beleidiget, oder uns Unrecht gethan haben, verbinden will, uns in Zu- kunft nicht mehr zu beleidigen; oder auch die- jenigen, welche wir uns etwas zu leisten ver- bunden haben, mit Gewalt dazu anzuhalten suchet, in so weit sie sich nicht gutwillig dazu bequemen wollen. Den Zustand derje- nigen die mit Gewalt streiten, nennt man den Krieg. Und daher erhellet, daß dem Menschen das Recht zum Kriege zukomme, und daß keine andere recht- rechtmäßige Ursache zu demselben seyn könne, als das Unrecht, das einem geschehen ist, oder geschehen soll (§. 87. 83.); daß aber das Abschlagen eines Liebes-Dienstes keine rechtmäßige Ur- sache des Krieges sey (§. 79.).
§. 99.
Der Friede wird dem Krieg entgegen ge-Vom Frieden. setzt, und man nennt ihn also denjenigen Zu- stand, in welchem kein Krieg ist. Weil man niemanden beleidigen darf, und also alles Un- recht unterlassen soll; so sind die Men- schen verbunden den Frieden zu su- chen. Also ist der Friede der Natur gemäß, der Krieg aber wieder dieselbe (§. 38.). Es ist auch nicht die Natur, son- dern die Boßheit der Menschen, die ihrer Pflicht kein Genügen leisten wollen, oder das Unrecht schuld an dem Kriege (§. 98.).
§. 100.
Aus dem, was wir vorher gesaget haben,Von der Verbind-
erhel-
und dem allgem. Recht der Menſchen.
beleidiget, oder uns Unrecht gethan haben, verbinden will, uns in Zu- kunft nicht mehr zu beleidigen; oder auch die- jenigen, welche wir uns etwas zu leiſten ver- bunden haben, mit Gewalt dazu anzuhalten ſuchet, in ſo weit ſie ſich nicht gutwillig dazu bequemen wollen. Den Zuſtand derje- nigen die mit Gewalt ſtreiten, nennt man den Krieg. Und daher erhellet, daß dem Menſchen das Recht zum Kriege zukomme, und daß keine andere recht- rechtmaͤßige Urſache zu demſelben ſeyn koͤnne, als das Unrecht, das einem geſchehen iſt, oder geſchehen ſoll (§. 87. 83.); daß aber das Abſchlagen eines Liebes-Dienſtes keine rechtmaͤßige Ur- ſache des Krieges ſey (§. 79.).
§. 99.
Der Friede wird dem Krieg entgegen ge-Vom Frieden. ſetzt, und man nennt ihn alſo denjenigen Zu- ſtand, in welchem kein Krieg iſt. Weil man niemanden beleidigen darf, und alſo alles Un- recht unterlaſſen ſoll; ſo ſind die Men- ſchen verbunden den Frieden zu ſu- chen. Alſo iſt der Friede der Natur gemaͤß, der Krieg aber wieder dieſelbe (§. 38.). Es iſt auch nicht die Natur, ſon- dern die Boßheit der Menſchen, die ihrer Pflicht kein Genuͤgen leiſten wollen, oder das Unrecht ſchuld an dem Kriege (§. 98.).
§. 100.
Aus dem, was wir vorher geſaget haben,Von der Verbind-
erhel-
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und dem allgem. Recht der Menſchen.
beleidiget, oder uns Unrecht gethan
haben, verbinden will, uns in Zu-
kunft nicht mehr zu beleidigen; oder auch die-
jenigen, welche wir uns etwas zu leiſten ver-
bunden haben, mit Gewalt dazu anzuhalten
ſuchet, in ſo weit ſie ſich nicht gutwillig
dazu bequemen wollen. Den Zuſtand derje-
nigen die mit Gewalt ſtreiten, nennt man
den Krieg. Und daher erhellet, daß
dem Menſchen das Recht zum Kriege
zukomme, und daß keine andere recht-
rechtmaͤßige Urſache zu demſelben ſeyn
koͤnne, als das Unrecht, das einem
geſchehen iſt, oder geſchehen ſoll (§. 87.
83.); daß aber das Abſchlagen eines
Liebes-Dienſtes keine rechtmaͤßige Ur-
ſache des Krieges ſey (§. 79.).
§. 99.
Der Friede wird dem Krieg entgegen ge-
ſetzt, und man nennt ihn alſo denjenigen Zu-
ſtand, in welchem kein Krieg iſt. Weil man
niemanden beleidigen darf, und alſo alles Un-
recht unterlaſſen ſoll; ſo ſind die Men-
ſchen verbunden den Frieden zu ſu-
chen. Alſo iſt der Friede der Natur
gemaͤß, der Krieg aber wieder dieſelbe
(§. 38.). Es iſt auch nicht die Natur, ſon-
dern die Boßheit der Menſchen, die ihrer
Pflicht kein Genuͤgen leiſten wollen, oder das
Unrecht ſchuld an dem Kriege (§. 98.).
Vom
Frieden.
§. 100.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/97>, abgerufen am 21.11.2024.
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