Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Chemische Wirkungen des Lichtes.
den Periode sich vorzugsweise auf die Natriumatome übertragen
müssen.

Es giebt zwei Reihen von Erscheinungen, welche man als eine
directe Berührung dieser Theorie betrachten kann. Die erste dersel-
ben, welche die chemischen Wirkungen des Lichtes umfasst,
beweist augenscheinlich, dass das Licht Ortsveränderungen der Körper-
molecüle bewirkt. Die zweite zeigt, dass die durch das Licht her-
vorgerufenen Bewegungen der Atome sich rückwärts wieder auf den
Aether übertragen und so in den Erscheinungen der Fluorescenz
ein Selbstleuchten der Körper hervorrufen können.

Zwölftes Capitel.
Chemische Wirkungen des Lichtes.

In den meisten Fällen bleibt die Einwirkung des Lichtes auf die173
Chemische Ver-
bindungen und
Zersetzungen
durch das Licht.
Wirkung auf
Silbersalze.
Photographie.

Körper innerhalb jener Grenze, in der sie uns nur durch die Verän-
derungen an dem reflectirten oder durchgetretenen Lichte selbst an-
gedeutet wird. Es ist zwar wahrscheinlich, dass auch in solchen Fäl-
len mehr oder minder bleibende Veränderungen in den Körper hervor-
gerufen werden, aber wir können dieselben nicht nachweisen. Dagegen
giebt es bestimmte Körper, an denen sich die Einwirkung auf ihre Molecüle
durch chemische Verbindungen oder Zersetzungen zu erken-
nen giebt. Hierher gehört die Verbindung von Chlor und Wasserstoff unter
Einwirkung des Lichtes zu Chlorwasserstoffsäure, die Zersetzung des
Wassers durch Chlor unter Erzeugung von Chlorwasserstoffsäure und
Sauerstoff, die Zersetzung der Farbstoffe, die bei dem Bleichen ihre
Anwendung findet, endlich die grossartige Wirkung des Lichtes auf
die chemischen Vorgänge im Pflanzenorganismus, wodurch derselbe
fortan Kohlensäure aufnimmt und Sauerstoff aushaucht.

Die ausgedehnteste Anwendung hat in neuerer Zeit die Einwir-
kung des Lichtes auf die Haloidsalze des Silbers gefunden. Diese,
wie Chlorsilber, Jodsilber u. s. w., werden unter Einwirkung des
Lichtes zuerst violett und dann schwarz gefärbt, indem das Silber theil-
weise reducirt und als feines schwarzes Pulver ausgeschieden wird.
Lässt man das Licht nur sehr kurze Zeit einwirken, so wird zwar das
Silber noch nicht reducirt, aber doch zur Reduction geneigter gemacht,
so dass es bei der Einwirkung reducirender Substanzen sich viel
rascher zersetzt. Man hat diese Eigenschaft der Silbersalze zur Her-
stellung der Lichtbilder benützt. Die Grundzüge des photographischen
Verfahrens sind folgende. Eine Glasplatte wird mit einer dünnen
Schichte von Collodium, welches etwas Jodkalium enthält, überzogen
und dann in eine salpetersaure Silberoxydlösung eingetaucht, so dass
sich durch doppelte Zersetzung Jodsilber und salpetersaures Kali bil-
det, welches letztere Salz sich in der Flüssigkeit löst, während das

17 *

Chemische Wirkungen des Lichtes.
den Periode sich vorzugsweise auf die Natriumatome übertragen
müssen.

Es giebt zwei Reihen von Erscheinungen, welche man als eine
directe Berührung dieser Theorie betrachten kann. Die erste dersel-
ben, welche die chemischen Wirkungen des Lichtes umfasst,
beweist augenscheinlich, dass das Licht Ortsveränderungen der Körper-
molecüle bewirkt. Die zweite zeigt, dass die durch das Licht her-
vorgerufenen Bewegungen der Atome sich rückwärts wieder auf den
Aether übertragen und so in den Erscheinungen der Fluorescenz
ein Selbstleuchten der Körper hervorrufen können.

Zwölftes Capitel.
Chemische Wirkungen des Lichtes.

In den meisten Fällen bleibt die Einwirkung des Lichtes auf die173
Chemische Ver-
bindungen und
Zersetzungen
durch das Licht.
Wirkung auf
Silbersalze.
Photographie.

