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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von den Geräuschen.
schwingen der Luft in den Bronchialröhren verstärkt (Bronchophonie).
Dieses Mitschwingen kann so stark werden, dass die Thoraxwand
fühlbar erzittert, oder dass sogar die Stimme in der Brust selbst zu
entstehen scheint. In diesen und ähnlichen Fällen muss man sich
nicht etwa, wie dies vielfach geschah, vorstellen, das Athmungsge-
räusch oder die Stimme werde einfach verstärkt, bleibe dabei aber
unverändert; es verhält sich vielmehr eine solche mitschwingende Luft-
säule zu dem ursprünglichen Schall, der ihre Mitschwingungen hervor-
ruft, ebenso wie sich die percutirten Theile zu dem Ton des Plessime-
ters verhalten, es behält der Schall seinen allgemeinen Charakter,
aber seine Stärke, Dauer und Tonhöhe ist wesentlich von der mit-
schwingenden Luftsäule abhängig.

Abnorme Verengerungen der Bronchialäste, durch Auflockerungen
der Schleimhaut u. dgl., können zu sehr intensiven hauchenden, zischen-
den Geräuschen und sogar zu pfeifenden Tönen Veranlassung geben.
Bedeckung der Bronchialwände mit Schleim erzeugt bei jeder Ath-
mungsbewegung rasselnde oder, wenn der Sitz in den feineren Bron-
chien und daher die Tonlage des Geräuschs höher ist, knisternde Ge-
räusche. Diese Geräusche scheinen sich zu bilden, theils indem die
durchstreichende Luft in der Flüssigkeit, welche sie vorfindet, Bläschen
bildet, welche sodann platzen und hierbei das rasselnde oder knisternde
Geräusch erzeugen, theils indem die feineren Bronchialwände bei der
Exspiration verkleben und dann bei der Inspiration wieder auseinan-
der gerissen werden. Sehr richtig unterscheidet man daher auch das
"trockene" und "feuchte" Rasseln, da in der That das erstere durch
zähere, das letztere durch flüssigere Schleimlagen hervorgerufen wird.
Eine Luftblase, die in einer zähen Flüssigkeit platzt, erzeugt einen
kürzeren klangloseren Schall. In einer dünnen Flüssigkeit nähert sich
das Rasseln mehr dem gurgelnden Geräusch. Das Rasseln kann end-
lich, ebenso wie das Bronchialathmen, dadurch verstärkt klingen, dass
Bronchialröhren mit verdichteter Wandung vorhanden sind, deren Luft-
säulen durch das in ihnen oder in ihrer Nähe entstandene Geräusch
zum Mitschwingen angeregt werden. Es entstehen so die s. g. con-
sonirenden
Rasselgeräusche.

In der Blutbahn können unter sehr ähnlichen Bedingungen,123
Geräusche in
der Blutbahn.

unter welchen wir in den Respirationsorganen Geräusche entstehen
sehen, gleichfalls Geräusche auftreten. Doch spielt hier nicht, wie
man etwa denken könnte, die bewegte Flüssigkeit dieselbe Rolle wie
dort die bewegte Luft, sondern sie ist immer nur die Ursache der Er-
schütterung, während der Sitz des Geräusches die durch den anstos-
senden Flüssigkeitsstrom in Schwingungen gerathende Röhrenwand ist.
Versuche über die Bewegung von Flüssigkeiten in Röhren haben ge-
lehrt, dass unter allen Umständen, wenn man nur die Geschwindigkeit

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schwingen der Luft in den Bronchialröhren verstärkt (Bronchophonie).
Dieses Mitschwingen kann so stark werden, dass die Thoraxwand
fühlbar erzittert, oder dass sogar die Stimme in der Brust selbst zu
entstehen scheint. In diesen und ähnlichen Fällen muss man sich
nicht etwa, wie dies vielfach geschah, vorstellen, das Athmungsge-
räusch oder die Stimme werde einfach verstärkt, bleibe dabei aber
unverändert; es verhält sich vielmehr eine solche mitschwingende Luft-
säule zu dem ursprünglichen Schall, der ihre Mitschwingungen hervor-
ruft, ebenso wie sich die percutirten Theile zu dem Ton des Plessime-
ters verhalten, es behält der Schall seinen allgemeinen Charakter,
aber seine Stärke, Dauer und Tonhöhe ist wesentlich von der mit-
schwingenden Luftsäule abhängig.

