Von der Zerlegung des zusammengesetzten Lichtes u. der Mischung der Farben.
III. Farbenzerstreuung des Lichtes.
Achtes Capitel.
Von der Zerlegung des zusammengesetzten Lichtes und der Mischung der Farben.
Wir haben bisher vorausgesetzt, alles Licht sei von einerlei Be- schaffenheit. Nun zeigt aber die Beobachtung, dass das Licht, wel- ches von Lichtquellen ausstrahlt, meistens Lichtsorten von verschie- dener Brechbarkeit enthält, und dass jede Brechbarkeitsstufe des Lichtes in unserem Auge eine besondere Farbenempfindung hervorbringt. Leitet man (Fig. 112) durch die enge Ladenöffnung o
[Abbildung]
Fig. 112.
eines sonst verdunkelten Zimmers vermittelst des in §. 133 erwähnten Heliostaten ein Bündel paralleler Sonnenstrahlen auf das Prisma a b c, dessen brechende Kante nach unten gekehrt ist, so müsste, wenn das eindringende Licht lauter Licht von einerlei Brechbarkeit wäre, etwa bei g ein rundes, weisses Sonnenbild entstehen. Dies ist aber nicht der Fall, sondern statt des runden Bildes bei g erhält man einen ver- ticalen bandartigen Streifen r v, der nicht weiss sondern in seinen einzelnen verticalen Abschnitten verschieden gefärbt ist, indem von unten nach oben die Farben Roth, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indig- blau und Violett auf einander folgen. Dabei gehen diese sieben Far- ben durch Uebergangstöne allmälig in einander über. Den bandarti- gen Streifen r v nennt man das Spektrum des Sonnenlichts. Aus der Erscheinung des Spektrums folgt, dass das weisse Sonnenlicht ebenso viel Licht von verschiedener Brechbarkeit enthält, als aus dem Prisma Strahlen von verschiedener Richtung, wie r' r, v' v u. s. w., austreten. Die brechbarsten Strahlen machen auf uns den Eindruck des violetten Lichtes, die wenigst brechbaren nennen wir roth, und zwischen beiden liegen in der Reihenfolge der abnehmenden Brech- barkeit Indigo, Blau, Grün, Gelb, Orange mit ihren Uebergangstinten.
Die Farben, in welche das weisse Licht durch das Prisma zer- legt wurde, lassen sich nicht noch weiter in Lichtarten verschiedener
Von der Zerlegung des zusammengesetzten Lichtes u. der Mischung der Farben.
III. Farbenzerstreuung des Lichtes.
Achtes Capitel.
Von der Zerlegung des zusammengesetzten Lichtes und der Mischung der Farben.
Wir haben bisher vorausgesetzt, alles Licht sei von einerlei Be- schaffenheit. Nun zeigt aber die Beobachtung, dass das Licht, wel- ches von Lichtquellen ausstrahlt, meistens Lichtsorten von verschie- dener Brechbarkeit enthält, und dass jede Brechbarkeitsstufe des Lichtes in unserem Auge eine besondere Farbenempfindung hervorbringt. Leitet man (Fig. 112) durch die enge Ladenöffnung o
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Fig. 112.
eines sonst verdunkelten Zimmers vermittelst des in §. 133 erwähnten Heliostaten ein Bündel paralleler Sonnenstrahlen auf das Prisma a b c, dessen brechende Kante nach unten gekehrt ist, so müsste, wenn das eindringende Licht lauter Licht von einerlei Brechbarkeit wäre, etwa bei g ein rundes, weisses Sonnenbild entstehen. Dies ist aber nicht der Fall, sondern statt des runden Bildes bei g erhält man einen ver- ticalen bandartigen Streifen r v, der nicht weiss sondern in seinen einzelnen verticalen Abschnitten verschieden gefärbt ist, indem von unten nach oben die Farben Roth, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indig- blau und Violett auf einander folgen. Dabei gehen diese sieben Far- ben durch Uebergangstöne allmälig in einander über. Den bandarti- gen Streifen r v nennt man das Spektrum des Sonnenlichts. Aus der Erscheinung des Spektrums folgt, dass das weisse Sonnenlicht ebenso viel Licht von verschiedener Brechbarkeit enthält, als aus dem Prisma Strahlen von verschiedener Richtung, wie r' r, v' v u. s. w., austreten. Die brechbarsten Strahlen machen auf uns den Eindruck des violetten Lichtes, die wenigst brechbaren nennen wir roth, und zwischen beiden liegen in der Reihenfolge der abnehmenden Brech- barkeit Indigo, Blau, Grün, Gelb, Orange mit ihren Uebergangstinten.
Die Farben, in welche das weisse Licht durch das Prisma zer- legt wurde, lassen sich nicht noch weiter in Lichtarten verschiedener
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Von der Zerlegung des zusammengesetzten Lichtes u. der Mischung der Farben.
III. Farbenzerstreuung des Lichtes.
Achtes Capitel.
Von der Zerlegung des zusammengesetzten Lichtes und der Mischung
der Farben.
Wir haben bisher vorausgesetzt, alles Licht sei von einerlei Be-
schaffenheit. Nun zeigt aber die Beobachtung, dass das Licht, wel-
ches von Lichtquellen ausstrahlt, meistens Lichtsorten von verschie-
dener Brechbarkeit enthält, und dass jede Brechbarkeitsstufe
des Lichtes in unserem Auge eine besondere Farbenempfindung
hervorbringt. Leitet man (Fig. 112) durch die enge Ladenöffnung o
[Abbildung Fig. 112.]
eines sonst verdunkelten Zimmers vermittelst des in §. 133 erwähnten
Heliostaten ein Bündel paralleler Sonnenstrahlen auf das Prisma a b c,
dessen brechende Kante nach unten gekehrt ist, so müsste, wenn das
eindringende Licht lauter Licht von einerlei Brechbarkeit wäre, etwa
bei g ein rundes, weisses Sonnenbild entstehen. Dies ist aber nicht
der Fall, sondern statt des runden Bildes bei g erhält man einen ver-
ticalen bandartigen Streifen r v, der nicht weiss sondern in seinen
einzelnen verticalen Abschnitten verschieden gefärbt ist, indem von
unten nach oben die Farben Roth, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indig-
blau und Violett auf einander folgen. Dabei gehen diese sieben Far-
ben durch Uebergangstöne allmälig in einander über. Den bandarti-
gen Streifen r v nennt man das Spektrum des Sonnenlichts. Aus
der Erscheinung des Spektrums folgt, dass das weisse Sonnenlicht
ebenso viel Licht von verschiedener Brechbarkeit enthält, als aus
dem Prisma Strahlen von verschiedener Richtung, wie r' r, v' v u. s. w.,
austreten. Die brechbarsten Strahlen machen auf uns den Eindruck
des violetten Lichtes, die wenigst brechbaren nennen wir roth, und
zwischen beiden liegen in der Reihenfolge der abnehmenden Brech-
barkeit Indigo, Blau, Grün, Gelb, Orange mit ihren Uebergangstinten.
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Zerlegung des
Lichtes durch
das Prisma.
Das Sonnen-
spektrum.
Die Farben, in welche das weisse Licht durch das Prisma zer-
legt wurde, lassen sich nicht noch weiter in Lichtarten verschiedener
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/257>, abgerufen am 24.02.2025.
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