Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.Von den Schwingungs- und Wellenbewegungen. Viertes Capitel. Von den Schwingungs- und Wellenbewegungen. Wenn ein Punkt durch dauernd und gleichförmig einwirkende27 [Abbildung]
Fig. 7. maliger Stoss in der Richtung ab, sowürde er, wenn sonst keine Kraft auf ihn wirkte, nach dem Princip der Träg- heit sich in der Richtung ab mit gleichför- miger Geschwindigkeit in's unendliche fortbewegen. Nun sind aber Kräfte vorhanden, die ihn in der Lage a zu erhalten streben. Diese Kräfte müssen also die Geschwindigkeit des in der Richtung ab fortbewegten Punktes verlangsamen, und es wird nothwendig ein Ort b kommen, wo diese Geschwindigkeit voll- ständig null geworden ist. In einem nun folgenden Momente muss die nach a ziehende Kraft dem Punkte sogar eine rückwärtsgehende Beschleunigung geben, so dass derselbe sich wieder mit zunehmender Geschwindigkeit nach a hinbewegt. Durch die auf dem Weg von b nach a erhaltene Beschleunigung muss aber der Punkt sich über a hinaus bewegen, und zwar bis zu dem Punkte c, der ebenso weit wie b von a entfernt ist, denn die auf dem Weg von b bis a erhaltene Beschleu- nigung ist genau ebenso gross wie die auf dem Weg von a bis b erfahrene Verlangsamung. Ist der Punkt in c angelangt, so muss er sich wieder mit zunehmender Geschwindigkeit nach a zurückbewegen u. s. f. Der Punkt wird somit fortwährende Schwingungen um seine Gleichgewichts- lage ausführen. Den Abstand der äussersten Punkte b und c der Bahn von a nennt man die Schwingungsweite oder Amplitude. Die Zeit, welche der Punkt gebraucht, um einen ganzen Hin- und Hergang, von b nach c und wieder von c nach b, zu vollenden, nennt man die Schwingungsdauer. Wäre die den Punkt nach der Gleichgewichtslage a zurückzie- Wundt, medicin. Physik. 3
Von den Schwingungs- und Wellenbewegungen. Viertes Capitel. Von den Schwingungs- und Wellenbewegungen. Wenn ein Punkt durch dauernd und gleichförmig einwirkende27 [Abbildung]
Fig. 7. maliger Stoss in der Richtung ab, sowürde er, wenn sonst keine Kraft auf ihn wirkte, nach dem Princip der Träg- heit sich in der Richtung ab mit gleichför- miger Geschwindigkeit in’s unendliche fortbewegen. Nun sind aber Kräfte vorhanden, die ihn in der Lage a zu erhalten streben. Diese Kräfte müssen also die Geschwindigkeit des in der Richtung ab fortbewegten Punktes verlangsamen, und es wird nothwendig ein Ort b kommen, wo diese Geschwindigkeit voll- ständig null geworden ist. In einem nun folgenden Momente muss die nach a ziehende Kraft dem Punkte sogar eine rückwärtsgehende Beschleunigung geben, so dass derselbe sich wieder mit zunehmender Geschwindigkeit nach a hinbewegt. Durch die auf dem Weg von b nach a erhaltene Beschleunigung muss aber der Punkt sich über a hinaus bewegen, und zwar bis zu dem Punkte c, der ebenso weit wie b von a entfernt ist, denn die auf dem Weg von b bis a erhaltene Beschleu- nigung ist genau ebenso gross wie die auf dem Weg von a bis b erfahrene Verlangsamung. Ist der Punkt in c angelangt, so muss er sich wieder mit zunehmender Geschwindigkeit nach a zurückbewegen u. s. f. Der Punkt wird somit fortwährende Schwingungen um seine Gleichgewichts- lage ausführen. Den Abstand der äussersten Punkte b und c der Bahn von a nennt man die Schwingungsweite oder Amplitude. Die Zeit, welche der Punkt gebraucht, um einen ganzen Hin- und Hergang, von b nach c und wieder von c nach b, zu vollenden, nennt man die Schwingungsdauer. Wäre die den Punkt nach der Gleichgewichtslage a zurückzie- Wundt, medicin. Physik. 3
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Von den Schwingungs- und Wellenbewegungen.
Viertes Capitel.
Von den Schwingungs- und Wellenbewegungen.
Wenn ein Punkt durch dauernd und gleichförmig einwirkende
Kräfte in einer bestimmten Lage gehalten wird, so setzt er jeder an-
dern Kraft, die ihn aus dieser Lage zu entfernen strebt, einen Wider-
stand entgegen, welcher der Grösse jener Kräfte, die ihn in seiner
Lage erhielten, entspricht. Wirkt die ruhestörende Kraft ebenfalls
gleichförmig, so muss der Punkt eine neue Gleichgewichtslage einneh-
men. Wirkt dagegen die Kraft nur als ein einmaliger Stoss, so ent-
stehen fortwährende Schwingungen um die ursprüngliche Gleich-
gewichtslage. Ist a (Fig. 7) der Punkt, und wirkt auf ihn ein ein-
[Abbildung Fig. 7.]
maliger Stoss in der Richtung ab, so
würde er, wenn sonst keine Kraft auf
ihn wirkte, nach dem Princip der Träg-
heit sich in der Richtung ab mit gleichför-
miger Geschwindigkeit in’s unendliche
fortbewegen. Nun sind aber Kräfte vorhanden, die ihn in der Lage
a zu erhalten streben. Diese Kräfte müssen also die Geschwindigkeit
des in der Richtung ab fortbewegten Punktes verlangsamen, und es
wird nothwendig ein Ort b kommen, wo diese Geschwindigkeit voll-
ständig null geworden ist. In einem nun folgenden Momente muss
die nach a ziehende Kraft dem Punkte sogar eine rückwärtsgehende
Beschleunigung geben, so dass derselbe sich wieder mit zunehmender
Geschwindigkeit nach a hinbewegt. Durch die auf dem Weg von b
nach a erhaltene Beschleunigung muss aber der Punkt sich über a
hinaus bewegen, und zwar bis zu dem Punkte c, der ebenso weit wie
b von a entfernt ist, denn die auf dem Weg von b bis a erhaltene Beschleu-
nigung ist genau ebenso gross wie die auf dem Weg von a bis b erfahrene
Verlangsamung. Ist der Punkt in c angelangt, so muss er sich wieder
mit zunehmender Geschwindigkeit nach a zurückbewegen u. s. f. Der
Punkt wird somit fortwährende Schwingungen um seine Gleichgewichts-
lage ausführen. Den Abstand der äussersten Punkte b und c der Bahn
von a nennt man die Schwingungsweite oder Amplitude. Die
Zeit, welche der Punkt gebraucht, um einen ganzen Hin- und Hergang,
von b nach c und wieder von c nach b, zu vollenden, nennt man die
Schwingungsdauer.
27
Schwingungen
eines Punktes
um seine
Gleichgewichts-
lage.
Wäre die den Punkt nach der Gleichgewichtslage a zurückzie-
hende Kraft von gleichförmiger Wirkung, so würde die hier untersuchte
Schwingungsbewegung mit der früher erörterten gleichförmig verän-
derlichen Bewegung im wesentlichen übereinkommen: von b an, wo
Wundt, medicin. Physik. 3
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