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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
Der Assenat
Siebendes Buch.

ASsenat hatte den schrik/ den ihr
der Königliche Fürst/ durch sein gewalt-
tähtiges beginnen/ eingejagt/ noch nicht
vergessen. Er lag ihr noch in allen glie-
dern. Ja er hatte sich so eingewurtzelt/
daß er sie immer mehr und mehr schwächete. Von der
zeit an hatte sie keine recht fröhliche stunde gehabt: wie-
wohl der Schaltkönig alle mittel/ sie zu erlustigen/ ge-
suchet. Auch taht er es noch alle tage/ bald durch lust-
fahrten/ bald durch ergetzliche gespreche/ bald durch an-
dere kurtzweile. Aber alles half sehr wenig. Ihre leben-
dige farbe verlohr sich von tage zu tage mehr und mehr.
Ihr liebliches angesicht ward immer bleicher und blei-
cher. Ihre zuvor klahre helleuchtende augen verlohren
ihren glantz ie länger ie mehr. Die ehmahls so lieblich/
so fröhlich/ so anmuhtig spielenden blikke warden im-
mer schwächer und schwächer/ immer trauriger und
trauriger: ja die gebährden ingesamt allezeit niederge-
schlagener. Und also lies es sich mit ihr/ wo nicht zum
tode/ doch zum wenigsten zu einer gefährlichen krank-
heit an.

Auf einen mittag war Josef/ mit seiner lieben As-
senat/
bei seinem Vater zu gaste. Bei diesem mahle
befanden sich auch ihre zween Söhne/ Manasse und
Efraim: als auch Josefs zwee Brüder/ der älteste
Ruben/ und der jüngste Benjamin. Man trachtete
die Assenat auf allerlei weise fröhlich zu machen. Der
Ertzvater Jakob selbsten schien seine jugendlichen spie-
le wieder hervor zu suchen. Allerhand schertzworte lies

er
Der Aſſenat
Der Aſſenat
Siebendes Buch.

ASſenat hatte den ſchrik/ den ihr
der Koͤnigliche Fuͤrſt/ durch ſein gewalt-
taͤhtiges beginnen/ eingejagt/ noch nicht
vergeſſen. Er lag ihr noch in allen glie-
dern. Ja er hatte ſich ſo eingewurtzelt/
daß er ſie immer mehr und mehr ſchwaͤchete. Von der
zeit an hatte ſie keine recht froͤhliche ſtunde gehabt: wie-
wohl der Schaltkoͤnig alle mittel/ ſie zu erluſtigen/ ge-
ſuchet. Auch tåht er es noch alle tage/ bald durch luſt-
fahrten/ bald durch ergetzliche geſpreche/ bald durch an-
dere kurtzweile. Aber alles half ſehr wenig. Ihre leben-
dige farbe verlohr ſich von tage zu tage mehr und mehr.
Ihr liebliches angeſicht ward immer bleicher und blei-
cher. Ihre zuvor klahre helleuchtende augen verlohren
ihren glantz ie laͤnger ie mehr. Die ehmahls ſo lieblich/
ſo froͤhlich/ ſo anmuhtig ſpielenden blikke warden im-
mer ſchwaͤcher und ſchwaͤcher/ immer trauriger und
trauriger: ja die gebaͤhrden ingeſamt allezeit niederge-
ſchlagener. Und alſo lies es ſich mit ihr/ wo nicht zum
tode/ doch zum wenigſten zu einer gefaͤhrlichen krank-
heit an.

Auf einen mittag war Joſef/ mit ſeiner lieben Aſ-
ſenat/
bei ſeinem Vater zu gaſte. Bei dieſem mahle
befanden ſich auch ihre zween Soͤhne/ Manaſſe und
Efraim: als auch Joſefs zwee Bruͤder/ der aͤlteſte
Ruben/ und der juͤngſte Benjamin. Man trachtete
die Aſſenat auf allerlei weiſe froͤhlich zu machen. Der
Ertzvater Jakob ſelbſten ſchien ſeine jugendlichen ſpie-
le wieder hervor zu ſuchen. Allerhand ſchertzworte lies

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[298/0322] Der Aſſenat Der Aſſenat Siebendes Buch. ASſenat hatte den ſchrik/ den ihr der Koͤnigliche Fuͤrſt/ durch ſein gewalt- taͤhtiges beginnen/ eingejagt/ noch nicht vergeſſen. Er lag ihr noch in allen glie- dern. Ja er hatte ſich ſo eingewurtzelt/ daß er ſie immer mehr und mehr ſchwaͤchete. Von der zeit an hatte ſie keine recht froͤhliche ſtunde gehabt: wie- wohl der Schaltkoͤnig alle mittel/ ſie zu erluſtigen/ ge- ſuchet. Auch tåht er es noch alle tage/ bald durch luſt- fahrten/ bald durch ergetzliche geſpreche/ bald durch an- dere kurtzweile. Aber alles half ſehr wenig. Ihre leben- dige farbe verlohr ſich von tage zu tage mehr und mehr. Ihr liebliches angeſicht ward immer bleicher und blei- cher. Ihre zuvor klahre helleuchtende augen verlohren ihren glantz ie laͤnger ie mehr. Die ehmahls ſo lieblich/ ſo froͤhlich/ ſo anmuhtig ſpielenden blikke warden im- mer ſchwaͤcher und ſchwaͤcher/ immer trauriger und trauriger: ja die gebaͤhrden ingeſamt allezeit niederge- ſchlagener. Und alſo lies es ſich mit ihr/ wo nicht zum tode/ doch zum wenigſten zu einer gefaͤhrlichen krank- heit an. Auf einen mittag war Joſef/ mit ſeiner lieben Aſ- ſenat/ bei ſeinem Vater zu gaſte. Bei dieſem mahle befanden ſich auch ihre zween Soͤhne/ Manaſſe und Efraim: als auch Joſefs zwee Bruͤder/ der aͤlteſte Ruben/ und der juͤngſte Benjamin. Man trachtete die Aſſenat auf allerlei weiſe froͤhlich zu machen. Der Ertzvater Jakob ſelbſten ſchien ſeine jugendlichen ſpie- le wieder hervor zu ſuchen. Allerhand ſchertzworte lies er

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/322>, abgerufen am 24.12.2024.