Abnorme Verengerungen der Bronchialäste, durch Auflockerungen
der Schleimhaut u. dgl., können zu sehr intensiven hauchenden, zischen-
den Geräuschen und sogar zu pfeifenden Tönen Veranlassung geben.
Bedeckung der Bronchialwände mit Schleim erzeugt bei jeder Ath-
mungsbewegung rasselnde oder, wenn der Sitz in den feineren Bron-
chien und daher die Tonlage des Geräuschs höher ist, knisternde Ge-
räusche. Diese Geräusche scheinen sich zu bilden, theils indem die
durchstreichende Luft in der Flüssigkeit, welche sie vorfindet, Bläschen
bildet, welche sodann platzen und hierbei das rasselnde oder knisternde
Geräusch erzeugen, theils indem die feineren Bronchialwände bei der
Exspiration verkleben und dann bei der Inspiration wieder auseinan-
der gerissen werden. Sehr richtig unterscheidet man daher auch das
„trockene“ und „feuchte“ Rasseln, da in der That das erstere durch
zähere, das letztere durch flüssigere Schleimlagen hervorgerufen wird.
Eine Luftblase, die in einer zähen Flüssigkeit platzt, erzeugt einen
kürzeren klangloseren Schall. In einer dünnen Flüssigkeit nähert sich
das Rasseln mehr dem gurgelnden Geräusch. Das Rasseln kann end-
lich, ebenso wie das Bronchialathmen, dadurch verstärkt klingen, dass
Bronchialröhren mit verdichteter Wandung vorhanden sind, deren Luft-
säulen durch das in ihnen oder in ihrer Nähe entstandene Geräusch
zum Mitschwingen angeregt werden. Es entstehen so die s. g. con-
sonirenden
Rasselgeräusche.

In der Blutbahn können unter sehr ähnlichen Bedingungen,123
Geräusche in
der Blutbahn.

unter welchen wir in den Respirationsorganen Geräusche entstehen
sehen, gleichfalls Geräusche auftreten. Doch spielt hier nicht, wie
man etwa denken könnte, die bewegte Flüssigkeit dieselbe Rolle wie
dort die bewegte Luft, sondern sie ist immer nur die Ursache der Er-
schütterung, während der Sitz des Geräusches die durch den anstos-
senden Flüssigkeitsstrom in Schwingungen gerathende Röhrenwand ist.
Versuche über die Bewegung von Flüssigkeiten in Röhren haben ge-
lehrt, dass unter allen Umständen, wenn man nur die Geschwindigkeit

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[183/0205] Von den Geräuschen. schwingen der Luft in den Bronchialröhren verstärkt (Bronchophonie). Dieses Mitschwingen kann so stark werden, dass die Thoraxwand fühlbar erzittert, oder dass sogar die Stimme in der Brust selbst zu entstehen scheint. In diesen und ähnlichen Fällen muss man sich nicht etwa, wie dies vielfach geschah, vorstellen, das Athmungsge- räusch oder die Stimme werde einfach verstärkt, bleibe dabei aber unverändert; es verhält sich vielmehr eine solche mitschwingende Luft- säule zu dem ursprünglichen Schall, der ihre Mitschwingungen hervor- ruft, ebenso wie sich die percutirten Theile zu dem Ton des Plessime- ters verhalten, es behält der Schall seinen allgemeinen Charakter, aber seine Stärke, Dauer und Tonhöhe ist wesentlich von der mit- schwingenden Luftsäule abhängig. Abnorme Verengerungen der Bronchialäste, durch Auflockerungen der Schleimhaut u. dgl., können zu sehr intensiven hauchenden, zischen- den Geräuschen und sogar zu pfeifenden Tönen Veranlassung geben. Bedeckung der Bronchialwände mit Schleim erzeugt bei jeder Ath- mungsbewegung rasselnde oder, wenn der Sitz in den feineren Bron- chien und daher die Tonlage des Geräuschs höher ist, knisternde Ge- räusche. Diese Geräusche scheinen sich zu bilden, theils indem die durchstreichende Luft in der Flüssigkeit, welche sie vorfindet, Bläschen bildet, welche sodann platzen und hierbei das rasselnde oder knisternde Geräusch erzeugen, theils indem die feineren Bronchialwände bei der Exspiration verkleben und dann bei der Inspiration wieder auseinan- der gerissen werden. Sehr richtig unterscheidet man daher auch das „trockene“ und „feuchte“ Rasseln, da in der That das erstere durch zähere, das letztere durch flüssigere Schleimlagen hervorgerufen wird. Eine Luftblase, die in einer zähen Flüssigkeit platzt, erzeugt einen kürzeren klangloseren Schall. In einer dünnen Flüssigkeit nähert sich das Rasseln mehr dem gurgelnden Geräusch. Das Rasseln kann end- lich, ebenso wie das Bronchialathmen, dadurch verstärkt klingen, dass Bronchialröhren mit verdichteter Wandung vorhanden sind, deren Luft- säulen durch das in ihnen oder in ihrer Nähe entstandene Geräusch zum Mitschwingen angeregt werden. Es entstehen so die s. g. con- sonirenden Rasselgeräusche. In der Blutbahn können unter sehr ähnlichen Bedingungen, unter welchen wir in den Respirationsorganen Geräusche entstehen sehen, gleichfalls Geräusche auftreten. Doch spielt hier nicht, wie man etwa denken könnte, die bewegte Flüssigkeit dieselbe Rolle wie dort die bewegte Luft, sondern sie ist immer nur die Ursache der Er- schütterung, während der Sitz des Geräusches die durch den anstos- senden Flüssigkeitsstrom in Schwingungen gerathende Röhrenwand ist. Versuche über die Bewegung von Flüssigkeiten in Röhren haben ge- lehrt, dass unter allen Umständen, wenn man nur die Geschwindigkeit 123 Geräusche in der Blutbahn.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/205>, abgerufen am 26.04.2024.