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Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898.

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Vierspännige Luxus-Equipagen.
Hinterräder parallel zu einander laufen und auf jeder Seite die-
selbe Spurweite zeigen. Voraussichtlich wird mancher Leser
meinen, dass dies Einzelheiten seien, die man getrost dem Wagen-
bauer überlassen könne. Der Fachmann jedoch dürfte wie wir
der Ansicht huldigen, dass die beste Garantie gegen mehr oder
weniger grobe Fehler in der Konstruktion solcher Wagen, die
nicht aus den Werkstätten der allerersten Firmen hervorgegangen,
in der eigenen Sachkenntnis liegt.

Bei der weiteren Untersuchung versäume man nie jedes
einzelne Rad heben und in Drehung versetzen zu lassen. Sollten
Fehler in der Form der Stellung oder den einzelnen Bestand-
teilen des Rades ein korrektes Funktionieren desselben behindern,
so wird dies hierbei sicher zu Tage treten.

Der Vorderwagen muss natürlich ebenfalls einer kritischen
Besichtigung unterzogen werden. Besonderes Gewicht ist auf
tadellose Wendbarkeit zu legen. Mit Bezug hierauf sei aus-
drücklich hervorgehoben, dass das an alten, stümperhaft gebauten
Wagen beim Wenden zu beobachtende Schleudern der Deichsel
mit Recht als ein höchst bedenklicher Fehler gilt. Widersetz-
lichkeit und stütziges Verhalten der Stangenpferde hat sehr oft
keine andere Ursache. Man halte sich überdies wohl vor Augen,
dass jede geringe Unvollkommenheit, die sich an wichtigen Be-
standteilen des Wagens nachweisen lässt, unter dem Einfluss der
beim Fahren unvermeidlichen, rüttelnden und stossenden Bewe-
gung schnell beunruhigende Dimensionen anzunehmen pflegt.

Die Deichsel soll vollkommen gerade sein und genau in ihre
Öse passen. Ausserdem muss sie eine gewisse, aber beileibe
nicht übergrosse Elastizität besitzen. Es genügt vollkommen,
wenn sie der von den Stangenpferden beim Zurückhalten ent-
wickelten Kraft um ein Geringes nachgiebt, sonst aber von der
Bewegung der Coach unbeeinflusst bleibt. Selbstverständlich
aber ist bei einem so schweren Wagen auch dafür zu sorgen,
dass die Aufhalter der Stangenpferde nicht zu straff geschnallt
werden, denn nur in diesem Falle lässt sich die, besonders beim

Vierspännige Luxus-Equipagen.
Hinterräder parallel zu einander laufen und auf jeder Seite die-
selbe Spurweite zeigen. Voraussichtlich wird mancher Leser
meinen, dass dies Einzelheiten seien, die man getrost dem Wagen-
bauer überlassen könne. Der Fachmann jedoch dürfte wie wir
der Ansicht huldigen, dass die beste Garantie gegen mehr oder
weniger grobe Fehler in der Konstruktion solcher Wagen, die
nicht aus den Werkstätten der allerersten Firmen hervorgegangen,
in der eigenen Sachkenntnis liegt.

Bei der weiteren Untersuchung versäume man nie jedes
einzelne Rad heben und in Drehung versetzen zu lassen. Sollten
Fehler in der Form der Stellung oder den einzelnen Bestand-
teilen des Rades ein korrektes Funktionieren desselben behindern,
so wird dies hierbei sicher zu Tage treten.

Der Vorderwagen muss natürlich ebenfalls einer kritischen
Besichtigung unterzogen werden. Besonderes Gewicht ist auf
tadellose Wendbarkeit zu legen. Mit Bezug hierauf sei aus-
drücklich hervorgehoben, dass das an alten, stümperhaft gebauten
Wagen beim Wenden zu beobachtende Schleudern der Deichsel
mit Recht als ein höchst bedenklicher Fehler gilt. Widersetz-
lichkeit und stütziges Verhalten der Stangenpferde hat sehr oft
keine andere Ursache. Man halte sich überdies wohl vor Augen,
dass jede geringe Unvollkommenheit, die sich an wichtigen Be-
standteilen des Wagens nachweisen lässt, unter dem Einfluss der
beim Fahren unvermeidlichen, rüttelnden und stossenden Bewe-
gung schnell beunruhigende Dimensionen anzunehmen pflegt.

Die Deichsel soll vollkommen gerade sein und genau in ihre
Öse passen. Ausserdem muss sie eine gewisse, aber beileibe
nicht übergrosse Elastizität besitzen. Es genügt vollkommen,
wenn sie der von den Stangenpferden beim Zurückhalten ent-
wickelten Kraft um ein Geringes nachgiebt, sonst aber von der
Bewegung der Coach unbeeinflusst bleibt. Selbstverständlich
aber ist bei einem so schweren Wagen auch dafür zu sorgen,
dass die Aufhalter der Stangenpferde nicht zu straff geschnallt
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[38/0052] Vierspännige Luxus-Equipagen. Hinterräder parallel zu einander laufen und auf jeder Seite die- selbe Spurweite zeigen. Voraussichtlich wird mancher Leser meinen, dass dies Einzelheiten seien, die man getrost dem Wagen- bauer überlassen könne. Der Fachmann jedoch dürfte wie wir der Ansicht huldigen, dass die beste Garantie gegen mehr oder weniger grobe Fehler in der Konstruktion solcher Wagen, die nicht aus den Werkstätten der allerersten Firmen hervorgegangen, in der eigenen Sachkenntnis liegt. Bei der weiteren Untersuchung versäume man nie jedes einzelne Rad heben und in Drehung versetzen zu lassen. Sollten Fehler in der Form der Stellung oder den einzelnen Bestand- teilen des Rades ein korrektes Funktionieren desselben behindern, so wird dies hierbei sicher zu Tage treten. Der Vorderwagen muss natürlich ebenfalls einer kritischen Besichtigung unterzogen werden. Besonderes Gewicht ist auf tadellose Wendbarkeit zu legen. Mit Bezug hierauf sei aus- drücklich hervorgehoben, dass das an alten, stümperhaft gebauten Wagen beim Wenden zu beobachtende Schleudern der Deichsel mit Recht als ein höchst bedenklicher Fehler gilt. Widersetz- lichkeit und stütziges Verhalten der Stangenpferde hat sehr oft keine andere Ursache. Man halte sich überdies wohl vor Augen, dass jede geringe Unvollkommenheit, die sich an wichtigen Be- standteilen des Wagens nachweisen lässt, unter dem Einfluss der beim Fahren unvermeidlichen, rüttelnden und stossenden Bewe- gung schnell beunruhigende Dimensionen anzunehmen pflegt. Die Deichsel soll vollkommen gerade sein und genau in ihre Öse passen. Ausserdem muss sie eine gewisse, aber beileibe nicht übergrosse Elastizität besitzen. Es genügt vollkommen, wenn sie der von den Stangenpferden beim Zurückhalten ent- wickelten Kraft um ein Geringes nachgiebt, sonst aber von der Bewegung der Coach unbeeinflusst bleibt. Selbstverständlich aber ist bei einem so schweren Wagen auch dafür zu sorgen, dass die Aufhalter der Stangenpferde nicht zu straff geschnallt werden, denn nur in diesem Falle lässt sich die, besonders beim

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Zitationshilfe: Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wrangel_luxusfuhrwerk_1898/52>, abgerufen am 26.04.2024.