> [72/0082]
bar zu Mitgliedern des Vorstandes und der Verwaltung von Kranken-
häusern, Waisenhäusern, Fürsorge-Erziehungsanstalten und Schul-
kommissionen.
Jm Anfang des laufenden Jahres verhandelte die italienische
Kammer über die erste Petition aus Frauenkreisen, welche die Zu-
erkennung des Wahlrechts an die Frauen zu den gesetzgebenden und ver-
waltenden Körperschaften forderte. Der Antrag wurde einer parla-
mentarischen Kommission zum Studium überwiesen. Hervorgehoben
muß werden, daß besonders das beschränkte Frauenwahlrecht warme
Fürsprecher fand.
Holland.
Jn Holland wurde anläßlich der Bewegung zur Einführung des
allgemeinen Wahlrechts (1890) eine Agitation für das Frauenstimmrecht
begonnen, die bisher aber keine Erfolge gezeitigt hat. Da in dem alten
Wahlgesetz die Frauen nicht ausdrücklich vom Wahlrecht ausgeschlossen
waren, hatte die Frauenrechtlerin Aletta Jakobs schon in den achtziger
Jahren ihre Eintragung in die Wählerliste gefordert. Jhr Begehren
wurde jedoch von allen Jnstanzen abgelehnt, obgleich die Dame alle Be-
dingungen erfüllte, an die das Wahlrecht für Männer geknüpft war.
Jm abgeänderten Grundgesetz ist durch Einfügung des Wortes „männ-
lich‟ kein Zweifel darüber gelassen, daß die Frauen nicht wahlberechtigt
sein sollen.
Deutschland.
Fragen wir nach diesem Ueberblick über die Verhältnisse des Aus-
landes, was auf dem Wege zur politischen Gleichberechtigung der Ge-
schlechter erreicht ist in einem wirtschaftlich so fortgeschrittenen Lande
wie im Deutschen Reiche, wo die berufliche Tätigkeit der Frauen außer-
ordentlich entwickelt ist. Die Antwort auf diese Frage ist das Ein-
geständnis, daß wir vielfach vom Ausland weit überflügelt wurden. Zu
den eigentlich parlamentarischen Körperschaften mangelt den deutschen
Frauen das aktive und passive Wahlrecht vollständig. Zu den Gemeinde-
ratswahlen haben die Frauen in einzelnen Ländern beziehungsweise
Landesteilen das Stimmrecht. Aber dieses Gemeindewahlrecht des weib-
lichen Geschlechts ist auf die Grundbesitzerinnen beschränkt, es ist somit
wie das Wahlrecht der österreichischen Frauen weit mehr ein Privilegium
des Besitzes, als eine Anerkennung der Gleichberechtigung der Frau. Die
weiblichen Wahlberechtigten dürfen daher auch im allgemeinen nicht per-
sönlich abstimmen, sondern müssen ihr Stimmrecht durch den Ehemann
oder einen anderen Stellvertreter ausüben lassen. Nur in Braunschweig
schreibt unseres Wissens die Landgemeindeverordnung vor, daß das
Stimmrecht in Person ausgeübt werden muß, unverheiratete Frauen
können jedoch ausnahmsweise durch Vertreter stimmen. Jn den öst-
lichen Provinzen von Preußen, in Westfalen, Schleswig-Holstein, ebenso
im Königreich Sachsen und in Braunschweig eignet den Frauen unter
den hervorgehobenen Bedingungen das Wahlrecht, jedoch nur in den
Landgemeinden, nicht in den Städten. Jn der Rheinprovinz ist das
Gemeindewahlrecht ausdrücklich nur dem männlichen Geschlecht zu-
erkannt. Jm rechtsrheinischen Bayern, in Sachsen-Weimar und Lübeck
haben die Grundbesitzerinnen das kommunale Wahlrecht in allen Ge-
meinden. Jn den preußischen Landesteilen, wo das beschränkte kom-
munale Frauenwahlrecht besteht, nehmen die wahlberechtigten Frauen
auch direkt oder indirekt teil an den Wahlen zu den Vertretungen der
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(2015-08-28T12:13:05Z)
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