Körper innerhalb jener Grenze, in der sie uns nur durch die Verän-
derungen an dem reflectirten oder durchgetretenen Lichte selbst an-
gedeutet wird. Es ist zwar wahrscheinlich, dass auch in solchen Fäl-
len mehr oder minder bleibende Veränderungen in den Körper hervor-
gerufen werden, aber wir können dieselben nicht nachweisen. Dagegen
giebt es bestimmte Körper, an denen sich die Einwirkung auf ihre Molecüle
durch chemische Verbindungen oder Zersetzungen zu erken-
nen giebt. Hierher gehört die Verbindung von Chlor und Wasserstoff unter
Einwirkung des Lichtes zu Chlorwasserstoffsäure, die Zersetzung des
Wassers durch Chlor unter Erzeugung von Chlorwasserstoffsäure und
Sauerstoff, die Zersetzung der Farbstoffe, die bei dem Bleichen ihre
Anwendung findet, endlich die grossartige Wirkung des Lichtes auf
die chemischen Vorgänge im Pflanzenorganismus, wodurch derselbe
fortan Kohlensäure aufnimmt und Sauerstoff aushaucht.

Die ausgedehnteste Anwendung hat in neuerer Zeit die Einwir-
kung des Lichtes auf die Haloidsalze des Silbers gefunden. Diese,
wie Chlorsilber, Jodsilber u. s. w., werden unter Einwirkung des
Lichtes zuerst violett und dann schwarz gefärbt, indem das Silber theil-
weise reducirt und als feines schwarzes Pulver ausgeschieden wird.
Lässt man das Licht nur sehr kurze Zeit einwirken, so wird zwar das
Silber noch nicht reducirt, aber doch zur Reduction geneigter gemacht,
so dass es bei der Einwirkung reducirender Substanzen sich viel
rascher zersetzt. Man hat diese Eigenschaft der Silbersalze zur Her-
stellung der Lichtbilder benützt. Die Grundzüge des photographischen
Verfahrens sind folgende. Eine Glasplatte wird mit einer dünnen
Schichte von Collodium, welches etwas Jodkalium enthält, überzogen
und dann in eine salpetersaure Silberoxydlösung eingetaucht, so dass
sich durch doppelte Zersetzung Jodsilber und salpetersaures Kali bil-
det, welches letztere Salz sich in der Flüssigkeit löst, während das

