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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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und t ab, so wird plötzlich die gut leitende Nebenschliessung geöffnet.
Theils wegen des bedeutend grösseren Widerstandes im Kreis z y,
theils weil sich gleichzeitig die Rollen f und g von den Magnetpolen
weiter entfernen, muss plötzlich die Stromstärke sinken. Dadurch wird
aber ein Extrastrom inducirt, der sich nun durch den Kreis z y er-
giesst. Dieser Extrastrom ist wegen der Zuhülfenahme der Nebenschlies-
sung weit stärker als der eigentliche Inductionsstrom. An Appara-
ten, an welchen der letztere keine merkliche Intensität besitzt, ist der
erstere schon sehr fühlbar. Man hat daher an den zu physiologischen
Zwecken angewandten Rotationsapparaten gewöhnlich vorzugsweise
den Extrastrom benutzt.


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Stärke des in-
ducirten Stroms.

Die elektromotorische Kraft eines durch einen Strom oder Mag-
neten erregten Inductionsstroms ist bei gleicher inducirender Wirkung
proportional der Windungszahl der inducirten Spirale. Nun ist die
Stromstärke nach dem Ohm'schen Gesetz [Formel 1] Besteht also die
Spirale aus einer einzigen Lage von Windungen, so nimmt mit der
Anzahl der Windungen gleichzeitig die elektromotorische Kraft der In-
duction und der Widerstand zu. Liegen aber die Windungen in meh-
reren Lagen über einander, so wächst, da die Windungen weiter wer-
den, der Widerstand rascher als die elektromotorische Kraft, und es
kann daher eine Grenze eintreten, wo durch Vermehrung der Windun-
gen die Inductionswirkung nicht erhöht, sondern vermindert wird.
Diese Grenze wird um so früher erreicht, je geringer der äussere
Widerstand ist. Zur Erzeugung physiologischer Wirkungen kann man
darum wegen des erheblichen Widerstands der thierischen Gewebe der
Inductionsspirale eine sehr bedeutende Windungszahl geben.

Nach den Messungen von W. Weber ist bei der Magnetoinduc-
tion die inducirende Kraft proportional dem magnetischen Moment des
inducirenden Magnetpols (§. 332), bei der elektrischen Induction ist
sie proportional dem elektrodynamischen Moment (§. 334). Ein Mag-
net und eine Drahtspirale sind daher dann von gleicher Wirkung, wenn
das magnetische Moment des ersteren gleich dem elektrodynamischen
Moment der letzteren ist. Weber wies dies nach, indem er die Bifi-
larrolle seines Elektrodynamometers bald unter dem Einfluss eines Stroms
von bekannter Stärke, der in einer in der Nähe befindlichen Draht-
spirale kreiste, bald unter dem Einfluss eines Magnets von bekannter
Stärke schwingen liess. Es wurden dann bei jeder Schwingung der
Bifilarrolle in Folge der Annäherung an den Strom oder Magneten in
ihr Ströme inducirt, welche, da sie von entgegengesetzter Richtung
waren wie die ihnen parallelen inducirenden Ströme, eine abstossende
Wirkung empfingen, so dass die Schwingungsbogen der Bifilarrolle
rasch kleiner wurden. Weber fand bei diesen Versuchen, dass die

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und t ab, so wird plötzlich die gut leitende Nebenschliessung geöffnet.
Theils wegen des bedeutend grösseren Widerstandes im Kreis z y,
theils weil sich gleichzeitig die Rollen f und g von den Magnetpolen
weiter entfernen, muss plötzlich die Stromstärke sinken. Dadurch wird
aber ein Extrastrom inducirt, der sich nun durch den Kreis z y er-
giesst. Dieser Extrastrom ist wegen der Zuhülfenahme der Nebenschlies-
sung weit stärker als der eigentliche Inductionsstrom. An Appara-
ten, an welchen der letztere keine merkliche Intensität besitzt, ist der
erstere schon sehr fühlbar. Man hat daher an den zu physiologischen
Zwecken angewandten Rotationsapparaten gewöhnlich vorzugsweise
den Extrastrom benutzt.


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Stärke des in-
ducirten Stroms.

Die elektromotorische Kraft eines durch einen Strom oder Mag-
neten erregten Inductionsstroms ist bei gleicher inducirender Wirkung
proportional der Windungszahl der inducirten Spirale. Nun ist die
Stromstärke nach dem Ohm’schen Gesetz [Formel 1] Besteht also die
Spirale aus einer einzigen Lage von Windungen, so nimmt mit der
Anzahl der Windungen gleichzeitig die elektromotorische Kraft der In-
duction und der Widerstand zu. Liegen aber die Windungen in meh-
reren Lagen über einander, so wächst, da die Windungen weiter wer-
den, der Widerstand rascher als die elektromotorische Kraft, und es
kann daher eine Grenze eintreten, wo durch Vermehrung der Windun-
gen die Inductionswirkung nicht erhöht, sondern vermindert wird.
Diese Grenze wird um so früher erreicht, je geringer der äussere
Widerstand ist. Zur Erzeugung physiologischer Wirkungen kann man
darum wegen des erheblichen Widerstands der thierischen Gewebe der
Inductionsspirale eine sehr bedeutende Windungszahl geben.

