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Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645.

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Der Adriatischen Rosemund

Markhold erseufzete vihlmahls über disen
brihf/ und entfärbete sein gesichte so mannigmahl/
nahchdähm er ihm bald vihl/ bald wenig verhihsse.
Der libes-verdacht und di furcht/ als zwo unfähl-
bahre würkungen einer stand-fästen libe/ welches
ihm Rosemund alles beides zu verstähen gahb/
veruhrsachten zugleich fräud' und schmärzen. Er
las' es über und wider-über; besahe den anfang
und das ände. Wahr der eingang hart/ und das
mittel untertähnig/ so wahr doch der schlus sehr
kläglich und sehr härz-entfündlich. Das ganze
schreiben kahm ihm nicht fuhr/ als wan es von
so liber hand geschriben wäre; dan si rädet' ihn
fast nicht anders an/ als in furcht/ und gleichsam als
einen strängen gebuter/ dehm si untertähnig wäre;
sonderlich wan er das mittel/ nahch dem aus-gange
zu/ betrachtete: doch gleich-wohl gahb ihm der
Schlus noch einige hofnung/ und erinnert' ihn sei-
nes fohrigen brifes/ dahrinnen er si nicht als seine
Lihbste/ sondern nuhr alein/ als sonst eine von sei-
nen träuen Fräundinnen angerädet hätte: wel-
ches er dan blohs zu dähm ände getahn/ damit nih-
mand/ so er etwan in andere hände gerahten
würde/ ihre heimliche verbundnüs verstähen
möchte.

Das wider-eingehändigte lihd/ welches er indäs-
sen/ daß er den brihf las'/ in den tage-leuchter gelä-
get hatte/ sahe er auf eine seite mit unwüllen an/
und dräuete solches ins feuer zu wärfen. Weil er
ihm aber bedünken lihs/ daß es fohr solchem seinen
harten anblikke gleichsam wi ein diner (dehr seine
bohtschaft nicht rächt bestället hat/ und unverrüch-
teter sachchen wider zu seinem Hern gelanget ist)
fuhr furcht erzitterte/ so nahm er aus mit-leiden di-
ses unschüldige und gleichsam verschmähete lihd-
lein/ und schlos es bei seite/ damit es ihm nicht mehr
härze-leid veruhrsachte.

Also
Der Adriatiſchen Roſemund

Markhold erſeufzete vihlmahls uͤber diſen
brihf/ und entfaͤrbete ſein geſichte ſo mannigmahl/
nahchdaͤhm er ihm bald vihl/ bald wenig verhihſſe.
Der libes-verdacht und di furcht/ als zwo unfaͤhl-
bahre wuͤrkungen einer ſtand-faͤſten libe/ welches
ihm Roſemund alles beides zu verſtaͤhen gahb/
veruhrſachten zugleich fraͤud’ und ſchmaͤrzen. Er
laſ’ es uͤber und wider-uͤber; beſahe den anfang
und das aͤnde. Wahr der eingang hart/ und das
mittel untertaͤhnig/ ſo wahr doch der ſchlus ſehr
klaͤglich und ſehr haͤrz-entfuͤndlich. Das ganze
ſchreiben kahm ihm nicht fůhr/ als wan es von
ſo liber hand geſchriben waͤre; dan ſi raͤdet’ ihn
faſt nicht anders an/ als in furcht/ und gleichſam als
einen ſtraͤngen gebůter/ dehm ſi untertaͤhnig waͤre;
ſonderlich wan er das mittel/ nahch dem aus-gange
zu/ betrachtete: doch gleich-wohl gahb ihm der
Schlus noch einige hofnung/ und erinnert’ ihn ſei-
nes fohrigen brifes/ dahrinnen er ſi nicht als ſeine
Lihbſte/ ſondern nuhr alein/ als ſonſt eine von ſei-
nen traͤuen Fraͤundinnen angeraͤdet haͤtte: wel-
ches er dan blohs zu daͤhm aͤnde getahn/ damit nih-
mand/ ſo er etwan in andere haͤnde gerahten
wuͤrde/ ihre heimliche verbůndnuͤs verſtaͤhen
moͤchte.