17 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0281" n="259"/><fw place="top" type="header">Chemische Wirkungen des Lichtes.</fw><lb/>
den Periode sich vorzugsweise auf die Natriumatome übertragen<lb/>
müssen.</p><lb/>
            <p>Es giebt zwei Reihen von Erscheinungen, welche man als eine<lb/>
directe Berührung dieser Theorie betrachten kann. Die erste dersel-<lb/>
ben, welche die <hi rendition="#g">chemischen Wirkungen</hi> des Lichtes umfasst,<lb/>
beweist augenscheinlich, dass das Licht Ortsveränderungen der Körper-<lb/>
molecüle bewirkt. Die zweite zeigt, dass die durch das Licht her-<lb/>
vorgerufenen Bewegungen der Atome sich rückwärts wieder auf den<lb/>
Aether übertragen und so in den Erscheinungen der <hi rendition="#g">Fluorescenz</hi><lb/>
ein Selbstleuchten der Körper hervorrufen können.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Zwölftes Capitel</hi>.<lb/>
Chemische Wirkungen des Lichtes.</head><lb/>
            <p>In den meisten Fällen bleibt die Einwirkung des Lichtes auf die<note place="right">173<lb/>
Chemische Ver-<lb/>
bindungen und<lb/>
Zersetzungen<lb/>
durch das Licht.<lb/>
Wirkung auf<lb/>
Silbersalze.<lb/>
Photographie.</note><lb/>
Körper innerhalb jener Grenze, in der sie uns nur durch die Verän-<lb/>
derungen an dem reflectirten oder durchgetretenen Lichte selbst an-<lb/>
gedeutet wird. Es ist zwar wahrscheinlich, dass auch in solchen Fäl-<lb/>
len mehr oder minder bleibende Veränderungen in den Körper hervor-<lb/>
gerufen werden, aber wir können dieselben nicht nachweisen. Dagegen<lb/>
giebt es bestimmte Körper, an denen sich die Einwirkung auf ihre Molecüle<lb/>
durch <hi rendition="#g">chemische Verbindungen oder Zersetzungen</hi> zu erken-<lb/>
nen giebt. Hierher gehört die Verbindung von Chlor und Wasserstoff unter<lb/>
Einwirkung des Lichtes zu Chlorwasserstoffsäure, die Zersetzung des<lb/>
Wassers durch Chlor unter Erzeugung von Chlorwasserstoffsäure und<lb/>
Sauerstoff, die Zersetzung der Farbstoffe, die bei dem Bleichen ihre<lb/>
Anwendung findet, endlich die grossartige Wirkung des Lichtes auf<lb/>
die chemischen Vorgänge im Pflanzenorganismus, wodurch derselbe<lb/>
fortan Kohlensäure aufnimmt und Sauerstoff aushaucht.</p><lb/>
            <p>Die ausgedehnteste Anwendung hat in neuerer Zeit die Einwir-<lb/>
kung des Lichtes auf die Haloidsalze des Silbers gefunden. Diese,<lb/>
wie Chlorsilber, Jodsilber u. s. w., werden unter Einwirkung des<lb/>
Lichtes zuerst violett und dann schwarz gefärbt, indem das Silber theil-<lb/>
weise reducirt und als feines schwarzes Pulver ausgeschieden wird.<lb/>
Lässt man das Licht nur sehr kurze Zeit einwirken, so wird zwar das<lb/>
Silber noch nicht reducirt, aber doch zur Reduction geneigter gemacht,<lb/>
so dass es bei der Einwirkung reducirender Substanzen sich viel<lb/>
rascher zersetzt. Man hat diese Eigenschaft der Silbersalze zur Her-<lb/>
stellung der Lichtbilder benützt. Die Grundzüge des photographischen<lb/>
Verfahrens sind folgende. Eine Glasplatte wird mit einer dünnen<lb/>
Schichte von Collodium, welches etwas Jodkalium enthält, überzogen<lb/>
und dann in eine salpetersaure Silberoxydlösung eingetaucht, so dass<lb/>
sich durch doppelte Zersetzung Jodsilber und salpetersaures Kali bil-<lb/>
det, welches letztere Salz sich in der Flüssigkeit löst, während das<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">17 *</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0281] Chemische Wirkungen des Lichtes. den Periode sich vorzugsweise auf die Natriumatome übertragen müssen. Es giebt zwei Reihen von Erscheinungen, welche man als eine directe Berührung dieser Theorie betrachten kann. Die erste dersel- ben, welche die chemischen Wirkungen des Lichtes umfasst, beweist augenscheinlich, dass das Licht Ortsveränderungen der Körper- molecüle bewirkt. Die zweite zeigt, dass die durch das Licht her- vorgerufenen Bewegungen der Atome sich rückwärts wieder auf den Aether übertragen und so in den Erscheinungen der Fluorescenz ein Selbstleuchten der Körper hervorrufen können. Zwölftes Capitel. Chemische Wirkungen des Lichtes. In den meisten Fällen bleibt die Einwirkung des Lichtes auf die Körper innerhalb jener Grenze, in der sie uns nur durch die Verän- derungen an dem reflectirten oder durchgetretenen Lichte selbst an- gedeutet wird. Es ist zwar wahrscheinlich, dass auch in solchen Fäl- len mehr oder minder bleibende Veränderungen in den Körper hervor- gerufen werden, aber wir können dieselben nicht nachweisen. Dagegen giebt es bestimmte Körper, an denen sich die Einwirkung auf ihre Molecüle durch chemische Verbindungen oder Zersetzungen zu erken- nen giebt. Hierher gehört die Verbindung von Chlor und Wasserstoff unter Einwirkung des Lichtes zu Chlorwasserstoffsäure, die Zersetzung des Wassers durch Chlor unter Erzeugung von Chlorwasserstoffsäure und Sauerstoff, die Zersetzung der Farbstoffe, die bei dem Bleichen ihre Anwendung findet, endlich die grossartige Wirkung des Lichtes auf die chemischen Vorgänge im Pflanzenorganismus, wodurch derselbe fortan Kohlensäure aufnimmt und Sauerstoff aushaucht. 173 Chemische Ver- bindungen und Zersetzungen durch das Licht. Wirkung auf Silbersalze. Photographie. Die ausgedehnteste Anwendung hat in neuerer Zeit die Einwir- kung des Lichtes auf die Haloidsalze des Silbers gefunden. Diese, wie Chlorsilber, Jodsilber u. s. w., werden unter Einwirkung des Lichtes zuerst violett und dann schwarz gefärbt, indem das Silber theil- weise reducirt und als feines schwarzes Pulver ausgeschieden wird. Lässt man das Licht nur sehr kurze Zeit einwirken, so wird zwar das Silber noch nicht reducirt, aber doch zur Reduction geneigter gemacht, so dass es bei der Einwirkung reducirender Substanzen sich viel rascher zersetzt. Man hat diese Eigenschaft der Silbersalze zur Her- stellung der Lichtbilder benützt. Die Grundzüge des photographischen Verfahrens sind folgende. Eine Glasplatte wird mit einer dünnen Schichte von Collodium, welches etwas Jodkalium enthält, überzogen und dann in eine salpetersaure Silberoxydlösung eingetaucht, so dass sich durch doppelte Zersetzung Jodsilber und salpetersaures Kali bil- det, welches letztere Salz sich in der Flüssigkeit löst, während das 17 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/281
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/281>, abgerufen am 19.11.2024.