Nach den Messungen von W. Weber ist bei der Magnetoinduc-
tion die inducirende Kraft proportional dem magnetischen Moment des
inducirenden Magnetpols (§. 332), bei der elektrischen Induction ist
sie proportional dem elektrodynamischen Moment (§. 334). Ein Mag-
net und eine Drahtspirale sind daher dann von gleicher Wirkung, wenn
das magnetische Moment des ersteren gleich dem elektrodynamischen
Moment der letzteren ist. Weber wies dies nach, indem er die Bifi-
larrolle seines Elektrodynamometers bald unter dem Einfluss eines Stroms
von bekannter Stärke, der in einer in der Nähe befindlichen Draht-
spirale kreiste, bald unter dem Einfluss eines Magnets von bekannter
Stärke schwingen liess. Es wurden dann bei jeder Schwingung der
Bifilarrolle in Folge der Annäherung an den Strom oder Magneten in
ihr Ströme inducirt, welche, da sie von entgegengesetzter Richtung
waren wie die ihnen parallelen inducirenden Ströme, eine abstossende
Wirkung empfingen, so dass die Schwingungsbogen der Bifilarrolle
rasch kleiner wurden. Weber fand bei diesen Versuchen, dass die

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[540/0562] Von der Elektricität. und t ab, so wird plötzlich die gut leitende Nebenschliessung geöffnet. Theils wegen des bedeutend grösseren Widerstandes im Kreis z y, theils weil sich gleichzeitig die Rollen f und g von den Magnetpolen weiter entfernen, muss plötzlich die Stromstärke sinken. Dadurch wird aber ein Extrastrom inducirt, der sich nun durch den Kreis z y er- giesst. Dieser Extrastrom ist wegen der Zuhülfenahme der Nebenschlies- sung weit stärker als der eigentliche Inductionsstrom. An Appara- ten, an welchen der letztere keine merkliche Intensität besitzt, ist der erstere schon sehr fühlbar. Man hat daher an den zu physiologischen Zwecken angewandten Rotationsapparaten gewöhnlich vorzugsweise den Extrastrom benutzt. Die elektromotorische Kraft eines durch einen Strom oder Mag- neten erregten Inductionsstroms ist bei gleicher inducirender Wirkung proportional der Windungszahl der inducirten Spirale. Nun ist die Stromstärke nach dem Ohm’schen Gesetz [FORMEL] Besteht also die Spirale aus einer einzigen Lage von Windungen, so nimmt mit der Anzahl der Windungen gleichzeitig die elektromotorische Kraft der In- duction und der Widerstand zu. Liegen aber die Windungen in meh- reren Lagen über einander, so wächst, da die Windungen weiter wer- den, der Widerstand rascher als die elektromotorische Kraft, und es kann daher eine Grenze eintreten, wo durch Vermehrung der Windun- gen die Inductionswirkung nicht erhöht, sondern vermindert wird. Diese Grenze wird um so früher erreicht, je geringer der äussere Widerstand ist. Zur Erzeugung physiologischer Wirkungen kann man darum wegen des erheblichen Widerstands der thierischen Gewebe der Inductionsspirale eine sehr bedeutende Windungszahl geben. Nach den Messungen von W. Weber ist bei der Magnetoinduc- tion die inducirende Kraft proportional dem magnetischen Moment des inducirenden Magnetpols (§. 332), bei der elektrischen Induction ist sie proportional dem elektrodynamischen Moment (§. 334). Ein Mag- net und eine Drahtspirale sind daher dann von gleicher Wirkung, wenn das magnetische Moment des ersteren gleich dem elektrodynamischen Moment der letzteren ist. Weber wies dies nach, indem er die Bifi- larrolle seines Elektrodynamometers bald unter dem Einfluss eines Stroms von bekannter Stärke, der in einer in der Nähe befindlichen Draht- spirale kreiste, bald unter dem Einfluss eines Magnets von bekannter Stärke schwingen liess. Es wurden dann bei jeder Schwingung der Bifilarrolle in Folge der Annäherung an den Strom oder Magneten in ihr Ströme inducirt, welche, da sie von entgegengesetzter Richtung waren wie die ihnen parallelen inducirenden Ströme, eine abstossende Wirkung empfingen, so dass die Schwingungsbogen der Bifilarrolle rasch kleiner wurden. Weber fand bei diesen Versuchen, dass die

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/562>, abgerufen am 26.04.2024.