Das wider-eingehaͤndigte lihd/ welches er indaͤſ-
ſen/ daß er den brihf laſ’/ in den tage-leuchter gelaͤ-
get hatte/ ſahe er auf eine ſeite mit unwuͤllen an/
und draͤuete ſolches ins feuer zu waͤrfen. Weil er
ihm aber beduͤnken lihs/ daß es fohr ſolchem ſeinen
harten anblikke gleichſam wi ein diner (dehr ſeine
bohtſchaft nicht raͤcht beſtaͤllet hat/ und unverrüch-
teter ſachchen wider zu ſeinem Hern gelanget iſt)
fůhr furcht erzitterte/ ſo nahm er aus mit-leiden di-
ſes unſchuͤldige und gleichſam verſchmaͤhete lihd-
lein/ und ſchlos es bei ſeite/ damit es ihm nicht mehr
haͤrze-leid veruhrſachte.

Alſo
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[44/0060] Der Adriatiſchen Roſemund Markhold erſeufzete vihlmahls uͤber diſen brihf/ und entfaͤrbete ſein geſichte ſo mannigmahl/ nahchdaͤhm er ihm bald vihl/ bald wenig verhihſſe. Der libes-verdacht und di furcht/ als zwo unfaͤhl- bahre wuͤrkungen einer ſtand-faͤſten libe/ welches ihm Roſemund alles beides zu verſtaͤhen gahb/ veruhrſachten zugleich fraͤud’ und ſchmaͤrzen. Er laſ’ es uͤber und wider-uͤber; beſahe den anfang und das aͤnde. Wahr der eingang hart/ und das mittel untertaͤhnig/ ſo wahr doch der ſchlus ſehr klaͤglich und ſehr haͤrz-entfuͤndlich. Das ganze ſchreiben kahm ihm nicht fůhr/ als wan es von ſo liber hand geſchriben waͤre; dan ſi raͤdet’ ihn faſt nicht anders an/ als in furcht/ und gleichſam als einen ſtraͤngen gebůter/ dehm ſi untertaͤhnig waͤre; ſonderlich wan er das mittel/ nahch dem aus-gange zu/ betrachtete: doch gleich-wohl gahb ihm der Schlus noch einige hofnung/ und erinnert’ ihn ſei- nes fohrigen brifes/ dahrinnen er ſi nicht als ſeine Lihbſte/ ſondern nuhr alein/ als ſonſt eine von ſei- nen traͤuen Fraͤundinnen angeraͤdet haͤtte: wel- ches er dan blohs zu daͤhm aͤnde getahn/ damit nih- mand/ ſo er etwan in andere haͤnde gerahten wuͤrde/ ihre heimliche verbůndnuͤs verſtaͤhen moͤchte. Das wider-eingehaͤndigte lihd/ welches er indaͤſ- ſen/ daß er den brihf laſ’/ in den tage-leuchter gelaͤ- get hatte/ ſahe er auf eine ſeite mit unwuͤllen an/ und draͤuete ſolches ins feuer zu waͤrfen. Weil er ihm aber beduͤnken lihs/ daß es fohr ſolchem ſeinen harten anblikke gleichſam wi ein diner (dehr ſeine bohtſchaft nicht raͤcht beſtaͤllet hat/ und unverrüch- teter ſachchen wider zu ſeinem Hern gelanget iſt) fůhr furcht erzitterte/ ſo nahm er aus mit-leiden di- ſes unſchuͤldige und gleichſam verſchmaͤhete lihd- lein/ und ſchlos es bei ſeite/ damit es ihm nicht mehr haͤrze-leid veruhrſachte. Alſo

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Zitationshilfe: Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645/60>, abgerufen am 21.11.2024.